TE Lvwg Beschluss 2022/11/4 LVwG-M-51/001-2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.11.2022
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Entscheidungsdatum

04.11.2022

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
  1. B-VG Art. 130 heute
  2. B-VG Art. 130 gültig ab 01.02.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2019 bis 31.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  5. B-VG Art. 130 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  6. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2015 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  7. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 115/2013
  8. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  9. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  10. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  11. B-VG Art. 130 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  12. B-VG Art. 130 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  13. B-VG Art. 130 gültig von 18.07.1962 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 215/1962
  14. B-VG Art. 130 gültig von 25.12.1946 bis 17.07.1962 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  15. B-VG Art. 130 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  16. B-VG Art. 130 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über die Maßnahmenbeschwerde von A, B und C, alle vertreten durch D, Rechtsanwalt in ***, im Zusammenhang mit der Errichtung von sechs Metallstehern am Ende der *** entlang der Grenze zur Liegenschaft der Beschwerdeführer mit der Grundstücksnummer ***, KG ***,

den

BESCHLUSS:

1.   Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Abs. 6 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Begründung:

1.   Zum Beschwerdevorbringen:

Mit Schriftsatz vom 25. August 2022 erhoben die Beschwerdeführer, vertreten durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, eine auf Art 132 Abs. 2 B-VG gestützte Beschwerde.

Inhaltlich wurde vorgebracht, dass am Ende der als Gemeindestraße im Gemeingebrauch stehenden *** in *** unmittelbar vor der Grenze zur Liegenschaft der Beschwerdeführer EZ ***, Grundbuch ***, sechs Metallsteher errichtet worden seien.

Dies sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt und erachten sich die Beschwerdeführer in ihren subjektiven Rechten auf Zufahrt zu ihrer Liegenschaft EZ ***, Grundbuch *** mit Personenkraftwagen oder größeren Fahrzeugen verletzt.

Es wurde beantragt, die Errichtung von sechs Metallstehern am Ende der aus den Grundstücken Nr. ***, innenliegend der EZ ***, Grundbuch ***, und Nr. ***, innenliegend der EZ ***, Grundbuch ***, gebildeten *** an der Grenze zum Grundstück Nr. ***, innenliegend der EZ ***, Grundbuch ***, der Beschwerdeführer, wodurch die seit mindestens 30 Jahren erfolgte Zufahrt auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer mit Personenkraftwagen oder größeren Fahrzeugen unterbunden werde, für rechtswidrig zu erklären, sodass diese sechs Metallsteher zu entfernen sind.

Weiters wurde beantragt, die belangte Behörde gemäß § 35 VwGVG zum Kostenersatz zu verpflichten.

2.   

Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 31.08.2022 wurde die als belangte Behörde bezeichnete Gemeinde *** eingeladen binnen drei Wochen eine Gegenschrift zu erstatten und dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die bezughabenden Akten vorzulegen.

In ihrer Gegenschrift führte die Gemeinde *** aus, dass es sich bei den Rechtsvorbringen der Beschwerdeführer um behauptete zivilrechtliche Ansprüche aus dem Nachbarschaftsrecht handle, wofür ausschließlich die zuständigen Zivilgerichte berufen und zuständig seien. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass eine Besitzstörungsklage beim Bezirksgerichtes *** anhängig sei. Es handle sich um eine reine privatwirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde ohne hoheitliche Funktion, illegales Benützen von gemeindeeigenen Flächen durch geeignete Abzäunung und Absperrung hintanzuhalten. Das Grundstück der Beschwerdeführer sei über eine andere Zufahrt in der *** erreichbar und sei diese Zufahrt die einzige legale und technisch auch geeignete Zufahrt.

Diese Stellungnahme wurde samt Beilagen der Rechtsvertretung der Beschwerdeführer am 6.10.2022 zur Kenntnis übermittelt. Es wurde Gelegenheit gegeben, hierzu binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.

Die Beschwerdeführer erstatten eine Replik und brachten vor, dass es nicht nachvollziehbar sei, inwiefern das Befahren einer Gemeindestraße ein illegales Benützen von gemeindeeigenen Flächen darstellen soll. Zudem wurde ausgeführt, dass die Gemeinde *** bereits im Jahr 2004 versucht habe, die Zufahrt zur Liegenschaft der Beschwerdeführer über die *** zu unterbinden, aber hiervon nach der Androhung einer Besitzstörungsklage wieder Abstand genommen habe.

3.   

Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes Nr. ***, KG ***.

Dieses Grundstück grenzt an die Gemeindestraße „***“ auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (öffentliches Gut).

Am Ende der *** wurden durch die Gemeinde *** an der Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführer sechs Metallsteher montiert. Die Metallsteher wurden in einem Abstand zueinander montiert, dass keine Personenkraftwagen von der *** auf das Grundstück der Beschwerdeführer fahren können.

Am Bezirksgericht *** ist diesbezüglich ein Besitzstörungsverfahren zur Geschäftszahl *** anhängig.

4.   Beweiswürdigung:

Die entscheidungsrelevanten Feststellungen ergeben sich in diesem Umfang unstrittig aus den sowohl von den Beschwerdeführern als auch der Gemeinde *** übermittelten Unterlagen. Insbesondere aus den hierin enthaltenen Grundbuchauszügen der genannten Grundstücke sowie Lichtbildern der Metallsteher.

Das anhängige Besitzstörungsverfahren am Bezirksgericht *** zur Geschäftszahl *** ergibt sich aus der vorgelegten Besitzstörungsklage der Beschwerdeführer vom 10.08.2022 sowie der Ladung des Bezirksgerichtes *** zu einer vorbereitenden Tagsatzung vom 16.08.2022.

5.   

Erwägungen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als „Zwangsgewalt“, zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von „Befehlsgewalt“ gedeutet werden kann (VwGH 07.09.2020, Ro 2020/01/0010 mwN; 29.11.2018, Ra 2016/06/0124).

Einseitige im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gesetzte Maßnahmen scheiden jedoch mangels Gebrauchnahme von hoheitlichen Befugnissen als Anfechtungsgegenstand aus. Ob für die Durchführung von Arbeiten eine Bewilligung erforderlich gewesen wäre, ist für die Beurteilung des allfälligen Vorliegens einer Maßnahme der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- oder Zwangsgewalt nicht ausschlaggebend (VwGH 21.02.2013, 2011/06/0107).

Die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde richtet sich gegen die Montage von sechs Metallstehern am Ende einer Gemeindestraße.

Der Bau, die Erhaltung und die Verwaltung aller öffentlichen Straßen mit Ausnahme der Bundesstraßen im Land Niederösterreich sind im NÖ Straßengesetz 1999 geregelt (§ 1 leg. cit.).

Diese Straßenverwaltung erfolgt im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des jeweiligen Rechtsträgers bzw. der mit dieser Tätigkeit betrauten Organe (VwGH 21.02.2013, 2011/06/0107 zum insofern vergleichbaren Oö Straßengesetz; VfSlg 5886/1969 zur Straßenverwaltung des Bundes).

In diesem Sinne definiert auch § 4 Z 6 NÖ Straßengesetz 1999 den Straßenerhalter als das Land oder die Gemeinde als Träger von Privatrechten, dem der Bau und die Erhaltung einer Straße oder eines Bestandteiles derselben obliegt. Die Gesetzesmaterialien führen hierzu aus, dass es sich bei diesem Gesetz um ein Organisationsgesetz für den Privatwirtschaftsbereich Straßenverwaltung handelt und klar zum Ausdruck gebracht wird, dass der Straßenerhalter als Träger von Privatrechten tätig wird. So wurde etwa auch bewusst auf die Normierung von Strafbestimmungen verzichtet, da die Verletzung von Privatrechten (Handlungs-,

Duldungs- und Unterlassungspflichten) auf dem Zivilrechtsweg durchgesetzt

werden müssen (Motivenbericht vom 23. Juni 1998, Ltg.-61/L-3-1998, 1ff).

Auch wenn die Montage der Metallsteher der Gemeinde zuzurechnen ist, handelt es sich dabei nicht um Handlungen, wodurch ein Organ im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausgeübt hat (vgl. VwGH 21.02.2013, 2011/06/0107).

So hat auch bereits der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass es sich bei der Errichtung von Leitschienen, welche die Zufahrt zu einem Grundstück blockieren, um keinen behördlichen Befehl, sondern eine privatwirtschaftliche Maßnahme handelt, die nicht als faktische Amtshandlung angesehen werden kann (VfSlg 5886/1969).

Zusammenfassend war die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen, weil die Montage der Metallsteher dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen ist und somit kein tauglicher Anfechtungsgegenstand vorliegt.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Maßnahmenbeschwerde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um ein subsidiäres Rechtsmittel handelt und die Regelungen über diese nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem dienen, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein und desselben Rechtes (VwGH 19.01.2016, Ra 2015/01/0133 mwN).

Im gegenständlichen Fall ist bereits ein Besitzstörungsverfahren beim zuständigen Bezirksgericht anhängig, weil durch die Montage der Metallsteher der ruhige Besitz der Beschwerdeführer an dem Grundstück Nr. ***, KG *** gestört werde.

Es ist somit evident, dass für die gegenständlich angefochtene Handlung eine andere Rechtsschutzmöglichkeit zur Verfügung steht und die Beschwerde auch auf Grund der Subsidiarität einer Maßnahmenbeschwerde zurückzuweisen ist.

Kostenersatz war der Beschwerdeführerin nicht zuzusprechen, weil sie gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG als unterlegene Parteien anzusehen ist.

Seitens der Gemeinde *** wurde kein Kostenersatz beantragt.

6.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, zumal bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist. Weitere Sachverhaltsfeststellungen waren nicht erforderlich und die Rechtsfragen sind durch die bisherige, jeweils zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung beantwortet. Bereits die Akten ließen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Vielmehr waren die gegenständlichen Rechtsfragen anhand der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu lösen.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Verfahrensrecht; Anfechtungsgegenstand; Privatwirtschaftsverwaltung; subsidiäres Rechtsmittel; Unzulässigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.M.51.001.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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