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19/07 Diplomatischer und konsularischer Verkehr;Norm
EStG 1972 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl un Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des X in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 19. März 1992, Zl. 6/3-3091/90-10, betreffend Einkommensteuer 1981 bi 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Feststellungen der belangten Behörde arbeitete der Beschwerdeführer - in den Streitjahren und davor ein sudanesischer Staatsbürger - von 1977 bis 1985 als Dolmetscher am saudi-arabischen Kulturbüro in Wien. Für die aus dieser Tätigkeit in den Jahren 1981 bis 1985 erzielten Einkünfte wurde dem Beschwerdeführer mit einem Bescheid der belangten Behörde im Instanzenzug Einkommensteuer vorgeschrieben. Mit Erkenntnis vom 7. Februar 1990, 89/13/0011, hob der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Nach Art. 37 Abs. des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. 66/1966 (im folgenden: Übereinkommen) würden auch die Mitgliede des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission - zu diesem zählte auch der Beschwerdeführer - die Befreiung von Personalsteuern genießen, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaates noch in demselben ständig ansässig seien. Für die Beurteilung des Begriffes "ständig ansässig" seien die Verhältnisse im Zeitpunkt des Dienstantrittes bzw. der Funktionsübernahme maßgebend. Nach den erst nach dem Zeitpunkt der Funktionsübernahme eingetretenen Verhältnissen sei die Frage der ständigen Ansässigkeit nicht zu beantworten. Der belangten Behörde sei im Bescheid vom 8. August 1988 ein wesentlicher Begründungsmangel unterlaufen, weil sie sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Steuerpflicht wäre schon dem Grunde nach nicht gegeben, nicht auseinandergesetzt habe. Entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift geäußerten Ansicht könne nämlic aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer seit 1977 in Österreich, dessen Staatsbürgerschaft er schließlich (nach den Streitjahren) angenommen habe, wohnhaft sei, nicht schon darauf geschlossen werden, daß er im Sinne des Übereinkommens in Österreich ständig ansässig gewesen sei. Es komme auf die Verhältnisse an, wie sie bei Funktionsübernahme bestanden hätten.
Im fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde beim Zentralmeldeamt der Bundespolizeidirektion Wien sowie beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Auskünfte ein und führte eine mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe 1974 in Österreich Sprachkurse belegt und anschließend ein Vorstudium absolviert. Seit dem Wintersemester 1976/77 sei er an der Universität Wien als ordentlicher Hörer für das Studium der Medizin inskribiert. Der Zweck seines Aufenthaltes in Österreich sei ursprünglich ausschließlich die Absolvierung des Studiums gewesen. Erst später hab er beschlossen, bei der saudi-arabischen Botschaft zu arbeiten. Der Beschwerdeführer habe bei Beginn des Studiums die Absicht gehabt, nac dessen Abschluß wieder in die Heimat zurückzukehren. Erst als sich im Jahre 1987 die politische Situation im Sudan geändert habe, habe er sich zu einem Verbleib in Österreich entschieden. Im Jahre 1986 habe er den Antrag auf Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt. Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1983 im Sudan geheiratet und sodann seine Gattin nach Österreich mitgenommen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer erneut hinsichtlich der Jahre 1981 bis 1985 für die aus der Tätigkeit als Dolmetscher beim saudi-arabischen Kulturbüro erzielten Einkünfte im Instanzenzug Einkommensteuer vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Erkenntnis 89/13/0011 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, ein Anhaltspunkt für die - im gegenständlichen Fall strittige - ständige Ansässigkeit nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Funktionsübernahme (des Dienstantrittes) könnte sich daraus ergeben, daß der Angehörige des Verwaltungs- und technischen Personal schon vor der Funktionsübernahme in Österreich seit längerem wohnhaft gewesen sei und sich daran mit der Funktionsübernahme nichts habe ändern sollen.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, da der Beschwerdeführer - nach vorangegangenen Sprachkursen und einem "Vorstudium" - seit dem Wintersemester 1976/77 als ordentlicher Hörer an der Universität Wien Medizin studiere und der Zweck seines Aufenthaltes in Wien ursprünglich ausschließlich in der Absolvierung eines Studiums bestanden habe. Die Arbeit bei der saudi-arabischen Botschaft sei einem späteren Entschluß des Beschwerdeführers entsprungen. Nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Dienstantrittes bzw. der Funktionsübernahme sei der ständige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland seit 31. März 1976 keine bloße Folge der Tätigkeit beim exterritorialen Arbeitgeber gewesen, sondern stelle ei wesentlich früher und unabhängig davon begründetes Faktum dar. Für di Zeit vom 31. März 1976 bis zur Gegenwart seien ausländische Aufenthaltsorte des Beschwerdeführers, die den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich während dieser Zeit in Zweifel ziehen hätten können, weder behauptet worden noch aktenkundig. Der Beschwerdeführer sei daher im Zeitpunkt der Funktionsübernahme in Österreich ständig ansässig gewesen.
In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß der Beschwerdeführer während der Zeit seine Studiums in Wien so lange die feste Absicht gehabt habe, nach Beendigung des Studiums wieder in den Sudan zurückzukehren, bis er infolge Änderung der politischen Situation (im Jahr 1987) beschlossen habe, in Österreich zu bleiben. Insbesondere habe die belangte Behörd den Umstand, daß er "immer wieder monatelang" im Sudan gewesen sei un die Tätigkeit bei der saudi-arabischen Botschaft stets kurzfristig beenden hätte können, unberücksichtigt gelassen.
Dem nicht näher konkretisierten Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei "immer wieder monatelang" im Sudan gewesen, hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß e eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung darstellt, weil im Verwaltungsverfahren derartiges nicht behauptet worden ist. Im übrigen wird auch in der Beschwerde nicht behauptet, daß der Beschwerdeführer seit Mitte 1976 außerhalb Österreichs einen Wohnsitz gehabt hätte, sodaß die ausschließliche Wohnsitznahme in Österreich (seit Mitte 1976) unstrittig ist. Ebenso unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer nicht zum Zwecke der Übernahme einer Funktio als Mitglied des Verwaltungs- und technischen Personals einer diplomatischen Mission nach Österreich gekommen ist, sondern daß er (vorher und unabhängig von der genannten Funktion) zum Zwecke des Absolvierens eines Studiums im Inland einen Wohnsitz begründet hat.
Der Beschwerdeführer ist somit bereits längere Zeit vor Übernahme der Funktion bei der diplomatischen Mission in Österreich wohnhaft gewesen; die Funktionsübernahme hatte keinen Einfluß auf die Wohnsitznahme des Beschwerdeführers in Österreich. Bei dieser Sachlag kann es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen, daß die belangte Behörde nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Dienstantrittes bzw. der Funktionsübernahme die ständige Ansässigkeit des Beschwerdeführers in Österreich im Sinne des § 37 Abs. 2 des Übereinkommens angenommen hat. Die Absicht, nach Absolvierung eines mehrjährigen Studiums im Ausland einen Wohnsitz zu begründen, steht der ständigen Ansässigkeit im Inland für die Gegenwart nicht entgegen
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, durch die erst Jahre später erfolgte Steuerbemessung sei ihm die Möglichkeit genommen worden, "irgendwelche Sonderausgaben, Werbungskosten oder sonstige Absetzungen für Alleinverdienerbeträge oder ähnliches" geltendzumachen. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren Beiträge zu Unfall- und Krankenversicherungen geltend gemacht hat (1983: 9.000 S, 1984: 24.000 S, 1985: 36.000 S); diese Beträge haben im angefochtenen Bescheid in voller Höhe (als Werbungskosten) Berücksichtigung gefunden. Der Beschwerdeführer war im Verwaltungsverfahren nicht gehindert, weitere steuermindernde Positionen geltendzumachen.
Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992130153.X00Im RIS seit
20.11.2000