TE Vfgh Erkenntnis 1993/12/15 B1169/93

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Veröffentlicht am 15.12.1993
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

Vlbg GVG §3 Abs1 lith
Vlbg GVG-Nov 1987 ArtII
StGG Art5

Leitsatz

Verletzung im Eigentumsrecht infolge denkunmöglicher Auslegung von Übergangsbestimmungen der Vlbg GVG-Nov 1987; kein Erfordernis einer (nachträglichen) grundverkehrsbehördlichen Genehmigung für im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle aufrechte Dauerschuldverhältnisse, hier für einen Mietvertrag eines deutschen Vereins

Spruch

Der beschwerdeführende Verein ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Vorarlberg ist schuldig, dem beschwerdeführenden Verein, zu Handen seines Rechtsvertreters, die mit 15.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) aa) Die beschwerdeführende Partei ist ein nach deutschem Recht gebildeter "eingetragener Verein" mit dem Sitz in Bissingen an der Teck/BRD. Zufolge den vorgelegten Verwaltungsakten sowie dem darin zitierten Urteil des Bezirksgerichtes Bezau vom 28. Oktober 1992, 1 C104/92, und dem diese Entscheidung bestätigenden (rechtskräftigen) Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. Jänner 1993, 1b R 7/93, (mit denen eine Klage der derzeitigen Liegenschaftseigentümerin gegen den Verein auf Räumung des in Rede stehenden Objektes abgewiesen wurde) mietete der Verein mit einem in den siebziger Jahren abgeschlossenen Vertrag vom damaligen Eigentümer das (Wohn-)Haus Wäldelestraße 47, Mittelberg/Vorarlberg (Gst. Nr. 589 KG Mittelberg) für Zwecke der Freizeitgestaltung für Gruppen und Einzelmitglieder des Vereins ab dem 1. Jänner 1975 auf die Dauer von zwölf Jahren. Das Mietobjekt wurde und wird nur während bestimmter Belegzeiten, also nicht ständig bewohnt.

bb) Der weitere Vorgang wird in der Berufungsschrift des beschwerdeführenden Vereins gegen einen Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg vom 21. Dezember 1992 (s. unten, litc und d) wie folgt geschildert:

Die Behörde habe in dem mit Berufung bekämpften Bescheid festgestellt, daß im Jahre 1988 zwischen dem Liegenschaftseigentümer und dem Verein ein neuer Mietvertrag abgeschlossen worden sei. Diese Feststellung sei nicht richtig. Nach Ablauf der im Mietvertrag ursprünglich vereinbarten Geltungsdauer von 12 Jahren - somit nach dem 31. Dezember 1986 - sei das Mietverhältnis fortgesetzt worden, wodurch sich gemäß Mietrechtsgesetz das bis dahin befristete Mietverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt habe. Das nunmehr bestehende Mietverhältnis sei daher "bereits am 1.1.1975 bzw. spätestens am 1.1.1987 durch Fortsetzung des Mietverhältnisses begründet" worden. Da die Genehmigungspflicht für Rechtserwerbe der gegenständlichen Art jedoch erst durch die GVG-Novelle 1987 eingetreten sei und das diesbezügliche Landesgesetzblatt (LGBl.

63) erst am 30. Dezember 1987 herausgegeben und versendet wurde,

könne der in Rede stehende Rechtserwerb keineswegs der

Genehmigungspflicht nach dem Vlbg. GVG unterliegen. In Unkenntnis

der Rechtslage - nämlich dem Bestand eines unbefristeten

Mietverhältnisses - sei der Mietvertrag "mit Wirkung vom

1.12.1987 am 12.12.1987 ... nochmals 'verlängert'" worden. Aber

selbst dieser "rechtlich wirkungslose und überflüssige ... Akt"

sei noch vor Inkrafttreten einer Genehmigungspflicht für dementsprechende Rechtserwerbe erfolgt.

cc) Am 15. Dezember 1988 richtete der bf. Verein an den damaligen Liegenschaftseigentümer ein Schreiben, in dem darauf hingewiesen wird, daß sich beide Parteien einig seien,

"den getroffenen Mietvertrag vom 26./30.9.1974 mit dem Nachtrag vom 31.10.1980/01.12.1987 zu erfüllen. Nach diesen Vereinbarungen läuft der Mietvertrag zwischen Ihnen ... und dem Turnverein Bissingen bis zum 31.07.1996".

Der damalige Liegenschaftseigentümer versah diesen Brief am 26. Jänner 1989 mit dem Vermerk:

"Ich habe das Schreiben des TVB vom 15.12.1988 erhalten und bin mit der Fortsetzung des Mietverhältnisses wie dort beschrieben, einverstanden."

b) Mit Übergabsvertrag vom 28. Juni 1991 erwarb die Nichte des Vermieters das Eigentum am Mietobjekt.

c) Mit Schreiben vom 18. Oktober 1992 stellte sie bei der Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg einen Antrag auf Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung: Sie (die Antragstellerin) habe "nunmehr im Zuge des Verfahrens 1 C104/92 des Bezirksgerichtes Bezau (s. oben, lita) positiv die Kenntnis

erlangt, daß mein Onkel ... (nämlich der vorangegangene Liegenschaftseigentümer) mit dem Turnverein ... im Jahre 1988

einen neuen Mietvertrag abgeschlossen hat. Gemäß Grundverkehrsgesetz ist dieser grundverkehrsbehördlich zu genehmigen." Dieser Antrag gründete sich offenkundig auf §3 Abs1 lith des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977, idF der Novelle LGBl. 63/1987, (im folgenden kurz: Vlbg. GVG). (Dessen Wortlaut s. unten, Pkt. II.1.b.aa).

Die Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg versagte mit Bescheid vom 21. Dezember 1992 gemäß §5 Abs2 und §6 litf Vlbg. GVG die beantragte Genehmigung.

d) Dagegen erhob der bf. Verein Berufung. (Zum Inhalt der Berufungsschrift s. oben, lita.bb)

e) Der (Vorarlberger) Grundverkehrssenat wies mit Bescheid vom 5. Mai 1993 gemäß §66 Abs4 AVG iVm. §5 Abs2 litc Vlbg. GVG und ArtII der Novelle BGBl. 63/1987, diese Berufung ab. Diese Entscheidung wird im wesentlichen wie folgt begründet:

"Gestützt auf das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichtes Bezau geht der Grundverkehrssenat davon aus, daß das Mietverhältnis hinsichtlich des Wohnhauses Wäldelestraße 47 seit dem Jahre 1975 besteht und im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Übergangsbestimmung (ArtII) der Änderung des Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 63/1987 (welches am 30.12.1987 versendet wurde und nach Ablauf dieses Tages in Kraft getreten ist) aufrecht war und weiterhin besteht. Der Grundverkehrssenat sieht keine Veranlassung, von den Feststellungen und Rechtsansichten der (...) rechtskräftigen Urteile der Zivilgerichte abzugehen.

Nach dem erwähnten ArtII (Übergangsbestimmungen) des Gesetzes über die Änderung des Grundverkehrsgesetzes und dem Motivenbericht des Vorarlberger Landtages zu dieser Gesetzesänderung bedurfte der gegenständliche Rechtserwerb im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gesetzesnovelle einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung. Die Erwerberin hat nämlich ihren Sitz in Deutschland, somit im Ausland, und ist daher Ausländerin gemäß §1 Abs3 litb Grundverkehrsgesetz. Im Rahmen dieses Mietverhältnisses wurde das Recht zur Nutzung von Wohnräumen eingeräumt, wobei sowohl die vereinbarte als auch die tatsächliche Nutzungsdauer 5 Jahre bei weitem übersteigt. Außerdem dienten bzw. dienen die Räumlichkeiten nicht ständig zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes der Berufungswerberin, sondern ihren Mitgliedern für Ferienzwecke. Schließlich wurde das Mietverhältnis (samt Wohnraumüberlassung) vor dem Inkrafttreten der erwähnten Novelle zum Grundverkehrsgesetz begründet und war zu jenem Zeitpunkt aufrecht. Aus der Sicht des Grundverkehrsrechtes kann dahingestellt bleiben, ob der Mietvertrag befristet oder unbefristet war und ob er ausdrücklich oder schlüssig verlängert worden ist. Der spätere Wechsel in der Person des Vermieters bzw. des Überlassers der Räumlichkeiten ist für den Bestand des Mietverhältnisses ohne Bedeutung.

Der gegenständliche Rechtserwerb bedurfte bzw. bedarf daher der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §3 Abs1 lith Grundverkehrsgesetz.

Nachdem nun klargestellt ist, daß der Rechtserwerb einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, ist als weiterer Schritt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine solche Genehmigung vorliegen. Dazu ist festzustellen, daß das Vorliegen eines kulturellen, volkswirtschaftlichen oder sozialen Interesses gemäß §5 Abs2 litc Grundverkehrsgesetz weder behauptet wurde noch im Verfahren zu Tage getreten ist. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung mußte daher schon aus diesem Grunde versagt werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Der bf. Verein habe das Mietrecht bereits 1975, also vor dem Inkrafttreten der die Genehmigungspflicht von Mietverträgen begründenden GVG-Novelle 1987, erworben; der Erwerb dieses Bestandrechtes habe daher nicht der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedurft.

3. Der Grundverkehrssenat als jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde begehrt wird:

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der GVG-Novelle 1987 aufrechte (wenngleich bereits früher abgeschlossene) Dauerschuldverhältnisse (hier: Miete) unterlägen dem ArtII der Novelle 1987 zufolge der Genehmigungspflicht nach der neuen Rechtslage.

Ein weiteres Argument für die Genehmigungspflicht des gegenständlichen Rechtserwerbes bestehe darin, "daß im Jahre 1989 durch die ausdrückliche Verlängerung des Mietvertrages bis 1996 eine neue Vereinbarung zustandegekommen ist." Der damalige Eigentümer habe am 26. Jänner 1989 (also nach dem Inkrafttreten der GVG-Novelle 1987) der Fortsetzung des Mietverhältnisses zugestimmt. Die Verlängerung eines befristeten Vertrages sowie die neuerliche Festsetzung eines unbefristeten Vertrages stelle in jedem Fall einen Tatbestand dar, der - sofern er nach Inkrafttreten der in Rede stehenden Novelle eingetreten ist - die Genehmigungspflicht nach §3 Abs1 lith Vlbg. GVG begründe.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.a) Der angefochtene Bescheid, mit dem die Behörde die Genehmigung des Rechtserwerbes versagte, greift in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des bf. Vereines auf Unversehrtheit des Eigentums ein.

Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985, 12586/1990) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

b) Ein solcher, der Vollziehung anzulastender Fehler liegt hier vor:

aa) Dem §1 Abs1 litb Vlbg. GVG zufolge unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes u.a. der Verkehr mit Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben. Als Ausländer iS dieses Gesetzes gelten nach §1 Abs3 litb leg. cit. unter anderem juristische Personen, die ihren Sitz im Ausland haben. (Dazu zählt der bf. Verein.)

Zu den der Genehmigungspflicht unterliegenden Rechtserwerben zählt seit der mit Ablauf des 30. Dezember 1987 in Kraft getretenen GVG-Novelle 1987 unter bestimmten Voraussetzungen auch die Einräumung des Rechtes zur Nutzung von Wohnräumen an Ausländer. Eine gleichartige Vorschrift bestand vorher nicht.

Der durch die GVG-Novelle 1987 eingefügte §3 Abs1 lith lautet:

"§3

(1) Nur mit Genehmigung der Behörde können

a) ...

h) das Recht zur Nutzung von Wohnräumen Ausländern eingeräumt werden, sofern die vereinbarte oder tatsächliche Nutzungsdauer fünf Jahre übersteigt; dies gilt nicht, wenn die Räumlichkeiten ständig zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfs des Rechtserwerbers oder seiner Angehörigen dienen;

i) ...".

§5 Abs2 Vlbg. GVG bestimmt:

"(2) Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 litb ist nur zu genehmigen, wenn

a) die im Abs1 genannten land- und forstwirtschaftlichen Interessen nicht verletzt werden,

b) staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und

c) am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht."

ArtII der GVG-Novelle 1987 normiert Übergangsbestimmungen, die folgendermaßen lauten:

"Dieses Gesetz ist auf alle Rechtserwerbe, die nach seinem Inkrafttreten erfolgen, mit der Maßgabe anzuwenden, daß

a) Rechtserwerbe, die nach bisher geltenden gesetzlichen Bestimmungen genehmigt wurden, als nach diesem Gesetz genehmigt gelten,

b) im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beenden sind,

c) ...".

Der bf. Verein meint mit Bezugnahme auf den ersten Halbsatz dieser Bestimmung ("Dieses Gesetz ist auf alle Rechtserwerbe, die nach seinem Inkrafttreten erfolgen, ... anzuwenden"), daß die GVG-Novelle 1987 auf das ihn betreffende Mietverhältnis nicht anwendbar sei.

Der Motivenbericht zur Regierungsvorlage der GVG-Novelle 1987, (22. Beilage im Jahre 1987 zu den Sitzungsberichten des XXIV. Vorarlberger Landtages) erläutert die erwähnten Übergangsbestimmungen wie folgt:

"Diese Bestimmungen regeln den Übergang auf die durch die Gesetzwerdung des vorliegenden Entwurfs neugeschaffene Rechtslage. Die neuen Bestimmungen sind nur auf Rechtserwerbe anzuwenden, die nach ihrem Inkrafttreten erfolgen. Für solche Rechtserwerbe rechtskräftig erteilte Genehmigungen bleiben vollinhaltlich aufrecht. Soweit die Genehmigung noch nicht beantragt worden oder das Genehmigungsverfahren noch im Gange ist, sind die neuen Bestimmungen anzuwenden. Besonders hinzuweisen ist darauf, daß die Frist für die Einbringung des Genehmigungsantrages gemäß §§9 Abs2 und 10 Abs3 auch für den Fall gilt, daß der Vertrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen oder das Vermächtnis vor diesem Zeitpunkt angefallen ist. ..."

(Die im Motivenbericht erwähnten §§9 und 10 wurden durch die GVG-Novelle 1987 dem Gesetz neu eingefügt:

§9 Abs2 leg.cit. schreibt insbesondere vor, daß Anträge auf Genehmigung von Rechtserwerben gemäß §3, deren Rechtsgrund in einem Vertrag besteht, von einer der Vertragsparteien innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluß (schriftlich) eingebracht werden müssen. §10 Abs3 leg.cit. legt fest, daß im Fall eines Rechtserwerbes durch einen ausländischen Vermächtnisnehmer dieser grundsätzlich verpflichtet ist, die Genehmigung innerhalb von drei Monaten nach der Verständigung über das Vermächtnis zu beantragen.)

bb) Der Wortlaut des ArtII der GVG-Novelle 1987 legt nahe, daß das Gesetz auf den Erwerb (das Entstehen) eines Rechtes abstellt, und nicht etwa darauf, ob das Mietrecht als Dauerschuldverhältnis (oder das einmal erworbene Eigentumsrecht) zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der GVG-Novelle 1987 (noch) bestand.

Allfällige Zweifel an diesem Inhalt des Gesetzes werden durch den ersten und zweiten Satz des oben zitierten Motivenberichtes beseitigt. Die weiteren Ausführungen in diesem Motivenbericht haben mit der im vorliegenden Fall zu lösenden Frage nichts zu tun. So bezieht sich der fünfte Satz nur auf die durch die GVG-Novelle 1987 neu verankerte Pflicht zur Antragstellung bei der Behörde innerhalb dreier Monate, also nicht auf die Frage, wie die durch die GVG-Novelle 1987 neu geschaffenen Genehmigungs-Tatbestände zu handhaben sind.

Dieses Ergebnis wird durch die Formulierung zahlreicher anderer Bestimmungen des Vlbg. GVG bestätigt. So kann beispielsweise nur mit Genehmigung der Behörde das Eigentum an Grundstücken erworben oder das Pachtrecht an landwirtschaftlichen Betrieben eingeräumt werden (§3 Abs1 lita und d leg.cit.). Im §5 ist mehrfach davon die Rede, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtserwerb zu genehmigen ist.

Damit aber steht fest, daß die von der Behörde gewählte Auslegung des ArtII der GVG-Novelle 1987, im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens aufrechte Dauerschuldverhältnisse (hier: ein Mietverhältnis) bedürften (nachträglich) der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, denkunmöglich ist. Ein im Sinn des ArtII dieser Novelle genehmigungspflichtiger Rechtserwerb ist aber dann gegeben, wenn die Geltungsdauer eines Dauerschuldverhältnisses (etwa eines Mietvertrages) nach dem Inkrafttreten der GVG-Novelle 1987 (30. Dezember 1987) verlängert wird; eine solche Verlängerung führt also zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht.

Auch beim oben dargestellten Inhalt des Gesetzes bietet dieses keine Umgehungsmöglichkeiten, sondern bringt allenfalls Beweisschwierigkeiten mit sich; aus diesem Grund eine Umdeutung des Gesetzes vorzunehmen, ist jedoch im Hinblick auf den klaren und eindeutigen Wortlaut seiner einschlägigen Bestimmungen nicht erlaubt.

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 22. März 1993, B1109/92, auf das sich der Grundverkehrssenat in der Gegenschrift beruft, ist für die hier zu lösende Frage ohne Belang, weil es sich damals (anders als im vorliegenden Fall) um einen Rechtserwerb gehandelt hat, der immer schon genehmigungspflichtig war.

cc) Zu erörtern bleibt noch, ob im vorliegenden Fall der Rechtserwerb im vorstehend geschilderten Sinn (die Begründung des Mietverhältnisses) vor oder nach dem Inkrafttreten der GVG-Novelle 1987 (30. Dezember 1987) erfolgt ist.

Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung (s. o. I.1.) ergibt, erfolgte der Rechtserwerb (um dessen grundverkehrsbehördliche Genehmigung angesucht wurde) - nämlich die Begründung des dem grundverkehrsbehördlichen Verfahren zugrundeliegenden Mietrechtsverhältnisses - jedenfalls zunächst einmal durch den Abschluß des Mietvertrages in den siebziger Jahren. Mit dem in der Gegenschrift erwähnten Vorgang vom 26. Jänner 1989 (Reaktion des damaligen Liegenschaftseigentümers auf ein Schreiben des bf. Vereins vom 15. Dezember 1988 - s. oben Pkt. I.1.a.cc) setzt sich der angefochtene Bescheid nicht auseinander; dies offenbar deshalb, weil die Behörde - wie dargetan - von einer verfehlten Auslegung des ArtII der GVG-Novelle 1987 ausgegangen ist. Daher ist dem angefochtenen Bescheid kein Argument dafür entnehmbar, daß auch der (nach dem Inkrafttreten der GVG-Novelle 1987 erfolgte) Vorgang vom 26. Jänner 1989 einen Rechtserwerb iS der obigen Ausführungen begründete. Ebensowenig geht der angefochtene Bescheid darauf ein, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang allenfalls dem bereits vom 1. Dezember 1987 stammenden Nachtrag zum ursprünglichen Mietvertrag zukommt, aus dem der bf. Verein in seinem Brief vom 15. Dezember 1988 die Geltung des Mietvertrages bis 31. Juli 1996 abgeleitet hat. Diese Fragen wird die Behörde im fortgesetzten Verfahren zu erörtern und zu klären haben.

c) Durch die denkunmögliche Gesetzesanwendung wurde der bf. Verein sohin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht verletzt.

Der Bescheid war also aufzuheben.

2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG.

In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

Übergangsbestimmung, Grundverkehrsrecht, Ausländergrunderwerb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1169.1993

Dokumentnummer

JFT_10068785_93B01169_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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