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L46009 Jugendförderung Jugendschutz Wien;Norm
AAV;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. November 1995, Zl. 110.149/3-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer zwischen 1990 und 1993 insgesamt 13 x wegen Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden sei (ua wegen Übertretungen wegen unbefugter Konzessionsausübung, des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, des "Bazillenausscheidungsgesetzes", des "Jugendschutzgesetzes", des Maß- und Eichgesetzes und der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung). Durch diese Übertretungen habe er gezeigt, daß er nicht gewillt sei, die hier geltenden Rechtsvorschriften einzuhalten, zumal die Einhaltung dieser Rechtsvorschriften für die Existenz des Beschwerdeführers von Bedeutung sei. Weiters sei der Beschwerdeführer 7 x wegen Körperverletzung zur Anzeige gebracht worden. Sein Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
Bei Abwägung seiner privaten Interessen (Aufenthalt seiner Familie im Bundesgebiet, Beschäftigung) mit den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 EMRK überwögen die öffentlichen Interessen.
Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der Rechtskraft der von der belangten Behörde im einzelnen wiedergegebenen Verwaltungsstrafen nicht entgegen. Jedoch wendet er sich gegen die den Verwaltungsstrafen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen, wobei er zum Teil deren Begehung bestreitet, zum Teil deren rechtliche Würdigung in Frage stellt, zum Teil seine Verantwortlichkeit verneint, zum Teil sein Verschulden in Abrede stellt und zum Teil die Rechtsgültigkeit der Erlassung bekämpft (wobei er aber gerade den den angeblich nicht rechtsgültig zugestellten Strafverfügungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen nicht entgegen tritt). Die ersten drei Verwaltungsübertretungen des Jahres 1990 seien zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nahezu getilgt gewesen.
Die dem Beschwerdeführer "zur Last gelegten" rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen stellten aufgrund des "tatsächlichen Schuldgehaltes" keineswegs eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar.
Dieser "geringe Schuldgehalt" hätte auch bei der Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen zum Tragen kommen müssen, zumal die belangte Behörde selbst einräume, daß private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden. Er sei "sehr lange Zeit" in Österreich aufhältig, seine gesamte Familie lebe hier, sein wirtschaftlicher und sozialer Lebensmittelpunkt liege in Österreich und er habe zu seinem Heimatstaat überhaupt keine Bindungen mehr. Er müßte für den Fall der Ablehnung der Aufenthaltsbewilligung seine gesamte Existenz in Österreich aufgeben, das aufgebaute Unternehmen liquidieren und würde existentiell und wirtschaftlich einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erleiden, weshalb die Interessenabwägung zu seinen Gunsten hätte ausfallen müssen. Die des weiteren von der belangten Behörde herangezogenen sieben Anzeigen wegen Körperverletzung könnten nicht herangezogen werden, da sich alle diese Anzeigen als haltlos erwiesen hätten und kein Strafverfahren eingeleitet worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Frage, ob dem Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz eine Bewilligung erteilt werden durfte, war allein danach zu beurteilen, ob dem ein Ausschließungsgrund im Sinne dieser Gesetzesstelle entgegenstand oder nicht (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0104, und vom 31. August 1995, Zl. 95/19/0326).
Der Beschwerdeführer verkennt zunächst die Auswirkungen der Rechtskraft von Verwaltungsstrafen. Denn der Eintritt der Rechtskraft hat zur Folge, daß der rechtliche Inhalt des Bescheides im gesamten Bereich der Rechtsordnung anerkannt und beachtet werden muß. Es ist jeder Behörde verwehrt, sich über eine rechtskräftige Entscheidung hinwegzusetzen (vgl. zu den Auswirkungen der sogenannten "materiellen Rechtskraft" Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Rz 451 ff). Sollte der Beschwerdeführer sein nunmehriges Vorbringen nicht ohnehin in den betreffenden Verwaltungsstrafverfahren erstattet haben, so wäre es an ihm gelegen, es im Rahmen eines allfälligen Rechtsmittels oder nach rechtskräftigem Abschluß im Rahmen eines auf § 69 oder § 71 AVG gestützten Antrages vorzubringen. Das gegenständliche Verfahren ist jedoch nicht der Ort, die rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren neu aufzurollen.
Insoferne der Beschwerdeführer die rechtsgültige Erlassung der ersten drei Strafverfügungen des Jahres 1990 bezweifelt, so ist er darauf hinzuweisen, daß er gerade die Begehung der in diesen enthaltenen Übertretungen nicht bestreitet.
Aus inhaltlicher Sicht kann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers der belangten Behörde nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die den 13 rechtskräftigen Strafen wegen Verwaltungsübertretungen zugrundeliegenden Tatbeständen zum Ergebnis gelangt ist, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG). Denn es handelt sich dabei zumindest überwiegend um Übertretungen, die gerade wegen ihrer Begehung im Zusammenhang mit dem Gastronomiebetrieb, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, nicht als geringfügig gewertet werden können, da wesentliche Schutznormen für Gäste und Bedienstete verletzt wurden. Aber auch die Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zählen mit zu den schwersten Übertretungen im Bereich des Fremdenwesens, da sie einer Ordnung des Arbeitsmarktes im Sinne der Zulassung von Ausländern zum Schutz berechtigter Arbeitnehmer dienen. Auch daß teilweise Delikte bereits "nahezu getilgt" seien, ist nicht entscheidungsrelevant, da es wesentlich darauf ankommt, ob das GESAMTE Verhalten des Fremden die in § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. ua das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0340).
Die belangte Behörde ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die sich in den den rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers zugrunde liegenden strafbaren Handlungen manifestierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen von solchem Gewicht ist, daß zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) die durch die Abweisung des Antrages auf Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz tangierten privaten Interessen des Beschwerdeführers ("sehr langer" Aufenthalt in Österreich - ohne nähere Umschreibung durch den Beschwerdeführer -, Aufenthalt seiner Familie, wirtschaftliche Interessen) zurückzustehen haben.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995191921.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
02.07.2014