Diskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Festsetzung des Entgelts, Belästigung durch Arbeitgeber/inText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl Nr 108/1979 idgF)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 28. Juni 2022 über den am 30. Juni 2021 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Dipl.-BW (BA) A, MA (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG (BGBl I Nr 66/2004 idgF) und durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin gemäß § 7 Abs 1 Z 1 GlBG durch Z gGmbH (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl II Nr 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/1018/21, zu folgendem
PRÜFUNGSERGEBNIS:
1. Dipl.-BW (BA) A, MA ist aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG durch Z gGmbH diskriminiert worden.
2. Dipl.-BW (BA) A, MA ist aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin gemäß § 7 Abs 1 Z 1 GlBG durch Z gGmbH diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin sei von 19. August 2019 bis 28. Februar 2021 in der Funktion Betriebswirtin bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen. Ab 1. Jänner 2020 sei sie formell mit der Funktion „Leitung der Verwaltung“ betraut worden. Laut Arbeitsvertrag der Antragstellerin sei auf diesen der Kollektivvertrag des … Sozial- und Gesundheitswesens anzuwenden gewesen. Sie sei bei diesem unter die Beschäftigungsgruppe 8 unter Anrechnung von 16 Dienstjahren gefallen. Dabei habe sich ein kollektivvertragliches monatliches Bruttogrundgehalt für 40 Wochenstunden von EUR 4.363,- ergeben.
Ab 1. Jänner 2020 habe die Antragstellerin eine Leitungszulage in der Höhe von EUR 750,- erhalten. Ab 1. Oktober 2020 habe sich diese auf EUR 1.000,- erhöht.
Der Vorgänger der Antragstellerin in dieser Funktion, MMag. B, habe die selbe Tätigkeit wie die Antragstellerin ausgeübt und sei ebenfalls in der Position „Leitung der Verwaltung“ bei der Antragsgegnerin tätig gewesen. Er habe von Juni bis September 2019 die Funktion „Leiter der Verwaltung“ bei der Antragsgegnerin innegehabt und sei ebenfalls in die Beschäftigungsgruppe 8 des Kollektivvertrages des … Sozial- und Gesundheitswesens eingestuft gewesen. MMag. B habe jedoch ein höheres Gehalt, nämlich – entsprechend der Beitragsgrundlage nach dem BMSVG - ein monatliches Gesamtbruttoentgelt in der Höhe von EUR 7.060,79, erhalten.
Von 19. August 2019 bis zur offiziellen Bestellung der Antragstellerin zur Leiterin der Verwaltung habe die Gehaltsdifferenz zu MMag. B EUR 2.697,- betragen, obwohl sie bereits in dieser Zeit dieselben Aufgaben wahrgenommen habe. Ab der formellen Bestellung habe die Gehaltsdifferenz von 1. Jänner bis 1. Dezember 2020 EUR 1.947,- und von 1. Dezember 2020 bis 28. Februar 2021 noch EUR 1.697,- betragen. Das Arbeitsverhältnis der Antragstellerin sei durch Arbeitgeberkündigung vom 27. November 2020 beendet worden. Der finanzielle Nachteil für den gesamten Zeitraum betrage mindestens EUR 40.000,-.
Darüber hinaus habe die Antragstellerin bereits vor formeller Bestellung die Tätigkeiten der Leitung über vier Monate ohne Erhalt eines Leitungszuschlages wahrgenommen. Der Vorgänger habe vermutlich von Anfang an Leitungszulagen erhalten.
Der männliche Vorgänger habe voraussichtlich von Beginn an selbst höhere Lohnanforderungen an die Antragsgegnerin gestellt gehabt, welche ihm, verteilt auf verschiedene Entgeltbestandteile - Grundgehalt, Leitungszulage, Überstundenpauschale und SEG-Zulage - auch ausbezahlten worden seien. In diesem Fall wäre die Antragsgegnerin im Sinne des Gleichbehandlungsgebotes von sich aus dazu verpflichtet gewesen, gleiches Entgelt für gleiche Arbeit zu leisten.
Hinzu komme noch der Vorwurf der geschlechtsbezogenen Belästigung. Am 1. Juli 2020 habe in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin eine Besprechung stattgefunden. Teilgenommen hätten die Antragstellerin, die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin, Dr.in Y, und für … der Funktionsbereichsleiter …, X, sowie W als neuer …. Grund des Treffens sei die Vorstellung des neuen … gewesen.
Die Antragstellerin habe sich mit ihrer offiziellen Jobbeschreibung als „Leitung der Verwaltung und Organisation“ der Antragsgegnerin vorgestellt. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin sei ihr ins Wort gefallen und habe die Position der Antragstellerin als „Mädchen für alles“ bezeichnet. Diese Art der Vorstellung, insbesondere gegenüber den für die Antragstellerin sehr bedeutenden Geschäftspartnern des …, habe sie stark getroffen.
Beim letzten Termin dieses Abends seien noch die Geschäftsführerin und die Antragstellerin anwesend gewesen. Die Antragstellerin habe erklärt, sie habe die öffentliche Bezeichnung als „Mädchen für alles“ als sehr erniedrigend und herabwürdigend empfunden. Die Geschäftsführerin habe darauf gemeint, es sei vielleicht nicht korrekt gewesen, aber ihr Job sei eben genau so.
Trotz dieses Hinweises der Antragstellerin habe die Geschäftsführerin in einer anderen Situation nochmals wiederholt, der Job der Antragstellerin sei die Arbeit eines „Mädchen für alles“.
„Mädchen für alles" bezeichne im allgemeinen Sprachgebrauch eine Person, die als Hilfskraft, alle anfallenden einfachen Arbeiten übernehmen müsse. Sinnverwandte Wörter seien Handlanger oder Hilfskraft. Dies entspreche nicht dem Tätigkeitsbereich der Antragstellerin. In Anbetracht der beruflichen Stellung der Antragstellerin stelle diese Bezeichnung eine klare Abwertung und Geringschätzigkeit dar. Die Ansprache als Mädchen sei schon per se geeignet, eine erwachsene Frau im Zusammenhang mit ihrem Geschlecht zu belästigen.
Dieses Verhalten der Geschäftsführerin sei für die Antragstellerin peinlich und kränkend gewesen, was sie dieser gegenüber auch zum Ausdruck gebracht habe. Es sei ein demütigendes Arbeitsumfeld entstanden.
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 9. August 2021 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
MMag. B habe in Summe mehr verdient als die Antragstellerin, aber nicht aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit. Er habe eine andere Position als die Antragstellerin im Unternehmen innegehabt. Sein Verantwortungsbereich sei weitaus größer gewesen und es hätten in Bezug auf Ausbildung und Erfahrung andere Voraussetzungen bestanden. MMag. B sei als Nachbesetzung der jetzigen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin eingestellt worden. Er habe die Leitung der Verwaltung mit der alleinigen Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben wahrgenommen. Es habe sich um eine sehr fordernde Position, die überdurchschnittlich viel Engagement und Leistungsbereitschaft vorausgesetzt habe, gehandelt. Diese Aufgaben seien mit einem normalen Arbeitspensum von 40 Stunden pro Woche kaum zu bewältigen gewesen. Aus diesem Grund sei schon von Beginn weg eine Vereinbarung bezüglich einer Überstundenpauschale sowie Zulage getroffen worden. Es habe sich dann herausgestellt, dass MMag. B trotz langjähriger Managementerfahrung und besten Referenzen mit dieser Aufgabe überfordert gewesen sei. Er habe deswegen schon nach wenigen Monaten das Unternehmen verlassen.
Ein Strukturveränderungsprozess sei eingeleitet und neue Kompetenzbereiche seien geschaffen worden. Die Antragstellerin sei per 1. September 2019 bei der Antragsgegnerin als einfache Betriebswirtin, jedoch nicht als Leiterin der Verwaltung mit Gesamtverantwortung, eingestellt worden. Die Antragstellerin sei nicht unmittelbar MMag. B nachgefolgt. Schon aus diesem Grund habe die Antragstellerin nicht dasselbe Gehalt bezogen und keine Überstundenpauschale sowie Zulage erhalten. Sie habe auch keine regelmäßigen Überstunden leisten müssen. Die Leitung der Verwaltung sei nach dem Ausscheiden von MMag. B zunächst wieder von der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin übernommen worden.
Ab Jänner 2020 sei die Antragstellerin dann zur Leiterin der Verwaltung ernannt worden. Sie habe jedoch nicht das gesamte Aufgaben- und Verantwortungsgebiet, so wie ursprünglich MMag. B, übertragen bekommen. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin habe einen Großteil ihrer bisherigen Aufgaben und Verantwortungsbereiche behalten. Die Antragstellerin habe zu keinem Zeitpunkt die Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben innegehabt. Ihr Aufgabengebiet sei deutlich geringer als jenes von MMag. B gewesen. Es sei daher nicht notwendig gewesen, permanent Überstunden zu leisten, weshalb keine Überstundenpauschale vereinbart worden sei. Aus diesem Grund sei auch die ihr seit 1. Jänner 2020 gewährte Zulage geringer wie jene von MMag. B gewesen.
Eine Belästigung liege nicht vor. Die Antragsgegnerin stelle nicht in Abrede, dass von der Formulierung „Mädchen für alles“ im Laufe eines Gesprächs mit X und W vom … Gebrauch gemacht worden sei.
Im damaligen Kontext sei dies jedoch in keinster Weise als Belästigung anzusehen gewesen, da die Äußerung ausschließlich auf die Position bzw. die zu verrichtende Tätigkeit gerichtet gewesen sei. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin habe sich bei Verwendung dieser Formulierung insbesondere auch auf sich selbst bezogen, da sie ursprünglich selbst eine ähnliche Position im Unternehmen innegehabt habe. Allerdings habe die Geschäftsführerin - genauso wie MMag. B - die Gesamtverantwortung für die Verwaltung innegehabt. Insgesamt sei das Aufgabengebiet der Antragstellerin - genauso wie zuvor jenes der Geschäftsführerin - sehr weit gefasst gewesen. Deswegen habe die Geschäftsführerin es als passend empfunden, zur Beschreibung der Tätigkeit den Begriff „Mädchen für alles“ zu verwenden.
Mit dieser Formulierung habe sie zum Ausdruck bringen wollen, dass es sich bei der Position der Antragstellerin um eine Allround-Funktion mit breitem Aufgabengebiet und Verantwortungsbereich gehandelt habe. In keinster Weise sei der Begriff als diskriminierend oder gar belästigend gedacht gewesen. Die Geschäftsführerin habe gesagt, mit dieser Position sei man sozusagen „Mädchen für alles“ im Unternehmen und habe ein sehr umfangreiches Aufgabengebiet. Die Aussage sei wertschätzend gemeint gewesen.
Die Antragstellerin habe nach dem Gespräch mit den Vertretern des … die verwendete Formulierung angesprochen. Aus Sicht der Geschäftsführerin sei das Thema dann ausreichend erörtert worden. Sie habe sich bei der Antragstellerin entschuldigt und klargestellt, sie habe den Begriff nicht negativ besetzt gesehen. Die Geschäftsführerin habe in weiterer Folge zu keinem Zeitpunkt die Bezeichnung „Mädchen für alles“ ein weiteres Mal verwendet.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und der Geschäftsführerin Dr.in Y (informierte Vertreterin der Antragsgegnerin) vom 28. Juni 2022. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf das Auskunftsschreiben der Österreichischen Gebietskrankenkasse über die sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlagen von MMag. B, die Stellungnahme von MMag. B vom 2. Juni 2022, die Stelleninserate der Antragsgegnerin, den Dienstvertrag von der Antragstellerin und MMag. B, das Dienstzeugnis der Antragstellerin, den Ausdruck der organisatorischen Einordnung der Stellen im Team Verwaltung bei der Antragsgegnerin, den Lebenslauf von der Antragstellerin sowie MMag. B und den Videoausschnitt aus dem Fernseh-Beitrag: ….
BEGRÜNDUNG2
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl I Nr 66/2004 idgF, lauten:
„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
[…]
2. bei der Festsetzung des Entgelts,
[…]“
„§ 7. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen
1. vom/von der Arbeitgeber/in selbst belästigt wird,
[…]
(2) Geschlechtsbezogene Belästigung liegt vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und
1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder
[…]“
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3 und 7 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.
Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Bei einer Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, die Antragstellerin habe trotz selber Tätigkeit ein geringeres Entgelt als ihr Vorgänger B erhalten sowie des Vorwurfes, die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin habe die Antragstellerin während einer Besprechung als auch in einer weiteren Situation als „Mädchen für alles“ bezeichnet, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:
Die Antragstellerin war jedenfalls von 1. September 2019 bis 28. Februar 2021 in der Verwaltung der Antragsgegnerin beschäftigt. Ob der Beginn des Dienstverhältnisses vor dem 1. September 2019 lag, konnte nicht festgestellt werden.
Während des Bewerbungsgespräches wurde der Antragstellerin von der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin mitgeteilt, sie habe derzeit die Stelle der Verwaltungsleitung inne und für diese Stelle werde ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht. Das Gehalt ergebe sich aus dem Kollektivvertrag des … Sozial- und Gesundheitswesens (…-KV), wobei die Stelle unter Anrechnung der relevanten Vordienstzeiten in der Gehaltsstufe 8 einzustufen sei.
Das monatliche Grundgehalt für 40 Wochenstunden wurde auf Grundlage des …-KV mit brutto EUR 4.363,- vereinbart. Der Antragstellerin wurden 16 Dienstjahre als Vordienstzeit angerechnet. Eine Überstundenpauschale oder sonstige Zulagen wurden nicht vereinbart. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit belief sich bei der Antragstellerin auf 45 Stunden. Auf ihre Nachfrage hin erhielt die Antragstellerin ab 1. Jänner 2020 eine Leitungszulage in Höhe von EUR 750,-. Mit 1. Oktober 2020 wurde diese Zulage auf EUR 1.000,- erhöht.
Die Antragstellerin hat eine kaufmännische Ausbildung, einen Bachelor und Master in Betriebswissenschaften, eine Berufs- und Arbeitspädagogische Qualifikation, Erfahrung in verschiedenen leitenden Vertriebstätigkeiten in größeren Unternehmen und ein Unternehmen mitgegründet.
Die Antragstellerin war laut Dienstvertrag mit folgenden Aufgaben betraut:
- Teilnahme an Gesellschafter- und Fachkonferenzsitzungen, Team- und Arbeitsgruppenbesprechungen
- Leitung und Betreuung des Finanz- und Rechnungswesens
- Antragswesen, Vertragswesen sowie Abrechnung mit Kostenträgern
- Leitung und Betreuung aller EDV-Anwendungen
- Leitung und Mitarbeit bei Projekten
- Verantwortlich für das Qualitätsmanagement
- Vertragswesen
- Verwaltung und Betreuung des Anlagevermögens und aller Miet- und Pachtobjekte
- vorübergehend auch andere Tätigkeiten.
Laut Dienstzeugnis vom 3. März 2021 war die Antragstellerin als Leiterin Verwaltung und Organisation bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen und zählte Folgendes zu ihren Aufgaben:
- Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben
- Führungsverantwortung in der Verwaltung für ca. 9 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
- Verantwortlich für die Optimierung von Prozessen und Abläufen im Bereich Verwaltung sowie in der Zusammenarbeit mit den Außenstellen
- Leitung und Koordination im Bereich EDV-Betreuung und Software-Entwicklung
- Leitung und Mitarbeit bei Projekten, insbesondere Projektleitung im Strukturveränderungsprozess
- Teilnahme an Gesellschafter- und Fachkonferenzsitzungen, Team- und Arbeitsgruppenbesprechungen.
Im Organigramm für das Team Verwaltung auf der Homepage der Antragsgegnerin wurde die Antragstellerin als „Leitung Verwaltung und Organisation“ angeführt.
B war von 15. Mai bis 30. September 2019 als Leiter der Verwaltung bei der Antragsgegnerin beschäftigt.
Sein Gehalt ergab sich ebenfalls aus dem Kollektivvertrag des … Sozial- und Gesundheitswesens (kurz: …-KV). Mit ihm wurde ein monatliches Grundgehalt für 40 Wochenstunden in der Höhe von brutto EUR 4.660,- vereinbart. B wurden 31 Dienstjahre als Vordienstzeit angerechnet. Seine durchschnittliche Wochenarbeitszeit belief sich auf rund 50 Stunden. Es wurden zusätzlich eine fünf Wochenstunden entsprechende Überstundenpauschale in Höhe von monatlich brutto EUR 900,86 sowie 14-mal jährlich eine Leitungszulage in Höhe von EUR 1.500,- verabredet. Insgesamt erhielt B ein monatliches Gesamtbruttoentgelt von EUR 7.060,79.
B absolvierte einen Lehrgang für Personal- und Organisationsentwicklung, ein Diplomstudium in Wirtschaftspädagogik sowie in Rechtswissenschaften und war beruflich als Geschäftsführer, Einzelprokurist, kaufmännischer Leiter, Personalverantwortlicher, Senior Legal Counsel, Pädagoge für Betriebswirtschaft und Recht sowie Bankberater tätig.
B war laut Dienstvertrag mit folgenden Aufgaben betraut:
- Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben
- Controlling und Berichtwesen
- Abwicklung Förderwesen
- Vertragswesen und Immobilienverwaltung
- Projektmanagement, Konzeptarbeit
- vorübergehend auch andere Tätigkeiten.
Wie diese Aufgaben in der Praxis ausgestaltet waren oder ob B von dieser Aufzählung abweichende Tätigkeiten wahrnahm, konnte nicht festgestellt werden.
Am 1. Juli 2020 fand in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin eine institutionsübergreifende Besprechung statt. Anwesend waren die Antragstellerin, die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin sowie für … X als Funktionsleiter für den Bereich … als auch W als neuer …. Letzterer sollte bei dieser Besprechung der Antragsgegnerin vorgestellt werden.
Die Antragstellerin stellte sich den Anwesenden mit ihrem Namen und Ihrer Position: „Leitung der Verwaltung und Organisation“ vor. Auf Nachfrage von X nach den konkreten Aufgaben der Antragstellerin riss die Geschäftsführerin das Wort an sich und führte aus, diese Stelle sei das „Mädchen für alles“. Genauer erörterte die Geschäftsführerin dies nicht, sondern stellte sich selbst vor. Nach der letzten Sitzung des Tages sprach die Antragstellerin die Geschäftsführerin auf diese Aussage an und äußerte ihren Unmut über diese Aussage sowie die damit einhergehende öffentliche Herabwürdigung als auch Erniedrigung. Die Geschäftsführerin entschuldigte sich und erwiderte, es sei vielleicht nicht korrekt gewesen, jedoch sei dies im Prinzip genau ihr Job.
Knapp zwei Wochen später, während einer Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und Geschäftsführerin, nahm diese das zur Gelegenheit, um erneut anzumerken, der Job der Antragstellerin sei eben doch der eines „Mädchen für alles“.
Die Vorkommnisse beeinträchtigten das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Geschäftsführerin.
Das Arbeitsverhältnis mit der Antragstellerin wurde schließlich durch Arbeitgeberkündigung vom 27. November 2020 beendet.
In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
1. Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG vor.
Der Entgeltbegriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH weit zu fassen, sodass man darunter alle Leistungen versteht, die ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner/ihrer Arbeitskraft an den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin erhält.4
Hinzuweisen ist darauf, dass der Grundsatz der Entgeltgleichheit für jeden einzelnen Entgeltbestandteil gilt und es daher nicht zulässig ist, durch Zulagen andere Entgeltdiskriminierungen, zB im Bereich des Grundverdienstes, auszugleichen.5
Grundvoraussetzung einer unzulässigen Diskriminierung ist immer die Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Gegenstand dieser Vergleichsbasis ist nicht ein identer Arbeitsplatz bzw. keine rein formelle Gleichheit, sondern eine materielle Gleichheit iS einer vergleichbaren Lage (Gleichwertigkeit).6
Bei der Beurteilung, ob eine vergleichbare Situation der Antragstellerin und der männlichen Vergleichspersonen vorliegt, sind subjektive Elemente außer Acht zu lassen, maßgeblich ist ausschließlich die objektiv festzustellende gleiche bzw. vergleichbare Arbeit.7 Die Gleichzeitigkeit der zu vergleichenden Arbeiten ist für die Vergleichbarkeit nicht erforderlich.8
Gleiche oder identische Arbeit liegt dann vor, wenn gleiche Arbeitsvorgänge auf verschiedenen Arbeitsplätzen verrichtet werden bzw. zwei Personen Tätigkeiten verrichten, die keinerlei Unterschied in der Art, dem Arbeitsvorgang und der Arbeitsumgebung aufweisen.9
Gleichwertige bzw. gleichartige Arbeit liegt dann vor, wenn sie denselben Arbeitswert hat wie die Arbeit, mit der sie verglichen wird, bzw. die Tätigkeiten zwar nicht identisch sind, aber bei der Gesamtschau der Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse, Ausbildung, Anstrengungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen äußerlich keine ins Gewicht fallenden Unterschiede zu erkennen sind.10
Für die Beurteilung der Frage, welche Dienste der Dienstnehmer zu leisten hat, ist grundsätzlich der Arbeitsvertrag maßgebend.11 Daher liegt allein in der Betrauung des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin über einen längeren Zeitraum nur mit einem Teilbereich der ursprünglich vereinbarten Dienste mangels Schlüssigkeit idR keine entsprechend konkludente Einengung der Dienstpflicht. Selbst eine Beförderung bedeutet idR keine konkludente Einengung der Dienstpflicht auf die neue Aufgabe. Beförderungen bewirken also häufig nur eine Erweiterung des ursprünglichen vertraglichen Rahmens um die mit der neuen Stellung verbundenen Agenden.12
Gleichzeitig ist der schriftlich formulierte Vertragstext zwar der Ausgangspunkt, aber nicht die einzig maßgebliche Quelle. Nach Beginn der Dienstleistung (Invollzugsetzen des Vertrags) lässt sich der Parteiwille in Bezug auf die Gestaltung des (Rechts-)Verhältnisses nach der Rechtsprechung zunehmend aus der tatsächlichen Handhabung der Beziehung ableiten.13
Darüber hinaus ist anzumerken, dass es auf ein allfälliges Verschulden des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin bei der Frage der Verletzung des Gleichbehandlungsgebots und der daraus resultierenden Rechtsfolgen nicht ankommt14 sowie bei einer Maßnahme, die prozentuell erheblich mehr Frauen als Männer benachteiligt oder umgekehrt, nach der Rechtsprechung des EuGH eine Vermutung dafür besteht, dass diese Maßnahme eine mittelbare Diskriminierung darstellt15.
Die Antragstellerin konnte nach Ansicht des Senates glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darlegen. Als Vergleichsperson wurde B angeführt. Die Antragstellerin erhielt ein geringeres Entgelt als B. Bis 1. Jänner 2020 belief sich der Gehaltsunterschied zum Nachteil der Antragstellerin auf EUR 2.697,79, ab 1. Jänner 2020 auf EUR 1.947,79 und ab 1. Oktober 2020 bis Ende des Arbeitsverhältnisses auf EUR 1.697,79. Vom Entgeltbegriff sind sowohl das Grundgehalt, die Überstundenpauschale als auch die Leitungszulage umfasst. Die der Antragstellerin gewährte Zulage, zunächst EUR 750,-, später erhöht auf EUR 1.000,-, lag auch selbständig betrachtet als einzelner Entgeltsbestandteil unter jener der Vergleichsperson B. Dieser erhielt bereits ab Dienstbeginn 14-mal jährlich eine Leitungszulage in Höhe von EUR 1.500,-. Eine Überstundenpauschale erhielt die Antragstellerin im Vergleich zu B ebenfalls nicht.
Die Antragstellerin und B übten bei Gesamtschau der Tätigkeiten eine vergleichbare Arbeit aus, da äußerlich keine ins Gewicht fallenden Unterschiede zu erkennen sind. Wie B als Vorgänger der Position ausführte, handle es sich bei der Position „Leiter der Verwaltung“ bzw. „Leitung Verwaltung und Organisation“ um eine Managementstelle und diese könne ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. Diese Aussage war nachvollziehbar und schlüssig, insbesondere da dies der Vorgänger der Antragstellerin selbst darlegte. Unter die Beschreibung „Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben“ - abgekürzt Verwaltungsleitung - kann sohin viel subsumiert werden, solche Stellen müssen nicht ident ausgestaltet sein. Der Wortlaut des schriftlichen Dienstvertrages der Antragstellerin, welcher jenem des Dienstvertrages von B nicht komplett gleicht, schließt für sich alleine die Vergleichbarkeit der Tätigkeiten sohin noch nicht aus und ist nicht ausschließlicher Anhaltspunkt für die Beurteilung.
Abgesehen von der ausdrücklichen Nennung der Gesamtverantwortung gleichen sich die Tätigkeits- bzw. Aufgabenbeschreibungen der Dienstverträge im Wesentlichen. Aus dem Dienstzeugnis der Antragstellerin vom 3. März 2021 geht hervor, dass aus nachträglicher Betrachtung der Antragsgegnerin die Antragstellerin die Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben innehatte. Das spiegelt sich auch im vorgelegten Ausdruck der Homepageseite der Antragsgegnerin bezüglich des Organisationsaufbaues der Verwaltung wider, in welchem die Antragstellerin mit der Position „Leitung Verwaltung und Organisation“ betitelt und direkt unter der Geschäftsführung eingeordnet wurde. Im Besonderen ist hier zu nennen, dass die Tätigkeit von B - auch nach eigener Aussage - nicht über die Einarbeitungsphase hinausging, wohingegen die Antragstellerin knapp eineinhalb Jahre bei der Antragsgegnerin beschäftigt war, weswegen sich aufgrund dessen schon keine idente Arbeitstätigkeit ergeben kann. Vielmehr liegt die Annahme nahe, dass es möglich ist, dass die Antragstellerin trotz des geringeren Gehaltes eine vom Umfang und Anspruch zumindest vergleichbare Tätigkeit wahrnahm.
Im Dienstvertrag der Antragstellerin werden ausdrücklich die Tätigkeiten „Leitung und Betreuung des Finanz- und Rechnungswesens“ sowie „Leitung und Betreuung aller EDV-Anwendungen“ angeführt. Damit werden ausdrücklich Leitungsfunktionen genannt, ohne dass der Antragstellerin von Beginn an eine Leitungszulage gewährt wurde. Die letztlich gewährte Leitungszulage und deren Erhöhung wurden nur auf Nachfrage und Drängen der Antragstellerin zugesprochen. Gleichzeitig erbrachte die Antragstellerin wie B regelmäßig Überstunden, ohne ebenfalls eine entsprechende Abgeltung erhalten zu haben.
Die Antragstellerin führte glaubwürdig aus, mit ihr sei keine mündliche Vereinbarung darüber getroffen worden, dass sie nicht die richtige bzw. lediglich eine vereinfachte Stelle der Verwaltungsleitung bekleiden solle.
Der Antragstellerin gelang es glaubhaft darzulegen, dass die von ihr erbrachte Arbeit gleichwertig zu jener von B war und sie hiefür ein geringeres Entgelt erhielt. Daher verlagerte sich die Beweislast auf die Antragsgegnerin.
Als Grund für die unterschiedliche Gewährung von Gehältern wurde von der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin überwiegend der Umstand genannt, dass die Antragstellerin und B nicht dieselbe Tätigkeit ausgeübt hätten und es zwei unterschiedliche Stellen gewesen wären. Die Behauptungen, im Dienstvertrag sei ein größerer Umfang an Tätigkeiten angeführt worden als in Wahrheit Aufgabenbereich gewesen sei und im Dienstzeugnis sei die Aufgabe „Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben“ bloß aus Gefälligkeit eingefügt worden bzw. nur deswegen, da die Antragsgegnerin eine Verpflichtung zur positiven Dienstzeugnisgestaltung habe, waren für den Senat nicht nachvollziehbar und wurden als Schutzbehauptungen gewertet. Die Argumentation, dass in einem Dienstvertrag etwas Anderes angeführt wird als die tatsächliche Tätigkeit, ist nicht lebensnah und würde die Gefahr der Willkür sowie Unsicherheit zu Lasten eines Arbeitnehmers bzw. einer Arbeitnehmerin bezwecken. Zwar ist der Dienstvertrag nicht alleiniges Beurteilungskriterium für die vereinbarte Tätigkeit, sondern auch die tatsächliche Handhabung ein Faktor, jedoch wurde die Behauptung insgesamt nicht ausreichend dargelegt und bewiesen, um den Senat davon zu überzeugen, insbesondere da sie nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Die Darlegung zur verpflichtenden positiven Dienstzeugnisausstellung betrifft die Art und Weise der Tätigkeitsausführung, jedoch gibt es keine Verpflichtung für eine Hinzufügung von nicht wahrgenommen Tätigkeitsbereichen.
Für den Senat entstand der Eindruck, dass die Antragstellerin aufgrund der im Jänner gewährten Leitungszulage ab spätestens 1. Jänner 2020 eine Leitungsfunktion innehatte, da ein Arbeitgeber bzw. eine Arbeitgeberin eine Leitungszulage nicht unbegründet gewähren würde. Die Antragstellerin wurde auf der Homepage der Antragsgegnerin als „Leitung Verwaltung und Organisation“ dargestellt, was der Senat als Indiz dafür sah, dass sie tatsächlich auch die Leitung der Verwaltung innehatte. Selbst wenn einzelne Aufgaben von der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin übernommen wurden, schließt das nicht aus, dass die Antragstellerin die Leitung der Verwaltung innehatte und dies auch tatsächlich die umfassende Leitung gewesen ist. Die Antragsgegnerin gab selbst an, die Antragstellerin sei ab Jänner 2020 zur Leiterin der Verwaltung ernannt worden, diese Stelle sei aber eben nicht dieselbe wie jene von B gewesen. Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin führte wiederholt aus, mit der Antragstellerin seien die Aufgaben erst noch definiert worden und im Dienstvertrag sei hingegen das gesamte mögliche Tätigkeitsspektrum beinhaltet gewesen. Welche konkreten Unterschiede es zwischen der Aufzählung im Dienstvertrag und tatsächlichen Tätigkeit bzw. zwischen den Tätigkeitsbereichen von B sowie der Antragstellerin gab, erläuterte die Geschäftsführerin im Detail nicht. Ebenso ließ sie offen, welche konkreten Unterschiede es zwischen der Position „Leiterin der Verwaltung“ der Antragstellerin ab Jänner 2020 und der im Dienstvertrag von B genannten Position „Leiter der Verwaltung“ gab. Die Geschäftsführerin führte lediglich das Finanzwesen und das Antragswesen als Bereiche an, welche die Antragstellerin im Vergleich zu B nicht vollumfänglich alleine wahrgenommen, sondern bei welchen sie bloß mitgearbeitet habe. Was das genau bedeutete, insbesondere mit Blick auf die zusätzlich vorhandene Buchhaltungsabteilung der Antragsgegnerin, welche womöglich auch bei B unterstützend tätig war bzw. wie viel Zusammenarbeit bei diesem vorlag, wurde durch die Geschäftsführerin nicht genauer erörtert.
Die Geschäftsführerin erklärte, die Antragstellerin habe zunächst eine Leitungszulage von EUR 750,- erhalten, welche dann auf EUR 1.000,- erhöht worden sei. Gleichzeit gab sie an, die höchste Zulage, die jemand nach den Umstrukturierungsmaßnahmen erhalten könne, liege bei EUR 750,- für Regionalleiter oder Regionalleiterinnen. Teamleiter oder Teamleiterinnen - auch in der Verwaltung - würden eine Zulage in Höhe von EUR 300,- erhalten. Die Antragstellerin sei laut Geschäftsführerin für die Teamleitung der Verwaltung vorgesehen gewesen und habe diese Funktion ab 1. Jänner 2020 ausgeübt. Es war für den Senat nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin eine Zulage in Höhe von zunächst EUR 750,- und danach EUR 1.000,- erhalten hat, wenn sie „bloß“ - im Sinne der neustrukturierten Personalorganisation - Teamleiterin der Verwaltung gewesen wäre und diese eine maximale Zulage von EUR 300,- erhalten würden. Gleichzeitig stand diese Aussage der Geschäftsführerin im Widerspruch mit ihrer Aussage, dass die Antragstellerin ab Jänner 2020 zur Leiterin der Verwaltung - nicht bloß Teamleiterin innerhalb der Verwaltung - ernannt worden sei.
Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin führte aus, es sei vereinbart gewesen, die Aufgaben der Antragstellerin noch zu definieren und qualifizierte Personen für die Abgabe von Aufgaben der Antragstellerin zu suchen. Nach weiterer Aussage der Geschäftsführerin seien die Aufgaben bei der Besprechung am 1. Juli 2020, sohin fast ein Jahr nach Dienstbeginn der Antragstellerin und nach Gewährung der Leitungszulage, noch nicht genau definiert gewesen. Es war nicht schlüssig, auf welcher Grundlage dann im Zeitpunkt des Dienstvertragsabschlusses die Gehaltsfindung erfolgte bzw. bereits ein geringeres Entgelt als bei B feststand und wieso die Antragstellerin dann trotz angeblicher Auslagerung von Aufgaben sowie Entlastung dadurch zwei Entgelterhöhungen iSd Leitungszulage erfuhr. Ebenso war die Aussage betreffend dem am 1. Juli 2020 noch nicht festgelegten Aufgabenbereich nicht nachvollziehbar.
Während ihrer mündlichen Befragung verfing sich die Geschäftsführerin in Widersprüchen. Sie führt etwa aus, die EDV sei beispielweise solch ein Teil, der früher ganz klar Verwaltungsleitungstätigkeit gewesen sei. Für diese Stelle habe eine Neubesetzung stattgefunden, an welche ein großer Teil der Aufgaben der Antragstellerin abgetreten worden sei. In weiterer Folge behauptete die Geschäftsführerin hingegen, die Antragstellerin habe sich diesem Themengebiet sehr stark angenommen. Ebenso wird im Dienstzeugnis der Antragstellerin „Leitung und Koordination im Bereich EDV-Betreuung und Software-Entwicklung“ als Aufgabe angeführt. Die Geschäftsführerin gab weiters an, die Antragstellerin habe im Großen und Ganzen den Qualitätsmanagementprozess weitergetrieben. Später sagte sie widersprechend dazu aus, nicht die Antragstellerin, sondern sie habe den Bereich Qualitätsmanagement wahrgenommen.
Weiters erklärte die Geschäftsführerin, im Rahmen der Umstrukturierung sei entschieden worden, sie sollte noch die Verwaltungsleitung bis zu ihrem - damaligen - Wechsel in die Geschäftsführung selbst innehaben und danach sollte die Antragstellerin diese Leitungstätigkeiten übernehmen. Deswegen habe die Antragstellerin erst ab 1. Jänner 2020 eine Zulage erhalten, wohingegen B diese Tätigkeiten sofort übernommen gehabt habe. Zugleich betonte die Geschäftsführerin jedoch wiederholt, dass die Antragstellerin und B nicht dieselbe Tätigkeit ausgeübt hätten. Diese widersprüchlichen Aussagen bekräftigten die Darstellung der Antragstellerin.
Die Geschäftsführerin sagte aus, sie habe die Antragstellerin nur deswegen als „Mädchen für alles“ vorgestellt, da sie einen Vergleich zu ihrer ehemaligen Tätigkeit der Verwaltungsleitung gezogen und diese Aussage auf sich sowie ihre frühere Position bezogen habe. Zwar betonte sie, ihre ehemalige Tätigkeit als Verwaltungsleitung sei umfangreicher gewesen, dennoch stellte das ebenfalls ein Indiz dafür da, dass die Antragstellerin zumindest eine vergleichbare Stelle innehatte. Gegenüber der Antragstellerin wurde nicht kommuniziert, dass sie bloß eine Art „Verwaltungsleitung light“ oder dergleichen bekleiden würde.
Es ist vernachlässigbar, dass Feststellungen bezüglich der Ausgestaltung der Aufgaben von B in der Praxis und ob neben der Aufzählung im Dienstvertrag abweichende Tätigkeiten von ihm wahrgenommen wurden fehlen, da sich die Aufgaben - wie ausgeführt -nicht ins kleinste Detail gleichen müssen und bei Gesamtbetrachtung sie vergleichbar sind als auch im Dienstzeugnis der Antragstellerin ohnedies sich ebenfalls der Aufgabenbereich „Gesamtverantwortung für die Organisation der Verwaltungsaufgaben“ wiederfindet. Die Beweislast für eine gegenteilige Behauptung oblag der Antragsgegnerin, welche einen Gegenbeweis nicht ausreichend erbrachte.
Eine Feststellung zum exakten Datum des Dienstantritts der Antragstellerin konnte aufgrund widersprechender schriftlicher und mündlicher Vorbringen nicht getroffen werden. Diese Feststellung ist allerdings bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der Tätigkeiten und des Entgeltes vernachlässigbar.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass die Vergleichbarkeit der Tätigkeiten der Antragstellerin sowie von B glaubhaft gemacht worden ist und es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die Gehaltsfindung und das geringere Entgelt der Antragstellerin ausschlaggebend waren.
2. Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin gemäß § 7 Abs 1 Z 1 GlBG vor.
Der Begriff „Arbeitgeber/Arbeitgeberin“ ist im Arbeitsrecht kaum determiniert, so auch nicht im GlBG. Nach dem hier durch die Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis zu Grunde zu legenden arbeitsvertraglichen Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen-Begriff ist als Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin jede Person anzusehen, die im Rahmen des Arbeitsvertrags über die Arbeitskraft einer anderen Person verfügt. Ist der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin eine juristische Person, ist dieser das Verhalten ihrer vertretungsbefugten Organe (Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer/Geschäftsführerin, etc.) unmittelbar zuzurechnen.16
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Antragsgegnerin um eine juristische Person, welcher das Verhalten ihrer Geschäftsführerin als vertretungsbefugtes Organ unmittelbar zugerechnet wird. Die Antragstellerin war im verfahrensrelevanten Zeitpunkt Arbeitnehmerin der Antragsgegnerin.
Die geschlechtsbezogene Belästigung bezieht sich sowohl auf das biologische Geschlecht an sich, d.h. auf die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, als auch auf daran anknüpfende Rollenzuweisungen. Unter geschlechtsbezogenem Verhalten sind jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die die Betroffenen aufgrund ihres Geschlechtes belästigen, die aber nichts mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Kern der Belästigung im Sinne des § 7 GlBG ist das Abzielen auf das bloße Geschlecht. Damit sollen „Mobbingformen“ vermieden werden, denen eine verpönte Geschlechtsherabwürdigung innewohnt.17 Dabei ist es irrelevant, ob eine Person des eigenen oder eines anderen Geschlechts belästigt wird bzw. belästigt.18
Die Machtausübung und die daraus resultierende potenzielle Änderung des Verhaltens der belästigten Person sind zentrales Beurteilungskriterium. Unter geschlechtsbezogene Handlungsweisen fallen alle Handlungen, die geeignet sind, die soziale Wertschätzung von Betroffenen durch Verletzung ihrer Würde als geschlechtliche Person im Betrieb herabzusetzten und im Ehrgefühl grob zu verletzten. So sind beispielweise stereotype Benachteiligungen19, das Verwenden herabwürdigender geschlechtsbezogener sprachlicher Redewendungen und Redensarten sowie die Festlegung von Angehörigen eines Geschlechtes auf bestimmte Rollen darunter zu subsumieren.20 Letztlich hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein bestimmtes Verhalten geschlechtsbezogen ist.21
Eine geschlechtsbezogene Verhaltensweise liegt vor. Die Geschäftsführerin vermittelte der Antragstellerin mit der Bezeichnung: „Mädchen für alles“ ein Gefühl der Herabwürdigung und Abwertung. Die Äußerung knüpft am Geschlecht der Antragstellerin an. Ihr wohnt die - teils noch immer - verfestigte soziale Fehlvorstellung inne, dass Frauen oft bloß Hilfsarbeiten, anfallende einfache Arbeiten oder kleinere Aufgaben übernehmen (können) und nicht die Notwendigkeiten für eine Führungsposition mitbringen. Die Aussage stellt eine herabwürdigende geschlechtsbezogene Redewendung und Geringschätzung der Position der Antragstellerin als auch ihrer Person selbst aufgrund ihres Geschlechtes dar. Dazu spielt der Begriff „Mädchen“ schon per se die Stellung der Antragstellerin als erwachsene Frau mit umfangreichen Kompetenzen herunter und lässt ihre Tätigkeit minderwertig wirken. Hiedurch wird die stereotype Fehlvorstellung über die Rollenverteilung, insbesondere die angebliche fehlende Eignung von Frauen für Führungspositionen sowie die bestehende Asymmetrie betreffend weiblich besetzter Leitungspositionen, bestärkt. Es ist für die Beurteilung belanglos, dass die Geschäftsführerin das geschlechtsbezogene Verhalten gegenüber einer Person des eigenen Geschlechts setzte.
Zu beachten ist hiebei, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin (§ 7 Abs 1 Z 1, 3 und 4 GlBG) verschuldensunabhängig ist.22 Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben außer Betracht. Es ist unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.23 Das Vorliegen einer geschlechtsbezogenen Belästigung ist demnach nicht von etwa persönlicher Bosheit abhängig.24
Damit von einer Belästigung iSd § 7 Abs 2 GlBG gesprochen werden kann, muss durch ein bestimmtes geschlechtsbezogenes Verhalten die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies zumindest bezweckt werden. Dies setzt ein gewisses Mindestmaß an Intensität voraus. Wenn zwar einzelne Belästigungshandlungen für sich betrachtet noch nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen (zB ein vereinzelter Witz), aber fortgesetzt erfolgen, können auch kleinere, aber wiederholt erfolgende Übergriffe (zB fortwährende Sticheleien) letztlich die Würde der betroffenen Person beeinträchtigen.25
Objektiv betrachtet war das Verhalten der Geschäftsführerin jedenfalls geeignet, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, da sie nicht davon ausgehen kann, dass es in Ordnung ist, im Rahmen einer Besprechung mit Vertretern des Landes einer Arbeitnehmerin ins Wort zu fallen und die Position dieser Mitarbeiterin mit den Worten: „Mädchen für alles“ als minderwertig darzustellen sowie damit ihre Stellung herunterzuspielen, vor allem wenn die Mitarbeiterin im Vorfeld ihre Stelle selbst mit andern Worten beschrieben hatte. Dieses Verhalten war entwürdigend für die Antragstellerin. Das Wiederholen der Bezeichnung zu einem späteren Zeitpunkt verstärkte dies. Unter Gesamtbetrachtung der Umstände ist die Äußerung dazu geeignet, die Würde einer Person im Allgemeinen zu verletzen. Die geforderte Intensität ist gegeben, da die erstmalige Bezeichnung vor wichtigen Geschäftspartnern erfolgte und dazu selbst, wenn die einmalige Aussage für sich gesehen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen würde, durch die Wiederholung ein wiederkehrendes belästigendes Verhalten seitens der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin gesetzt wurde.
Das belästigende Verhalten muss für die betroffene Person weiters unerwünscht sein (§ 7 Abs 2 GlBG). Unerwünscht ist ein Verhalten dann, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Dies soll für den Belästiger/die Belästigerin erkennbar sein. An das ablehnende Verhalten der betroffenen Person dürfen jedoch keine hohen Ansprüche gestellt werden, da eine Ablehnungsobliegenheit nicht Tatbestandselement ist.26
Die Aussage war für die Antragstellerin unerwünscht und dies war der Geschäftsführerin erkennbar. Die Aussage war für die Antragstellerin sehr herabwürdigend. Die Antragstellerin war peinlich berührt, gekränkt und fühlte sich klein gemacht, was sie der Geschäftsführerin auch zum Ausdruck brachte. Die Geschäftsführerin wiederholte die Aussage dennoch kurze Zeit darauf und beharrte auf ihrer Aussage über den Job der Antragstellerin. Die Unerwünschtheit einer Arbeitnehmerin, insbesondere in Anwesenheit von Vertretern des Landes, mit solchen Worten vorgestellt bzw. beschrieben zu werden und der Wiederholung dieser Aussage zu einem späteren Zeitpunkt, ist allgemein nachvollziehbar und objektiv erkennbar.
Zusätzlich muss eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person geschaffen oder dies bezweckt worden sein. Durch die geschlechtsbezogenen Verhaltensweisen entsteht regelmäßig ein belastendes Arbeitsklima, das die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen nachhaltig beeinträchtigt. Belästigungen können eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechte der Betroffenen im beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Leben bedeuten.27 Das „Wohlbefinden bei der Arbeit“ kann durch systematische, ausgrenzende und sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Verhaltensweisen, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, massiv beeinträchtigt werden.28 Eine geschlechtsbezogene Belästigung kann jedoch auch schon durch eine einmalige schwerwiegende Verhaltensweise begangen werden.29
Die Aussagen: „Mädchen für alles“ in Bezug auf die Stelle der Antragstellerin erzeugten im vorliegenden Kontext für diese eine demütigende Arbeitsumwelt und waren ausschlaggebend dafür, dass die Antragstellerin einen Handlungsbedarf sah. Vor wichtigen Geschäftspartner der Arbeitgeberin widersprechend der eigenen Beschreibung mit solchen Worten bezeichnet zu werden, stellt eine eindeutige Demütigung dar. Das Festhalten an dieser Bezeichnung durch die Geschäftsführerin verstärkte die Demütigung. Es fühlte sich für die Antragstellerin an, als ob ihre Tätigkeit trotz ihrer fachlichen Qualifikation und ihrer Position als einfache Handlangertätigkeit angesehen worden wäre und ihre Tätigkeit eine Abwertung erfahren hätte. Die Antragstellerin verspürte betreffend ihre Tätigkeit nicht das Gefühl der Wertschätzung. Die Arbeitsatmosphäre und das Verhältnis zur Geschäftsführerin verschlechterten sich durch die Aussagen. Die soziale Wertschätzung der Antragstellerin war verletzt.
Der Antragstellerin gelang es, den glaubhaften Anschein einer geschlechtsbezogenen Belästigung darzulegen, denn ihre Schilderung, die Geschäftsführerin habe ihr gegenüber die geschlechtsbezogenen Aussagen, nämlich ihre Position sei das „Mädchen für alles“, getätigt, wodurch sie sich in der Arbeit nicht wertgeschätzt gefühlt habe, das Verhältnis zur Geschäftsführerin belastetet gewesen und es zu einer negativen Auswirkung auf die Arbeitsumwelt gekommen sei, konnte sie glaubwürdig sowie nachvollziehbar ausführen.
Daher verlagerte sich die Beweislast auf die Antragsgegnerin.
Die Geschäftsführerin der Antragsgegnerin stritt die Aussage nicht ab, führte jedoch aus, diese sei nicht negativ oder herabwürdigend gewesen und sie habe der Antragstellerin nicht ihre Wertschätzung aberkennen wollen. Sie habe bloß das Thema Aufgabenverteilung umgehen wollen, da dieses noch nicht abschließend definiert gewesen sei. Sie habe durch die Aussage: „Mädchen für alles“ bloß das breite theoretische Aufgabenspektrum aufzeigen und einen Vergleich zu ihrer früheren Tätigkeit ziehen wollen. Sie habe sich entschuldigt und könne sich an eine Wiederholung der Aussage nicht erinnern, jedoch sei dies möglich, da sie sich hin und wieder zu viel erkläre. Vermutlich habe sie gegenüber der Antragstellerin nochmals erläutern wollen, dass die Aussage nicht negativ gemeint gewesen wäre.
Der Geschäftsführerin war sohin vor Wiederholung der Bezeichnung bewusst, dass die Aussage für die Antragstellerin unerwünscht war.
Die durch die Aussage: „Mädchen für alles“ verwirklichte objektiv Würde verletzende geschlechtsbezogene Verhaltensweise wird durch die Verwendung dieser Bezeichnung durch eine weitere Person - wie aufgezeigt im vorgelegten Ausschnitt des Fernseh-Beitrags - nicht aufgehoben und verliert hiedurch nicht an Wertigkeit sowie Schweregrad. Ob in dem im Filmausschnitt vorliegenden Fall auch die subjektive Unerwünschtheit, als zwingendes Element zur Verwirklichung des Tatbestandes, erfüllt ist, liegt außerhalb der in diesem Verfahren vorzunehmenden Beurteilung des Senates und ist nicht von Belangen. Festzuhalten ist jedenfalls, dass im hier verfahrensrelevanten Fall die Aussagen der Geschäftsführerin für Antragstellerin unerwünscht waren.
Aufgrund der verschuldensunabhängigen Haftung spielt es keine Rolle, ob die Geschäftsführerin eine Diskriminierung erreichen wollte oder keine bösen Absichten hatte.
Der Senat gelangte daher zur Schlussfolgerung, dass eine geschlechtsbezogene Belästigung durch die Antragsgegnerin erfolgte, da es insbesondere auf ein Verschulden im Rechtsfolgensystem des GlBG, soweit nicht Gegenteiliges normiert ist, grundsätzlich nicht ankommt30 und die erstmalige Aussage an sich nicht bestritten sowie das wiederholte Verwenden der Bezeichnung glaubwürdig bescheinigt wurde.
VORSCHLAG
Gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, Z gGmbH, gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und werden folgende Vorschläge zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
1. Leistung eines angemessenen Schadenersatzes,
2. Beschäftigung mit dem Thema Gleichbehandlung.
Wien, 28. Juni 2022
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. zB VfSlg. 19.321.
2 Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.
3 Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.
4 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 75.
5 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 77.
6 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 5 Rz 19.
7 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 12 Rz 31.
8 Vgl. EuGH 27. 3. 1980, 129/79, Macarthys Ltd, Slg 1980, 1275, Rn 11, 13.
9 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 5 Rz 20.
10 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 5 Rz 21.
11 Vgl. Mayr, Arbeitsrecht § 1153 ABGB E 9.
12 Kietaibl/Rebhahn in