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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dr. Christian V in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom 3. September 1993, GZ 6/1-1094/91-08, betreffend Einkommensteuer 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war bis 1983 Inhaber eines Handelsunternehmens mit Betriebsstätten in Wien 3, Reisnerstraße 61, Wien 1, Graben 17, und Wien 1, Kärntnerstraße 16. Am 31. März 1983 schloß er mit seinen Kindern Peter und Ines V. unter Beitritt seiner Ehegattin Eva V. einen Kaufvertrag mit folgendem, auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:
"§ 2
Herr Dkfm. Dr. Christian V. verkauft und übergibt dieses Unternehmen, wie es liegt und steht, mit allen dazugehörigen Rechten und Pflichten zum Stichtag 31.3.1983 je zur Hälfte an Herrn Peter V. und an Fräulein Ines V. Diese erbringen hiefür zusammen folgende Gegenleistungen:
1.
Bar bezahlt wird ein Kaufpreis von S 1,--
2.
Für den Fall, daß Herr Dkfm. Dr. Christian V. vor Frau Eva V. verstirbt, wird seitens der Käufer in Aussicht genommen, Frau Eva V. finanziell so zu stellen, daß sie ihren bisher und derzeit gewohnten Lebensstandard voll aufrecht erhalten kann, also soweit eine ihr dann zustehende Pension hiefür nicht ausreicht. Dies kann etwa durch Zahlung einer Leibrente, oder auch in anderer geeigneter Weise erfolgen.
§ 3
Festgestellt wird, daß das bilanzmäßige Eigenkapital des Unternehmens zum Stichtag kleiner als Null ist.
§ 4
1. Herr Peter V. und Fräulein Ines V. räumen hinsichtlich des Unternehmens gemeinsam das Veräußerungs- und Belastungsverbot Herrn Dkfm. Dr. Christian V. und Frau Eva V., und zwar jedem von ihnen für sich, ein.
2. Herr Peter V. und Fräulein Ines V. räumen hinsichtlich ihrer Hälfteanteile am Unternehmen das Veräußerungs- und Belastungsverbot sich wechselseitig ein.
§ 5
Herr Peter V. und Fräulein Ines V. machen gemeinsam Herrn Dkfm. Dr. Christian V. und Frau Eva V., und zwar jedem für sich, hiemit das unwiderrufliche und unbefristete Anbot, das Unternehmen um den Betrag von S 1,-- käuflich zu erwerben. Dieses Anbot kann jederzeit angenommen werden, und zwar von Herrn Dkfm. Dr. Christian V. oder Frau Eva V. allein, oder auch von beiden gemeinsam.
..."
Am 6. Dezember 1983 schlossen Peter und Ines V. einen Vertrag über die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ab. Im § 1 der Vertragsurkunde ist dazu ausgeführt:
"Die Vertragspartner haben mit Kaufvertrag vom 31.3.1983 das bisher von Herrn Dkfm. Dr. Christian V. in Wien betriebene Unternehmen des Handels mit Souvenir- und Geschenkartikeln um S 1,-- erworben. Das bilanzmäßige Eigenkapital dieses Unternehmens zum Stichtag ist kleiner als Null. Sein ideeller Wert liegt daher nur im Good Will und in den Mietrechten einerseits des Büros Reisnerstraße 1, 1030 Wien, und andererseits der mehreren Ladengeschäfte."
Bei der von Peter und Ines V. gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde hinsichtlich der Jahre 1985 bis 1987 eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt. Nach dem Prüfungsbericht vom 23. Oktober 1990 wurde das Büro in Wien 3, Reisnerstraße 61, bereits 1984 verkauft. Im Jahre 1986 sei das Geschäftslokal in Wien 1, Graben 17, veräußert worden. Die Entgelte für den Verkauf des Lokals und die Abtretung der Mietrechte seien in der Buchhaltung der Gesellschaft enthalten gewesen. Mit Kaufvertrag vom 30. Juni 1987 hätten Peter und Ines V. das Handelsunternehmen an die U. GmbH um einen Betrag von S 1,900.000,-- verkauft. Dieser Betrag sei auch in der Buchhaltung erfaßt worden. Im Kaufvertrag sei festgestellt worden, daß zum verkauften Unternehmen nicht die Mietrechte am Geschäftslokal gehörten. Mit Leibrentenvertrag vom 30. Juni 1987 seien die Mietrechte am Lokal Wien 1, Kärntnerstraße 16, an die U. GmbH gegen eine monatliche Leibrente von S 65.000,-- übertragen worden.
Dem Prüfer lag ein Schreiben des Steuerberaters Dr. R. vom 8. Februar 1988 an den Beschwerdeführer vor, aus dem hervorging, daß von Leo U. im Juni 1987 eine Anzahlung von S 1,300.000,-- an den Beschwerdeführer geleistet worden ist.
Weiters stützte sich der Prüfer auf den Inhalt der Akten eines zivilgerichtlichen Verfahrens. In einer von der U. GmbH, Heidrun U. und Leo U. erhobenen Klage auf Nichtigerklärung eines am 30. Juni 1987 für den Fall des Zahlungsverzuges der U. GmbH und Leo U. abgegebenen Verzichts auf die Mietrechte am Lokal Wien 1, Kärntnerstraße 16, wurde in der Sachverhaltsdarstellung u.a. ausgeführt, daß die Kläger dem Beschwerdeführer "persönlich" einen weiteren Betrag von S 1,300.000,-- bezahlt hätten.
In einem vorbereitenden Schriftsatz vom 12. Juli 1990 wurde namens des Beschwerdeführers wörtlich ausgeführt:
"Die Vereinbarung vom 30.6.1987 bezüglich der Übertragung der Mietrechte stellte somit nur einen rechtlich wie wirtschaftlich unselbständigen Teil eines Gesamtpaktes von Abmachungen im Zusammenhang mit der Unternehmensveräußerung dar.
Erläuternd muß hier noch hinzugefügt werden, daß meine Kinder, die als die damaligen Verkäufer meines in der Kärntnerstraße 16 etablierten Einzelhandelsunternehmens aufgetreten sind, das Unternehmen als Treuhänder für mich innegehalten haben. Ich bin zu Jahresende 1983 in den Ruhestand getreten, habe meine Gewerbescheine zurückgelegt, meine aktive unternehmerische Tätigkeit eingestellt und habe mich nach außen hin aus dem Geschäft zurückgezogen.
Meinen Kindern Peter und Ines V. habe ich - um meine Pensionierung zu ermöglichen - das Unternehmen, welches damals noch aus mehreren einzelnen Ladengeschäften bestand, formal um einen symbolischen Kaufpreis von S 1,-- übertragen, habe ihnen ein Veräußerungs- und Belastungsverbot auferlegt und mir das unwiderrufliche und unbefristete Anbot meiner Kinder auf Rückübertragung des Unternehmens und die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses vorbehalten, um in der Lage zu sein, zu einem späteren Zeitpunkt das Unternehmen als Ganzes an einen Dritten zu verkaufen.
Als dann im Frühjahr 1987 die Erstklägerin und ihre Gesellschafter als Kaufinteressenten aufgetreten sind, ist ihnen in voller Deutlichkeit klargemacht worden, daß ich die Sachgesamtheit des Unternehmens in zwei Teilen - diese aber als Gesamtheit verstanden - veräußere, und zwar das Unternehmen ohne die Mietrechte im Wege eines über meine Kinder geschlossenen Kaufvertrages und parallel in untrennbaren Zusammenhang damit, die Mietrechte durch mich persönlich. Der Konnex ist in beiden Verträgen zum Ausdruck gebracht (im "Kaufvertrag" der Hinweis auf den Abschluß einer gesonderten Vereinbarung bezüglich der Mietrechte und in der "Vereinbarung" die von mir (Ü) übernommene Verpflichtung der vollkommenen Klag- und Schadloshaltung der Kläger bezüglich eventueller Unternehmensverbindlichkeiten)."
Hinsichtlich des Beschwerdeführers wurde vom Prüfer die Auffassung vertreten, die Leibrentenzahlungen unterlägen ab dem Zufließen der Einkommensteuer, weil der Wert des Mietrechtes 0,-- betragen habe. Die "Anzahlung" vom Juni 1987
(S 1,300.000,--) wurde ebenfalls bei den sonstigen Einkünften berücksichtigt.
Das Finanzamt folgte bei der Erlassung der Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1989 der Auffassung des Prüfers.
In der Berufung gegen diese Bescheide wurde die Meinung vertreten, daß den Leibrentenzahlungen die Veräußerung von Privatvermögen zugrunde liege. Hinsichtlich des Betrages von S 1,300.000,-- wurde bestritten, daß der Beschwerdeführer sie überhaupt erhalten habe. Überdies wäre der Betrag nicht als Rentenzahlung anzusehen.
In einer Ergänzung der von Peter V. gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1985 bis 1987 eingebrachten Berufung vom 22. Februar 1991 wurde vorgebracht, daß auf Grund der bis dahin nicht offen gelegten Treuhandschaft von Peter und Ines V. für den Beschwerdeführer eine Zurechnung "sämtlicher Besteuerungsgrundlagen" nur für den Beschwerdeführer vorzunehmen sei. Der Beschwerdeführer habe seine Gewerbeberechtigungen im Jahre 1983 zurückgelegt, um eine Pension zu erlangen. Die Mietrechte seien aber erst in einem Feststellungsprozeß, der erst Anfang 1985 zugunsten des Beschwerdeführers entschieden worden sei, in seinen Besitz übergegangen. Es sei aber klar gewesen, daß die eigentliche Tätigkeit vom Beschwerdeführer selbst ausgeübt worden sei. Die Kinder hätten eigene Berufe ergriffen und hätten für die Gesellschaft keine Zeit gehabt.
Die Abgabenbehörde nahm im Berufungsverfahren Einsicht in die Akten des Bezirksgerichtes Inneres Stadt, 48 C 323/90.
In diesem Verfahren sagte Rechtsanwalt Dr. P. bei der mündlichen Verhandlung am 5. April 1991 als Zeuge aus, der Beschwerdeführer habe nach Erreichung der erforderlichen Versicherungszeiten die Gewerbepension in Anspruch nehmen wollen. Deshalb habe er das Unternehmen "offiziell" an seine Kinder übergeben müssen. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer aber das Geschäft allein mit einer Angestellten geführt; die Kinder seien lediglich Treuhänder bzw. Strohmänner gewesen. Die Kinder seien im Geschäft nicht tätig gewesen. Beim Verkauf des Geschäftes an die "Seite U." sei die gesamte Gegenleistung an den Beschwerdeführer persönlich zu leisten gewesen, das heißt insbesondere auch jener Teil der Gegenleistung, der formal an die Kinder hätte geleistet werden sollen. Die Ursache für die Teilung der formellen Zahlungsempfänger sei darin gelegen gewesen, daß damals seitens des Steuerberaters erklärt worden sei, man könne auf diese Weise die Hoffnung haben, daß die dem Beklagten zugesagte Leibrente steuerlich günstiger zu behandeln wäre. Auf entsprechende Frage des Klagevertreters, warum der Treuhandvertrag nicht aufgelöst worden sei, damit der Beschwerdeführer das Unternehmen insgesamt hätte verkaufen können, gab der Zeuge an, es habe erstens keinen schriftlichen Treuhandvertrag gegeben und es wäre zweitens eine Aufdeckung des Treuhandverhältnisses gegenüber der Abgabenbehörde offensichtlich nicht im Interesse des Beschwerdeführers gelegen gewesen.
Bei der am 12. März 1992 fortgesetzten mündlichen Verhandlung brachte der (damalige) Vertreter des Beschwerdeführers vor, daß die Mietrechte zum Vermögen des Unternehmens gehörten und daß das gesamte Vertragskonvolut als eine Einheit zu verstehen sei. Die Mietrechte seien Zubehör des Unternehmens gewesen, wozu der Vertreter auf die treuhänderische Bindung zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Kindern verwies.
Bei der am 23. April 1992 fortgesetzten mündlichen Verhandlung verwies der Vertreter des Beschwerdeführers neuerlich darauf, daß dieser "im Wege der Treuhandbildung" weiterhin Geschäftsinhaber gewesen sei.
In dieser Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, es sei nicht richtig, daß die Mietrechte durch ihn persönlich und das Unternehmen von den Kindern verkauft wurden. Das Unternehmen sei von ihm als Gesamtheit verkauft worden. Der Beschwerdeführer sei bereits einige Zeit vor dem Unternehmensverkauf in Pension gegangen. Er habe daher den Gewerbeschein zurücklegen müssen. Der Grund für die Schaffung des Treuhandverhältnisses sei darin gelegen gewesen, daß jemand offiziell für das Geschäft habe auftreten müssen. Der Beschwerdeführer habe von U. außer der Leibrente einen Betrag von ca. S 3,100.000,-- bekommen. Nach seiner Pensionierung sei der Geschäftserlös weiterhin an den Beschwerdeführer gegangen. Der Verkaufserlös aus dem Vertragskonvolut sei dem Beschwerdeführer zugeflossen.
Ines V., die Tochter des Beschwerdeführers, gab bei der am 11. Juni 1992 fortgesetzten mündlichen Verhandlung an, es sei richtig, daß der Beschwerdeführer mit ihr und ihrem Bruder einen Treuhandvertrag abgeschlossen habe. Ihr Bruder und sie hätten die Firma ihres Vaters übernommen, damit dieser die Rente bekomme. Sie habe sich keine Unterlagen wie z.B. die Bilanzen angeschaut. Sie habe sich um weitere Details nicht gekümmert. Weder ihr Bruder noch die Zeugin seien im Unternehmen tätig gewesen; alles habe der Beschwerdeführer weiter betrieben. Sie sei auch in keiner Weise mit der Veräußerung des Unternehmens befaßt gewesen. Sie habe nur aus Erzählungen des Beschwerdeführers gewußt, daß das Unternehmen verkauft werden solle. Das Unternehmen sei auf Rechnung des Beschwerdeführers gegangen. Alle Zahlungen seien von ihm getätigt worden. Mit Ausnahme der Unterfertigung der Steuererklärungen habe die Zeugin keinerlei Tätigkeit oder Interesse für den Betrieb entfaltet. Dies gelte auch für ihren Bruder. Beide hätten sie ganz andere Tätigkeiten betrieben. Den Verkaufserlös des Unternehmens habe zur Gänze der Beschwerdeführer erhalten.
In einer Eingabe des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 7. Mai 1993 wurde ausgeführt, ein Treuhandverhältnis sei nur aus "prozeßtaktischen Gründen" notwendig gewesen. Diese prozeßtaktische Maßnahme habe es ermöglicht, einen Vergleich abzuschließen. Der Grund, daß in der Eingabe vom 22. Februar 1991 auf die Treuhandschaft hingewiesen worden sei, sei darin gelegen gewesen, daß von der Vorlage des Steueraktes an das Gericht habe ausgegangen werden müssen. Der Eingabe waren je eine schriftliche Äußerung von Peter und Ines V. angeschlossen, wonach sie für das in Rede stehende Unternehmen tätig gewesen seien.
Im Zuge des Berufungsverfahrens gab der Erwerber des Unternehmens, Geschäftsführer Leo U., als Zeuge an, den Betrag von S 1,300.000,-- am 30. Juni 1987 mittels eines Sparbuchs in der Anwaltskanzlei Dr. R. übergeben zu haben. Leo U. legte eine vom Beschwerdeführer ("Dipl. Kfm. Dr. Christian V.") ausgestellte Rechnung an die U. GmbH vom 1. September 1987 über den Verkauf des Betriebes Wien I, Kärntnerstraße 16, um S 1,900.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer vor. Weiters wurde eine von der U. GmbH am 31. Dezember 1987 an den Beschwerdeführer persönlich gerichtete Gutschriftsanzeige mit folgendem Wortlaut vorgelegt:
"Für den Erwerb Ihres Unternehmens in 1010 Wien,
Kärntnerstraße 16, schreiben wir Ihnen in Ergänzung Ihrer
Rechnung vom 01.09.1987 als zuzüglich bezahltes Entgelt einen
Betrag von
S 1,083.333,--
+ 20 % Umsatzsteuer " 216.667,--
S 1,300.000,--
gut."
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung hinsichtlich Einkommensteuer 1987 bis 1989 als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Einkommensteuer 1987 wurde der erstinstanzliche Bescheid abgeändert. Die belangte Behörde vertrat dabei die Auffassung, daß die Einkünfte aus dem in Rede stehenden Unternehmen allein dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien. Nach Auffassung der belangten Behörde hielt der Kaufvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und seinen beiden Kindern, mit dem das Unternehmen um einen Kaufpreis von S 1,-- verkauft wurde, einem Fremdvergleich nicht stand. Es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, unter Fremden eine derart vage Verpflichtung über die Sicherung des gewohnten Lebensstandards zu vereinbaren. Unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß nach dem Gesellschaftsvertrag vom 6. Dezember 1983 der Wert des Unternehmens insbesondere in den Mietrechten gelegen gewesen sei, erscheine es unverständlich, wie es habe geschehen können, daß das Mietrecht losgelöst vom Unternehmen vom Beschwerdeführer hätte verkauft werden können. Ebenso widerspreche es den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß der Beschwerdeführer von dem ihm ausdrücklich eingeräumten Wiederkaufsrecht um einen Kaufpreis von S 1,-- nicht Gebrauch gemacht habe, um den Erlös von S 1,900.000,-- zu lukrieren. Die Vorgangsweise könne nur damit erklärt werden, daß die Kinder das Unternehmen als Treuhänder erwarben, um dem Beschwerdeführer den Bezug einer Pension zu ermöglichen und die Veräußerung der Mietrechte als Veräußerung von Privatvermögen zu deklarieren. Diese Folgerung decke sich mit den Aussagen des Beschwerdeführers, seiner Tochter Ines V. und des Rechtsanwaltes Dr. P. Den Erhalt des strittigen Betrages von S 1,300.000,-- habe der Beschwerdeführer selbst im Zivilprozeß eingestanden. Die Übergabe dieses Betrages mittels eines Sparbuches erscheine auf Grund einer vom Käufer der Abgabenbehörde vorgelegten entsprechenden Kopie nachgewiesen.
In der Beschwerde gegen diese Berufungsentscheidung wird "Gesetzwidrigkeit ihres Inhaltes" geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zurechnungssubjekt von Einkünften ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Wem die Einkünfte zuzurechnen sind, ist dabei in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden; maßgeblich ist die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 2, Rz 46 m.w.H.). Nach § 24 Abs. 1 lit. b BAO werden Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen übereignet worden sind, dem Treugeber zugerechnet.
Entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (vgl. § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG), ergibt sich aus dem Inhalt der Beschwerde in Wahrheit der Vorwurf, die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines angefochtenen Bescheides beinhaltet die Aufgabe zu überprüfen, ob die von der Behörde vorgenommene Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang steht und die Sachverhaltsannahme der Behörde in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren gewonnen wurde.
Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die vom Beschwerdeführer mit seinen Kindern getroffenen Vereinbarungen sowie deren Erfüllung einem bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen anzustellenden Fremdvergleich nicht standhält. Im Hinblick auf die Höhe des Kaufpreises von S 1,-- im Verein mit der völlig unbestimmten und nicht weiter bestimmbaren Verpflichtung zur allfälligen Sicherung des Lebensstandards der überlebenden Ehegattin, den nicht begründeten Verzicht auf die Ausübung des eingeräumten Wiederkaufsrechts, den Beweggrund der widerrechtlichen Sicherung einer Alterspension, die eindeutigen Aussagen der vor Gericht förmlich als Zeugen vernommenen Personen, darunter eines Rechtsanwaltes, ergab sich, wie die belangte Behörde zutreffend erkannte, schlüssig, daß der Beschwerdeführer weiterhin Unternehmer des in Rede stehenden gewerblichen Betriebes geblieben ist, sodaß die Einkünfte daraus ihm zuzurechnen waren.
Die demgegenüber erstmals in der Beschwerde vertretene Auffassung, bei der zugunsten der Ehegattin des Beschwerdeführers in § 2 Z. 2 des Kaufvertrages aufgenommenen Bestimmung handle es sich um eine mit der "Betriebsübergabe" in keinem Zusammenhang stehende "familienrechtliche Verpflichtung", steht im Widerspruch zur Textierung dieser Vertragsbestimmung. Überdies hält der Kaufvertrag selbst unter Außerachtlassung dieses Vertragspunktes einem Fremdvergleich nicht stand.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde auch zutreffend auf den Widerspruch verwiesen, der darin gelegen war, daß selbst im Gesellschaftsvertrag zwischen den Kindern des Beschwerdeführers auf die Mietrechte als wesentliche Grundlage des Unternehmens hingewiesen wurde und andererseits nach den Beschwerdebehauptungen das Mietrecht am Lokal Kärntnerstraße vom Beschwerdeführer zurückbehalten worden sei. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Mietrechte seien nicht übergeben worden, steht überdies im Widerspruch zum Inhalt des Kaufvertrages vom 31. März 1983.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Meinung der belangten Behörde wendet, es sei bereits 1983 an einen Verkauf des Unternehmens gedacht gewesen, ist ihm entgegenzuhalten, daß die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid für diesen nicht tragend sind.
Zu den ursprünglichen Angaben gegenüber der Abgabenbehörde, den Angaben im vorbereitenden Schriftsatz vor Gericht, den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers vor Gericht sowie zu den Zeugenaussagen über das Vorliegen einer Treuhandschaft behauptet der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof, alle diese Äußerungen seien ausschließlich auf Grund seiner "Instruktionen" zustande gekommen, um den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens zu beeinflussen. Damit bezichtigt der Beschwerdeführer sich selbst der Bestimmung zur falschen Beweisaussage und seine Tochter und den Rechtsanwalt Dr. P. der falschen Beweisaussage. Wenn die belangte Behörde bei Würdigung der ihr vorliegenden Beweismittel demgegenüber zur Auffassung kam, daß diesen Aussagen, insbesondere den förmlichen Zeugenaussagen vor einem Gericht über das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses ein höherer Wahrheitsgehalt beizumessen sei als der erst im Laufe des Berufungsverfahrens geänderten Verantwortung des Beschwerdeführers, so entspricht dies den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut.
Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, die belangte Behörde halte dem Beschwerdeführer vor, er habe vor Gericht ausgesagt, außer der Leibrente einen Barbetrag von
S 3,100.000,-- erhalten zu haben, so wird verkannt, daß lediglich im Sachverhaltsteil des angefochtenen Bescheides eine diesbezügliche Aussage des Beschwerdeführers selbst vor Gericht wiedergegeben worden ist. Tatsächlich wurde aber von der Abgabenbehörde - wie im Erwägungsteil dargestellt ist - lediglich ein Betrag von S 1,300.000,-- bei der Ermittlung der Einkünfte des Jahres 1987 berücksichtigt. Wenn die belangte Behörde die Übergabe dieses Betrages an den Beschwerdeführer insbesondere auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers vor Gericht und der durch Leo U. beigebrachten Kopie eines Sparbuches als erwiesen angesehen hat, so ist auch diese Beweiswürdigung als schlüssig anzusehen.
In einer Beschwerdeergänzung wird vom Beschwerdeführer schließlich die Auffassung vertreten, daß die Abweisung der Berufung mit dem gleichzeitigen Ausspruch über die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1987 in Widerspruch steht. Hiezu ist auf § 289 Abs. 2 BAO zu verweisen, wonach die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Einerseits ist die Berufungsbehörde auf Grund der genannten Gesetzesstelle verpflichtet, über die Berufung selbst - und zwar in allen Berufungspunkten - abzusprechen. Gleichzeitig hat sie aber auch die Pflicht, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung hin auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz zu überprüfen und allenfalls entsprechend abzuändern, wobei auch Verböserungen zulässig sind (vgl. z.B. Ritz, BAO-Kommentar, § 289, Rz 10, und die dort angeführte Rechtsprechung). Erweist sich somit eine Berufung als unbegründet, erkennt aber die Berufungsbehörde, daß der angefochtene Bescheid über den Berufungsantrag hinaus nicht dem Gesetz entspricht, so ist die Behörde zur Abänderung des angefochtenen Bescheides verpflichtet. Wenn die belangte Behörde dies im Spruch durch die Verbindung der Abweisung der Berufung mit der Abänderung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht hat, so entspricht dies dem Gesetz.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993130279.X00Im RIS seit
11.07.2001