TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/21 94/14/0172

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Veröffentlicht am 21.02.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3 impl;
BAO §303 Abs1;
BAO §303 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des Dkfm. A in K, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom 7. Juli 1994, Zl. 134-5/93, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für 1978 bis 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die den Beschwerdeführer betreffenden Umsatzsteuerbescheide für 1978 und 1979 wurden erklärungsgemäß erlassen.

Der Umsatzsteuerbescheid für 1980 vom 28. Dezember 1992 beruht auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, nachdem der Beschwerdeführer keine Steuererklärung abgegeben hatte.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, bei der Schätzung seien Vorsteuern nicht berücksichtigt worden, obwohl solche im Jahr 1980 angefallen seien, deren genaue Höhe allerdings derzeit nicht eruierbar sei, nachdem am 14. Jänner 1983 ein Brand die Buchhaltungsunterlagen vernichtet habe. Das Finanzamt habe es unterlassen, die Höhe der Gesamtentgelte zu ermitteln. Im übrigen finde derzeit eine abgabenbehördliche Prüfung statt, die auch das Jahr 1980 umfasse. Der Gutschriftsbetrag laut Voranmeldungen im Gesamtausmaß von S 1,244.793,-- sei um S 100.000,-- überhöht, sodaß nur in diesem Ausmaß eine Nachforderung zu Recht bestehe.

Im Rahmen der beim Beschwerdeführer durchgeführten Prüfung betreffend die Jahre 1978 bis 1982 nahm der Prüfer mit dem Beschwerdeführer am 21. Jänner 1983 eine Niederschrift auf, in der der Beschwerdeführer erklärte, er werde die Abweichungen für die Jahre 1979 und 1980 wegen des Brandes erst nach der Rekonstruktion, und zwar bis spätestens 31. Jänner 1983 bekanntgeben. Unter Bezugnahme auf den Antrag des Beschwerdeführers vom 28. Februar 1983, die Grundlagen für die Abgabenerhebung der Jahre 1981 und 1982 im Sinne des § 184 BAO zu schätzen, forderte der Prüfer den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. März 1983 auf, unter anderem zur Prüfung des Vorsteuerabzuges binnen drei Wochen Rechnungsabschriften aller Eingangsrechnungen der Jahre 1981 und 1982 und Kontoauszüge aller Lieferfirmen betreffend diese Jahre vorzulegen. Anläßlich seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 17. März 1983 gab der Beschwerdeführer an, die bis 31. Jänner 1983 angekündigte Präzisierung auf Grund der vorhandenen Unterlagen nicht vornehmen zu können. Mit Schreiben vom 29. März 1983 ersuchte der durch einen Wirtschaftstreuhänder vertretene Beschwerdeführer um Erstreckung der im Schreiben vom 8. März 1983 gesetzten Frist bis 30. April 1983. Vom Finanzamt wurde eine Nachfrist bis 23. April 1983 gewährt, die ergebnislos verstrich. Im Bericht vom 4. Mai 1983 über die abgabenbehördliche Prüfung wurde hinsichtlich der Vorsteuern für die Jahre 1978 und 1979 keine Änderung vorgenommen. Für die Jahre 1980 bis 1982 wurden die Vorsteuern mit S 174.000,-- (1980), S 223.071,-- (1981) und S 231.530,-- (1982) geschätzt.

Auf Grund der Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt am 20. Juli 1983 vorläufige Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982.

Mit Schreiben vom 18. August 1983 beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter eine Erstreckung der Rechtsmittelfrist unter anderem hinsichtlich dieser Bescheide bis 15. Oktober 1983 mit der Behauptung, im Zusammenhang der Rekonstruktion der Buchhaltung sei es nicht möglich, die notwendigen Unterlagen früher zu beschaffen. Diesem Antrag, ebenso wie weiteren Erstreckungsanträgen vom 14. Oktober 1983, 30. November 1983 und 30. Dezember 1983 gab das Finanzamt,zuletzt bis 31. Jänner 1984 statt.

Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 1984 erhob der Beschwerdeführer Berufung unter anderem gegen die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 mit der Begründung, "die Betriebsprüfung" habe Vorsteuern aus Investitionen nicht anerkannt. Die Rekonstruktion der Unterlagen sei noch nicht erfolgt und werde erst im Laufe des ersten Halbjahres 1984 durchgeführt werden.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 1984 wurde der Beschwerdeführer zur Behebung der Mängel der Berufung durch Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, und durch Nachholung einer Begründung bis 4. Jänner 1985 aufgefordert. Der Beschwerdeführer ersuchte hierauf mit Schreiben vom 21. Dezember 1984 um Erstreckung der Frist bis 28. Februar 1985. Eine Fristerstreckung bis 15. Februar 1985 wurde ihm bewilligt.

Mit Bescheid vom 21. Februar 1985 wurde die Berufung vom 31. Jänner 1984 als zurückgenommen erklärt, weil dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen worden sei.

Am 20. Februar 1985 sprach der Beschwerdeführer beim Präsidenten der belangten Behörde vor und führte dabei unter anderem aus, für einen Teil der Investitionen seien Zweitschriften von Rechnungen bereits vorhanden. Diese befänden sich bei seinem Steuerberater. Es sei ihm nicht bekannt, ob dieser die Zweitschriften bereits dem Finanzamt vorgelegt habe. Der Präsident der belangten Behörde forderte den Beschwerdeführer auf, die für den Steuerabzug maßgeblichen Rechnungsdurchschriften bis Ende April 1985 beizubringen. Ein weiterer Vorsprachetermin beim Vizepräsidenten der belangten Behörde wurde vereinbart und der Beschwerdeführer aufgefordert, zu dieser Vorsprache seinen Steuerberater und die angeblich bereits vorhandenen Rechnungszweitschriften mitzubringen.

Diese Vorsprache fand am 1. März 1985 statt. Der Steuerberater des Beschwerdeführers erklärte dabei, daß für die Investitionen zwar Zweitschriften von Rechnungen im geringen Maß vorhanden seien, daß es aber nicht möglich sein werde, Investitionen von S 75 Millionen durch Rechnungen nachzuweisen.

Mit Bescheiden vom 28. März 1985 wurden die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 für endgültig erklärt.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 11. April 1985 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet.

Mit Schreiben an den Masseverwalter vom 12. Juni 1985 teilte das Finanzamt mit, daß die vorläufigen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 deshalb gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig erklärt worden seien, weil die vom Beschwerdeführer angekündigte Rechnungsvorlage mehr als eineinhalb Jahre hindurch nicht vorgenommen worden sei, weshalb angenommen werde, daß die entsprechenden Rechnungen bzw. Unterlagen nicht vorhanden seien.

Gegen die Bescheide vom 28. März 1985 wurde keine Berufung erhoben.

Mit Schriftsatz vom 13. Juni 1988 (überreicht am 28. Juni 1988) stellte der Beschwerdeführer im eigenen Namen und im Namen von zwei Gesellschaften, für die er vertretungsbefugt gewesen war und die sich gleichfalls im Konkurs befanden, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO. Dieser Schriftsatz wurde vom Masseverwalter mit dem Vermerk unterfertigt, daß er die Eingabe aus formellen Gründen fertige, zur Richtigkeit des Vorbringens aber keine Stellung nehmen könne. In diesem Schriftsatz führte der Beschwerdeführer aus, im Jahr 1983 seien Betriebsprüfungen durchgeführt worden, wobei die Prüfer - nachdem die Unterlagen durch einen Brand "nahezu vernichtet" worden seien - nur sehr sporadisch den Tatsachen entsprechende Feststellungen hätten treffen können. Es sei daher zu Schätzungen gekommen, was zur Folge gehabt habe, daß beispielsweise in sämtlichen Konkursverfahre ca. 35 Millionen Schilling als Abgabenforderungen angemeldet worden seien. In dem gegen den Beschwerdeführer geführten Strafverfahren seien ihm nur S 17,917.866,-- angelastet worden. Es müsse nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß es unmöglich sei, "die steuerrelevanten Vorgänge und Vorsteuerbeträge, nach den einzelnen Steuernummern zu ordnen". Es werde daher im Antrag stets nur jeweils von einer Gesamtsumme ausgegangen. Die anläßlich der Betriebsprüfung erstellten Bescheide seien vorläufig erlassen worden. Die Ungewißheit habe "bis heute durch nichts erschüttert werden" können, im Gegenteil es bestehe noch "bestärkte Ungewißheit". Die Bescheide seien rechtskräftig geworden, "weil der Masseverwalter keine Möglichkeit mehr hatte, sachliche Einwendungen gegen die Rechtskraft zu bringen". In langdauernden Nachforschungen und Untersuchungen sei es "jetzt gelungen, etwas Licht in das Dunkel der geschätzten Abgabenfestsetzungen zu bringen", wobei nachdrücklich darauf verwiesen werden müsse, daß noch immer Beweismittel einlangten, daß jedoch, um die Frist von drei Monaten nicht zu überschreiten, der Antrag bereits jetzt gestellt werde, mit dem Hinweis, daß noch Rechnungskopien und Abrechnungen, aus denen die tatsächlich angefallenen Vorsteuerbeträge zweifelsfrei zu ersehen seien, nachgereicht würden. Auf Grund der eingelangten Abrechnungsunterlagen könnten Vorsteuerbeträge von S 7,197.125,20 nachgewiesen werden. Durch Überprüfung und Nachschau mit Sachverständigen aus dem Bauwesen hätten die einzelnen Investitionen ermittelt werden können, aus denen sich Vorsteuern in der Höhe von 13,44 Millionen Schilling ergäben. Eine weitere Gegenüberstellung ergebe "Beweise, die die bisher geschätzten Abgabenergebnisse, zweifelsfrei erschüttern". Im Strafverfahren sei nachgewiesen worden, "daß keinerlei Geldbeträge, in nicht nachweisbare Kanäle geflossen wären, daß also sämtliche Geldmittel - muß zwingend daraus folgen - für betriebliche Vorhaben, verwendet wurden". In den Konkursen hätten die Banken 106,05 Millionen Schilling angemeldet. Unter Berücksichtigung "umgeleiteter Geldmittel" aus der W. GmbH (33 Millionen Schilling) und Anzahlungen von Kaufinteressenten

(13,1 Millionen Schilling) ergäben sich Geldmittel von S 152,15 Millionen Schilling, die für Unternehmensfinanzierung und Investitionen zur Verfügung gestanden seien. Abzüglich Rückzahlungen und Zinsen errechne sich ein Betrag von S 129,75 Millionen. 18 % USt daraus seien S 19,792.371,--. Die von der Finanzverwaltung geschätzten Abgabenhinterziehungen in der Höhe von S 17,917.866,-- entsprächen einem Investitionsvolumen von S 99,543.700,--, wofür sich jedoch aus dem Strafakt kein Anhaltspunkt ergebe. Es sei unzulässig, ihn auf Grund von Schätzungen eines "Verbrechens" zu bezichtigen. Abschließend wurden die Anträge gestellt, sämtliche Bescheide, die zu drei näher genannten Steuernummern ergangen seien, aufzuheben und das Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO wieder aufzunehmen, dem Antrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und die Anzeige an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt zurückzuziehen.

In Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes vom 4. Juli 1988 führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, große Teile der Unterlagen seien bei dem Brand vom 14. Jänner 1983 vernichtet worden. Nach der Konkurseröffnung und seiner Inhaftierung am 23. Mai 1985 hätten keine Nachforschungen durchgeführt werden können, weil niemand dazu in der Lage gewesen sei. In den Jahren 1986 und 1987 seien die Investitionen in verschiedene Liegenschaften durch Sachverständige aufgenommen worden. Mit Beginn Herbst 1987 hätten anhand der aufgenommenen Unterlagen die ausführenden Firmen festgestellt werden können. In den Besitz der mit dem Wiederaufnahmsantrag vorgelegten Unterlagen sei er von Herbst 1987 bis Ende Juni 1988 gekommen. Bis zur Vorlage beim Finanzamt hätten sich diese bei den entsprechenden Firmen und in alten Unterlagen befunden.

Mit Bescheid vom 26. Juli 1988 wies das Finanzamt den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme der ihn betreffenden Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1978 bis 1982 ab. Begründend wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiederaufnahme lägen nicht vor. Die Tatsache der Investitionen und der Name der ausführenden Firmen müßten dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sein. Es wäre ihm möglich gewesen, die Namen der Firmen im Zuge der Betriebsprüfung oder des folgenden Abgabenfestsetzungsverfahrens bekanntzugeben. Es handle sich somit nicht um Tatsachen und Beweismittel, die ohne Verschulden der Partei im abgeschlossenen Verfahren nicht hätten geltend gemacht werden können. Da dem Beschwerdeführer zudem der Name der ausführenden Firmen seit der Aufnahme der Investitionen durch Sachverständige im Jahr 1987 bekannt gewesen sei, sei die Antragsfrist des § 303 Abs. 2 BAO nicht eingehalten worden, was gleichfalls zur Abweisung führe.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, nach seiner Enthaftung am 18. Oktober 1985 hätten die Sachverständigen nicht mehr angesprochen werden können, weil dazu die notwendigen finanziellen Mittel gefehlt hätten. In den Jahren 1986 und 1987 sei es gelungen, Sachverständige zu finden, die eine vorerst kostenlose Auflistung der Investitionen vorgenommen hätten, in der Folge seien die Firmen angeschrieben worden und um Kopien der Rechnungen ersucht worden. Um nicht jede Rechnung zum Gegenstand eines Wiederaufnahmsantrages zu machen, habe er eine größere Summe von nachweisbaren Vorsteuern angesammelt, wobei die letzten Rechnungen um den 10. Mai 1988 zugestellt worden seien. Weitere Beweismittel langten täglich ein. Es sei "zweifellos der genaue Tag, für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b, nicht festzustellen".

Mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. September 1990 wurde der Konkurs über das Vermögen des Beschwerdeführers nach Verteilung des Massevermögens gemäß § 139 KO aufgehoben.

Ein im Instanzenzug ergangener, die Berufung des Beschwerdeführers zurückweisender Bescheid der belangten Behörde vom 2. November 1992 wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 20. April 1993, Zlen. 93/14/0004, 0005, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die vom Beschwerdeführer ohne Zustimmung des Masseverwalters erhobene Berufung nach Aufhebung des Konkurses als wirksam erhobene Berufung anzusehen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Juli 1994 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 28. Juli 1988, soweit sie die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1978 und 1979 betrifft, zurück, im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes der Verwaltungsakten aus, der Beschwerdeführer sei auf die Frage des Finanzamtes, ob trotz erklärungsgemäßer Veranlagung die Wiederaufnahme auch hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 1978 und 1979 begehrt werde, nicht weiter eingegangen. Er habe aber Kopien von Rechnungen bzw. Rechnungszusammenstellungen aus den Jahren 1978 und 1979 vorgelegt, woraus zu schließen sei, daß er den Antrag hinsichtlich der Umsatzsteuer 1978 und 1979 gestellt und auch aufrecht erhalten habe. Gemäß § 304 BAO sei eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Eintritt der Verjährung ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein vor diesem Zeitpunkt eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 BAO zugrundeliege. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1978 und 1979 seien am 18. Juli 1980 bzw. am 20. August 1981 ergangen und in Rechtskraft erwachsen. Eine Unterbrechungshandlung sei nicht gesetzt worden. Da der Wiederaufnahmsantrag erst am 28. Juni 1988, somit außerhalb der Verjährungsfrist gestellt worden sei, sei er, soweit er die Jahre 1978 und 1979 betreffe, als unzulässig zurückzuweisen.

Eine Wiederaufnahme hinsichtlich der den Beschwerdeführer betreffenden Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 könne nur nach Maßgabe der das jeweilige konkrete Verfahren betreffenden neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel erfolgen. Der Hinweis auf die Diskrepanz zwischen den in sämtlichen Konkursverfahren angemeldeten Abgabenforderungen und den im Strafverfahren geltend gemachten Beträgen könne daher nicht zur Wiederaufnahme eines bestimmten Verfahrens führen. Das gelte auch für die insgesamt aufgelisteten Investitionen. Die schätzungsweise Rückrechnung aus den in den Konkursverfahren angemeldeten Kreditforderungen der Banken sei ein Rechenexempel und habe keinen jahrgangsweisen Bezug zu Investitionen des Beschwerdeführers in den Jahren 1980 bis 1982. Das Vorbringen, die Umsatzsteuersteuerbescheide 1980 bis 1982 seien rechtskräftig geworden, weil der Masseverwalter keine Möglichkeit mehr gehabt habe, sachliche Einwendungen vorzubringen, sowie die Behauptung, die Erlassung endgültiger Umsatzsteuerbescheide sei rechtswidrig gewesen, stellten gleichfalls keine tauglichen Wiederaufnahmsgründe dar. Der Beschwerdeführer habe die erforderlichen Informationen über die in den Streitjahren durchgeführten Investitionen gehabt, jedoch durch Verbringung der EDV-Platten eine Verschleierungshandlung gesetzt und daher die entsprechenden Unterlagen nicht offengelegt. Er habe zudem seit dem Brand (im Jänner 1983) bis zur Rechtskraft der Umsatzsteuerbescheide 1980 bis 1982 hinreichend Zeit zur Verfügung gehabt, die erforderlichen Unterlagen zu besorgen, die dem Nachweis abziehbarer Vorsteuern von Investitionen hätten dienen können.

Mit seinem Vorbringen, daß erst die Tätigkeit von Sachverständigen in den Jahren 1985 bis 1987 durch Auflistung von Investitionen es ermöglicht habe, einen Großteil der bauausführenden Firmen auszuforschen, lasse er seine Untätigkeit in den Jahren 1983 und 1984 außer acht, abgesehen davon, daß er keinerlei Nachweis für das Tätigwerden von Sachverständigen erbracht habe und ohnedies im Besitz der EDV-Platten gewesen sei. Außerdem sei nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer überhaupt auf die Hilfe von Sachverständigen angewiesen gewesen sei.

Ferner sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer in seinem Antrag nicht konkret angegeben habe, wann er von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt habe. Nach der Aktenlage seien dem Beschwerdeführer der Großteil der bauausführenden Firmen jedenfalls schon bei der Vorbesprechung am 25. April 1983 bekannt gewesen, sodaß diesbezüglich nicht vom Hervorkommen neuer Tatsachen gesprochen werden könne. Nach den Feststellungen im Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 2. Juni 1989 seien die bei dem Brand vernichteten Belege bereits verbucht und auf EDV festgehalten und im Programm gesichert gewesen. Die EDV-Platten seien nach dem Brand über Weisung des Beschwerdeführers durch einen Angestellten weggebracht worden. Nach der Prüfung seien die Platten wieder in die Firma gebracht worden. Den Beschwerdeführer treffe daher ein Verschulden daran, daß die erforderlichen Belege für die Anerkennung allfälliger abziehbarer Vorsteuern nicht schon vor Erlassung der endgültigen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 vorgelegt worden seien, weshalb seine Berufung diesbezüglich als unbegründet abzuweisen gewesen sei. Es erübrige sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die vom Beschwerdeführer vorgelegten Aufstellungen, Bestätigungsschreiben und Rechnungskopien überhaupt zum Vorsteuerabzug berechtigten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, aus der zweifelsfrei zu erkennen ist, daß sie sich nur gegen die Verweigerung der Wiederaufnahme hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1980 bis 1982 richtet. Die Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1978 und 1979 - hinsichtlich dieser Jahre ist die Abgabenfestsetzung erklärungsgemäß erfolgt - wird in der Beschwerde mit keinem Wort erwähnt. Der Beschwerdeführer beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß bereits der Wiederaufnahmeantrag selbst alle für die Beurteilung seiner Rechtzeitigkeit maßgeblichen Angaben enthalten, wobei das Fehlen dieser Angaben nicht ein einem Behebungsauftrag zugängliches Formgebrechen ist, sondern zur Zurückweisung des Antrages führt, weil nicht von dessen Rechtzeitigkeit ausgegangen werden kann (siehe dazu das Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 91/13/0099, mwN, weiters Stoll, BAO-Kommentar, 2914).

Der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Wiederaufnahmeantrag genügt diesen Anforderungen nicht. Er stellt von vornherein klar, daß er die einzelnen vorgebrachten "Vorgänge und Vorsteuerbeträge" nicht den einzelnen antragstellenden Steuersubjekten zuordnen könne. Es fehlt auch jede Angabe, welche einzelne Tatsache oder welches Beweismittel welchem Veranlagungszeitraum zugeordnet werden soll, insbesondere fehlen aber konkrete Angaben darüber, wann der Beschwerdeführer von den die (gegen ihn erlassenen) Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 betreffenden einzelnen Tatsachen oder Beweismitteln Kenntnis erlangt haben soll. Die im Antrag enthaltene Behauptung, es sei "jetzt gelungen, etwas Licht in das Dunkel" zu bringen und der Hinweis, es langten noch immer Beweismittel ein, lassen nicht erkennen, wann der Beschwerdeführer von den Tatsachen oder Beweismitteln, die für die Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1980 bis 1982 von Bedeutung sein können, Kenntnis erlangt haben soll. Wegen Fehlens konkreter Angaben zur Rechtzeitigkeit hätte der Wiederaufnahmeantrag zurückgewiesen werden müssen. Wenn die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1980 bis 1982 nicht zurückgewiesen, sondern (in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides) abgewiesen hat, hat sie Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt (siehe auch dazu das zitierte Erkenntnis vom 19. Mai 1993).

Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß der Auffassung der belangten Behörde, den Beschwerdeführer treffe ein Verschulden daran, daß die maßgeblichen Tatsachen und Beweise nicht bereits im Abgabenfestsetzungsverfahren vorgebracht worden seien, und der dafür gegebenen Begründung nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann. Wenn der Beschwerdeführer den Mangel seines Verschuldens damit zu begründen versucht, daß er sich im Konkurs befunden habe und demgemäß zur Erhebung von Rechtsmitteln allein der Masseverwalter befugt gewesen wäre, ist ihm - abgesehen davon, daß er mit diesem Vorbringen die Zeit von Jänner 1983 bis zur Konkurseröffnung im April 1985 außer acht läßt - zu erwidern, daß es an ihm gelegen wäre, dem Masseverwalter die entsprechenden Informationen zu erteilen und Unterlagen zu übergeben und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, eine begründete Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 bis 1982 einzubringen. Einer - allfälligen, vom Beschwerdeführer gar nicht behaupteten - unbegründeten Weigerung des Masseverwalters, Berufung gegen die genannten Umsatzsteuerbescheide zu erheben, hätte der Beschwerdeführer mit Beschwerde gemäß § 84 Abs. 3 KO begegnen können.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß es im vorliegenden Fall um Millionenbeträge an Vorsteuern für Investitionen gehe, ist weder für die Frage der Rechtzeitigkeit des Antrages gemäß § 303 Abs. 2 BAO noch für die Frage des Verschuldens im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b leg. cit. von Bedeutung.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Verbesserungsauftrag AusschlußFormgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle Mängel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994140172.X00

Im RIS seit

07.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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