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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1994, Zl. 4.344.862/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der am 30. Juli 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 2. August 1994 den Asylantrag gestellt hat - gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. August 1994, mit welchem sein Asylantrag abgewiesen worden war, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer nicht nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 8. August 1994 aus, daß er sich vor seiner Einreise nach Österreich in Ungarn aufgehalten habe, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030, in dem eingehend auf die bisherige Judikatur Bezug genommen und diese mit weiteren Ausführungen aufrecht erhalten wurde), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.
Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, daß er sich während seiner Flucht nur kurz in Ungarn aufgehalten habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß es nach der zitierten Judikatur für die Erlangung der "Verfolgungssicherheit" nicht auf die Verweildauer im Drittland ankommt, sondern nur darauf, daß der Flüchtende unter Bedachtnahme auf das (auf die Vermeidung weiterer Verfolgung ausgerichtete) Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" schon vor der Einreise nach Österreich hätte abbrechen können, was auch dann der Fall ist, wenn die Verweildauer im Drittland nur kurz bemessen war und dort kein stationärer Aufenthalt genommen wurde.
Auch der Einwand des Beschwerdeführers, er habe sich vor seiner Flucht nicht über die einschlägigen Bestimmungen informieren können und daher nicht gewußt, "wo und in welchem Land ich wann einen Asylantrag stellen muß", vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil es nicht auf die subjektive Kenntnis des Asylwerbers über die Verhältnisse in den Staaten seines Aufenthaltes ankommt, sondern ausschließlich auf die objektive Tatsache, ob in diesen Staaten Verfolgungssicherheit eingetreten war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 94/01/0650).
Weiters vermeint der Beschwerdeführer, er habe bei Abweisung des vorliegenden Asylantrages und Stellung eines weiteren Antrages in Ungarn zu gewärtigen, daß auch von den dortigen Behörden "die Drittstaatenklausel" angewendet werde. Dem ist entgegenzuhalten, daß nach der zitierten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der "Verfolgungssicherheit" im Zeitpunkt des tatsächlichen Aufenthaltes des Flüchtenden im Drittstaat zu beurteilen ist. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer bei einer neuerlichen Einreise nach Ungarn mit Erfolg einen Asylantrag stellen könnte.
Seine Behauptung, das Asylverfahren in Ungarn entspreche nach wie vor nicht dem Standard, "den sich die Republik Österreich durch die Unterfertigung der MRK und der EMRK einzuhalten verpflichtet hat", hat der Beschwerdeführer durch keinerlei konkretes Vorbringen untermauert und ist schon deshalb nicht geeignet, die Verfolgungssicherheit in Ungarn als nicht gegeben erscheinen zu lassen. Überdies könnte auch ein von einem Drittstaat durchgeführtes Asylverfahren, das nicht in allen Bereichen dem österreichischen Standard entspricht, nicht in jedem Fall die Annahme der Verfolgungssicherheit im betreffenden Staat ausschließen.
Umstände die darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer auf dem Boden der bestehenden Rechtslage in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, hat er somit konkret nicht geltend gemacht. Er ist insbesondere der Annahme der belangten Behörde, es wäre ihm möglich gewesen, in Ungarn - das mit Wirksamkeit vom 12. Juni 1989 Mitglieder der Genfer Flüchtlingskonvention in bezug auf Ereignisse in Europa wurde (siehe BGBl. Nr. 260/1992) - um Asyl anzusuchen, er wäre dort keiner "asylrechtlich relevanten Verfolgung" ausgesetzt gewesen und habe auch "die Abschiebung in einen anderen Staat, wo er eine solche Verfolgung zu erwarten hätte", nicht befürchten müssen, nicht entgegengetreten.
Schließlich sind auch die weiteren Beschwerdeausführungen, die sich auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers beziehen, nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil auch dann, wenn der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 wäre, der von der belangten Behörde gebrauchte Ausschließungsgrund zum Tragen käme.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994010755.X00Im RIS seit
20.11.2000