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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AuslBG §2 Abs2 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte
Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. Februar 1995, Zl. SD 1229/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. Februar 1995 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine kroatische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Die Beschwerdeführerin, die ihren eigenen Angaben zufolge im Jänner 1993 sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist sei, aber bereits seit Feber 1992 in Wien gemeldet gewesen sei, habe im Feber 1993 die Erteilung eines Sichtvermerkes beantragt; dieser sei mit Bescheid vom 19. Februar 1993 abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin sei aber offenbar illegal in Österreich geblieben und sei erst am 7. Juni 1993 nach "Jugoslawien" abgemeldet worden. In der Folge sei sie vom 28. Februar 1994 bis 1. Juni 1994 an derselben Adresse (in Wien) gemeldet gewesen und dort auch wieder seit 14. Juni 1994 gemeldet.
Am 24. Juni 1994 sei die Beschwerdeführerin von Organen des Arbeitsmarktservice in einem Cafe-Restaurant in Wien 5., betreten worden, als sie bekleidet mit schwarzem Rock und weißer Bluse sowie einer umgebundenen Kellnerbrieftasche an einem Gästetisch Bier und Kaffee serviert habe. Zu ihrer Tätigkeit befragt, habe sie angegeben, seit 13. Juni 1994 dort als Kellnerin tätig zu sein und dafür ein Entgelt in der Höhe von S 300,-- pro Tag zu erhalten. Eine Beschäftigungsbewilligung oder eine andere Erlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sei nicht vorgelegen. Zwei Stunden später sei sie nochmals beim Servieren von Bier und anderen Getränken sowie beim Kassieren im Gastgarten angetroffen worden. Bei ihrer Vernehmung im Aufenthaltsverbots-Verfahren habe die Beschwerdeführerin dann behauptet, daß sie nur einen Tag zu Einschulungszwecken ohne Bezahlung gearbeitet hätte. Sie gehe keiner Beschäftigung nach und lebe bei ihrem Lebensgefährten Branislav C. Sie sei schon seit drei Jahren mit Unterbrechungen in Österreich, dies ohne Aufenthaltsberechtigung, weil sie sich nie länger als drei Monate hier aufgehalten habe. In der Berufung sei vorgebracht worden, der Lokalbesitzer wäre ein guter Freund ihres Lebensgefährten, der sie an einer Gesellschaft m.b.H. zum Betrieb einer Gaststätte beteiligen wolle. Sie selbst hätte nur aufmerksam beobachten wollen, wie der Betrieb eines Cafehauses abliefe, wäre aber an keine feste Arbeitszeit gebunden gewesen, hätte keine Entlohnung erhalten und auch keinen Weisungen des Dienstgebers nachkommen müssen.
Der Hinweis auf das Bestehen eines Volontärverhältnisses sei nicht zielführend, weil auch Ausbildungsverhältnisse aller Art (ausgenommen bestimmte Ferialpraktikantenverhältnisse) dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterlägen. Tatsache sei jedenfalls, daß die Beschwerdeführerin nach den Wahrnehmungen der einschreitenden Organe keineswegs den Ablauf des Betriebes eines Cafehauses aufmerksam beobachtet habe, sondern selbst die Arbeiten verrichtet habe, die sie angeblich bloß hätte beobachten sollen, und daß sie selbst ursprünglich glaubhaft angegeben habe, seit (immerhin) zehn Tagen gegen fixes Entgelt gearbeitet zu haben. Demgegenüber komme ihren späteren, genau entgegengesetzten Behauptungen keine Glaubwürdigkeit zu. Vielmehr ließen die Feststellungen sehr wohl den Schluß zu, daß sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Tätigkeit an eine gegebene Arbeitszeit zu halten gehabt habe. Damit seien die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG erfüllt. Dazu komme, daß sich die Beschwerdeführerin, die nunmehr auf ihren fast dreijährigen Aufenthalt poche, hier illegal aufgehalten habe, weil die Dauer eines Aufenthaltes im Bundesgebiet durch vorübergehende kurzfristige Ausreisen, die dem Versuch der Umgehung der Sichtvermerkspflicht dienten, keine Unterbrechung erfahre. Das Verhalten der Beschwerdeführerin gefährde somit die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der Arbeitsmarktverwaltung und verwirkliche daher auch den Tatbestand des § 18 Abs. 1 FrG.
Die belangte Behörde vermöge einen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin i.S. des § 19 FrG nicht zu erkennen, da sie hier keine Familie - eine Lebensgemeinschaft falle nicht unter den Schutzbereich des § 19 FrG - habe und sich hier bisher erst drei Jahre und das illegal bzw. unter Ausnützung der für vorübergehende Aufenthalte vorgesehenen Bestimmungen aufgehalten habe. In einem solchen Fall bedürfe es keiner weiteren Prüfung i.S. des § 20 FrG.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde meint, die belangte Behörde hätte zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß der Beschwerdeführerin der ihr "zur Last gelegte Verstoß gegen die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 8 Fremdengesetz nicht anzulasten sei". Der "Anlaßfall" habe auf einem Mißverständnis zwischen dem Lebensgefährten der Beschwerdeführerin und dessen Bekannten bezüglich der Erlaubtheit einer Volontärtätigkeit im Cafe I, Wien 5, dessen Inhaber der Letztgenannte sei, beruht; es sei übersehen worden, daß auch Ausbildungsverhältnisse wie ein Volontärverhältnis dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterlägen.
1.2. Damit vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Vielmehr bestätigt ihr Vorbringen die zutreffende Rechtsansicht der belangten Behörde, daß auch Ausbildungsverhältnisse, worunter auch Volontärtätigkeiten zu verstehen sind, dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unterliegen (§ 2 Abs. 2 lit. c leg. cit.; vgl. dazu Schnorr, AuslBG3, Wien 1995, § 2 Rz 4). Daß der Arbeitgeber hinsichtlich dieser rechtlichen Einordnung (angeblich) geirrt hat, ändert nichts daran, daß die in Rede stehende Tätigkeit der Beschwerdeführerin dem Begriff der "Beschäftigung" i.S. des § 2 Abs. 2 AuslBG wie auch dem i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG zu subsumieren ist. Da die weiteren in der zuletzt genannten Bestimmung normierten Voraussetzungen - Betretenwerden durch die dort bezeichneten Organe; Fehlen einer für die besagte Beschäftigung erforderlichen Bewilligung oder sonstigen Erlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - unbestrittenermaßen erfüllt sind, hat die belangte Behörde den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG zu Recht als verwirklicht angesehen.
Der Vollständigkeit halber sei dazu noch angemerkt, daß die Verfahrensrüge, der Vernehmung der Beschwerdeführerin sei kein gerichtlich beeideter Dolmetsch beigezogen worden und diese habe daher nicht gewußt, wie präzise ihre Aussage protokolliert worden sei, schon im Hinblick darauf ins Leere geht, daß die Beschwerde selbst an anderer Stelle, wie dargetan, ausdrücklich das Vorliegen einer Volontärtätigkeit und damit einer dem Aufenthaltsverbotsgrund des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG zu unterstellenden Beschäftigung einräumt.
2. Wenn die belangte Behörde auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme (in Ansehung der öffentlichen Ordnung) für gerechtfertigt angesehen hat, so begegnet diese Beurteilung angesichts des großen Gewichtes des öffentlichen Interesses an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 94/18/1030) keinen Bedenken.
3.1. Gleichfalls zu Unrecht vertritt die Beschwerde die Auffassung, daß die belangte Behörde insoweit gegen § 19 FrG verstoßen habe, als sie das Vorliegen eines mit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes verbundenen relevanten Eingriffes in das "Privat- und Familienleben" der Beschwerdeführerin verneint habe.
3.2. Zwar vermag der Gerichtshof die von der belangten Behörde für ihren Rechtsstandpunkt im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung, daß "eine Lebensgemeinschaft nicht unter den Schutzbereich des § 19 (fällt)", in dieser pauschalen Form nicht zu teilen. Wenngleich offen bleiben kann, ob einer (tatsächlich geführten) Lebensgemeinschaft der Charakter eines "Familienlebens" und damit unter diesem Begriff der Schutz des § 19 FrG zukommt, so hegt der Gerichtshof keine Zweifel, daß eine außereheliche Beziehung in Form einer tatsächlich praktizierten Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau jedenfalls eine vom Begriff des "Privatlebens" i.S. des § 19 FrG erfaßte Beziehung darstellt.
Ungeachtet dessen ist die - unbestritten in einem gemeinsamen Haushalt und solcherart tatsächlich geführte - Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und Branislav C. deshalb nicht vom Schutzumfang des § 19 FrG ("Privatleben") erfaßt, weil es sich bei dem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in diese Beziehung nicht um einen RELEVANTEN Eingriff i.S. dieser Bestimmung handelt. Dies im Hinblick darauf, daß der Lebensgemeinschaft auf seiten der Beschwerdeführerin ein weitaus überwiegender unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet zugrunde lag - von der festgestellten Aufenthaltsdauer von drei Jahren (aufgrund der aktenkundigen ca. achtmonatigen Unterbrechung tatsächlich nur etwa zweieinviertel Jahren) waren höchstens dreimal drei Monate aufgrund der jeweils sichtvermerksfreien Einreise, also nicht einmal insoweit ein zusammenhängender Zeitraum, rechtmäßig -, mithin insofern nicht von einer auf rechtmäßiger Grundlage beruhender privaten Lebensbeziehung gesprochen werden kann (vgl. zur Maßgeblichkeit des zuletzt genannten Gesichtspunktes für die Beurteilung der Relevanz eines Eingriffes i.S. des § 19 FrG die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0637, sowie vom 1. Februar 1995, Zl. 94/18/0306, und Zl. 94/18/0534). Nichts anderes gilt für die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte, dem "Privatleben" i.S. des § 19 FrG zu subsumierende Beziehung zu dem im gemeinsamen Haushalt lebenden elfjährigen Sohn ihres Lebensgefährten aus dessen geschiedener Ehe.
Die vorstehenden Erwägungen kämen in gleicher Weise zum Tragen, wenn man die in Rede stehenden Beziehungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Lebensgefährten und dessen Kind als dem Begriff "Familienleben" i.S. des § 19 FrG zu unterstellende Beziehungen qualifizierte.
3.3. Hat aber somit die belangte Behörde das Vorliegen eines durch das Aufenthaltsverbot gegen die Beschwerdeführerin bewirkten relevanten Eingriffes in deren Privatleben (allenfalls deren Familienleben) zwar mit verfehlter Begründung, jedoch im Ergebnis zutreffend verneint - das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen betreffend eine Beteiligung der Beschwerdeführerin an einer Handelsgesellschaft und die damit gegebene Sicherung ihres Lebensunterhaltes ist im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtlich, abgesehen davon im vorliegenden Zusammenhang auch rechtlich unerheblich - so bedurfte es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend weder einer Prüfung, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten sei, noch einer Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0057, mwN).
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995180784.X00Im RIS seit
20.11.2000