TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/22 93/15/0192

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Veröffentlicht am 22.02.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §62 Abs2;
BAO §245 Abs3;
BAO §97 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der G Gesellschaftsbeteiligungs-Gesellschaft mbH & Co Leasing OHG in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Vorsitzender des Berufungssenats I) vom 23. September 1993, Zl. 26/2-GA3BK-MMo/93, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Abgabenangelegenheiten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Finanzamtes vom 14. Oktober 1992 wurde das die Beschwerdeführerin betreffende Verfahren zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften für das Jahr 1987 gemäß § 303 BAO wiederaufgenommen. Die damit verbundene Sachentscheidung lautete dahin, daß der Antrag der Beschwerdeführerin auf einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für dieses Jahr abgewiesen wird.

Mit weiterem Bescheid des Finanzamtes vom selben Tag wurde auch der die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1988 betreffende Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Mit Bescheiden vom 22. Oktober 1992 verfügte das Finanzamt unter gleichzeitiger Erlassung eines neuen Sachbescheides die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens für das Jahr 1987 und setzte die Umsatzsteuer für die Jahre 1988 bis 1990 sowie die Gewerbesteuer für die Jahre 1987 und 1988 fest.

Mit Bescheid vom 18. November 1992 verlängerte das Finanzamt die gegen alle genannten Bescheide laufende Berufungsfrist über Antrag der Beschwerdeführerin bis 15. Dezember 1992.

Mit Bescheid vom 20. November 1992 setzte das Finanzamt noch die Umsatzsteuer für das Jahr 1991 fest.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 1992 beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter eine Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Bescheid vom 20. November 1992 hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 1991 bis zum 28. Februar 1993; weiters begehrte sie mit Schriftsatz vom 3. Dezember 1992 die Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen die Bescheide vom 22. Oktober 1992 hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 1987 bis 1990. Dem Schriftsatz vom 3. Dezember 1992 waren die Verlängerung der Berufungsfrist betreffende Telefonate des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin u.a. mit dem Präsidenten der belangten Behörde vorausgegangen.

Mit einem am 22. Dezember 1992 zugestellten Bescheid des Finanzamtes wurde die Frist zur Einbringung der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1987 bis 1991 bis 31. Jänner 1993, einem Sonntag, verlängert.

Die von der Beschwerdeführerin schließlich am 1.Februar 1993 erhobene Berufung richtete sich gegen die Bescheide betreffend

1. die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens für das Jahr 1987 und des Verfahrens zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für dieses Jahr,

2.

die Umsatzsteuer für die Jahre 1987 bis 1991,

3.

die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1987 und 1988, und

              4.              die Gewerbesteuer für die Jahre 1987 und 1988.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in den hier streitgegenständlichen Punkten 1., 3. und 4. wegen verspäteter Einbringung als unzulässig zurück. Begründend führte sie im wesentlichen aus, mit den erwähnten Ansuchen vom 1. bzw. 3. Dezember 1992 sei nur die Verlängerung der Frist zur Einbringung von Berufungen gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1987 bis 1991 beantragt worden, nicht jedoch die Verlängerung der Frist für die Einbringung einer Berufung gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen in den hier streitgegenständlichen Punkten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die weiteren Parteienäußerungen erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht, daß ihre Berufung nicht im aufgezeigten Umfang wegen Verspätung zurückgewiesen werde, in ihren Rechten verletzt.

Gemäß § 245 Abs. 3 erster Satz BAO kann die Berufungsfrist aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden.

Wie jede andere an sich verlängerbare Frist darf auch die Erstreckung der Berufungsfrist nur über ein vor ihrem Ablauf gestelltes Ansuchen erfolgen (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 13. Dezember 1991, Zl. 91/13/0142, und vom 8. März 1994, Zl. 91/14/0026).

Die Beschwerde behauptet, der Beschwerdeführerin seien in einem Telefonat mit dem Präsidenten der belangten Behörde am 1. Dezember 1992 u.a. die Berufungsfristen für alle an sie ergangenen Bescheide vom 14. bzw. 20. (richtig 22.) Oktober 1992 bis 31. Jänner 1993 verlängert worden. Da es sich bei Fristverlängerungen um nur das Verfahren betreffende Verfügungen handle, sei gemäß § 94 im Zusammenhang mit § 244 BAO auch eine mündliche Bescheiderlassung zulässig. Diese Verfügung der Fristverlängerung sei in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerde ist zwar zuzustimmen, daß die Verlängerung der Berufungsfrist gemäß § 245 Abs. 3 BAO eine verfahrensrechtliche Verfügung ist (vgl. hiezu beispielsweise hg. Erkenntnis vom 2. Mai 1991, 89/13/0040; Stoll, BAO-Kommentar, 2527), die gemäß § 94 BAO auch mündlich ergehen kann (vgl. hiezu Stoll, aaO, 986). Sie übersieht aber, daß die mündliche Erlassung eines Bescheids durch Verkündung gemäß § 97 Abs. 1 lit. b BAO ebenso wie jene nach § 62 Abs. 2 AVG ein Formalakt ist, der den Parteien als solcher zu Bewußtsein kommen muß (vgl. dazu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 29. September 1992, Zl. 91/09/0186, und vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0402; sowie Stoll, aaO, 941, 1016 und Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht6, Rz 427). Eine telefonische Mitteilung stellt keinen derartigen Formalakt dar (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 88/03/0150; ferner VfSlg. 3469/1958, Stoll, aaO, 1016, und Walter-Mayer, aaO).

Es liegt daher in den streitgegenständlichen Verfahren kein Bescheid vor, mit dem die Berufungsfrist in den strittigen Punkten rechtswirksam über den 15. Dezember 1992 hinaus verlängert worden wäre.

Die belangte Behörde war auch nicht deswegen an einer Zurückweisung der Berufung im schon erwähnten Umfang als verspätet gehindert, weil nicht schon das Finanzamt den Zurückweisunggrund aufgegriffen hat. Vielmehr war es der belangten Behörde gemäß § 278 BAO aufgegeben, die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 5. Februar 1992, Zl. 91/13/0195, sowie Stoll, a.a.O., 2734 ff.).

Die Beschwerdeführerin behauptet weiters, die von einem ihrer Gesellschafter rechtzeitig eingebrachte Berufung gegen die oben erwähnte bescheidförmige Abweisung des Antrages auf einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1987 und 1988 wirke "für alle an der Gesellschaft Beteiligten gleichermaßen".

Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin, daß ihre eigene Berufung und die behauptete Berufung eines ihrer Gesellschafter rechtlich ein eigenes Schicksal haben. Aus dem Umstand, daß die Berufung des letzteren nach Darstellung in der Beschwerde rechtzeitig erhoben wurde, läßt sich demnach nicht ableiten, daß auch die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung rechtzeitig erhoben worden ist. Eine Aussage über eine etwaige Parteistellung der Beschwerdeführerin in dem von ihrem Gesellschafter in Gang gebrachten Berufungsverfahren wird damit nicht getroffen.

Da sohin dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993150192.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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