TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/21 95/21/0216

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.1996
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs3;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §9 Abs3;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1993 §29;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Dezember 1994, Zl. 106.453/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG), in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995, abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wurde damit begründet, daß gemäß § 9 Abs. 3 AufG keine weiteren Bewilligungen erteilt werden dürften, wenn die im § 2 Abs. 1 AufG und der darauf beruhenden Verordnung festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht sei. Ab diesem Zeitpunkt seien anhängige Anträge, die sich nicht auf den im § 3 AufG verankerten Rechtsanspruch stützten, abzuweisen. Für das Bundesland Wien sei in der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, eine Höchstzahl von 4.300 Bewilligungen festgesetzt worden. Diese sei "nunmehr" erreicht. Auch bei eingehender Prüfung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers könne ein Rechtsanpruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne des Aufenthaltsgesetzes nicht abgeleitet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AufG ist ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern von österreichischen Staatsbürgern eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt. Gemäß § 3 Abs. 3 AufG (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) kann - wenn die Kinder im gemeinsamen Haushalt gelebt haben und auf Dauer ihr Lebensunterhalt und ihre Unterkünfte ausreichend gesichert sind - in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, wenn dies zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten ist, eine Bewilligung auch volljährigen Kindern von österreichischen Staatsbürgern erteilt werden, wenn sie von diesen wirtschaftlich abhängig sind. § 9 Abs. 3 AufG sieht vor,daß keine weiteren Bewilligungen erteilt werden dürfen, sobald die gemäß § 2 Abs. 1 AufG festgelegte Anzahl erreicht ist. In diesem Fall ist die Entscheidung über gemäß § 3 AufG anhängige Anträge nach dem zweiten Satz des § 9 Abs. 3 AufG auf das folgende Jahr zu verschieben.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde die Ausschöpfung der Quote "nicht unter Beweis gestellt" habe, wird übersehen, daß die belangte Behörde hinsichtlich der Anzahl der bereits erteilten Bewilligungen sich auf das von ihr gemäß § 9 Abs. 1 AufG geführte Register stützen konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1995, Zl. 95/21/0069, mwN). Auch soweit der Beschwerdeführer hier eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, vermag er der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil er nicht darlegt, was er sachverhaltsmäßig im Falle der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme vorgebracht hätte. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung war die belangte Behörde verpflichtet, die Sach- und Rechtslage heranzuziehen, die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung bestand. Danach war zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung ("nunmehr") die in der maßgeblichen Verordnung für das Bundesland Wien festgesetzte Höchstzahl bereits erreicht, sodaß eine weitere Bewilligung gemäß § 9 Abs. 3 erster Satz leg. cit. nicht mehr in Betracht kam; der in der Beschwerde aufgestellten Behauptung, daß bei "einer ordnungsgemäßen Entscheidung innerhalb von sechs Monaten" die maßgebliche Quote noch nicht erschöpft gewesen wäre, kommt daher keine rechtliche Relevanz zu.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid aber auch deswegen für rechtswidrig, weil er ein Kind eines österreichischen Staatsbürgers sei, und sein Antrag wegen Erschöpfung der gemäß § 2 Abs. 1 festgesetzten Höchstzahl nicht hätte abgewiesen werden dürfen. Vielmehr hätte die Behörde die Entscheidung über seinen Antrag gemäß § 9 Abs. 3 zweiter Satz AufG auf das folgende Jahr verschieben müssen, weil er einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 AufG habe.

Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht: Volljährigen Kindern von österreichischen Staatsbürgern und von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 AufG rechtmäßig ohne Bewilligung seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, steht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 AufG zu, wenn die im Abs. 3 der genannten Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu hat der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufung vorgebracht, daß sein in Österreich lebender Vater am 23. März 1994 die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten und für ihn eine Verpflichtungserklärung unterfertigt habe. Da somit seine Eltern, wie auch sein Bruder mit dessen Familie, in Österreich lebten, möchte er von seiner "Familie nicht getrennt werden, weil es für ihn und für seine Eltern eine psychische Belastung" darstelle und er "nach Möglichkeit mit ihnen gemeinsam in Wien bleiben" wolle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/0416, ausgesprochen, daß das Erfordernis des § 3 Abs. 3 AufG bei volljährigen Kindern von österreichischen Staatsbürgern, denen von diesen Unterhalt gewährt wird, nicht überspannt werden dürfe. Es sei grundsätzlich davon auszugehen, daß in einem solchen Fall bei Nichtvorliegen eines Ausschließungsgrundes gemäß § 5 Abs. 1 AufG ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung gegeben sei.

Es war daher der angefochtene Bescheid aus den selben Erwägungen wie im vorerwähnten hg. Erkenntnis, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, gemäß § 42 Abs. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995210216.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten