Kopf
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht hat durch den Richter Mag. Ulf Marschner als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Veronika Vorderwinkler und Mag. Ingeborg Hawlicek in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****Wien, vertreten durch die Biedermann & Belihart Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei A***** B*****, *****, vertreten durch Mag. Stefan Humer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen zuletzt EUR 1.029,70 s.A. an Nebenforderung infolge Kostenrekurses der klagenden Partei gegen die im Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 12. April 2022, 11 C 1325/21d-13 enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass sie wie folgt zu lauten hat:
„Die klagende Partei hat ihre Kosten des Verfahrens über die Nebenforderung selbst zu tragen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 169,75 (darin enthalten EUR 28,29 an USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
B e g r ü n d u n g:
Mit Mahnklage vom 16. September 2021 begehrte die klagende Partei EUR 5.301,01 samt Zinsen an Hauptforderung für Kontoüberziehung und EUR 1.029,70 samt Zinsen an Nebenforderung für Inkassokosten, und verzeichnete hierfür Kosten von insgesamt EUR 569,86 auf Basis TP 2 RATG. Das Erstgericht erließ entsprechend dieser Mahnklage einen bedingten Zahlungsbefehl, in dem es unter anderem die Kosten für die Mahnklage antragsgemäß bestimmte und der beklagten Partei zur Zahlung auftrug. Dieser bedingte Zahlungsbefehl wurde der beklagten Partei am 23. September 2021 durch Hinterlegung zugestellt.
Mit Eingabe vom 27. September 2021 beantragte die beklagte Partei die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter anderem im Umfang der Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung eines Rekurses gegen die im bedingten Zahlungsbefehl enthaltene Kostenentscheidung, und führte in dieser Eingabe zusammengefasst aus, die Hauptforderung zu schulden und hinzunehmen, nicht jedoch die Nebenforderung, da die Beiziehung eines Inkassounternehmens nicht notwendig gewesen sei.
Daraufhin stellte das Erstgericht der beklagte Partei mit Note vom 1. Oktober 2021 ihre Eingabe mit der Belehrung zurück, dass die Nebenforderung nicht mit Rekurs, sondern nur mit (Teil)Einspruch bekämpft werden könne, wofür keine Anwaltspflicht bestehe und es ausreiche, die diesbezügliche Seite der Eingabe mit dem handschriftlichen Vermerk, Teileinspruch gegen die Inkassokosten zu erheben, an das Gericht zurückzusenden.
Mit Eingabe vom 18. Oktober 2021 (Postaufgabe 21. Oktober 2021) erklärte die beklagte Partei schließlich, Teileinspruch „gegen die Inkassogebühren und allen daraus resultierenden Folgekosten“ zu erheben.
Mit dem im Kostenpunkt angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Zahlungsbegehren hinsichtlich der Nebenforderung zur Gänze ab, wobei es im Spruch seiner Entscheidung keinen ausdrücklichen Ausspruch über den Prozesskostenersatz traf, jedoch in der Begründung ausführte, eine Kostenentscheidung entfalle, da die beklagte Partei keine Kosten geltend gemacht habe.
Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne eines Zuspruchs der Kosten für die Mahnklage von insgesamt EUR 569,86.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Kostenrekursbeantwortung, dem Kostenrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.
Zwar wäre im vorliegenden Fall im Hinblick darauf, dass die klagende Partei auch für das infolge des Teileinspruchs über die Nebenforderung geführte Verfahren Kosten verzeichnet und damit deren Zuspruch begehrt hat, im Spruch des Urteils darüber abzusprechen gewesen, welche Partei diese Kosten in welchem Umfang zu tragen hat; im Einzelfall schadet es jedoch nicht, wenn das Erstgericht wie hier irrtümlicher Weise über einen (hier: Kostenersatz)Antrag nur in den Gründen seiner Entscheidung, nicht auch im Spruch abgesprochen hat, sofern sein Entscheidungswillen daraus unzweifelhaft hervorgeht (RIS-Justiz RS0110742). Das ist hier der Fall, lässt sich doch den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils klar entnehmen, dass das Erstgericht im Verfahren über die Nebenforderung nur der in diesem vollständig obsiegenden beklagten Partei einen Anspruch auf Kostenersatz zubilligt (§ 41 Abs 1 ZPO). Allerdings ergibt sich daraus gerade kein Entscheidungswille des Erstgerichts dahingehend, mit dieser Kostenentscheidung auch über die von der klagenden Partei verzeichneten Kosten ihrer Mahnklage abzusprechen. Im Ergebnis wendet sich die klagende Partei mit ihrem Kostenrekurs somit hier nicht gegen eine inhaltliche Unrichtigkeit der Kostenentscheidung des Erstgerichts, sondern gegen ein (vermeintliches) teilweises Unterbleiben einer solchen über die für die Mahnklage verzeichneten Kosten.
Dies jedoch zu Unrecht, liegt doch hinsichtlich dieser Kosten bereits eine Entscheidung des Erstgerichts vor und würde daher eine nochmalige Entscheidung darüber den Einmaligkeitsgrundsatz („ne bis in idem“; vgl RIS-Justiz RS0109015 ua) verletzen. So hat das Erstgericht die für die Mahnklage verzeichneten Kosten bereits in dem von ihm erlassenen bedingten Zahlungsbefehl der beklagten Partei zur Zahlung auferlegt.
Grundsätzlich tritt zwar auch bei einem Teileinspruch nicht nur der beeinspruchte Teil des Zahlungsbefehls, sondern auch die Kostenentscheidung zur Gänze außer Kraft (Kodek in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 249 ZPO Rz 8); dies jedoch nur dann, wenn sich der Teileinspruch zumindest auch gegen einen Teil der Hauptsache richtet, da in diesem Fall die Berechtigung des Kostenzuspruchs erst nach endgültiger Beurteilung des (gesamten) Sachausgangs feststeht (vgl Kodek in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 249 ZPO Rz 8; zur Anfechtung eines Urteils Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.38 sowie RIS-Justiz RS0000541). Richtet sich jedoch – wie hier – der Teileinspruch ausschließlich gegen die Nebenforderung, so tritt Rechtskraft des Zahlungsbefehls nicht nur hinsichtlich der Hauptsache, sondern auch hinsichtlich der Kostenentscheidung ein, da (zumindest hinsichtlich dieser Kosten) nach § 54 Abs 2 JN nur der Erfolg betreffend die Hauptforderung kostenrelevant ist, sodass die bloße Beeinspruchung einer Nebenforderung nicht mehr zu einer Abänderung dieser Kostenentscheidung führen kann, die somit nicht einmal mittelbar tangiert wird (vgl zur Anfechtung eines Urteils Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 1.38 und 1.82, sowie 8 Ob 107/17v mwN).
Im vorliegenden Fall ist somit die im bedingten Zahlungsbefehl enthaltene Kostenentscheidung über die von der klagenden Partei für die Mahnklage verzeichneten Kosten in Rechtskraft erwachsen und steht einer von der klagenden Partei hier angestrebten neuerlichen Entscheidung über den Ersatz dieser Kosten entgegen.
Dem Kostenrekurs war daher ein Erfolg zu versagen, wobei allerdings die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe zu bestätigen war, dass im Sinne einer gemäß § 419 Abs 3 ZPO auch durch das Rechtsmittelgericht vorzunehmenden Berichtigung der klare Entscheidungswille des Erstgerichts auch im Spruch der Entscheidung seinen Niederschlag findet (M. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 419 ZPO Rz 15).
Der Vollständigkeit halber bleibt noch anzumerken, dass die von der beklagten Partei in ihrer Kostenrekursbeantwortung vorgebrachte Berufung darauf, sie habe der klagenden Partei keine Veranlassung zur Klagsführung gegeben (§ 45 ZPO), hier schon infolge des auch im Kostenrekursverfahren geltenden Neuerungsverbots unbeachtlich zu bleiben hätte (M. Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 45 ZPO Rz 7 und § 55 ZPO Rz 9). Will eine beklagte Partei, gegen die ein bedingter Zahlungsbefehl erlassen wurde, geltend machen, sie habe zur Klagsführung keine Veranlassung gegeben, sodass der klagenden Partei iSd § 45 ZPO kein Kostenersatz zustehe, so kann sie dies nur dadurch tun, indem sie sich eines Einspruchs bedient, der – anders als der hier lediglich erhobene Teileinspruch im Umfang der Nebenforderung – auch die Kostenentscheidung zu Fall bringt, und sodann die Hauptforderung bei erster Gelegenheit anerkennt und unverzüglich erfüllt (M. Bydlinski, Kostenersatz 486; ders in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 45 ZPO Rz 7 und 10 sowie § 55 ZPO Rz 9).
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO.
Der Revisionsrekurs ist gegen eine Entscheidung über den Kostenpunkt gemäß § 528 Abs 2 Z 3 jedenfalls unzulässig.
Textnummer
EWZ0000222European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LG00003:2022:03400R00067.22P.1011.000Im RIS seit
24.11.2022Zuletzt aktualisiert am
24.11.2022