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L57108 Sport VorarlbergNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision des Q N in S, vertreten durch die Blum, Hagen und Partner Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 76, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 1. Juli 2022, Zl. LVwG-342-1/2022-R20, betreffend Bewilligung der Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges nach dem Vorarlberger Sportgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 2021 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Erteilung einer Bewilligung zur Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges für Kontroll- und Versorgungsfahrten auf einer näher genannten Strecke im Gemeindegebiet von X gemäß § 6 Abs. 3 Vorarlberger Sportgesetz (Vbg. SportG) abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 1. Juli 2022 wurde einer dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde keine Folge gegeben und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Begründend ging das Verwaltungsgericht im Kern davon aus, dass das in § 6 Abs. 3 lit. a Vbg. SportG geforderte Kriterium der Erforderlichkeit der Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges - aus im Einzelnen dargestellten Gründen - nicht erfüllt sei. Zudem sei - so das Verwaltungsgericht weiter - eine weitere Bewilligungsvoraussetzung nicht gegeben: Gemäß § 6 Abs. 3 lit. b Vbg. SportG müsse gewährleistet sein, dass durch die Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges Interessen des Schutzes der körperlichen Sicherheit von Personen, der Vermeidung störenden Lärms, der Reinhaltung von Luft und Wasser und der Erhaltung einer möglichst unberührten Winterlandschaft nicht wesentlich beeinträchtigt würden. Im Revisionsfall würden jedoch die Interessen der Vermeidung störenden Lärms und der Erhaltung einer möglichst unberührten Winterlandschaft durch die beabsichtigte Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges wesentlich beeinträchtigt. Diese wesentliche Beeinträchtigung könne auch durch die Vorschreibung von Auflagen nicht beseitigt werden.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2021/10/0029; 24.2.2022, Ra 2021/10/0194; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081).
8 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Bewilligungsvoraussetzung des § 6 Abs. 3 lit. b Vbg. SportG vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme vorzunehmen sei, grob fehlerhaft vorgenommen (Verweis auf VwGH 23.2.2022, Ra 2019/07/0077, 0078). Der Revisionswerber habe zum Beweis dafür, dass „mit der Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges keine wesentliche Beeinträchtigung einer möglichst unberührten Winterlandschaft“ einhergehe, die Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens sowie die Durchführung eines Lokalaugenscheins beantragt. Zudem sei das verkehrstechnische Gutachten „zum Beweis dafür angeboten [worden], dass aufgrund der beantragten Bewilligung keine wesentliche Beeinträchtigung durch störenden Lärm bzw. die Verunreinigung von Wasser oder Luft“ erfolge. Der beantragte verkehrstechnische Sachverständige hätte „die zu erwartende Beeinträchtigung durch Lärm bzw. Luft- oder Wasserverunreinigung aufgrund von fundiertem Fachwissen beurteilen und auch darlegen können, dass allfällige Beeinträchtigungen eben nicht wesentlich“ seien. Bei Einholung der beantragten Beweise wäre „klar geworden, dass der Revisionswerber bei dem in seinem Antrag beschriebenen Weg keine unberührte Winterlandschaft, sondern einen durch Wintersportler und Schneegeländefahrzeuge verspurten Güterweg“ in Anspruch nehme.
9 Mit diesem Vorbringen wird allerdings eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichtes, der Relevanz im Hinblick auf das rechtliche Schicksal der vorliegenden Revision zukäme, schon deshalb nicht aufgezeigt, weil es sich bei der nunmehrigen Behauptung des Revisionswerbers, dass er „bei dem in seinem Antrag beschriebenen Weg keine unberührte Winterlandschaft, sondern einen durch Wintersportler und Schneegeländefahrzeuge verspurten Güterweg“ in Anspruch nehme, um eine Neuerung im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof handelt. Derartiges wurde vom Revisionswerber weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch in jenem vor dem Verwaltungsgericht behauptet. Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann aber nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. VwGH 27.7.2022, Ra 2022/10/0080 bis 0081; 20.10.2021, Ra 2021/09/0158; 23.4.2018, Ra 2017/11/0221).
10 Der Revisionswerber hat zudem die in der Beschwerde gestellten Beweisanträge auf (u.a.) einen Lokalaugenschein und einen einzuholenden „Sachbefund aus dem Bereich der Verkehrstechnik“ nicht zu den nunmehr behaupteten, oben wiedergegebenen Beweisthemen gestellt, sondern (zunächst) zu seinem gesamten Vorbringen zu den Bewilligungsvoraussetzungen, dies ohne jegliche Konkretisierung dahin, welche Beweisthemen mit den genannten Beweismitteln jeweils unter Beweis gestellt werden sollten. In weiterer Folge wurde in der Beschwerde darauf verwiesen, dass bei Durchführung eines Ortsaugenscheins hervorgekommen wäre, dass eine Zufahrt zu einem Gebäude des Revisionswerbers „in den Wintermonaten ohne Schneegeländefahrzeug in der Regel unmöglich ist und ein Aufstieg zu Fuß jedenfalls mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden ist“. Auf die vom Revisionswerber nunmehr genannten Beweisthemen wurde hingegen in keiner Weise Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wurden vom Revisionswerber weder neue Beweisanträge gestellt noch die in der Beschwerde gestellten Beweisanträge - etwa im Hinblick auf das in dieser Verhandlung erstattete naturschutzfachliche Sachverständigengutachten - konkretisiert. Es kann daher keine Rede davon sein, dass das Verwaltungsgericht die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme vorzunehmen sei, insoweit grob fehlerhaft vorgenommen hätte.
11 Im Übrigen geht das Verwaltungsgericht - gestützt auf das eingeholte naturschutzfachliche Sachverständigengutachten - davon aus, dass im Revisionsfall unter anderem das Interesse an der Erhaltung einer möglichst unberührten Winterlandschaft durch die beabsichtigte Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges wesentlich beeinträchtigt wird. Unter welchen Gesichtspunkten diese - unter natur- bzw. landschaftsschutzfachlichen Aspekten vorzunehmende - Beurteilung durch ein verkehrstechnisches Gutachten zu erschüttern gewesen wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision in keiner Weise aufgezeigt.
12 Was im Weiteren die Zulässigkeitsausführungen des Revisionswerbers zur Bewilligungsvoraussetzung des § 6 Abs. 3 lit. a Vbg. SportG anbelangt, genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine Revision unzulässig ist, wenn das angefochtene Erkenntnis - wie hier - auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und dieser Begründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt. Wenn einer tragfähigen Alternativbegründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, kann die Revision zurückgewiesen werden, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die anderen Begründungsalternativen unzutreffend waren (vgl. VwGH 20.6.2022, Ra 2022/10/0038; 20.10.2021, Ra 2021/09/0158; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081).
13 Soweit schließlich in der Zulässigkeitsbegründung Begründungsmängel des Verwaltungsgerichtes in Ansehung der Frage, weshalb „eine Bewilligung unter Auflagen nicht erteilt werden“ könne, behauptet werden, ist der Revisionswerber auf die - von ihm allerdings unerwähnt gelassene - Begründung des Verwaltungsgerichtes zu verweisen, wonach (unter anderem) das Interesse an der Erhaltung einer möglichst unberührten Winterlandschaft „auch durch die Vorschreibung von Auflagen nicht beseitigt“ werden könne. Soweit in diesem Zusammenhang auf (vom Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers unberücksichtigte) Aussagen eines Waldaufsehers Bezug genommen wird, wonach eine Störung von Wildtieren nur in der Nacht zu erwarten sei, wird die Relevanz des behaupteten Begründungsmangels nicht aufgezeigt, zumal die vom Verwaltungsgericht auf sachverständiger Grundlage gewonnene Beurteilung, dass im Revisionsfall das Interesse an der Erhaltung einer möglichst unberührten Winterlandschaft durch die beabsichtigte Verwendung eines Schneegeländefahrzeuges wesentlich beeinträchtigt wird, nicht ausschließlich darauf beruht, dass diese wesentliche Beeinträchtigung infolge der Störung von Wildtieren anzunehmen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es aber nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel - in konkreter Weise - darzulegen (vgl. VwGH 7.9.2021, Ra 2020/10/0112; 27.4.2021, Ra 2021/10/0002-0003; 25.1.2021, Ra 2020/10/0157).
14 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. Oktober 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022100135.L00Im RIS seit
01.12.2022Zuletzt aktualisiert am
01.12.2022