Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des CS, vertreten durch seine Mutter DS, in W, diese vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Oktober 1994, Zl. 107.149/3-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der am 24. Juni 1994 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes abgewiesen. Nach der zitierten Gesetzesstelle dürften keine weiteren Bewilligungen erteilt werden, wenn die in § 2 Abs. 1 AufG und der darauf beruhenden Verordnung festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht sei. Ab diesem Zeitpunkt seien anhängige Anträge, die sich nicht auf den in § 3 AufG verankerten Rechtsanspruch stützten, abzuweisen. Für das Bundesland Wien sei in der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, eine Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen festgesetzt worden. Diese Höchstzahl sei nunmehr erreicht. Dem Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers könne ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Bewilligung zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht entnommen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, daß er sich seit 29. Oktober 1992, somit auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes, rechtmäßig in Österreich aufhalte. Sein Antrag vom 24. Juni 1994 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sei daher gemäß § 13 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 368/1994 als Antrag gemäß § 4 Abs. 2 AufG (gemeint wohl: § 4 Abs. 1 zweiter Satz AufG) zu behandeln gewesen, auf welchen § 2 Abs. 1 AufG nicht anzuwenden sei. Die belangte Behörde habe nicht begründet, warum sie seinen Antrag nicht als solchen auf Überleitung gemäß § 13 AufG behandelt habe. Sie habe sich auf die unzutreffende Behauptung beschränkt, daß sein Antrag nicht auf einen in § 3 AufG verankerten Rechtsanspruch gestützt werden könne. Die belangte Behörde hätte in einem entsprechend den Bestimmungen der §§ 37 und 56 AVG durchgeführten Ermittlungsverfahren feststellen müssen, daß auf den Beschwerdeführer nicht nur die Voraussetzungen des § 13 AufG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 368/1994 zutreffen, sondern darüber hinaus auch ein Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung gemäß § 3 AufG gegeben sei. Sein Vater habe seit 12. September 1992 und somit mehr als zwei Jahren ein Aufenthaltsrecht in Österreich. Die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG sei erfüllt.
Nach der Bescheidbegründung ist dem Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht zu entnehmen. Im Zusammenhang mit der auch im Spruch genannten Bestimmung des § 9 Abs. 3 AufG ergibt sich, daß die belangte Behörde von einem Erstantrag des Beschwerdeführers ausging. Hiezu ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, daß der Beschwerdeführer den Antrag unter Verwendung des amtlich aufgelegten Formblattes stellte. Die Rubrik Erstantrag oder Verlängerungsantrag wurde nicht ausgefüllt. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid verneinte der Beschwerdeführer eine Antragstellung gemäß § 6 Abs. 1 AufG und behauptete unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 13 AufG einen Verlängerungsantrag gestellt zu haben.
Zur verläßlichen Beurteilung, ob es sich um einen Erstantrag oder einen Verlängerungsantrag handelt, wäre es im Hinblick auf § 4 Abs. 1 zweiter Satz AufG für die belangte Behörde erforderlich gewesen, durch Vornahme eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens in diesem wesentlichen Punkt Klarheit zu schaffen.
Da die belangte Behörde dies verabsäumt hat und nicht auszuschließen ist, daß sie bei einem Unterbleiben dieses Versäumnisses zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigeren) Ergebnis hätte kommen können, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher bereits aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Aber auch ausgehend von der durch keine tatsächlichen Feststellungen und rechtliche Erwägungen belegten Auffassung der belangten Behörde, daß es sich um einen Erstantrag handelt, haftet dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an. Nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes (erstinstanzlicher Bescheid sowie Berufung gegen denselben) wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren von seiner Mutter vertreten. Diese stellte gleichzeitig auch für sich einen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz. Die belangte Behörde hätte daher auch den Inhalt des den Antrag der Mutter des Beschwerdeführers betreffenden Verwaltungsaktes in ihre Überlegungen miteinbeziehen müssen. Aufgrund dieses Akteninhaltes - der abweisende Bescheid in diesem Verfahren war Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 95/21/0116 - können die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 AufG weder verneint noch bejaht werden. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das die Mutter des Beschwerdeführers betreffende Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/21/0116, verwiesen.
Der angefochtene Bescheid ist daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG - ohne Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG - aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. In dem gesetzlichen Pauschbetrag ist die Umsatzsteuer bereits enthalten, sodaß das darauf gerichtete Begehren abzuweisen war.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren BerufungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210115.X00Im RIS seit
02.05.2001