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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
COVID-19-SchulV 2020/21 AnlABeachte
Rechtssatz
Die Bildung und die Entwicklung der Anlagen der Schülerinnen und Schüler stellen bedeutende Rechtsgüter dar. Der Vorwurf lautet dahingehend, dass die Lehrerin die Schüler aufforderte, entgegen den Bestimmungen der COVID-19-SchulV 2020/21 keinen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und ihnen Angst vor dem Tragen des Mund-Nasen-Schutzes machte. Zum anderen verbreitete sie nicht dem Lehrplan entsprechende Unterrichtsinhalte ("Verschwörungstheorien"). Der Aufruf, sich an allgemeine Normen wie Verordnungen nicht zu halten, entspricht dem Auftrag des § 17 Abs. 1 SchUG 1986 iVm. § 2 SchOG 1962 zweifellos nicht. Auch das Verbreiten von Angst unter den Schülern gehört nicht zur Aufgabe der Schule oder der Lehrerin. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann auch nicht damit abgetan werden, dass die Lehrerin den Schülern eine "andere Sicht" auf die Pandemie vermitteln wollte. Hiezu gehört nämlich weder der Aufruf, sich an generelle Normen nicht zu halten, noch die Verbreitung von Angst unter den Schülerinnen und Schülern. Vor allem gehört das Verbreiten von völlig aus der Luft gegriffenen (nach dem Schuldspruch:) Verschwörungstheorien, wie etwa, dass eine Viruserkrankung durch Mobilfunkmasten übertragen werde, nicht zum Bildungsauftrag der Schule und kann auch nicht als eine "andere Meinung zu Corona-Maßnahmen" oder als "andere Sicht der Dinge" relativiert oder gar zur Begründung einer Notstandssituation herangezogen werden. Ob unwissenschaftliche Ansichten von weiteren Menschen geteilt werden, hat keine Auswirkung auf die Schwere dieser Pflichtverletzung. Zudem enthält bereits der Vorwurf der Verbreitung von "Verschwörungstheorien", dass von der Lehrerin nicht dem Stand der Wissenschaft entsprechende Inhalte vermittelt werden. Eine Verkennung des Bildungsauftrags oder die Anwendung bedenklicher Methoden der Unterrichts- und Erziehungsarbeit kann auch nicht als wenig bedeutsam abgetan werden, kann ein minderjähriger schulpflichtiger Schüler doch der geistigen Einflussnahme durch den Lehrer in der Regel nicht ausweichen (vgl. VwGH 20.11.2003, 2000/09/0153, VwSlg. 16.224A/2003; OGH 25.11.2021, 9 ObA 114/21m). Zudem stellt das einseitige Verbreiten absurder Ansichten durchaus eine schwere Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch die Lehrerin dar, müssen doch gerade auch die Eltern der unterrichteten Schülerinnen und Schüler auf eine lehrplanmäßige Bildung vertrauen dürfen (vgl. VwGH 20.11.2003, 2000/09/0153).
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022090043.L04Im RIS seit
28.11.2022Zuletzt aktualisiert am
28.11.2022