Gbk 2022/5/17 GBK I/949/20

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Veröffentlicht am 17.05.2022
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Begründung des Arbeitsverhältnisses (durch Verletzung des Benachteiligungsverbotes), Beendigung des Arbeitsverhältnisses, mangelnde Abhilfe, sexuelle Belästigung durch Dritten

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl Nr 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 17. Mai 2022 über den am 11. März 2020 - samt Konkretisierungen vom 5. April und 20. Juni 2020 - eingelangten Antrag von A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG (BGBl I Nr 66/2004 idgF) durch Y (Zweitantragsgegner) und betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs 1 Z 2 GlBG sowie aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG als auch durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG durch die X GmbH (Erstantragsgegnerin) und darüber hinaus nach amtswegiger Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 1 GlBG durch die X GmbH (Erstantragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl II Nr 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/949/20, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG durch Y diskriminiert worden.

2.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs 1 Z 2 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

3.   A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

4.   A ist aufgrund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß §§ 3 Z 1 iVm 13 GlBG durch die X GmbH diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag und den Antragskonkretisierungen wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei von Juni bis Dezember 2019 im Ausmaß von 10 Wochenstunden bei der Erstantragsgegnerin geringfügig beschäftigt gewesen. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag habe sie nicht erhalten. Im Jänner 2020 sei eine einmonatige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses wegen eines Praktikums der Antragstellerin geplant gewesen, ihr sei aber zugesichert worden, das An- und Abmelden stelle kein Problem dar.

Zunächst habe sich alles zum Guten entwickelt, es habe ein freundliches Verhältnis zwischen den Kollegen und Kolleginnen geherrscht. Dies habe sich jedoch mit der Zeit geändert. Der Zweitantragsgegner habe gegenüber der Antragstellerin immer wieder sexuell anzügliche Äußerungen getätigt, wie etwa: „Du stehst auf Ältere? Das ist sehr gut zu wissen!“.

Der Zweitantragsgegner habe zwar nicht bei der Erstantragsgegnerin gearbeitet, er habe sich jedoch, aufgrund der Freundschaft zum Vorgesetzten der Antragstellerin sowie der unmittelbaren örtlichen Nähe zu seiner Arbeitsstätte, oft in den Räumlichkeiten der Erstantragsgegnerin aufgehalten.

Am 00. Oktober 2019 sei es zum ersten Vorfall gekommen. Da es dem Zweitantragsgegner aufgrund seiner damaligen Beziehung nicht gut gegangen sei, habe die Antragstellerin sich bei Bedarf zum Reden angeboten. Kurz darauf sei er ihr ins Büro gefolgt, habe die Türe geschlossen und gesagt: „Weißt du, manchmal würde ich dich einfach ur gerne zuwa nehmen“, worauf die Antragstellerin erwidert habe: „Ma, …, ich dich auch, aber nur, weil du mir so leid tust“. Daraufhin habe er sofort die Anspielung geäußert: „Aso, hm, so meinte ich das jetzt ned. Aber naja, vielleicht kann ich dir bald zeigen, was ich damit meine“. Die Antragstellerin habe darauf gemeint: „Du ich glaub, da kommst ein bissl zu spät“.

Am 00. Oktober 2019 habe der Zweitantragsgegner dann versucht, den jetzigen Lebensgefährten der Antragstellerin schlecht zu reden. Er habe die Sätze „Dein Freund ist so alt, was willst von dem“ und „Ist dir eigentlich bewusst, dass der ein Kind hat“ geäußert.

Am Abend des 00. November 2019 sei die Antragstellerin mit einigen Kolleginnen, u.a. B, C und D, etwas trinken gewesen. D habe damals im Zusammenhang mit dem Zweitantragsgegner erzählt, dass dieser an einem Abend während eines Betriebsausfluges nichts getrunken habe, da er sich „sonst eine der Mädels aufreißen“ würde.

Am 00. November 2019 sei der Zweitantragsgegner während des Dienstes der Antragstellerin auf diese zugegangen und habe sie ohne ersichtlichen Grund gefragt, ob sie ihm „einen blasen“ würde. Die Antragstellerin habe darauf: „Du, ich glaub ned, dass du jemals in den Genuss kommen wirst, ich hab an Freund“ geantwortet. Kurz darauf sei der Zweitantragsgegner wieder zur Antragstellerin gekommen und habe gemeint: „Ich hab ned gewusst, dass du einen Freund hast. Das ist schade, jetzt bin ich Single und du in einer Beziehung. Wir hätten eine Menge Spaß haben können. Ich würde auch deinem Freund nix sagen“. Die Antragstellerin habe darauf geantwortet: „Sorry, aber ich hab den Stefan echt gern, zu gern, das wird echt nix“. Worauf der Zweitantragsgegner erwidert habe: „Hm, Schade, aber wenn sich da was ändert, meld dich“, auf was die Antragstellerin noch gemeint habe: „Du, dass glaub ich ned, zumindest ned so schnell, wenn überhaupt“.

Am 00. November 2019 habe die Antragstellerin Gebäck im Betriebsofen zubereitet. Der Zweitantragsgegner sei ihr gefolgt und habe gesagt: „Ich kann ned aufhören, an unser Gespräch gestern zu denken“. Die Antragstellerin habe darauf lachend: “Ich schon, sehr gut sogar“ erwidert. Während dieses Gespräches sei der Zweitantragsgegner in der Türe gestanden, habe diese somit versperrt und die Antragstellerin damit bedrängt. Am selben Tag, wieder beim Gebäck aufbacken, habe der Zweitantragsgegner wieder die Türe versperrt und die Antragstellerin gefragt, warum sie jetzt auf einmal so abweisend zu ihm sei. Darauf habe sie geantwortet: „…, nochmal, ich habe einen Freund und bin nicht interessiert“. Danach habe der Zweitantragsgegner begonnen sie ständig zu beobachten.

Am 00. November 2019 habe die Antragstellerin die Vorfälle erstmals ihrem Chef, dem Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin, erzählt, welcher ein guter Freund des Zweitantragsgegners sei. Sie habe gesagt: „… hat mich gefragt, ob ich ihn einen blasen will“. Er habe darauf mit den Worten „Wäh oida, warum erzählst du mir das? Jetzt hab ich ein Kopfkino! Vielen Dank!“ reagiert. Danach sei er aus der Situation gegangen.

Am 00. Dezember 2019 sei die Situation eskaliert. Die Antragstellerin sei auf die Toilette gegangen und der Zweitantragsgegner sei ihr gefolgt. Er habe seine Hose geöffnet, seine Zunge herausgestreckt und damit versucht mit der Antragstellerin zu flirten.

Die Antragstellerin habe ihm darauf in klarer und deutlicher Sprache gesagt: „…, du bist unmöglich!“. Es sei jedoch kurz darauf mit den „Zungenspielchen“ weitergegangen. Die Antragstellerin habe sich mehr als nur unwohl gefühlt. Sie habe gedacht, er wolle sie vergewaltigen oder dergleichen. Sie sei in eine Toilettenkabine gegangen und habe diese versperrt, woraufhin der Zweitantragsgegner sich entfernt habe.

Kurz danach habe der Zweitantragsgegner der Antragstellerin geschrieben, warum sie so einen Blödsinn herumerzählen würde. Das sei Rufschädigung. Er habe aber der Antragstellerin gegenüber auch zugegeben, dass er zu weit gegangen sei und sich entschuldigt. Die Erinnerungen seien jedoch geblieben, die Antragstellerin leide noch immer unter Schlafstörungen.

Der Geschäftsführer und die Kollegen sowie Kolleginnen hätten sich darüber lustig gemacht, dass sich die Antragstellerin belästigt gefühlt habe. Es sei so weit gegangen, dass sie Angst gehabt habe, mit dem Zweitantragsgegner zusammen zu arbeiten. Sie sei Wochen lang mit Bauchschmerzen arbeiten gekommen. Das habe die Antragstellerin auch ihrem Lebensgefährten erzählt. Der Schutz durch die Erstantragsgegnerin sei in keinster Weise gegeben gewesen.

Am 00. Dezember 2019 sei der letzte Arbeitstag der Antragstellerin vor ihrem Praktikum gewesen. Der Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin habe sich mit den Worten: „Ja, … überlegs dir halt, ob du wiederkommen willst“ von der Antragstellerin verabschiedet. Die Antragstellerin habe ihn gefragt, wie er das meine und, dass er ihr sagen solle, ob er sie nach der Pause wiedereinstellen werde oder nicht. Er habe erwiderte, dass er es nicht wisse, da sie nur „Unruhe ins Team" bringe. Die Antragstellerin habe erneut gefragt, wie er das meine. Er habe daraufhin gemeint, dass er mit dem Zweitantragsgegner geredet habe; die Antragstellerin würde übertreiben und Gerüchte verbreiten. Er kenne seinen Freund so gut, sowas würde er nie tun und er wolle solch eine Unruhe in seinem Betrieb nicht. Als die Antragstellerin gefragt habe, von was er genau sprechen würde, habe der Geschäftsführer nur jene Situation bezüglich des Oralverkehrs beschrieben, jedoch keine anderen Situationen. Auf Nachfrage, ob der Zweitantragsgegner auch die anderen Vorkommnisse geschildert habe, habe er verdutzt und ahnungslos reagiert. Die Antragstellerin habe ihm auch erzählt, sie habe sich hilfesuchend an die Kollegin B gewandt. Diese habe jedoch nur gemeint: „Meine Güte, das is der …, der hört schon wieder auf damit, der is halt so“. Danach habe der Geschäftsführer gemeint, über die Geschehnisse müsse zu dritt gesprochen werden, sollte die Antragstellerin wieder zurückkommen. Die Diskussion sei dann durch die Reinigungskraft unterbrochen worden. Der Geschäftsführer habe die Antragstellerin dann weinend mit der ganzen Aufräumarbeit stehen gelassen und sei wortlos verschwunden.

Am 00. Jänner 2020 habe die Antragstellerin den Geschäftsführer bezüglich eines Gesprächstermins kontaktiert, jedoch habe sie bis am 00. März 2020 keine Antwort erhalten. Zu einem versprochenen Klärungsgespräch sei es nicht gekommen.

Zum Antragszeitpunkt sei die Antragstellerin noch nicht adäquat gekündigt gewesen. Ein Bekannter, E, habe ihr jedoch am 00. März 2020 mitgeteilt, dass er im Auftrag des Geschäftsführers der Erstantragsgegnerin ihren Schlüssel für die Betriebstätte entgegennehmen solle. Sie sei vom Geschäftsführer erfolglos mehrmals kontaktiert worden, es sei sogar ein Brief versendet worden. Das würde jedoch nicht stimmen. Der Geschäftsführer habe sich seit Dezember 2019 nicht mehr bei der Antragstellerin gemeldet. Sie habe daraufhin dem Bekannten gegenüber gemeint, sie hätte sich gewünscht, die Angelegenheit wäre persönlich geklärt worden. Sie habe den Schlüssel dann ausgehändigt.

Kurz darauf habe der Geschäftsführer auf die Nachricht vom 00. Jänner geantwortet. Er habe sich ebenfalls entschuldigt, aber es sei firmenpolitisch nicht mehr möglich gewesen, die Antragstellerin zurückzuholen.

Der Zweitantragsgegner solle aus seinem Verhalten eine Lehre ziehen. Er würde bei anderen Mitarbeiterinnen ebenfalls sein „Unwesen“ treiben. Es sei auch eine weitere Kollegin, F, vom Zweitantragsgegner belästigt worden. Die Antragstellerin habe das Gefühl, es bleibe nicht nur bei der Belästigung. Sie habe sich durch die Vorfälle unangenehm berührt, bedrängt sowie eingeschüchtert gefühlt und dadurch sei sie in ihrer Arbeitstätigkeit wesentlich beeinträchtigt gewesen.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Erstantragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 18. Mai und vom 30. Juli 2020 sowie von der rechtsfreundlichen Vertretung des Zweitantragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 29. September 2020 bestritten diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und traten ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Stellungnahmen von der rechtsfreundlichen Vertretung der Erstantragsgegnerin:

Die Antragstellerin habe im September 2019 begonnen, auf geringfügiger Basis bei der Erstantragsgegnerin zu arbeiten. Die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses sei einvernehmlich auf Wunsch der Antragstellerin aufgrund eines Ausbildungspraktikums erfolgt. Im Zuge der Auflösung sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass sie sich nach Ende ihres Praktikums melden könne und man dann schauen werde, ob es eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung gebe.

Tatsächlich sei man mit der Arbeitsleistung der Antragstellerin nicht sonderlich zufrieden gewesen. Die Antragstellerin sei während der Arbeitszeit ständig mit ihrem Telefon beschäftigt gewesen und es hätten sich laufend Kunden über sie beschwert.

Zudem habe man sich aufgrund des erhöhten Arbeitsbedarfs dazu entschieden, eine Arbeitskraft mit mehr Stunden anzustellen. Gleichzeitig mit der Abmeldung der Antragstellerin sei eine andere Arbeitskraft mit 30 Stunden angemeldet worden.

Zu dem Zeitpunkt, als die Thematik der sexuellen Belästigung aufgekommen sei, sei die Entscheidung der Arbeitsverhältnisauflösung aufgrund des Praktikums längst getroffen gewesen. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Entscheidung über die Wiederaufnahme, stünden in keinem Zusammenhang mit der Thematik der sexuellen Belästigung.

Der Zweitantragsgegner sei kein Angestellter der Erstantragsgegnerin und kein Kollege der Antragstellerin gewesen. Vielmehr arbeite der Zweitantragsgegner in einem Unternehmen, dessen Räumlichkeiten Tür an Tür an die Räumlichkeiten der Erstantragsgegnerin anschließen würden. Es gebe zwischen den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der unterschiedlichen Unternehmen aufgrund der räumlichen Nähe geringfügige Berührungspunkte, jedoch müsse keine Zusammenarbeit stattfinden. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Kaffees müssten ab und an für die Kühlung oder den Backofen ins Obergeschoß. Längere Aufenthalte dort seien aus dienstlichen Gründen nicht erforderlich.

Der Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin und der Zweitantragsgegner seien keine Freunde. Aufgrund geschäftlicher Kontakte und der Zusammenarbeit der Unternehmen gebe es Berührungspunkte, etwa der von einem gemeinsamen Kunden organisierten gemeinsame Geschäftsreise nach …. Privaten Kontakt gebe es keinen.

Zum zeitlichen Ablauf sei auszuführen, dass der Geschäftsführer etwa im Zeitraum November 2019 vernommen habe, dass sich die Antragstellerin vermehrt vom Kaffee in das Obergeschoß zum Zwecke der Unterhaltung der dort aufhältigen Herren begeben habe. Dies habe dem Geschäftsführer missfallen. Es habe aus diesem Grund eine Konfrontation zwischen dem Geschäftsführer und der Antragstellerin gegeben. Dies auch im Zusammenhang mit der übermäßigen Handynutzung und den Kundenbeschwerden.

Die Antragstellerin habe dem Geschäftsführer gegen Ende November 2019 von der Konversation mit dem Zweitantragsgegner über das Thema „blasen" erzählt. Die Antragstellerin habe hiebei jedoch nicht von dem Gespräch belastet gewirkt. Sie habe dies mit einem Lächeln im Gesicht beiläufig erwähnt. Der Geschäftsführer, welcher über das Tratschen im Obergeschoß, bereits verärgert gewesen sei, habe mit dieser Information nichts anfangen können. Er habe die Antragstellerin deswegen gefragt, weshalb sie ihm das erzählen würde. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch keinesfalls ersichtlich gewesen, dass sie sich belästigt gefühlt habe. Das Gespräch sei nicht mit ernster Miene oder besorgtem Blick geführt worden. Hätte die Antragstellerin im Zuge dieses Gespräches ihr Gefühl der Belästigung zum Ausdruck gebracht, hätte der Geschäftsführer dies ernst genommen und entsprechend agiert.

Gegen Mitte Dezember 2019 habe der Geschäftsführer über dritte Personen von Gesprächen über die Beschwerden der angeblichen sexuellen Belästigung der Antragstellerin durch den Zweitantragsgegner erfahren. Zeitgleich sei dieses Thema auch im Betrieb der Erstantragsgegnerin zwischen den Angestellten besprochen worden. Die Vorwürfe der sexuellen Belästigung seien daher nicht direkt von der Antragstellerin an den Geschäftsführer herangetragen worden. Daraufhin habe dieser das Gespräch mit dem Zweitantragsgegner gesucht, welcher das Vorkommen intimer Gespräche mit der Antragstellerin eingestanden, jedoch jegliche Belästigung zurückgewiesen habe.

Der Geschäftsführer habe daraufhin am 00. Dezember 2020 das Gespräch mit der Antragstellerin gesucht und diese mit der Situation sowie der Zurückweisung der Vorwürfe durch den Zweitantragsgegner konfrontiert. Er habe versucht, das Vorgefallene zu eruieren. Die Antragstellerin sei vollkommen ausgerastet und habe behauptete, der Geschäftsführer würde sie der Lüge bezichtigen. Der Geschäftsführer habe die Ernsthaftigkeit des Themas und sein Interesse an der Klärung klargemacht. Die Antragstellerin sei jedoch für ein sachliches Gespräch nicht zugänglich gewesen. Daraufhin habe der Geschäftsführer eine beruhigte Gesprächsfortführung sowie das Beiziehen einer Vertrauensperson der Antragstellerin vorgeschlagen.

Der 00. Dezember 2019 sei der letzte Arbeitstag der Antragstellerin bei der Erstantragsgegnerin gewesen. Am 00. Dezember 2019 sei es zu einem zufälligen Treffen zwischen dem Geschäftsführer und der Antragstellerin im privaten Rahmen gekommen. Bei dieser Gelegenheit habe der Geschäftsführer diese wiederum um Gesprächsführung zur Klärung der Situation ersucht. Die Antragstellerin habe eine Kontaktaufnahme zum Geschäftsführer zugesagt. Am 00. Jänner 2020 habe der Geschäftsführer zusammen mit D erneut die Antragstellerin zufällig getroffen. Er habe abermals versucht, ein Gespräch mit der Antragstellerin zur Klärung der Vorwürfe der sexuellen Belästigung zu organisieren.

Nach Erhalt der Nachricht vom 00. Jänner 2020 habe der Geschäftsführer mehrmals vergeblich die telefonische Kontaktaufnahme zur Terminvereinbarung für ein Aufarbeitungsgespräch mit der Antragstellerin versucht. Diese sei jedoch für ihn bis März 2020 nicht erreichbar gewesen.

Da sich die Antragstellerin auch nicht gemeldet habe, habe er einen Freund ersucht, den Schlüssel der Antragstellerin abzuholen. Nach Erhalt des Schlüssels habe der Geschäftsführer der Antragstellerin nochmals mitgeteilt, dass aus firmenpolitischen Gründen keine weitere Möglichkeit der Beschäftigung bestehen würde. Er habe abermals ein Gespräch angeboten. Wiederum habe sich die Antragstellerin nicht gemeldet.

Nach Einlangen der Unterlagen von der Gleichbehandlungskommission habe der Geschäftsführer erneut versucht, die Vorwürfe aufzuarbeiten und mit allen Beteiligten das Gespräch gesucht. Dies sei jedoch wieder an der Bereitschaft der Antragstellerin gescheitert.

Die geführten Gespräche mit den anderen Mitarbeitern der Erstantragsgegnerin, mit dem Zweitantragsgegner sowie dessen Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen hätten - mit Ausnahme der Behauptungen der Antragstellerin - keine Anzeichen für eine sexuelle Belästigung ergeben. Sämtliche Mitarbeiterinnen der Erstantragsgegnerin hätten dargelegt, dass es im persönlichen Umgang mit dem Zweitantragsgegner niemals Probleme gegeben habe. Insbesondere sei auch niemanden ein unangebrachter Annäherungsversuch des Zweitantragsgegners gegenüber der Antragstellerin aufgefallen. F habe die Behauptungen der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der Zweitantragsgegner gestehe zu, dass es intime Gespräche mit der Antragstellerin gegeben habe. Jedoch habe die Antragstellerin die Initiative zu diesen Gesprächen ergriffen. Der Zweitantragsgegner habe keineswegs die Antragstellerin zum Oralverkehr aufgefordert, sondern vielmehr habe diese ihm von sich aus erzählt, sie würde jetzt nach Hause gehen und ihrem Freund „einen blasen". Der Zweitantragsgegner habe versichert, die Antragstellerin habe ihm gegenüber nie ein Unwohlsein zum Ausdruck gebracht. Hätte sie zu irgendeinem Zeitpunkt ihm dies signalisiert, hätte er das respektiert und keine weiteren Bemerkungen in diese Richtung gemacht. Der Zweitantragsgegner habe erstmals Mitte Dezember über Dritte von den Vorwürfen erfahren. Er habe umgehend eine Kontaktaufnahme zur Klärung versucht. Obwohl er sich keiner Schuld bewusst gewesen sei, habe er sich dennoch im Sinne einer zukünftigen Gesprächsbasis bei der Antragstellerin entschuldigt. Ihm tue es leid, falls sie sich belästigt gefühlt habe. Er sei sich jedoch keiner Schuld bewusst, da die Antragstellerin seiner Ansicht nach diese Gespräche initiiert habe.

Für den Geschäftsführer sei die Thematik der sexuellen Belästigung erst Mitte Dezember 2019 ersichtlich geworden, und zwar über Information durch Dritte. Die Versuche, klärende Gespräche mit der Antragstellerin zu führen, seien am Ausrasten der Antragstellerin sowie am Nichtmelden, trotz mehrmaliger Kontaktaufnahmeversuche des Geschäftsführers, gescheitert. Der Geschäftsführer hätte bei Vorliegen und Kenntnis eine sexuelle Belästigung seiner Mitarbeiterinnen keinesfalls geduldet. Der Erstantragsgegnerin sei kein Fehlverhalten anzulasten.

Stellungnahme von der rechtsfreundlichen Vertretung des Zweitantragsgegners:

Der Zweitantragsgegner habe die Antragstellerin als sehr netten und offenen Menschen kennengelernt. Die Antragstellerin habe gewusst, der Zweitantragsgegner habe damals eine Trennung nach einer langjährigen Beziehung durchlebt. Sie habe sich ihm mehrmals zum Reden über die Beziehung angeboten. Dabei habe sie den Zweitantragsgegner auch umarmt und ihm vermittelt, für ihn in dieser schweren Zeit da sein zu wollen.

In den geführten Gesprächen habe sich die Antragstellerin sehr offen gezeigt. Der Zweitantragsgegner habe diese Offenheit als sehr angenehm empfunden und eine Gesprächspartnerin in der schwierigen emotionalen Phase zu haben als Erleichterung angesehen. Im Rahmen dieser Gespräche seien immer wieder intime Themen aufgekommen, wobei diese regelmäßig von der Antragstellerin angesprochen worden seien. Die Antragstellerin sei von sich aus mehrmals in den Arbeitsbereich des Zweitantragsgegners gekommen, um über die gescheiterte Beziehung zu sprechen. Sie habe den Zweitantragsgegner hiebei beispielsweise gefragt, ob er beim Sex lieber oben oder unten liege, ob er auf junge oder alte Frauen stehe bzw. welche Haarfarbe er bevorzuge oder ob ihm große Brüste gefielen. Die Gespräche hätten sich intensiviert und seien intimer geworden. Auch das Thema Oralverkehr sei erörtert worden. Jedoch habe die Antragstellerin diese Gespräche initiiert. Insbesondere sei sie immer wieder von sich aus in den Arbeitsbereich des Zweitantragsgegners aktiv hinübergegangen und habe ihm beispielsweise erzählt, sie ginge nach Hause und würde ihrem Freund „einen blasen“.

In diesen Gesprächen und Begegnungen mit dem Zweitantragsgegner habe die Antragstellerin nie ein unangenehmes Empfinden geäußert. Der Zweitantragsgegner sei auch nicht auf die Idee einer Grenzüberschreitung gekommen, da die Antragstellerin immer wieder den Kontakt und das Gespräch zu ihm gesucht habe. Er habe erst Anfang Dezember 2019 nach der Weihnachtsfeier der Erstantragsgegnerin vom Geschäftsführer von den Gesprächen der Mitarbeiterinnen erfahren, dass sich die Antragstellerin über eine Belästigung durch den Zweitantragsgegner beschweren würde. Über diese Behauptungen sei er schockiert gewesen. Er sei jedoch darum bemüht gewesen, die Sache zu bereinigen und habe daher das Gespräch mit der Antragstellerin gesucht sowie sich pauschal für alles entschuldigt. Der Zweitantragsgegner habe mit seiner Entschuldigung eine Versöhnung mit der Antragstellerin bezwecken und versichern wollen, dass eine Belästigung nicht seine Absicht gewesen sei und es in Zukunft keine intimen Gespräche mehr geben werde.

Es sei richtig, dass es zwischen der Antragstellerin und dem Zweitantragsgegner intimere Gespräche und ein „albernes Herumgeflirte“ gegeben hätte. Diese Gespräche seien aber immer wieder von der Antragstellerin initiiert worden, welche auch selbst in ihrer Textnachricht zugestehen würde, darauf eingestiegen zu sein. Die Antragstellerin habe dem Zweitantragsgegner während eines persönlichen Gespräches nie ein Unwohlsein in seiner Gegenwart signalisiert.

Er habe sich dennoch für den Fall entschuldigt, dass die Antragstellerin sich unangenehm berührt gefühlt habe und habe zugesichert, dass derartige Vorfälle nicht mehr vorkommen würden. Seit diesem Zeitpunkt habe es auch keinen Kontakt mehr zwischen ihnen gegeben. Dies alles sei vor Konsultierung der Gleichbehandlungskommission geschehen. Hätte die Antragstellerin dem Zweitantragsgegner zu einem früheren Zeitpunkt zu verstehen gegeben, dass sie die Begegnungen als unangenehm empfinden würde bzw. hätte die Antragstellerin davon Abstand genommen, immer wieder Gespräche mit dem Zweitantragsgegner zu initialisieren, hätte der Zweitantragsgegner die Zeichen erkannt und keinen weiteren Kontakt zur Antragstellerin gesucht.

Am 00. Dezember 2019 habe die Antragstellerin einen Vorfall vor der Toilette beschrieben. An diesem Tag habe der Zweitantragsgegner einen Kurs mit zwölf Schülern gehabt. Auch diese hätten sich im örtlichen Nahebereich befunden und könnten das Fehlen einer Belästigung bestätigen. Das Öffnen der Hose und das Herausstrecken der Zunge sowie die angedeuteten „Zungenspielchen“ hätten diese sicherlich als verstörendes Verhalten wahrgenommen. Derartiges habe nie stattgefunden.

Der Zweitantragsgegner und der Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin seien privat nicht befreundet. Es bestehe lediglich aufgrund derselben Geschäftsbereiche eine gelegentliche berufliche Zusammenarbeit. Die von der Antragstellerin vorgelegten Facebook-Einträge würden solch berufliche Events zeigen.

Im September 2019 habe in … ein …-kurs stattgefunden. Da beide Herren im Kaffeegeschäft arbeiten würden, hätten sie diesen Kurs gemeinsam mit … anderen Personen aus ganz Europa besucht.

Diese Kurse würden sechs Tage dauern und aufgrund der schwierigen Terminfindung nur 2-3-mal pro Jahr in Europa abgehalten werden. Eine nicht bestandene Prüfung könne beim nächsten Treffen nachgeholt werden. Beide hätten noch Prüfungen abzulegen gehabt. Dies sei der Grund der gemeinsamen Reise … gewesen.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin, der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin, von X (informierter Vertreter der Erstantragsgegnerin) und des Zweitantragsgegners vom 17. Mai 2022. Als weitere Auskunftspersonen wurden D sowie G am 17. Mai 2022 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf den WhatsApp-Schriftverkehr zwischen der Antragstellerin und dem informierten Vertreter der Erstantragsgegnerin, den Instagram-Schriftverkehr zwischen der Antragstellerin und dem Zweitantragsgegner, den iMessage-Schriftverkehr zwischen der Antragstellerin und G, die Korrespondenz mit dem Steuerberater der Erstantragsgegnerin als auch die Facebook-Postings der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners.

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl I Nr 66/2004 idgF, lauten:

„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1.    bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses,

[…]

7.   bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.“

„§ 6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person

[…]

2.   durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen,

3.    durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder

[…]

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

1.    eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder

2.    der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kolleg/inn/en zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt gemacht wird.“

„§13. Als Reaktion auf eine Beschwerde darf ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Auch ein/e andere/r Arbeitnehmer/in, der/die als Zeuge/Zeugin oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde eines/einer anderen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin unterstützt, darf als Reaktion auf eine solche Beschwerde oder auf die Einleitung eines solchen Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. § 12 gilt sinngemäß.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 6 und 13 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, der Zweitantragsgegner habe die Antragstellerin durch mehrere Aussagen sowie Gesten sexuell belästigt, wobei der Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin trotz Kenntnis darüber keine angemessene Abhilfe geleistet habe und die Äußerung der Vorwürfe durch die Antragstellerin gegenüber dem Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin in einem Zusammenhang mit ihrer Kündigung stehen würden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin war von Sommer 2019 bis Dezember 2019 bei der Erstantragsgegnerin im Ausmaß von 10 Wochenstunden beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht erstellt.

Bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses teilte die Antragstellerin dem Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin mit, sie müsse während der Praktikumsphase das Arbeitsverhältnis unterbrechen. Der Geschäftsführer sicherte zu, das Ab- und Anmelden bei geringfügiger Beschäftigung stelle überhaupt kein Problem dar.

Der Zweitantragsgegner war kein Mitarbeiter der Erstantragsgegnerin, sondern in der an dieser anschließenden Firma 2, einer …-Schulungseinrichtung, beschäftigt. Zwischen den Unternehmen bestand eine Verbindungstüre. Während der kurs- bzw. schulungsfreien Zeit stand diese meist offen. Die Unternehmen teilten sich darüber hinaus einige Räumlichkeiten. Dort befanden sich auch der Backofen sowie die Kühlschränke der Erstantragsgegnerin. Gewissen Räumlichkeiten der Erstantragsgegnerin sind nur mittels Durchqueren der Firma 2erreichbar. Diese mussten von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen während eines Dienstes bei der Erstantragsgegnerin mehrmals am Tag aufgesucht werden.

Zunächst herrschte ein gutes Arbeitsklima und ein gutes Verhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Zweitantragsgegner. Ein gewisses freundschaftliches herumalbern kam immer wieder vor. Im Laufe der Zeit veränderte sich das Verhältnis.

Bezugnehmend auf den nunmehrigen Lebensgefährten der Antragstellerin äußerte sich der Zweitantragsgegner über dessen Alter sowie den Altersunterschied. Er merkte an, er sei nur zwei Jahre älter als dieser, falls die Antragstellerin auf Ältere stehen würde.

Am 00. Oktober 2019 kam es zum Gespräch zwischen der Antragstellerin und dem Zweitantragsgegner. Als die Antragstellerin bemerkte, dass es dem Zweitantragsgegner aufgrund seiner Beziehung mit seiner damaligen Lebensgefährtin schlecht ging, bot sie sich als freundschaftliche Gesprächspartnerin an. Als die Antragstellerin sich später in die Büroräumlichkeiten begab, schloss der Zweitantragsgegner die Türe. Er wandte sich zur Antragstellerin und meinte zu ihr: „Weißt du, manchmal würde ich dich einfach ur gern zuwa nehmen“. Die Antragstellerin entgegnete darauf: „Ma, …, ich dich auch, aber nur, weil du mir so leid tust“, woraufhin der Zweitantragsgegner weiter ausführte, so meine er das jetzt nicht, aber vielleicht könne er das ihr bald zeigen, was er damit meine.

Kurz darauf suchte der Zweitantragsgegner erneut die Antragstellerin auf und meinte, er habe nichts vom Lebensgefährten der Antragstellerin gewusst, dieser Umstand sei schade, da die beiden eine Menge Spaß hätten haben können, dem Lebensgefährten würde er auch nichts sagen. Die Antragstellerin antwortete darauf, daraus werde nichts. Der Zweitantragsgegner merkte noch an, sie solle sich melden, falls sich etwas ändere.

Danach verschlimmerte und steigerte sich das Verhalten des Zweitantragsgegners.

Am 00. November 2019 kam es abermals zu einem Gespräch zwischen der Antragstellerin und dem Zweitantragsgegner. Der Zweitantragsgegner fragte, ob die Antragstellerin ihm mal „einen blasen“ wolle. Die Antragstellerin war überfordert und wollte das freundliche Arbeitsklima nicht belasten. Sie reagierte daher mit der knappen Antwort; nein, in den Genuss werde er nicht kommen, sie habe auch einen Freund.

Am Tag darauf folgte der Zweitantragsgegner der Antragstellerin in die Büroräumlichkeiten und merkte an, er könne das Gespräch des Vortages nicht vergessen. Die Antragstellerin stellte ihm gegenüber fest, sie könne das Gespräch vergessen. Als sie sich ein weiteres Mal in die Büroräumlichkeiten begab, fragte er sie, warum sie nun auf einmal so abweisend sei. Woraufhin die Antragstellerin nochmals betonte, sie habe kein Interesse.

In der folgenden Zeit hielt sich der Zweitantragsgegner wiederholt in der Nähe Antragstellerin auf und beobachtet diese immer mal wieder.

Am 00. November 2019 kam es zum Aufeinandertreffen der Antragstellerin und des Geschäftsführers der Erstantragsgegnerin. Die Antragstellerin erzählte ihm erstmals davon, dass der Zweitantragsgegner sie gefragt habe, ob sie ihm „einen blasen“ wolle. Der Geschäftsführer reagierte angewidert und meinte dazu, warum sie ihm das erzähle, nun habe er ein Kopfkino.

Ein weiteres Gespräch seitens der Antragstellerin wurde daraufhin nicht gesucht. Sie hatte nicht das Gefühl der Unterstützung durch den Geschäftsführer und fühlte sich nicht ernst genommen. G, ihrem nunmehrigen Lebensgefährten, schrieb die Antragstellerin hingegen sämtliche Vorkommnisse unverzüglich. Die restlichen Vorwürfe gegen den Zweitantragsgegner erfuhr der Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin über Dritte.

Am 00. Dezember 2019 kam die Antragstellerin direkt von ihrem freiwilligen Dienst beim Roten Kreuz zur Arbeit. Sie ging zu den Mitarbeitertoiletten, um die Sanitäterbekleidung umzuziehen. Der Zweitantragsgegner folgte ihr und deutete an, seine Hose zu öffnen. Die Antragstellerin sagte nur schnell, er sei unmöglich, und begab sich danach in die WC-Kabine.

Dem folgend machte der Zweitantragsgegner gegenüber der Antragstellerin noch Andeutungen mit seiner Zunge bzw. seinem Mund in Kombination mit zwei gespreizten Fingern.

Der Arbeitsalltag belastete die Antragstellerin in weiterer Folge stark. In der Nähe des Zweitantragsgegners war sie permanent angespannt, verkrampft und unkonzentriert. Das Verhalten des Zweitantragsgegners überforderte sie. Die Arbeit war für sie belastend.

Am 00. Dezember 2019 kontaktierte der Zweitantragsgegner die Antragstellerin via Instagram und entschuldigte sich dafür, falls die Antragstellerin was falsch verstanden hätte oder ihr etwas unangenehm gewesen wäre. Die Antragstellerin kommunizierte ihm daraufhin klar, dass es für sie zu viel gewesen sei.

Am 00. Dezember 2019 war der vorerst letzte Dienst der Antragstellerin bei der Erstantragsgegnerin, da sie ein einmonatiges Praktikum im Rahmen ihres Studiums wahrnehmen musste. Ihr wurde vom Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin mitgeteilt, sie solle sich überlegen, ob sie noch bei der Erstantragsgegnerin arbeiten wolle, über eine Wiederaufnahme könne noch geredet werden, versprechen könne er aber nichts. Er fügte hinzu, so könne es allerdings nicht weitergehen, da sie nur Unruhe ins Team bringe.

Diese Situation führte zu einem intensiveren Gespräch zwischen der Antragstellerin und dem Geschäftsführer. Dieser hatte in der Zwischenzeit das Gespräch mit dem Zweitantragsgegner, welchen er seit Jahren gut kannte, gesucht. Der Zweitantragsgegner stritt ihm gegenüber sämtliche Vorwürfe ab. Der Geschäftsführer wollte daraufhin die Antragstellerin im besagten Gespräch damit konfrontieren, um die Vorwürfe aufzuarbeiten. Das Gespräch brachte jedoch keine Aufarbeitung. Die Antragstellerin hatte noch immer das Gefühl, ihr werde nicht geglaubt. Den Schlüssel für die Räumlichkeiten der Erstantragsgegnerin musste die Antragstellerin an diesem Tag nicht zurückgeben.

Ab 00. Dezember 2019 wurde eine neue Mitarbeiterin - mit mehr Wochenarbeitsstunden - als Ersatz für die Antragstellerin bei der Erstantragsgegnerin eingestellt. Das Schreiben an den Steuerberater der Erstantragsgegnerin bezüglich der Anmeldung dieser Arbeitnehmerin erfolgte am 00. Dezember 2019 durch den Geschäftsführer.

Am 00. Jänner 2020 teilte die Antragstellerin dem Geschäftsführer per WhatsApp mit, sie sei ab Februar jederzeit für ein Gespräch bereit. Entsprechende schriftliche Kontaktaufnahmen durch den Geschäftsführer erfolgten nicht. Dieses oder sonstige weitere Gespräche fanden nicht statt. Das Arbeitsverhältnis mit der Antragstellerin wurde nicht wiederaufgenommen.

Der Geschäftsführer ersuchte einen Stammkunden der Erstantragsgegnerin und gleichzeitig Bekannten der Antragstellerin darum, der Antragstellerin ihren Schlüssel für den Betrieb abzunehmen. Der Stammkunde wandte sich am 00. März 2020 diesbezüglich an die Antragstellerin, welche den Schlüssel übergab.

Am selben Tag teilte der Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin der Antragstellerin per WhatsApp mit, dass eine Wiederaufnahme ihres Arbeitsverhältnisses firmenpolitisch nicht mehr möglich und notwendig gewesen sei.

Die Antragstellerin wusste bis zum Zeitpunkt der Schlüsselabnahme keinen genauen Stand bezüglich ihrer Wiederaufnahme.

Nicht festgestellt werden konnte, ob bzw. wie viele telefonische Kontaktaufnahmeversuche durch den Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin für ein klärendes Gespräch oder die Schlüsselübergabe an die Antragstellerin erfolgten.

Weiters konnte aufgrund der widersprechenden Aussagen und des Fehlens eines schriftlichen Arbeitsvertrages nicht festgestellt werden, zu welchem Zeitpunkt genau das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin bei der Erstantragsgegnerin begann. Die Antragstellerin war jedenfalls ab September 2019 bei der Erstantragsgegnerin beschäftigt.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

1.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG durch den Zweitantragsgegner vor.

Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise anzügliche – sei es auch in „Komplimente“ verpackte – Bemerkungen über sexuelles Verhalten im Privatleben, unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht oder Erzählen freizügiger Witze4 sowie jene Handlungen – zB sexuell gefärbte Äußerungen – die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen durch Verletzung ihrer Intimsphäre und deren sexuelle Integrität im Betrieb herabzusetzen als auch deren Ehrengefühl grob zu verletzten5. Letztlich ist einzelfallabhängig, ob ein bestimmtes Verhalten bereits der sexuellen Sphäre zugehörig ist, wobei auf eine Betrachtung des Gesamtgeschehens abzustellen ist.6

Um von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 GlBG sprechen zu können, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten des Weiteren die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.7 Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Anders zu sehen ist dies aber unter Umständen dann, wenn zwar die einzelnen Belästigungshandlungen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, dafür aber immer wieder erfolgen.8 Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.

Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass nach § 6 Abs 2 GlBG das belästigende Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein muss. Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden.9 Es muss allerdings für den Belästiger/die Belästigerin erkennbar sein, dass das Verhalten für die betroffene Person unerwünscht ist, wobei dies aus der Sicht eines objektiven Betrachters zu beurteilen ist.10

Bei Überprüfung der Unerwünschtheit ist daher zunächst die innere Einstellung der von der Handlung betroffenen Person zu erforschen. Ist die Unerwünschtheit des Verhaltens dazu auch aus objektiver Sicht erkennbar, dann kommt die Annahme einer sexuellen Belästigung durch unerwünschtes Verhalten grundsätzlich in Betracht. Die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person ist hingegen keine Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung iSd GlBG. Eine irgendwie geartete Verpflichtung oder Obliegenheit der betroffenen Person, ein auf die sexuelle Sphäre bezogenes Verhalten abzulehnen, besteht daher nicht. Demnach ist ein Verhalten nicht erst dann abgelehnt und somit unerwünscht, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt.11

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.12

Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Arbeitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Allerdings kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.13 Zu beachten ist allerdings, dass es nicht nur um den Schutz der körperlichen Integrität vor unerwünschten sexuellen Handlungen geht, sondern auch um die psychische Verletzbarkeit, die Beeinträchtigung der Würde und Persönlichkeitsverletzungen. Auch im Gebrauch ordinärer Worte, in unsittlichen Anträgen sowie sexueller Verspottung trotz Aufforderung, dieses Verhalten abzustellen, oder sonst erkennbarer Unerwünschtheit kann bereits eine sexuelle Belästigung liegen.14 Derartige Verhaltensweisen können auch geeignet sein, das Ansehen und die soziale Wertschätzung einer Person durch Geringschätzung, mangelnden Respekt oder Verspottung herabzusetzen und auf diese Weise das Ehrgefühl zu verletzen.15 Die Demütigung der betroffenen Person kann auch darin liegen, dass die Ablehnung einer Beziehung von der belästigenden Person ignoriert wird.16

Sexuelle Belästigung liegt somit vor, wenn ein objektiv der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, gesetzt wird und dieses Verhalten objektiv eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass dieses Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößiges ist.

Als Dritte iSd § 6 GlBG kommen vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin und der belästigten Person verschiedene Personen in Betracht. Im Fall des § 6 Abs 1 Z 3 GlBG sind das zB Arbeitskolleg/Arbeitskolleginnen der belästigten Person, Vorgesetzte, Geschäftspartner/Geschäftspartnerinnen oder Kunden/Kundinnen des/der Antragsgegners/Antragsgegnerin.17

Im vorliegenden Fall ist der Zweitantragsgegner sohin Dritter iSd § 6 Abs 1 Z 3 GlBG, da er, als Geschäftspartner der Erstantragsgegnerin auftritt. Die Belästigung erfolgte ebenfalls im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Es handelt sich um einen mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Umstand.

Der Antragsgegner hat ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt, das die Würde der Antragstellerin beeinträchtigte, indem er wiederholt unangebrachte Anspielungen, nämlich jene bezüglich der angeblichen Vorliebe der Antragstellerin für ältere Männer, jene am 00. Oktober 2019 sowie am 00. November 2019, gegenüber der Antragstellerin machte und sich während sich die Antragstellerin zum Umziehen auf die Toilette begab, ihr folgte, andeutete seine Hose zu öffnen sowie darauffolgend Andeutungen mit seiner Zunge im Zusammenspiel mit zwei seiner Finger vornahm. Diese anzüglichen Bemerkungen über das sexuelle Verhalten im Privatleben der Antragstellerin, die eindeutig sexuell gefärbte Frage zum Oralverkehr und die, falls auch als Spaß gemeinten, sexuell gefärbte Handlung bezüglich des Öffnens der Hose als auch die Finger-Zunge-Anspielungen verletzten die Intimsphäre und sexuelle Integrität der Antragstellerin im Betrieb. Die erste Äußerung am 00. Oktober ist im Rahmen einer Betrachtung des Gesamtgeschehens ebenfalls der sexuellen Sphäre zuzurechnen und als ausreichend schwerwiegend anzusehen.

Objektiv betrachtet eignete sich das Verhalten des Zweitantragsgegners, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, da er nicht davon ausgehen konnte, dass es angemessen und in Ordnung ist, solch ordinäre Aussagen und Anspielung zum sexuellen Verhalten einer Arbeitskollegin zu äußern oder gar Andeutung sexueller Handlungen bzw. Übergriffe zu machen. Durch die Gesamtbetrachtung der Umstände sowie Auswirkungen ist die geforderte Intensität zu bejahen, insbesondere dadurch, dass es neben verbalen Äußerungen auch zu körperlichen Andeutungen kam und diese große psychische Belastung bei der Antragstellerin auslösten. Die Antragstellerin ging daraufhin ihrer Arbeitstätigkeit bei der Erstantragsgegnerin stark belastet und angespannt nach. Die Handlungen verließen klar den professionellen Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Ein Grund, weswegen eine Mitarbeiterin solche Aussagen und Andeutungen von einem, noch dazu knapp zehn Jahre älteren, Arbeitskollegen tolerieren müsste oder sollte, ist nicht denkbar.

Das Verhalten des Zweitantragsgegners war für die Antragstellerin klar unerwünscht, sie teilte dies auch regelmäßig ihrem nunmehrigen Lebensgefährten mit. Dies zeigte sich unter anderem auch darin, dass sie bei den Äußerungen des Zweitantragsgegners versuchte dem Thema auszuweichen bzw. von diesem abzukommen oder klar sagte, dass dies nicht eintreten würde oder sie nicht gleich denke. Nach der Andeutung des Öffnens der Hose sagte die Antragstellerin dem Zweitantragsgegner klar, er sei unmöglich. Dem Zweitantragsgegner hätte jedenfalls auffallen müssen, dass sein Verhalten bei der Antragstellerin unerwünscht war. Wieso er dennoch weitere sexuelle Annäherungsversuche unternahm, ist unter diesem Gesichtspunkt nicht zu erklären. Die Äußerungen bzw. Handlungen sind klar als anstößig und unangebracht einzustufen. Die Tatsache, dass die Antragstellerin sich nicht lautstark zur Wehr setzte, sondern versuchte freundlich zu bleiben, ändert an der Unerwünschtheit nichts.

Weiters ist die Voraussetzung, dass eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitswelt für die betroffene Person geschaffen werden muss bzw. bezweckt wird, erfüllt. Die Antragstellerin fühlte sich, wie festgestellt, aufgrund des belästigenden Verhaltens des Zweitantragsgegners nicht mehr wohl, war angespannt in seiner Nähe und fühlte sich von ihm ständig beobachtet. Die Arbeit belastete sie sehr. Das Thematisieren der sexuellen Vorlieben der Antragstellerin, die ordinären Aussagen, das Andeuten sexueller Handlungen bzw. vorgehender Handlungen hiefür und das Ignorieren des fehlenden romantischen Interesses der Antragstellerin als auch der fehlende Respekt des Zweitantragsgegners führten zu einem einschüchternden und demütigenden Arbeitsumfeld. Die Antragstellerin fürchtete weitere Vorkommnisse.

Der Antragstellerin gelang es, im vorliegenden Fall den glaubhaften Anschein einer sexuellen Belästigung darzulegen. Denn ihrer Schilderung, der Zweitantragsgegner habe die festgestellten Aussagen und Handlungen getätigt, wodurch sie sich nicht mehr wohl in der Arbeit gefühlt habe und stark belastetet gewesen sei, konnte die Antragstellerin glaubwürdig sowie nachvollziehbar darlegen. Ihre Darstellung darüber, sie habe im Sinne eines guten Arbeitsklimas versucht, nicht zu harsch zu reagieren und die Vorfälle eher schnell wieder abzuschreiben, erschien schlüssig und nachvollziehbar. Die Antragstellerin machte einen äußerst glaubwürdigen Eindruck. Insbesondere der vorgelegte detaillierte Schriftverkehr überzeugte den Senat.

Die fehlende Feststellung zum genauen Arbeitsbeginn der Antragstellerin bei der Erstantragsgegnerin ist dahingehend vernachlässigbar, da die ersten Vorkommnisse sich erst im Herbst 2019 ereigneten. In diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin unbestritten bei der Erstantragsgegnerin beschäftigt.

Der Antragstellerin gelang es nach Ansicht des Senates durch ihre Ausführungen im Antrag und den Antragskonkretisierungen glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darzulegen. Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Zweitantragsgegner.

Der Zweitantragsgegner vermochte den Senat nicht von seiner Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Er stritt die Vorwürfe ab und betonte wiederholt, solche sexuell gefärbte Gespräche seien immer von der Antragstellerin ausgegangen, er habe kein sexuelles oder romantisches Interesse an ihr gehabt. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb der Zweitantragsgegner dann den genannten Handlungen im Schriftverkehr mit der Antragstellerin nicht widersprach und deren Unwahrheit klarstellte. Zwar ist es möglich, dass der Zweitantragsgegner die Handlungen und Äußerungen tatsächlich in humorvoller Weise meinte, das spielt jedoch keine Rolle. Ob er eine sexuelle Belästigung auch beabsichtigte, ist irrelevant. Die Antragstellerin äußerte ihm gegenüber die Unerwünschtheit. Aus dem zeitlichen Ablauf ist erkennbar, dass der Zweitantragsgegner nicht lockergelassen hat. Gleichzeitig gab der Zweitantragsgegner bei seiner mündlichen Befragung selbst an, es sei zu einer anderen, scherzhaften Situation mit seiner Gürtelschnalle und eines Kommentars in der Vergangenheit gekommen. Dass es im Allgemeinen zu solchen Situationen, wie auch immer diese gemeint und empfunden wurden, kam, bestärkt den Senat in seiner Einschätzung.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Zweitantragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

2.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs 1 Z 2 GlBG durch die Erstantragsgegnerin vor.

§ 6 Abs 1 Z 2 GlBG enthält eine Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht. Danach haben Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen auch dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre der in den Betrieb eingegliederten Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen nicht durch Belästigungen durch Dritte beeinträchtigt wird. Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen haben daher dafür zu sorgen, dass die geschlechtliche Selbstbestimmung, sexuelle Integrität und Intimsphäre der Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen nicht gefährdet werden. Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen sind zum unverzüglichen Einschreiten verpflichtet, wenn sexuelle Belästigungen hervorkommen, zum einen, um die Betroffenen nicht

Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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