Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AufG 1992 §6 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/21/0552Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 9. Februar 1995,
1. Zl. 106.756/2-III/11/94 und 2. Zl. 106.756/3-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Bescheides
Zl. 106.756/2-III/11/94 abgewiesen; der Bescheid
Zl. 106.756/3-III/11/94 wird wegen Rechtswidrigkeit seines
Inhaltes aufgehoben.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, brachte am 6. Juli 1994 einen Antrag auf Verlängerung seiner Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) beim Landeshauptmann von Wien (Magistratsabteilung 62 der Gemeinde Wien) ein. Dieser Antrag wurde durch den im Instanzenzug ergangenen, erstangefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres mit der Begründung abgewiesen, daß der Beschwerdeführer im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung bis zum 31. Juli 1994 gewesen sei. Gemäß § 6 Abs. 3 AufG sei ein Antrag auf Verlängerung spätestens vier Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer einer Bewilligung zu stellen. Im Falle des Beschwerdeführers sei der letzte Tag dieser vierwöchigen Frist der 4. Juli 1994 gewesen; der Beschwerdeführer habe somit die gesetzlich vorgeschriebene Frist, bei welcher es sich um eine Fallfrist handle, versäumt.
Ein weiterer Antrag des Beschwerdeführers wurde einige Monate später bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingebracht. Dieser wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. September 1994 mit der Begründung abgewiesen, daß gemäß § 6 Abs. 2 AufG der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen sei; nur ein Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung könne auch vom Inland aus gestellt werden. Der gegenständliche Antrag sei von einem Freund des Antragstellers in der österreichischen Botschaft in Preßburg eingebracht worden; mit dieser Vorgangsweise werde das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus nicht erfüllt. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der genannte Bescheid des Landeshauptmannes von Wien "ersatzlos behoben". Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß der Beschwerdeführer bereits am 6. Juli 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt habe und der von ihm "am 07.09.1994 eingebrachte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung keiner Erledigung hätte zugeführt werden dürfen".
Mit der vorliegenden Beschwerde wird - gerade noch erkennbar - die inhaltliche Rechtswidrigkeit beider angefochtenen Bescheide geltend gemacht und deren Aufhebung beantragt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bezüglich des erstangefochtenen Bescheides bestreitet der Beschwerdeführer nicht die maßgebliche Sachverhaltsannnahme der belangten Behörde, daß er seinen Antrag auf Verlängerung seiner Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erst am 6. Juli 1994 gestellt habe. Er bekämpft jedoch "grundsätzlich einmal die Rechtsansicht", daß es sich bei der im § 6 Abs. 3 AufG genannten Frist um eine Fallfrist handle; dies könne aus dem Gesetzestext nicht abgeleitet werden, zumal für den Fall eines verspäteten Antrages im Gesetz "kein weiteres Prozedere" vorgeschrieben sei. Er habe "schon mehrfach Aufenthaltsberechtigung für Österreich erworben", jeder Antrag nach dem Erstantrag sei ein Verlängerungsantrag.
Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des erstangefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 6 Abs. 3 erster Satz AufG sind nämlich Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung so rechtzeitig zu stellen, daß darüber vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden werden kann; solche Anträge sind jedenfalls spätestens vier Wochen vor diesem Zeitpunkt zu stellen. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Frist, deren Nichteinhaltung zum Untergang des genannten Rechtsanspruches führt. Daraus folgt auch, daß diese Frist nicht restituierbar ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0472, mit weiteren Nachweisen).
Hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides ist die Beschwerde jedoch berechtigt. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zu Recht vor, sie sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß sein zweiter Antrag "erst gar nicht als eingebracht zu gelten habe und deswegen obsolet sei". Mit dem zweitangefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde tatsächlich eine Entscheidung über den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG überhaupt verweigert, und damit gegen ihre Verpflichtung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache selbst zu entscheiden, verstoßen, zumal dem zweitangefochtenen Bescheid auch kein Hinweis darauf zu entnehmen ist, die belangte Behörde habe nicht - wie im Spruch des zweitangefochtenen Bescheides ausgeführt - gemäß § 66 Abs. 4 AVG, sondern gemäß § 66 Abs. 2 AVG vorgehen und die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen wollen (wozu sie im übrigen ebenfalls nicht berechtigt gewesen wäre).
Mit erstmaligen Anträgen auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG (Erstanträgen) und mit Anträgen auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 6 Abs. 2 zweiter Satz AufG wird zwar gleichermaßen das Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet begehrt. Hiebei handelt es sich jedoch insoferne um unterschiedliche Rechtsansprüche, als die materiell-rechtlichen Voraussetzungen zur Erlangung dieses Rechtes in beiden Fällen verschieden sind. Die belangte Behörde hätte den vom Ausland aus gestellten Antrag des Beschwerdeführers daher in meritorische Behandlung nehmen und die Berechtigung des Antrages im Hinblick auf § 6 Abs. 2 erster Satz AufG prüfen müssen.
Die vorliegende Beschwerde war aus den genannten Gründen daher bezüglich des erstangefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Der zweitangefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung - der Beschwerdeführer hat Aufwandersatz nicht beantragt - gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210551.X00Im RIS seit
02.05.2001