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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander betreffend die Nichtzuerkennung des Asylstatus an eine Familie von Staatsangehörigen Afghanistans; mangelhafte Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen der minderjährigen Beschwerdeführerin betreffend die mangelnde Bildungsmöglichkeit sowie mit den LänderberichtenRechtssatz
In der Begründung des die minderjährigen, schulpflichtigen Kinder betreffenden Erkenntnisses setzt sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Vorbringen hinsichtlich der Bildungsmöglichkeiten in Afghanistan, insbesondere hinsichtlich der minderjährigen weiblichen Drittbeschwerdeführerin, nicht ausreichend auseinander. Das BVwG lässt sowohl einschlägige Länderberichte außer Acht, denen zu entnehmen ist, dass den Mädchen der Zugang zu Bildung verwehrt sein kann, als auch die zu dieser asylrelevanten Frage ergangene Rsp des VfGH.
Insbesondere aber fehlt jede Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit die im August 2021 erfolgte Übernahme der Regierungsmacht durch die Taliban die Gefahr mit sich gebracht hat, dass Mädchen - so wie in vergangenen Jahren - wieder am Schulbesuch gehindert werden. Da die Beschwerdeführer die Frage der Schulbildung ihrer Kinder insbesondere im Hinblick der Diskriminierung von Frauen schon im Verfahren vor dem BFA vorgebracht haben, wäre das BVwG verpflichtet gewesen, sich mit dieser Frage - und der sich aus der Übernahme der Regierungsmacht durch die Taliban insofern ergebenden Konsequenzen - auseinanderzusetzen.
Sollte das BVwG vermeinen, das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sei nicht zu berücksichtigen, soweit diese es selbst nicht als asylrelevant erachteten, so ist auf die in §18 Abs1 AsylG 2005 normierte amtswegige Ermittlungspflicht hinzuweisen, die auch das BVwG trifft. Demnach hat es insbesondere darauf hinzuwirken, dass allenfalls lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt werden. Das gilt in besonderem Maße bei der Beurteilung des Vorbringens von Minderjährigen, unabhängig davon, ob sie selbst oder ihre gesetzlichen Vertreter einvernommen wurden.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Kinder, Ermittlungsverfahren, EntscheidungsbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E4335.2021Zuletzt aktualisiert am
29.11.2022