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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §25;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der S GmbH in F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 17. März 1992,Zl 2/2/3-BK/Hd-1992, betreffend Körperschaftsteuer 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der Beschwerdeführerin, welche ihren Gewinn für 1986 nach einem zum 28. Februar 1986 endenden Wirtschaftsjahr ermittelte, wurde - wie einem Besprechungsprogramm für die Schlußbesprechung zu entnehmen ist - ua festgestellt, daß Verena B, die mit 20 % an der Beschwerdeführerin beteiligte Tochter des Mehrheitsgesellschafters, seit 25. August 1969 im Unternehmen der Beschwerdeführerin im Angestelltenverhältnis tätig gewesen sei. Am 24. Februar 1986 sei die Kündigung von Verena B durch den Dienstgeber (gemeint wohl nach der Aktenlage die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses) erfolgt. Ab 25. Februar 1986 sei sie bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert gewesen. Mit Kündigung ihres Dienstverhältnisses habe Verena B ua eine Abfertigung in der Höhe von S 328.002,-- ausbezahlt erhalten. Der Mehrheitsgesellschafter und Vater der Verena B sei mit Ende Februar in Pension gegangen. Mit Abtretungs-, Übergabe- und Leibrentenvertrag vom 20. April 1986 habe dieser "Stammeinlagen" von S 600.000,-- an seine Tochter abgetreten, wodurch diese nun mit 78 % am Stammkapital der Beschwerdeführerin beteiligt gewesen sei.
Laut Niederschrift über die Schlußbesprechung, auf welche in dem gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht verwiesen wurde, werde "hinsichtlich der Abfertigungszahlung ein Rückforderungsanspruch wegen Rechtsirrtum mit S 328.002,-- bilanziert".
Das Finanzamt erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens für 1986 einen neuen Körperschaftsteuerbescheid.
In einer dagegen eingebrachten Berufung wurde im wesentlichen vorgebracht, es sei richtig, daß der bisherige Mehrheitsgesellschafter im April 1986 seiner Tochter Geschäftsanteile in einem Umfang abgetreten habe, daß diese nun mit 78 % am Stammkapital beteiligt sei. Wäre eine "unternehmensfremde Gesellschafterin" am 24. Februar 1986 aus dem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis entlassen worden und in weiterer Folge mit einem Werkvertrag beschäftigt worden, so hätte auf jeden Fall die Abfertigung bezahlt werden müssen. Durch den Wegfall des weit umfassenderen Schutzes nach dem ASVG sei die handelsrechtliche Geschäftsführerin im Werkvertrag wesentlich schlechter gestellt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß bei Würdigung des gegenständlichen Sachverhaltes die berufungsgegenständlichen Abfertigungszahlungen nicht als Betriebsausgabe zu qualifizieren seien: Eindeutig sei, daß Verena B seit 20. April 1986 mit 78 % an der Beschwerdeführerin beteiligt sei und ihr Arbeitgeber angenommen habe, daß ihr Angestelltendienstverhältnis zumindest formell bis zum 24. Februar 1986 gedauert habe. Da keine schriftlichen Unterlagen hinsichtlich der Auflösung des Angestelltendienstverhältnisses zum Zeitpunkt der Schenkung der Geschäftsanteile aktenkundig seien, sei davon auszugehen, daß Verena B "jedenfalls ab 20. 4. 1986 (bzw 1. 3. 1986) wohl denselben Tätigkeitsbereich ausgeübt habe wie vorher". Aus einer Vereinbarung über ihre Tätigkeit vom 29. Februar 1988 gehe hervor, daß Verena B frühestens ab 1. Mai 1986 einem geänderten Werkvertrag unterlegen sei. Bei Vergleich dieses Vertrages mit ihrem Angestelltendienstvertrag seien keine wesentlichen Unterscheidungsmerkmale zu erkennen, die als Argument dafür gelten könnten, daß das durch den Angestelltendienstvertrag begründete Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber aufgelöst und ein inhaltlich abweichender Vertrag abgeschlossen worden wäre. Es sei daher grundsätzlich festzuhalten, daß, da laut einkommensteuerlicher Betrachtung ab dem Zeitpunkt der wesentlichen Beteiligung der Verena B an der Beschwerdeführerin die Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren seien, man den Eindruck habe erwecken wollen, auch im Innenverhältnis habe das Arbeitsverhältnis aufgehört bzw eine "Kündigung" sei erfolgt. Daß der tatsächliche Sachverhalt dem nicht entspreche, sei dadurch bestätigt, daß das "weiterlaufende Innenverhältnis" dem früheren Arbeitsverhältnis nicht nur stark ähnle, ja die Sicherung von Verena B durch Erhöhung der monatlichen Entschädigung und Festsetzung der Betriebspensionsbedingungen noch ausdehne. Es sei vom logischen Standpunkt undenkbar, einem vom Arbeitgeber gekündigten Arbeitnehmer denselben bzw einen noch umfangreicheren Tätigkeitsbereich bei höherer Entschädigung und Betriebspensionsanspruch zu übertragen.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid erkennbar in ihrem Recht auf Anerkennung der an Verena B gezahlten Abfertigung als Betriebsausgabe verletzt und beantragt die Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte Teile der Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, welche Tatsachen als erwiesen anzunehmen sind, vom Verwaltungsgerichtshof insoweit zu überprüfen, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang bei der belangten Behörde zu einem den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechenden Ergebnis geführt hat und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl das hg Erkenntnis vom 20. Juni 1995, 91/13/0063).
Diesen Erfordernissen entspricht der angefochtene Bescheid nicht. Zwar ist noch zu erkennen, daß die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß hinsichtlich Verena B ein einen Abfertigungsanspruch auslösendes Ereignis nicht stattgefunden habe, konkret die von der Beschwerdeführerin behauptete Kündigung des Dienstverhältnisses der Verena B am 24. Februar 1986 nicht erfolgt sei. Die belangte Behörde folgert dies aber ausschließlich aus Umständen und Verhältnissen, die bis zu zwei Monate nach dem 24. Februar 1986 eintraten bzw vorlagen. So ist die Argumentation der belangten Behörde, mangels schriftlicher Unterlagen hinsichtlich der Auflösung des Dienstverhältnisses "zum Zeitpunkt der Schenkung des Geschäftsanteiles" sei "jedenfalls ab 20. 4. 1986 (bzw 1. 3. 1986) wohl vom selben Tätigkeitsbereich" der Verena B auszugehen, nicht geeignet, die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses sei am 24. Februar 1986 nicht erfolgt, schlüssig zu begründen. Zunächst ist festzuhalten, daß die Anteilsabtretung erst am 20. April 1986, somit rund zwei Monate nach dem 24. Februar 1986, erfolgte. Von einer Auflösung des Dienstverhältnisses (erst) zum Zeitpunkt der Schenkung geht die belangte Behörde daher zu Unrecht aus. Aber auch das Fehlen von schriftlichen Unterlagen hinsichtlich der Auflösung des Dienstverhältnisses schließt weder eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses zum 24. Februar 1986 noch einen bestimmten Tätigkeitsbereich "ab 20. 4. 1986
(1. 3. 1986)" zwingend aus. Selbst unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Rechtsgeschäften zwischen nahen Angehörigen sind "schriftliche Unterlagen" nicht unbedingt erforderlich. Der Tätigkeitsbereich der Verena B insbesondere ab 20. April 1986 trägt ebensowenig wie die Form, in welcher Verena B "frühestens ab 1. 5. 1986" ihre Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführerin auszuüben hatte, zur Beantwortung der Frage bei, ob am 24. 2. 1986 eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgt ist. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Frage, ob es sich bei der am 29. Februar 1988 schriftlich fixierten Vereinbarung um einen Dienst- oder Werkvertrag handelt. Mit der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptung, ab 25. Februar 1986 wäre Verena B im Werkvertrag beschäftigt gewesen, hat sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt. Auch die Argumentation der belangten Behörde, eindeutig sei, daß Verena B seit 20. April 1986 mit 78 % an der Beschwerdeführerin beteiligt sei und ihr Arbeitgeber angenommen habe, ihr Angestelltendienstverhältnis habe zumindest formell bis zum 24. Februar 1986 gedauert, ist schon im Hinblick auf die angeführten, unterschiedlichen Daten nicht nachvollziehbar. Im übrigen ist nicht entscheidend, ob der Arbeitgeber der Verena B "annahm", daß deren Angestelltendienstverhältnis "zumindest formell" bis 24. Februar 1986 gedauert habe, sondern ob am 24. Februar 1986 eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgte.
Wegen der im angefochtenen Bescheid erfolgten laufenden Vermengung zweier verschiedener Ereignisse, nämlich der behaupteten einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zum 24. Februar 1986 und der Anteilsabtretung zum 20. April 1986, ist darauf hinzuweisen, daß - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - eine 78 %ige Beteiligung des Gesellschaftergeschäftsführers einer GmbH gegenüber einem solchen mit einer Beteiligung von 20 % (ohne Sperrminorität) eine erheblich andere Beurteilung der Tätigkeit des Geschäftsführers bei Beurteilung der Frage erfordert, ob ein Dienstverhältnis vorliegt oder nicht. Steht doch fest, daß ein Geschäftsführer mit einer Beteiligung von mehr als 50 % anders als ein nur mit 20 % an der Gesellschaft beteiligter Geschäftsführer ohne Sperrminorität keinen Weisungen unterliegt. Arbeitsrechtlich müßte daher eine entsprechende Änderung der Beteiligungsverhältnisse als eine Abfertigungspflicht auslösende Auflösung eines allenfalls bis dahin bestehenden Dienstverhältnisses beurteilt werden (vgl Zorn, Rdw 1991, 123). Im Beschwerdefall ändert dies aber nichts daran, daß ausschließlich entscheidende Bedeutung der Frage zukommt, ob das Dienstverhältnis der Verena B - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - am 24. Februar 1986 aufgelöst wurde, weil die Beschwerdeführerin ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden, am 28. Februar 1986 endenden Wirtschaftsjahr ermittelte, die Anteilsabtretung aber erst am 20. April 1986 erfolgte, weshalb entsprechende Betriebsausgaben aus diesem Titel jedenfalls nicht in der am 28. Februar 1986 endenden Besteuerungsperiode anerkannt werden könnten.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992140079.X00Im RIS seit
07.06.2001