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L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, NaturschutzNorm
B-VG Art18, Art22, Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Abweisung eines Antrags gegen die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend ein Wr Landschaftsschutzgebiet; hinreichende Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen; Einhaltung der Verfahrensvorschriften des Wr NaturschutzG bei der Verordnungserlassung; Verletzung der Amtshilfe durch Unterlassung der Vorlage der Verordnungsakten an das VerwaltungsgerichtRechtssatz
Der Antrag des Verwaltungsgerichts Wien (VGW - LVwG) gegen die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend Erklärung von Teilen des 21. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Floridsdorf), LGBl 21/2015, soweit die Erklärung die Grundstücke Nr 830/1, 829/1, 823/1, 822, 816, 815, 809, 808, 802/1, 801/1, 796/1, 795/1, 789/1, 788/1, 783/1, 782/1 und 775/1, EZ4588, KG 01616 Stammersdorf, betrifft, wird abgewiesen. Im Übrigen: Zurückweisung des Antrags. Mangelnde Präjudizialität der Verordnung soweit sich der Antrag nicht gegen die Erklärung der Grundstücke Nr 830/1, 829/1, 823/1, 822, 816, 815, 809, 808, 802/1, 801/1, 796/1, 795/1, 789/1, 788/1, 783/1, 782/1 und 775/1, EZ4588, KG 01616 Stammersdorf, zum Landschaftsschutzgebiet richtet.
Soweit die Wiener Landesregierung die Verordnungsakten nicht vollständig übermittelt hat, hat diese gegen die Verpflichtung gemäß Art22 B-VG verstoßen. Wie der VfGH bereits ausgesprochen hat, sind gemäß Art22 B-VG alle Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet. Eine verordnungserlassende Behörde ist gemäß Art22 B-VG einem Unabhängigen Verwaltungssenat, der gegen eine in einem bei ihm anhängigen Verfahren anzuwendende Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken hegt, insoweit zur Hilfeleistung verpflichtet ist, als der Unabhängige Verwaltungssenat dieser Hilfe zu einer dem §57 Abs1 VfGG entsprechenden Antragstellung an den VfGH bedarf. Das schließt insbesondere auch die Übermittlung der Verordnungsakten ein. Ein Verstoß gegen diese verfassungsgesetzliche Verpflichtung zur Amtshilfe führt aber nicht zur Gesetzwidrigkeit der betreffenden Verordnung. Nichts anderes kann nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 im Verhältnis zwischen den Verwaltungsgerichten und anderen Organen des Bundes, der Länder und der Gemeinden gelten, weshalb dem Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien nicht gefolgt werden kann.
Ordnungsgemäße Grundlagenforschung vor Erlassung der angefochtenen Verordnung:
Gemessen am Zweck der im vorliegenden Fall anzuwendenden naturschutzrechtlichen Vorschriften ist die von der verordnungserlassenden Behörde durchgeführte Grundlagenforschung entsprechend den Ausführungen der Wiener Landesregierung, die im Einklang mit den vorgelegten Verordnungsakten stehen, einwandfrei.
Soweit das VGW äußerst hohe Anforderungen an die Einzigartigkeit des unter Landschaftsschutz zu stellenden Gebietes stellt, stimmen diese Ausführungen weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen überein. Vielmehr ergibt sich etwa aus §24 Abs1 Z2 und 3 Wiener NaturschutzG, dass die Unterschutzstellung eines Landschaftsschutzgebietes schon dann möglich ist, wenn das Gebiet eine landestypische Eigenart aufweist oder der naturnahen Erholung dient.
Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich, dass vor Verordnungserlassung eine insofern ausreichende Grundlagenforschung stattgefunden hat. Die verordnungserlassende Behörde dokumentiert die fachlichen Grundlagen, die sie der Verordnung zugrunde gelegt hat. In den Erläuterungen zur Verordnung finden sich einerseits allgemeine Erwägungen, die die Gebietscharakteristik darstellen (zB ein geschichtlicher Abriss, eine Darstellung der geologischen, bodenkundlichen und klimatischen Verhältnisse, zur Hydrologie, zur Vegetation sowie zu vorkommenden Pflanzen- und Tierarten), andererseits nähere Erläuterungen zu den einzelnen Verordnungsbestimmungen.
Weiters finden sich Erwägungen zu den Gebietsabgrenzungen, die sich im Wesentlichen an den naturräumlichen Gegebenheiten sowie an den für das Gebiet einschlägigen raumplanerischen Instrumenten orientieren. Ebenso sind die Schutzzwecke der Verordnung selbst ausdrücklich zu entnehmen und werden in den Materialien noch ausführlich erörtert.
Einhaltung der Verfahrensvorschriften des §27 Wiener NaturschutzG:
Gemäß §27 Abs1 Wiener NaturschutzG hat der Magistrat die Pläne und sonstigen Unterlagen vor Erlassung einer Verordnung, mit der ein Gebiet zum Europaschutzgebiet, Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet oder zum geschützten Landschaftsteil erklärt werden soll, vier Wochen hindurch zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Beginn, Dauer und Ort der Auflage sind im Amtsblatt der Stadt Wien rechtzeitig zu verlautbaren. Während der Auflagefrist können gemäß §27 Abs2 Wiener NaturschutzG bei der Naturschutzbehörde schriftliche Äußerungen abgegeben werden. Weiters sind gemäß §27 Abs3 Wiener NaturschutzG vor Erlassung der Verordnung näher bezeichnete Interessenvertretungen, auf die sich der örtliche Geltungsbereich der Verordnung erstrecken soll, anzuhören. Diesen Anforderungen ist die verordnungserlassende Behörde nachgekommen.
Schlagworte
Naturschutzgebiete, Grundlagenforschung, Naturschutz, Amtshilfe, Verordnungserlassung, VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / Präjudizialität, Planungsakte Verfahren, VfGH / Prüfungsumfang, UmweltschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V180.2021Zuletzt aktualisiert am
25.11.2022