TE Lvwg Erkenntnis 2022/10/24 LVwG-2021/14/0152-5

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Veröffentlicht am 24.10.2022
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Entscheidungsdatum

24.10.2022

Index

L74007 Fremdenverkehr Tourismus Tirol
32/04 Steuern vom Umsatz
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

TourismusG Tir 2006 §30 Abs1
TourismusG Tir 2006 §32
UStG 1994 §1 Abs1 Z1
UStG 1994 §2 Abs2 Z2
BAO §269 Abs1
BAO §279 Abs1
  1. UStG 1994 § 1 heute
  2. UStG 1994 § 1 gültig ab 01.01.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 3/2021
  3. UStG 1994 § 1 gültig von 16.06.2010 bis 31.12.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 34/2010
  4. UStG 1994 § 1 gültig von 29.12.2007 bis 15.06.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2007
  5. UStG 1994 § 1 gültig von 20.08.2005 bis 28.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/2005
  6. UStG 1994 § 1 gültig von 31.12.2003 bis 19.08.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2003
  7. UStG 1994 § 1 gültig von 29.03.2003 bis 30.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2003
  8. UStG 1994 § 1 gültig von 31.12.1996 bis 28.03.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 756/1996
  9. UStG 1994 § 1 gültig von 06.01.1995 bis 30.12.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 21/1995
  10. UStG 1994 § 1 gültig von 01.01.1995 bis 05.01.1995
  1. BAO § 269 heute
  2. BAO § 269 gültig ab 20.07.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 108/2022
  3. BAO § 269 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  4. BAO § 269 gültig von 19.04.1980 bis 31.12.2002 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 97/2002
  1. BAO § 279 heute
  2. BAO § 279 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  3. BAO § 279 gültig von 12.08.2006 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 143/2006
  4. BAO § 279 gültig von 01.01.2003 bis 11.08.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  5. BAO § 279 gültig von 01.01.1962 bis 31.12.2002

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA, über die Beschwerde der AA GmbH, vertreten durch BB GmbH, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) vom 12.2.2020, *** (BVE 19.10.2020, ***), betreffend Vorschreibung des Pflichtbeitrages nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 (TTG) für das Jahr 2017, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.4.2022,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als der Pflichtbeitrag nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Jahr 2017 wie folgt neu festgesetzt wird:

Berufsgruppe

Beitragspflichtiger Umsatz

Prozentsatz

Grundzahl

131 – Eisen- und Metallwareerzeuger

754.163,83

10

75.417

254 – Gummi- und Kautschukwarenerzeuger

190.289,90

10

19.029

412 – Maschinenbau-, Stahlbau- und Eisenbauunternehmen

5.857.417,28

10

585.742

Gesamtgrundzahl 680.188

 

Promillesatz

Beitrag

Fonds

1,2

         € 816,22

Tourismusverband

6,5

         € 4.421,22

Gesamt

7,7

         € 5.237,44

davon bereits abgestattet

         € 14.254,20

Guthaben

         € 9.016,76

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

A.       Angefochtener Bescheid

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde den Pflichtbeitrag für 2017 an den Tourismusverband Z und seine Feriendörfer (Mitgliedsnummer: ***, Verbandsnummer ***, Ortsklasse ***) und an den Tourismusförderungsfonds mit € 14.254,20 fest. Dabei ging die belangte Behörde von einem beitragspflichtigen Umsatz von € 35.515.470 der Berufsgruppe „010 ABFALL, ALTWAR., RECYCL. GH“ und von € 754.170 der Beitragsgruppe „131 EISEN-METALL(WAREN)ERZ“ aus.

Mit gesondertem Bescheid vom selben Tag und derselben Aktenzahl setzte die belangte Behörde den Pflichtbeitrag für 2017 an den Tourismusverband CC (Verbandsnummer ***, Ortsklasse ***) und an den Tiroler Tourismusförderungsfonds mit € 335,50 fest. Dabei ging die belangte Behörde von einem beitragspflichtigen Umsatz von € 818.240 der Berufsgruppe „412 MASCH.EISEN-U.STAHLBAU“ aus.

B.       Beschwerde

In der Beschwerde vom 17.3.2020, beantragte die Beschwerdeführerin neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO und einer Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 BAO, den Betrag der Lieferungen zwischen den verbundenen Unternehmen AA GmbH und DD GmbH mit einer Bemessungsgrundlage von € 24.552.256,30 aus der Bemessungsgrundlage des Tourismusbeitrags, wie bereits in der Abgabenerklärung 2017 beantragt, auszuscheiden.

Als Begründung führte die Beschwerdeführerin aus, die AA GmbH entwickle Komponenten für die Automobilindustrie und liefere diese an die Vertriebsgesellschaft DD GmbH. Diese sei eine 100%-Tochtergesellschaft der AA GmbH. Sie schließe mit anderen Unternehmen, im Wesentlichen mit der deutschen Automobilindustrie, Geschäfte ab und beliefere sie mit den Erzeugnissen der AA GmbH. Damit werde zwar mit der Lieferung zwischen den beiden Unternehmen ein Umsatz im Sinne des UStG generiert, das Merkmal des unmittelbaren oder mittelbaren Nutzens aus dem Tiroler Tourismusgesetz fehle hingegen zur Gänze. Aus diesem Grunde würden die Umsätze der AA GmbH an die DD GmbH von € 24.552.256,30 nicht der Beitragspflicht nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 unterliegen.

C.       Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung der Tiroler Landesregierung vom 19.10.2020, ***, gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise Folge und setzte den für den Tourismusverband Z und seine Feriendörfer und zum Tiroler Tourismusförderungsfonds für das Jahr 2017 zu leistenden Pflichtbetrag mit € 26.770,20 neu fest. Dabei ging die belangte Behörde – einem entsprechenden Schreiben der Beschwerdeführerin vom 12.10.2020 entsprechend – von einem beitragspflichtigen Umsatz von € 190.290 der Berufsgruppe „GUMMI- U. KAUTSCHUKWARE“, von € 10.772.920 der Berufsgruppe „TECHN. GERÄTEERZEUGER“, von € 754.170 der Berufsgruppe „EISEN-METALL(WAREN)ERZ“ und € 24.552.260 der Berufsgruppe „MASCH.EISEN-U.STAHLBAU“ aus. Abermals zusammengefasst gab die belangte Behörde hinsichtlich der geltend gemachten „Innenumsätze“ an, das Tiroler Tourismusgesetz kenne keine Bestimmung, wonach solche Umsätze von der Beitragspflicht enthoben würden. Dass eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliege, könne der Aktenlage nicht entnommen werden und sei in der Beschwerde nicht einmal behauptet worden. Das Tiroler Tourismusgesetz knüpfe grundsätzlich an die von einem Unternehmen erzielten steuerbaren Umsätze an. Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sei der Umsatz – und nicht eine unter Abzug bestimmte Vorleistung zu ermittelte Nettogröße – ein sachgerechtes Mittel zur Erfassung des aus dem Tourismus erzielten Nutzens (VfSlg 20.042/2016). Anders als im System der Umsatzsteuer sei in der Konzeption des Pflichtbeitrags nach dem Tiroler Tourismusgesetz eine Anrechnung von Vorleistungen nicht vorgesehen. Somit würden sowohl „Innenumsätze“ wie zum Beispiel Leistungen von Schwesterngesellschaften als auch „weiterverrechnete Leistungen“ bzw „Durchläufer“ der Beitragspflicht unterliegen. Ob die vorliegende Organisationsstruktur rein aus betriebswirtschaftlichen bzw (produkt)haftungsrechtlichen Überlegungen gestaltet worden sei, sei bei Vorliegen zweiter selbstständiger Steuersubjekte, welche für sich betrachtet eigenständige Umsätze vereinnahmen würden, ohne Belang. Selbst ob ein zu entrichtetes Entgelt von der Beschwerdeführerin selbst oder einem anderen Rechtsträger bestimmt werde, zum Beispiel welchen Einfluss dieser bei der Festsetzung des Entgelts zukomme, habe auf die Beitragspflicht keinen Einfluss. Auch wenn ein Unternehmen, sei es aufgrund freier Entscheidungen, sei es aufgrund gesetzlichen Auftrags, Geschäftsfelder aufrechterhalte (halten müsse), welche für sich keinen Gewinn abwerfen würden, so ändere dies nichts an der Tatsache, dass das Betriebsergebnis (je nach Sparte) mehr oder weniger vom Fremdenverkehr beeinflusst sein könne. In diesem Zusammenhang sei auch festzuhalten, dass die Tochtergesellschaft zwar „im Wesentlichen“ mit der deutschen Automobilindustrie Umsätze vereinnahmen, jedoch auch die DD GmbH in Tirol Umsätze erziele und daher das Unternehmen bereits aus diesem Grund nicht von der touristischen Wirtschaftslage in Tirol unabhängig sei, sowie ein zumindest mittelbarer Nutzen aus dem Tourismus aufgrund Produktionskette zu bejahen sei.

D.       Vorlageantrag

In der Folge stellte die Beschwerdeführerin mit einem Schreiben vom 19.11.2020, ***, fristgerecht den Vorlageantrag. Ergänzend wurde darin ausgeführt, dass sich die Umsätze der Berufsgruppe „632-Technische Geräteerzeuger“ um € 4.915.500 an außertirolerischen Umsätzen auf nunmehr € 5.857.417,28 reduziere.

Die Innenumsätze der AA GmbH an die 100%-Tochter-Vertriebsgesellschaft DD GmbH würden Lieferungen in das EU-Ausland betreffen. Damit werde zwar mit der Lieferung zwischen den beiden Unternehmen Umsatz im Sinne des UStG generiert, das Merkmal des unmittelbaren oder mittelbaren Nutzens aus dem Tiroler Tourismus fehle hingegen zur Gänze.

Es liege eine nicht nachvollziehbare wirtschaftliche Doppelerfassung ein- und desselben Umsatzes bei verbundenen Unternehmen vor. Dies betreffe eine Bemessungsgrundlage von € 24.552.256,30, welche der Berufsgruppe „412-Maschinenbau-, Stahlbau- und Eisenbauunternehmen“ zugeordnet sei. Eine Freistellung zur Vermeidung einer Doppelbelastung würde die beitragspflichtigen Umsätze der Beitragsgruppe 412 auf € 5.857.417,28 reduzieren.

Seit 1.4.2020 bestehe eine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der AA GmbH als Organträger und der DD als Organgesellschaft. Der Tätigkeitsbereich beider Gesellschaften sowie die Beteiligungsverhältnisse hätten sich seit dem Wirtschaftsjahr 2016/17 nicht verändert.

Für den Tätigkeitsbereich „Herstellung und den Vertrieb von Anlagen im Bereich der Umwelt- und Energietechnik“ werde eine Änderung der Berufsgruppenzuordnung von derzeit 632-Technische Geräteerzeugung hin zu 412-Maschinenbau-, Stahlbau- und Eisenbauunternehmen beantragt. Eine Einstufung als 632-Technische Geräteerzeuger sei somit nicht nachvollziehbar und entspreche nicht der an den ABV-EE gelieferten Biogasanlage, auf die fast ausschließlich der beitragspflichtige Umsatz entfalle.

Durch eine neue Berechnung würden die verbleibenden Umsätze von € 31.354.127,31 (ohne Innenumsätze € 6.801.871,01) auf die nachstehenden Berufsgruppen wie folgt aufzuteilen: € 754.170 der Berufsgruppe „EISEN-METALL(WAREN)ERZ“, € 190.290 der Berufsgruppe „GUMMMI-U.KAUTSCHUKWARE“, € 30.409.673,58 der Berufsgruppe „MASCH.EISEN-U.STAHLBAU“ (ohne Innenumsätze € 5.857.417,28) und € 0 der Berufsgruppe „TECHN. GERÄTERERZEUGER“.

E.       Weiteres Verfahren

Mit Schreiben (Vorlagebericht) vom 18.1.2021 legte die Abgabenbehörde den Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vor.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol führte am 20.4.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Zu dieser erschienen der Geschäftsführer der Trägergesellschaft AA GmbH der Beschwerdeführerin FF gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter GG, sowie JJ für die belangte Behörde.

II.      Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in **** Y, Adresse 2.

Die beschwerdeführerende AA GmbH entwickelt unter anderem Komponenten für die Automobilindustrie. Bei der DD GmbH handelt es sich um eine 100%-Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin. Diese liefert als Vertriebsgesellschaft die von der AA GmbH erzeugten Komponenten für die Automobilindustrie an andere Unternehmen, im Wesentlichen die deutsche Automobilindustrie. Somit tritt die AA GmbH als Produktionsgesellschaft und die DD GmbH als Vertriebsgesellschaft auf.

Im Jahr 2017 erzielte die AA GmbH Umsätze den Großteil ihrer Umsätze mit der DD GmbH. Von diesen Innenumsätzen abgesehen machte die AA GmbH Umsätze von insgesamt € 6.801.871,01 (aufgeteilt auf folgende Berufsgruppen: € 754.170 Berufsgruppe „131 – Eisen- und Metallwareerzeuger“, € 190.290 Berufsgruppe „254 – Gummi- und Kautschukwarenerzeuger“ und € 5.857.417,28 Berufsgruppe „412 – Maschinenbau-, Stahlbau- und Eisenbauunternehmen“.

KK ist seit 2007 Geschäftsführer der AA GmbH und seit 2006 Geschäftsführer der DD GmbH. Für die AA GmbH fungiert darüber hinaus seit 2007 LL als Geschäftsführer, MM seit 2006 für die DD GmbH. Beide Unternehmen haben ihren Sitz an der gleichen Adresse in **** Y.

Mit Schreiben vom 19.3.2020 zeigte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt Z die Erfüllung der Organschaftsvoraussetzungen zwischen der AA GmbH und der DD GmbH ab dem 1.4.2020 an. Ab diesem Zeitpunkt ging das Finanzamt und auch die belangte Behörde vom Vorliegen einer Organschaft aus. Gegenüber den Vorjahren, zumindest bis einschließlich 2017, bestand keine Veränderung aus finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Sicht.

III.     Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich zweifelsfrei aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen hinsichtlich des Verhältnisses zwischen der AA GmbH und der DD GmbH gehen im Wesentlichen auf das Schreiben vom 19.3.2020 von der Beschwerdeführerin an das Finanzamt Z zurück. In der mündlichen Verhandlung gab die belangte Behörde an, seit diesem Schreiben von einer Organschaft auszugehen („Ja, es ist tatsächlich so, dass für uns als belangte Behörde ab dem 1. April 2020 eine Organschaft vorliegt.“). Übereinstimmendes gab auch der Vertreter der Beschwerdeführerin an („Aus finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Sicht hat sich vom Jahr 2020 zum Jahr 2017 keinerlei Änderungen ergeben. Die Voraussetzungen für die Organschaft sind somit schon im Jahr 2017 vorgelegen.“). Dies stellt auch der Vertreter der belangten Behörde nicht in Abrede („Nach dem derzeitigen Wissensstand der belangten Behörde kann das nicht in Abrede gestellt werden.“).

Die Umsätze und Zuordnung zu den Berufsgruppen ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Vorlageantrags. Dagegen erhob der Vertreter der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung keine Einwände („Diese Aufstellung ist aus Sicht der belangten Behörde nachvollziehbar. Es wird jedoch wiederum darauf hingewiesen, dass aus Sicht der belangten Behörde der Umsatz ohne Abzug der Innenumsätze zu berücksichtigen wäre.“).

Die Feststellungen hinsichtlich der Geschäftsführer ergeben sich aus dem Unternehmensregister.

IV.      Erwägungen

A.       Gegenstand des Verfahrens

Im gegenständlichen Verfahren geht es im Wesentlichen um die Frage, inwieweit von der Beschwerdeführerin im hier maßgeblichen Abgabenzeitraum (2017) ein beitragspflichtiger Umsatz im Sinne des Tiroler Tourismusgesetzes erzielt wurde.

B.       Grundsätzliche Abgabepflicht nach dem Tiroler Tourismusgesetz

Gemäß § 2 Abs 1 TTG sind Pflichtmitglieder eines Tourismusverbandes jene Unternehmer im Sinn des § 2 Abs 1 und 2 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG), die unmittelbar oder mittelbar einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus in Tirol erzielen und im Gebiet des Tourismusverbandes ihren Sitz oder eine Betriebsstätte haben (***, ***).

Die beschwerdeführende AA GmbH macht zwar geltend, es bestehe eine umsatzsteuerliche Organschaft mit der DD GmbH. Damit kann die Beschwerdeführerin – zumindest im Hinblick auf die grundsätzliche Pflichtmitgliedschaft zum Tourismusverband gemäß § 2 Abs 1 TTG – nichts gewinnen.

Wie die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag selbst angibt, erzielte die AA GmbH im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (2017) einen Umsatz nicht mit der DD GmbH von € 6.801.871,01. Es kann somit für die Frage der Abgabepflicht dahingestellt bleiben, ob die DD GmbH als Organgesellschaft von der grundsätzlichen Abgabepflicht nach dem Tiroler Tourismusgesetz umfasst ist. Bei der beschwerdeführenden AA GmbH selbst handelt es sich um die Organträgerin (so die Beschwerdeführerin ausdrücklich in ihrem Schreiben vom 19.3.2020) und somit um ein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 UStG.

Die belangte Behörde ging somit zu Recht von einer grundsätzlichen Abgabepflicht nach dem Tiroler Tourismusgesetz aus (zu einer reinen Einkaufsgesellschaft LVwG Tirol 12.5.2021, ***).

C.       Höhe des beitragspflichtigen Umsatzes

Ein Pflichtmitglied hat gemäß § 30 Abs 1 TTG für jedes Haushaltsjahr des Tourismusverbandes (Vorschreibungszeitraum) an diesen Pflichtbeiträge nach Maßgabe ihres im Bemessungszeitraum unmittelbar oder mittelbar aus dem Tourismus in Tirol erzielten wirtschaftlichen Nutzens zu entrichten (***, ***). § 31 Abs 1 TTG knüpft dabei an die steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UStG an.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Einhebung von Fremdenverkehrsabgaben sachlich gerechtfertigt, wenn und soweit einem Unternehmer zumindest mittelbar durch Hebung des Fremdenverkehrs innerhalb eines Gebietes wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Der Verfassungsgerichtshof sieht den Umsatz als sachgerechtes Mittel zur Erfassung des Fremdenverkehrsnutzens an. Allerdings ist die Verknüpfung der Abgabe- bzw Beitragspflicht mit dem aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen nur sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Belastung durch die Abgabe verhältnismäßig an diesem aus dem Fremdenverkehr gezogenen Nutzen orientiere (vgl VfGH 24.2.2016, E 1855/2014; VwGH 12.9.2018, Ra 2018/13/0040; LVwG Tirol 12.5.2021, ***).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird mittelbar ein wirtschaftlicher Nutzen aus dem Tourismus erzielt (§ 2 Abs 1 TTG), wenn durch Gäste in einem Bereich eine Hebung der wirtschaftlichen Lage eintritt, die wieder auf andere Geschäftszweige belebend wirkt (vgl VwGH 9.5.2022, Ra 2022/13/0042, Rz 20 unter Hinweis auf 25.2.1994, 92/17/0130). Es geht darum, ob und in welcher Weise die erzielten Umsätze vom Fremdenverkehr beeinflusst sind (vgl VwGH 7.10.2005, 2001/17/0153).

Die Zuordnung zu einer bestimmten Berufsgruppe nach der Beitragsgruppenverordnung bewirkt – so VwGH 9.5.2022, Ra 2022/13/0042, Rz 21 mwN – nicht schon für sich das Vorliegen eines mittelbaren wirtschaftlichen Nutzens, da das Gesetz insoweit keine Fiktion und auch keine (widerlegbare) Rechtsvermutung aufstellt. Die Frage, ob tatsächlich ein Nutzen aus dem Tourismus gezogen wird, ist gegebenenfalls im Einzelfall zu beurteilen.

In diesem Zusammenhang wies der Verwaltungsgerichtshof im Umkehrschluss darauf hin, die Annahme einer Organschaft im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 UStG könnte die Erzielung wirtschaftlicher Vorteile durch den Tourismus in Tirol ausschließen (10.6.2020, 98/17/0301).

Gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UStG ist von einer Organschaft auszugehen, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet, dass sie keinen eigenen Willen hat, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist (dazu VwGH 15.5.2020, Ra 2018/15/0113; 13.12.2007, 2006/14/0043; 20.9.2001, 98/15/0007).

Aus dem Grundsatz der Unternehmenseinheit folgt, zwischen den einzelnen Betrieben eines Unternehmens können keine steuerbaren Umsätze bewirkt werden. Werden Leistungen zwischen den einzelnen Unternehmensteilen eines Unternehmens ausgetauscht, liegen nicht steuerbare Innenumsätze vor (vgl zB VwGH 25.2.2015, 2010/13/0189).

Bei der DD GmbH handelt es sich – nach den unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen – um eine 100%-Tochtergesellschaft der beschwerdeführenden AA GmbH. Nach der Unternehmensorganisation fungiert die AA GmbH als Produktionsgesellschaft, die DD GmbH als Vertriebsgesellschaft. Die AA GmbH liefert den Großteil ihrer Produkte an die DD GmbH, die diese im Wesentlichen an die deutsche Automobilindustrie verkauft und somit Umsätze tätigt, die gemäß § 31 Abs 1 lit b TTG befreit sind. Bei beiden Gesellschaften fungierte sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2020 dieselbe Person als Geschäftsführer, freilich jeweils neben einer weiteren Person. In Bezug auf die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der beiden Unternehmen liegt kein Unterschied zwischen dem Jahr 2017 und dem Jahr 2020 vor. Sowohl das Finanzamt als auch die belangte Behörde selbst gehen von einer Organschaft ab 1.4.2020 aus. Da keine Unterschiede zwischen den Verhältnissen ab diesem Zeitpunkt zu jenen im verfahrensgegenständlichen Jahr 2017 bestehen, sieht das Landesverwaltungsgericht Tirol bereits für 2017 die Voraussetzungen für eine Organschaft gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UStG als gegeben an.

In weiterer Folge handelt es sich somit nicht um steuerbare Umsätze im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 UStG iVm § 32 TTG. Eine Beitragspflicht für zwischen der AA GmbH und der DD GmbH erzeugte Umsätze scheidet somit aus. Es sind somit ausschließlich jene Umsätze heranzuziehen, welche die AA GmbH mit von der DD GmbH unterschiedlichen Unternehmen erzielt hat.

In diesem Umfang ist somit der Beschwerde Folge zu geben und der Tourismusbeitrag neu festzusetzen.

 

D.       Zuordnung der Beiträge zu den Beitragsgruppen

Der in Tirol erzielte beitragspflichtige Umsatz, der auf den nächst höheren Zehnerbetrag aufzurunden ist (§ 35 Abs 7 TTG), ist mit einem in § 35 Abs 2 lit f TTG festgelegten Prozentsatz zu multiplizieren.

Im gegenständlichen Verfahren stand die Frage des Vorliegens der Organschaft im Jahr 2017 im Zentrum, die nach Lösung dieser Vorfrage erfolgte Berechnung ist unstrittig.

Die Verwaltungsgerichte haben gemäß § 269 Abs 1 BAO im Beschwerdeverfahren die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden auferlegt und eingeräumt sind. Sie sind gemäß § 279 Abs 1 BAO berechtigt, sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabebehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid in jede Richtung abzuändern (dazu Ritz/Koran, BAO7, § 279 Rz 14; auch VwGH 6.7.2011, 2007/13/0118). Somit war die Berechnung betreffend der Festsetzung des Pflichtbeitrages nach dem Tiroler Tourismusgesetz 2006 für das Jahr 2017 neu vorzunehmen (***, ***).

Die Umsätze der Pflichtmitglieder werden nach der Beitragsgruppenverordnung je nach Tätigkeit in verschiedenen Beitragsgruppen eingeordnet. Eine derartige Vorgehensweise erscheint unbedenklich (vgl VwGH 12.9.2018, Ra 2018/13/0040; LVwG Tirol 20.1.2020, ***). Im Zuge der Neufestsetzung änderte das Landesverwaltungsgericht Tirol geringfügig die Zuordnung zu den Beitragsgruppen. Dies erfolgte in Abstimmung mit der Beschwerdeführerin und dem Vertreter der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision – so VwGH 7.4.2021, Ra 2021/09/0051 – zum einen etwa, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (dazu VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0040; 20.12.2017, Ra 2017/12/0124).

B e l e h r u n g u n d H i n w e i s e

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist – abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.

Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss – abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen – durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühr beträgt € 240 (§ 17a VfGG, § 24a VwGG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA

(Richter)

Schlagworte

Organschaft
Pflichtbeitrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.14.0152.5

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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