TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/21 95/21/0084

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Veröffentlicht am 21.02.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. November 1994, Zl. 100.868/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. November 1993 auf Verlängerung der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit nachgehe und auch nicht gedenke, eine solche aufzunehmen. Sein Unterhalt solle allein durch die Verpflichtungserklärung seines Stiefvaters betritten werden. Eine solche Finanzierung seines Aufenthaltes durch Dritte ohne Gegenleistung sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung seines Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Dazu komme, daß in der antragsgegenständlichen Wohnung, welche lediglich über eine Nutzfläche von 36 m2 verfüge, bereits drei andere Personen polizeilich gemeldet und tatsächlich wohnhaft seien. Ausgehend von einem grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 pro Person könne somit eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG nicht vorliegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Der Beschwerdeführer rügt, daß der angefochtene Bescheid keine nachvollziehbare Begründung dafür enthält, weshalb der Wohnraum zu knapp bemessen sei und die Verpflichtungserklärung nicht glaubwürdig erscheine.

Dies führt die Beschwerde zum Erfolg:

Die belangte Behörde führte aus, daß ausgehend von einem grundsätzlichen Mindestbedarf von 10 m2 pro Person eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG für den Beschwerdeführer nicht vorliege. Welche Erwägungen dieser Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "ortsübliche Unterkunft" zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0089, mit weiteren Nachweisen). Die Bemerkung der belangten Behörde in der Bescheidbegründung, daß die genannte Wohnung nur über ein Zimmer und eine Küche verfüge, reicht jedenfalls nicht aus.

Die belangte Behörde hat die vom Beschwerdeführer vorgelegte Verpflichtungserklärung weder als unzureichend angesehen, noch die Bonität des Verpflichteten als unzureichend beurteilt. Sie hat sich ausschließlich darauf gestützt, daß die Abgabe einer derartigen Verpflichtungserklärung durch Dritte unglaubwürdig wäre. Welche Erwägungen dieser These zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht entnommen werden. Da es sich auch hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit.

Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 in Verbindung mit § 67 AVG zur Last, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 600 ff).

Die Kostenentscheidung - im Rahmen des gestellten Begehrens - beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel"zu einem anderen Bescheid"

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210084.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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