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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags einer Fahrschulbetreiberin auf Aufhebung von Bestimmungen einer Verordnung der Wiener Landesregierung über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe; Zumutbarkeit des Umwegs über die Antragstellung auf Erteilung einer AusnahmebewilligungSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. a) Mit ihrem auf Artikel 139 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten Individualantrag begehrt die Einschreiterin, der Verfassungsgerichtshof wolle
"die Verordnung der Wiener Landesregierung über die Pauschalentrichtung der Parkometerabgabe vom 26.3.1993, LBGL Nr. 32/1993 zur Gänze als gesetzwidrig aufheben;
in eventu §3 dieser Verordnung als gesetzwidrig aufheben;
in eventu Absatz 3 dieser Verordnung (gemeint wohl: dieses Paragraphen) als gesetzwidrig aufheben".
Im Antrag werden mit näherer Begründung Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit einzelner Bestimmungen dieser Verordnung geltend gemacht.
b) Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer mit Standort im ersten Wiener Gemeindebezirk betriebenen Fahrschule. Dem Antrag zufolge gehören zum Betrieb der Fahrschule 17 mehrspurige Schulkraftfahrzeuge, die (außerhalb der Zeiten ihrer Benutzung zum Zweck der praktischen Fahrschulausbildung) auf öffentlichen Verkehrsflächen - in möglichster Nähe zum Fahrschulstandort - abgestellt werden; im Nahbereich der Fahrschule stehe weder eine eigene Garage noch ein eigener Abstellplatz zur Verfügung. -
Durch die Entrichtung der Parkometerabgabe sei für das Unternehmen mit einer Belastung von 238.000,-- S jährlich (gerechnet für 17 Schulfahrzeuge) auszugehen.
Die Antragstellerin meint, daß ihr durch die angefochtene Verordnung eine Rechtspflicht auferlegt werde, die in ihre Rechtssphäre unmittelbar eingreife, da sie die Abgabe zu entrichten habe, ohne daß es dazu der Erlassung eines Bescheides bedürfe.
II. Die maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
a) Die (auf Grund des §2 Abs2 des (Wiener) Parkometergesetzes, LGBl. 47/1974 idF LGBl. 50/1992, erlassene) Verordnung der Wiener Landesregierung über die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe, LGBl. 32/1993, lautet auszugsweise:
"§1. ....
§2.(1) Die Parkometerabgabe ist bei pauschaler Entrichtung mit folgenden Beträgen vorzuschreiben:
a) Für Inhaber von Ausnahmegenehmigungen gemäß §45 Abs4 StVO 1960 (betrifft Personen, die im Gebiet der Kurzparkzone wohnen) für ein Jahr 1320 S;
b) für Inhaber von Ausnahmegenehmigungen gemäß §45 Abs2 StVO 1960 für ein Jahr 1320 S;
c) in allen übrigen Fällen für ein Jahr 14000 S.
(2) - (3) ...
§3.(1) Bei einer Ausnahmegenehmigung gemäß §45 Abs2 StVO 1960, die
a) für bestimmte Tage und/oder Bruchteile des täglichen Gültigkeitszeitraumes von Kurzparkzonen oder
b) für mehrere Kraftfahrzeuge (Firmenfuhrpark) erteilt wird,
hat anstelle der nach §2 zu entrichtenden Abgabe die Entrichtung der Abgabe in der für den gesamten bewilligten Abstellzeitraum errechneten Höhe zu erfolgen.
(2) Für Beschäftigte, die eine Ausnahmegenehmigung nach §45 Abs2 StVO 1960 erhalten, weil deren Arbeitsbeginn bzw. Arbeitsende nicht in die Betriebszeit eines öffentlichen Verkehrsmittels fällt, ist in den Fällen der lita die Entrichtung der Parkometerabgabe gemäß §2 Abs1 litb zulässig. Erfolgt die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe gemäß diesem Absatz durch einen Einzelunternehmer, gilt die pauschale Entrichtung gemäß Abs3 für den gleichen Betriebsstandort als konsumiert.
(3) Die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe gemäß §2 Abs1 litb ist pro Betriebsstandort nur für ein Lastfahrzeug zulässig.
(4) In den Fällen des Abs1 ist die Entrichtung der Parkometerabgabe durch Entwertung von Parkscheinen zulässig.
§4.(1) Wird die Abgabe in pauschaler Form (§2 und §3 Abs1) entrichtet, hat dies durch Einzahlung des Abgabenbetrages bei einer Kasse der Stadt Wien zu erfolgen.
(2) ...
§§5.- 7. ..."
b) §45 Abs2 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159/1960 idF BGBl. 423/1990, (StVO), hat folgenden Wortlaut:
"(2) In anderen als den in Abs1 bezeichneten Fällen kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:
1. Zum Antrag, die in Rede stehende Verordnung zur Gänze aufzuheben:
a) Nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Nach §57 Abs1 VerfGG muß der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, begehren, daß entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach oder daß bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Wird ein solcher Antrag von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit der Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so ist auch darzutun, inwieweit die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden ist.
b) Soweit die Verordnung in ihrer Gesamtheit bekämpft wird, ist der Einschreiterin entgegenzuhalten, daß im Antrag nicht dargelegt ist, warum sämtliche Bestimmungen der angefochtenen Verordnung unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingreifen. Des weiteren fehlt eine Darlegung der Bedenken gegen die Gesetzwidrigkeit ausnahmslos aller Bestimmungen dieser Verordnung.
c) Der Antrag, die gesamte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, ist daher mangels Erfüllung der in Art139 Abs1 letzter Satz B-VG sowie §57 Abs1 VerfGG normierten Erfordernisse zurückzuweisen (s. etwa VfSlg. 11323/1987, 11432/1987).
2. Zum Antrag betreffend die Aufhebung des §3 (bzw. in eventu des §3 Abs3) der gegenständlichen Verordnung:
a) Der durch Art139 Abs1 letzter Satz B-VG eingeräumte Rechtsbehelf ist dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 10359/1985, 10481/1985, 11554/1987).
b) Der Antragstellerin steht im vorliegenden Fall ein derartiger Weg offen: §3 der bekämpften Verordnung enthält ausschließlich Vorschriften, die mit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß §45 Abs2 StVO in Zusammenhang stehen. Es wäre der Einschreiterin möglich, die Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung zu beantragen (dies auch für mehrere oder sämtliche Schulfahrzeuge - vgl. §3 Abs1 litb der bekämpften Verordnung). Der Fahrschulbetreiberin steht es offen, im Rahmen dieses Antrages die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe nach §2 Abs1 litb der bekämpften Verordnung für alle Schulfahrzeuge zu begehren, auf die sich die Ausnahmegenehmigung erstrecken soll. Angemerkt sei, daß sich im Verfahren über einen solchen Antrag die Behörde wohl auch mit der Frage auseinanderzusetzen hätte, ob ein Fahrschulfahrzeug jedenfalls als "Lastfahrzeug" im Sinne des §3 Abs3 der angefochtenen Verordnung zu qualifizieren ist. Die negative Entscheidung über einen solchen Antrag könnte die Einschreiterin - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - beim Verfassungsgerichtshof in Beschwerde ziehen und dabei die nach ihrer Ansicht gegen die Gesetzmäßigkeit der bekämpften Verordnungsbestimmung sprechenden Bedenken darlegen.
Die Antragstellerin gesteht selbst zu, daß sie für das Abstellen ihrer Schulfahrzeuge "voraussichtlich eine Ausnahmegenehmigung im Sinne einer Befreiung von der Einhaltung der zulässigen Parkdauer erlangen kann". Umstände, die das Beschreiten dieses Weges als unzumutbar erscheinen ließen, liegen nicht vor. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrmals - wenn auch in anderen Zusammenhängen - ausgesprochen, daß die Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach §45 StVO zumutbar ist (vgl. zB VfSlg. 10302/1984, 11825/1988, 12317/1990, 12358/1990, 12449/1990, 12757/1991).
c) Der Individualantrag war daher auch insoweit, als er die Aufhebung des §3 (in eventu des §3 Abs3) der bekämpften Verordnung begehrt, mangels Legitimation zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).
Schlagworte
VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, VfGH / Individualantrag, Parkometerabgabe, KurzparkzoneEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:V57.1993Dokumentnummer
JFT_10068785_93V00057_00