TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/6 94/20/0023

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.02.1996
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. März 1994, Zl. 4.328.995/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, ist am 11. Dezember 1991 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 13. Dezember 1991 beantragt, daß ihm Asyl gewährt werde. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 23. März 1992 wurde dieser Antrag mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Art. I Abschnitt A der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, sei, abgewiesen. Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Berörde die Berufung abwies. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, daß aus der niederschriftlichen Vernehmung des Beschwerdeführers hervorgehe, daß er sich vom 22. Mai 1991 bis zum 28. November 1991 im Iran aufgehalten habe. Es wäre ihm somit möglich gewesen, bei den dortigen Behörden um Asyl anzusuchen. Er sei im Iran keinerlei Verfolgungen ausgesetzt gewesen und hätte nicht befürchten müssen, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Der Iran sei seit dem 28. Juli 1976 Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention und es spreche nichts dafür, daß er die aus dieser Mitgliedschaft ergebenen Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung und damit die Versagung von Asyl, ohne sich mit der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, ausschließlich darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer auf Grund seines Aufenthaltes im Iran bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei. Dem hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde entgegengehalten, daß er im Iran nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, was auch durch Anfrage an den UNHCR festzustellen gewesen wäre. Er wäre im Iran der Gefahr der Rückschiebung in sein Heimatland Irak ausgesetzt gewesen.

Mit diesen Ausführungen bringt der Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht Behauptungen vor, bei deren Zutreffen nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein könnte, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - nichts dafür spreche, daß der Iran die sich aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige.

Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zur Frage der Verfolgungssicherheit Stellung zu nehmen, weshalb seine Rüge, es lägen in dieser Hinsicht Verfahrensverletzungen vor, berechtigt ist. Daraus ergibt sich weiters, daß der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nicht dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt. Diese Ausführungen sind auch nach Maßgabe der den Beschwerdeführer im Verfahren treffenden Mitwirkungspflicht ausreichend konkretisiert, um in Bestreitung der von der belangten Behörde herangezogenen Annahme der Verfolgungssicherheit im Iran die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verletzungen von Verfahrensvorschriften darzutun (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413, oder vom 14. März 1995, Zl. 94/20/0337). Der Mitwirkungspflicht der Partei kommt dort Bedeutung zu, wo es der Behörde ansonsten nicht möglich ist, von sich aus ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden. Dies trifft weder auf die im allgemeinen im Iran beobachtete Vorgangsweise betreffend den Schutz von Flüchtlingen in ihren Heimatstaat, noch auf das Verhalten gegenüber Flüchtlingen aus dem Irak zu. Die Pflicht eines Beschwerdeführers zur Darlegung der Wesentlichkeit von Verfahrensmängeln vor dem Verwaltungsgerichtshof geht aber auch nicht weiter, als seine Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren gegangen wäre (vgl. die oben genannten Erkenntnisse).

Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit Verfahrensmängeln belastet.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994200023.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten