Entscheidungsdatum
11.10.2022Norm
GewO 1994 §74Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Mag. Lechner, MA über die Beschwerde von A und B, beide wohnhaft in ***, ***, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 30. August 2021, Zl. ***, mit welchem die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 18. Juni 2021, Zl. ***, betreffend die Erteilung einer von C und D beantragten Baubewilligung für die Errichtung einer Einfriedungsmauer und eines Carports auf der Liegenschaft *** in *** (GSt.Nr. ***, KG ***) als unbegründet abgewiesen wurde, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Wesentlicher Verfahrensgang
1. Mit Schreiben vom 1. April 2021, eingelangt bei der Stadtgemeinde *** am 7. April 2021, beantragten C und D (in der Folge: Bauwerber) die baubehördliche Bewilligung über die Errichtung einer Einfriedungsmauer und eines Carports auf dem Grundstück in ***, ***, GSt.Nr. *** (in der Folge: Baugrundstück). Dem Ansuchen wurden Einreichunterlagen und eine Beschreibung des geplanten Vorhabens beigelegt.
2. A und B (in der Folge: Beschwerdeführer) sind Eigentümer der im Südwesten an das Baugrundstück angrenzenden Nachbarliegenschaft mit der GSt.Nr. ***. Nach erfolgter Vorprüfung gemäß § 20 NÖ Bauordnung 2014 (in der Folge: NÖ BO 2014) wurden mit Schreiben des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 14. April 2021 die Nachbarn des Baugrundstückes vom Bauvorhaben verständigt. Dieses Schreiben wurde den Beschwerdeführern am 16. April 2021 nachweislich zugestellt.
3. Mit Schreiben vom 22. April 2021 erhoben die Beschwerdeführer dagegen folgende Einwendungen:
„Soweit wir dies dem bei der Baubehörde aufliegenden Plan entnehmen können, beabsichtigen C und D an der Grenze zu unserem Grundstück eine durchgehende Einfriedungsmauer in einer Höhe von zwei Metern sowie etwa auf Höhe unseres Wohnhauses ein Carport zu errichten, sodass in diesem Bereich die Betonmauer an der Grenze zu unserem Grundstück noch deutlich höher geplant ist. Da die Grenze zwischen den beiden Grundstücken fast 47 Meter lang ist, bedeutet eine derart hohe Mauer einen deutlichen Eingriff in die bestehende Belichtungs- und Regenwasserabflussverhältnisse. Es ist nicht ersichtlich, dass das Bauvorhaben darauf abgestimmt worden wäre.
Vor allem jedoch sind in unserer Siedlung derartige Betoneinfriedungen nicht ortsüblich. Vielmehr sind durchsichtige Zäune, etwa aus Maschendraht, in weit geringerer Höhe von nur ca. 1,2 bis 1,5 Meter ortsüblich.
Schließlich ist auch zu bedenken, dass wir unsere Garage an dem vom *** gesehen rückwärtigen Ende unseres Grundstückes situiert haben. Im Sinne einer bestmöglichen Nutzung beider Grundstücke unter möglichster Beibehaltung der bestehenden Belichtungs- und Regenwasserabflussverhältnisse wäre es daher wesentlich sinnvoller, wenn die Bauwerber ihr Carport an unsere Garage anschließend errichten.
Zusammenfassend stellen wir den Antrag:
dem Bauvorhaben von C und D nur unter der Bedingung zuzustimmen, dass die Einfriedung zwischen unseren Grundstücken in ortsüblicher Weise, also nicht als eine zwei Meter hohe durchgehende Betonmauer, errichtet und das Carport nicht im Bereich unseres Wohnhauses, sondern anschließend an unsere Garage situiert wird.“
4. Nach Einholung eines bautechnischen Sachverständigengutachtens zum eingereichten Projekt vom 17. Juni 2021 wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** als Baubehörde erster Instanz vom 18. Juni 2021, Zl. *** den Bauwerbern die beantragte Baubewilligung erteilt, dies unter Vorschreibung der Auflage, dass die einschlägigen Ö-Normen bzw. EU-Normen, soweit sie nicht der NÖ-Bautechnikverordnung widersprechen, als verbindlich erklärt werden.
In der Begründung wurde zum Vorbringen der Beschwerdeführer Stellung genommen und insofern ausgeführt, dass sich die im Plan dargestellten und angegebenen Höhenangaben des Bezugsniveaus auf das Bestandsniveau der Liegenschaft der Beschwerdeführer beziehen würden. Dieses Bezugsniveau sei auch im Bestandsplan für die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses, zwei Fertigteilgaragen und zwei weiteren Nebengebäuden des Grundstückes der Beschwerdeführer wie auch in Bezug auf die Liegenschaft der Bauwerber angegeben worden. Auf Grund dieser Angaben erreiche die Höhe der Einfriedungsmauer maximal 2 m und die Brandwand beim Carport eine maximale Höhe von 3 m. Entsprechend der NÖ BO 2014 sei eine ausreichende Belichtung auf die Hauptfenster der zulässigen bzw. bereits bewilligten Gebäude der Nachbarn gegeben. Des Weiteren stehe das Bauvorhaben mit dem Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde *** im Einklang.
5. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer durch ihre damalige Rechtsvertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, in dem die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend beantragt wurde, dass dem Bauvorhaben die baubehördliche Bewilligung versagt werde. Es wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bescheid zur Gänze angefochten werde und die außergewöhnliche Länge der Grenzmauer samt Wand des Carports von zusammen rund 37 m unberücksichtigt geblieben sei. Dadurch würden die Belichtungs- und vor allem auch die Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer ganz allgemein empfindlich verändert, ohne dass dafür eine technische oder sonstige Notwendigkeit im Bauansuchen angegeben worden wäre. Überdies liege das Niveau des Grundstückes der Bauwerber deutlich unter dem Niveau des Grundstückes der Beschwerdeführer, sodass die Grenzmauer bei richtiger Betrachtung, nämlich vom Grundstück der Bauwerber gesehen, deutlich die Höhe von 2 m überschreite und damit unzulässig erscheine. Der Verweis darauf, dass das Bauvorhaben mit dem Flächenwidmungsplan in Einklang stehe, vermöge nichts daran zu ändern, dass das Bauvorhaben im auffallenden Widerspruch zu den rundum anzutreffenden Einfriedungen stünde, also völlig ortsunüblich sei. Zu der durch die Mauer hervorgerufenen Änderung der Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer enthalte der Bescheid überhaupt keine Ausführungen und treffe auch in den Auflagenpunkten diesbezüglich keinerlei Vorsorge. Auch enthalte der Bescheid keine Auflage, die objektiv sicherstelle, dass das Bauvorhaben, etwa mit dessen Abdeckung, nicht die Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführer überschreite.
6. Nach Einholung eines bautechnischen Gutachtens vom 5. August 2021 wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** (in der Folge: belangte Behörde) vom 30. August 2021, Zl. ***, der Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben.
In der Begründung bezog sich die belangte Behörde insbesondere auf das bautechnische Gutachten und führte zusammenfassend aus, dass es sich beim eingereichten Projekt um ein bewilligungsfähiges Projekt handle, das in jeder Hinsicht den Normen der NÖ BO 2014 und der BTV 2014 bzw. OiB-Richtlinien entspreche. Die vorgelegten Unterlagen seien ausreichend, um den Umfang und die Auswirkungen des Vorhabens beurteilen zu können. Eine Beeinträchtigung der Anrainerschaft und Verfahrensmängel seien nicht erkennbar. Gemäß § 51 Abs. 5 NÖ BO 2014 seien bauliche Anlagen im seitlichen und hinteren Bauwich zulässig, wenn deren Höhe, gemessen vom Bezugsniveau, an keiner Stelle mehr als 3 m betrage oder sie die ausreichende Belichtung der Hauptfenster zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigen. Es erschließe sich der Baubehörde nicht, inwiefern die Errichtung einer Einfriedungsmauer auf der Liegenschaft der Bauwerber das Abflussverhalten auf der Liegenschaft der Anrainer empfindlich verändere. Es müsse die Versickerung von Niederschlagswässer immer auf Eigengrund erfolgen und seien gemäß OiB-Richtlinie 3.1.2 Einrichtungen zur technischen einwandfreien Sammlung und Ableitung von Niederschlagswässern bei Bauwerken dann erforderlich, wenn die beim Bauwerk anfallenden Niederschlagswässer auf Verkehrsflächen oder Nachbargrundstücke gelangen können oder eine gesammelte Ableitung zur Vermeidung von Beeinträchtigungen (z.B. Durchfeuchtung von Mauerwerk, Rutschungen) erforderlich seien. Eine mögliche Grenzüberschreitung durch eine Abdeckung könne nicht angenommen werden, da der Grenzverlauf unstrittig sei und im Plan eine Stahlbetonwand ohne Abdeckung und auch in der Baubeschreibung diesbezüglich keine Abdeckung angeführt sei.
7. Gegen diesen Bescheid erhobenen die Beschwerdeführer ein Rechtmittel, in dem sie ihre Gründe für ein Versagen der Baubewilligung abermals darlegten und den Antrag stellten, die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass der Berufung Folge gegeben und dem Bauvorhaben die baubehördliche Bewilligung versagt werde oder die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufgehoben und der Stadtgemeinde *** die Neudurchführung des Bauverfahrens aufgetragen werde.
8. Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich seitens der Baubehörde unter Anschluss des bezugshabenden Bauaktes zur Entscheidung vorgelegt.
9. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in den Verwaltungsakt Einsicht genommen und legt den unbedenklichen Akteninhalt seiner Entscheidung zu Grunde.
II. Feststellungen
Die Bauwerber sind Eigentümer des GSt.Nr. *** in ***, *** (Baugrundstück). Diese Liegenschaft weißt im gültigen Flächenwidmungsplan die Widmung Bauland-Wohngebiet auf.
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der in südwestlicher Richtung an das Baugrundstück unmittelbar angrenzenden Liegenschaft mit der GSt.Nr. ***, KG ***.
Das zur Bewilligung eingereichte Projekt umfasst seiner Beschreibung nach die Errichtung einer Einfriedungsmauer und eines Carports.
Die bauliche Anlage soll im seitlichen Bauwich angeordnet werden und kommt damit unmittelbar an der Grenze zum Nachbargrundstück der Beschwerdeführer zu liegen.
Gemessen vom Bezugsniveau beträgt die Höhe der Einfriedungsmauer 2 m. Das Carport weist gemessen vom Bezugsniveau eine Höhe von 3 m auf.
III. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und zu den Eigentumsstrukturen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbestritten gebliebenen Verwaltungsakt und einer vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 1. September 2022 vorgenommenen Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch und den imap-Kartendienst des Landes Niederösterreich.
Die festgestellte Lage des Baugrundstücks und des Nachbargrundstückes zueinander ergibt sich aus einer Einsichtnahme in die Einreichunterlagen, einem im Bauakt einliegenden Ausdruck aus der Grundstücksdatenbank und einer Einsichtnahme in den imap-Kartendienst des Landes Niederösterreich.
Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem konkret projektierten Bauvorhaben ergeben sich aus den Einreichunterlagen, insbesondere der dem Bauansuchen angeschlossenen Baubeschreibung und den Einreichplänen, in Zusammenhalt mit dem im Zuge der Vorprüfung der gegenständlichen Einreichunterlagen erstatteten Gutachten des bautechnischen Sachverständigen des Amts der NÖ Landeregierung.
Die Feststellungen zur baulichen Ausgestaltung des verfahrensgegenständlichen Projekts sowie dessen Höhe basieren auf dem Einreichplan und der Befundaufnahme des bautechnischen Sachverständigen im Rahmen des Ortsaugenscheins vom 17. Juni 2021. Soweit sich die Beschwerdeführer in ihrem Beschwerdevorbringen gegen die Richtigkeit eben dieses Gutachtens (insbesondere hinsichtlich der Höhe der Einfriedungsmauer) aussprechen, ist dem entgegen zu halten, dass seitens der Beschwerdeführer diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde und von ihnen insbesondere nicht unter Beweis gestellt werden konnte, dass in fachlicher Hinsicht eben diesem Gutachten nicht zu folgen sei. Alleine die unsubstantiiert aufgestellten wiederholten Behauptungen, insbesondere hinsichtlich der Höhe der Einfriedungsmauer und des Carports, sind durch keine weiteren Beweismittel gedeckt und als solche somit nicht geeignet, die schlüssigen Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen zu entkräften.
IV. Rechtsgrundlage
Gemäß § 70 Abs. 14 NÖ BO 2014 idgF ist die Novelle LGBl. Nr. 32/2021 zur NÖ BO 2014 (mit Ausnahme des § 33a idF dieser Novelle) am 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Gemäß § 70 Abs. 16 NÖ BO 2014 idgF sind die am Tag des Inkrafttretens der Bestimmungen der NÖ BO 2014, LGBl. Nr. 32/2021, (Abs. 14) anhängigen Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen zu Ende zu führen.
Da das vorliegende Verfahren seit 7.4.2021 anhängig ist (Tag des Einlangens des Antrages der Bauwerber bei der Stadtgemeinde ***), sind gegenständlich die Bestimmungen der NÖ BO 2014 idF LGBl. Nr. 53/2018 anzuwenden.
Die maßgeblichen Bestimmungen der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), LGBl. Nr. 1/2015 idF LGBl. Nr. 53/2018, lauten auszugsweise:
„§ 14
Bewilligungspflichtige Vorhaben
Nachstehende Vorhaben bedürfen einer Baubewilligung:
[…]
2. die Errichtung von baulichen Anlagen;
[…]
§ 6
Parteien und Nachbarn
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
1. der Bauwerber und der Eigentümer des Bauwerks
2. der Eigentümer des Baugrundstücks
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z. B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und
4. die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks auf den Grundstücken nach Z. 2 und 3, z. B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller (Nachbarn).
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das fertiggestellte Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten oder als Inhaber eines Fahr- und Leitungsrechtes nach § 11 Abs. 3 beeinträchtigt werden können.
Vorhaben im Sinn des § 18 Abs. 1a lösen keine Parteistellung der Nachbarn aus.
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung, der NÖ Aufzugsordnung 2016, LGBl. Nr. 9/2017 in der geltenden Fassung, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)
sowie
2. den Schutz vor Emissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Zwecken jeder Art der Wohnnutzung ergeben (z. B. aus Heizungs- und Klimaanlagen),
gewährleisten und
3. durch jene Bestimmungen über
a) die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung auf Hauptfenster (§ 4 Z. 3 und 21) der künftig zulässigen Gebäude der Nachbarn dienen,
sowie
b) gesetzlich vorgesehene Abweichungen von den Festlegungen nach lit. a, soweit die ausreichende Belichtung
- auf Hauptfenster der zulässigen Gebäude der Nachbarn (§ 50 Abs. 2 und 4, § 51 Abs. 2 Z. 3, Abs. 4 und 5, § 67 Abs. 1) oder
- auf bestehende bewilligte Hauptfenster (§ 52 Abs. 2 Z. 4, § 53a Abs. 8) der Nachbarn
beeinträchtigt werden könnte.
(…)
§ 21
Verfahren mit Parteien und Nachbarn
(1) Führt die Vorprüfung (§ 20) zu keiner Abweisung des Antrages, hat die Baubehörde die Parteien und Nachbarn (§ 6 Abs. 1 und 3) nachweislich vom geplanten Vorhaben nach § 14 zu informieren und darauf hinzuweisen, dass bei der Baubehörde in die Antragsbeilagen und in allfällige Gutachten Einsicht genommen werden darf. Gleichzeitig sind die Parteien und Nachbarn – unter ausdrücklichem Hinweis auf den Verlust ihrer allfälligen Parteistellung – aufzufordern, eventuelle Einwendungen gegen das Vorhaben schriftlich binnen einer Frist von 2 Wochen ab der Zustellung der Verständigung bei der Baubehörde einzubringen. Werden innerhalb dieser Frist keine Einwendungen erhoben, erlischt die Parteistellung. Eine mündliche Verhandlung im Sinn der §§ 40 bis 44 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, findet nicht statt.
Für Parteien und Nachbarn in Wohngebäuden mit mehr als 4 Wohnungen darf die Verständigung auch durch einen mit dem Datum des Anbringens versehenen Anschlag an einer den Hausbewohnern zugänglichen Stelle (Hausflur) in den betroffenen Gebäuden erfolgen, wobei die Eigentümer dieser Gebäude derartige Anschläge in ihren Gebäuden dulden müssen. Die Verständigung ist in diesem Fall gleichzeitig an der Amtstafel oder auf der Homepage der Gemeinde kundzumachen, wodurch die Information dieselben Rechtswirkungen entfaltet wie die persönliche Verständigung.
[…]
§ 51
Bauwerke im Bauwich
[…]
(5) Bauliche Anlagen, die nicht den Abs. 2 und 3 unterliegen, sind im Bauwich zulässig, wenn
- deren Höhe, gemessen vom Bezugsniveau, an keiner Stelle mehr als 3 m beträgt oder sie die ausreichende Belichtung der Hauptfenster zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigen
und
- der Bebauungsplan dies nicht verbietet.
[…]“
V. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 28 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache, soweit die Beschwerde nicht zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Verwaltungsgericht hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der in der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdegründe zu überprüfen.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden.
„Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs ist jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat. Der äußere Rahmen für die Prüfbefugnis ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides (vgl. VwGH vom 3.8.2016, Ro 2016/07/0008). Die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes ist zudem eben durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt.
2. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich nach einhelliger Judikatur bei einem Baubewilligungsverfahren stets um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in welchem die Baubehörde lediglich auf Grund des von einem Bauwerber erarbeiteten Projektes die Frage der Bewilligungsfähigkeit zu beurteilen hat (vgl. VwGH vom 17. November 1981, 81/05/0104 u.a.), sodass zur Beurteilung lediglich der in den Einreichplänen zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist (vgl. VwGH vom 1. Juli 1986, 82/05/0015 u.a.).
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist somit die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Einfriedungsmauer und eines Carports auf dem Grundstück in ***, ***, entsprechend dem Bauansuchen der Bauwerber vom 1. April 2021.
Unstrittig ist, dass es sich bei diesem beantragten Bauvorhaben gemäß § 14 Z 2 NÖ BO 2014 um ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handelt.
Die Beschwerdeführer sind als Eigentümer des unmittelbar an die Liegenschaft des Bauwerbers angrenzenden Grundstücks Nachbarn iSd § 6 Abs. 1 Z 3 NÖ BO 2014. Die Parteistellung des Nachbarn und die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes sind jedoch nicht unbegrenzt. Das Mitspracherecht eines Nachbarn in einem baurechtlichen Bewilligungsverfahren ist gemäß § 6 Abs. 1 NÖ BO 2014 insofern beschränkt, als dem Nachbarn nur jene subjektiv-öffentlichen Rechte zukommen, die ihm nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften (§ 6 Abs. 2 NÖ BO 2014) eingeräumt sind und welche er wirksam und rechtzeitig geltend gemacht hat.
Aus § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 ergibt sich erschöpfend (taxativ) der Rahmen der festgelegten Nachbarrechte und somit jener Einwendungen, welche in einem Baubewilligungsverfahren von einem Nachbarn mit Erfolg geltend gemacht werden können.
Beziehen sich Einwendungen des Nachbarn auf Themenkreise, denen im baubehördlichen Bewilligungsverfahren entweder gar keine Relevanz zukommt oder die in § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 nicht angesprochen sind, sind sie als unzulässig zu werten (vgl. VwGH vom 18. Dezember 2003, 2002/06/0068) und scheidet eine Rechtsverletzung jedenfalls aus.
Im Baubewilligungsverfahren ist zudem für die Parteistellung und deren Verlust § 21 Abs. 1 NÖ BO 2014 zu beachten. Eine Person verliert demnach ihre Parteistellung, sofern sie vom geplanten Bauvorhaben nachweislich informiert wurde, soweit sie nicht binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung der Verständigung bei der Baubehörde schriftlich Einwendungen gegen das Vorhaben erhebt.
Zudem kann ein Nachbar, der rechtzeitig Einwendungen erhoben hat, zu einem späteren Zeitpunkt weitere neue Einwendungen nicht mehr nachtragen, weil er insoweit seine Stellung als Partei verloren hat (Teilverlust der Parteistellung) (vgl. VwGH vom 21. März 2002, 2001/07/0169).
Den Beschwerdeführern kann sohin ausschließlich hinsichtlich der fristgerecht ab Zustellung der Verständigung vom 16. April 2021 vorgebrachten tauglichen Einwendungen Parteistellung zukommen.
3. Hinsichtlich der konkreten Einwendungen der Nachbarn ist Folgendes auszuführen:
4. Soweit die Beschwerdeführer in ihren Einwendungen die Ortsunüblichkeit der baulichen Anlage vorgebracht haben, handelt es sich dabei um keine subjektiven Nachbarrechte, die in § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 angesprochen sind. Diese Einwendungen erweisen sich daher als nicht zulässig.
5. Auch mit dem Vorbringen, dass durch die Einfriedungsmauer die Abflussverhältnisse der Niederschlagswässer empfindlich verändert werden, machen die Beschwerdeführer kein subjektiv-öffentliches Recht gemäß § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 geltend. Dass Niederschlagswässer auf das Grundstück der Nachbarn gelangen können, stellt für sich nämlich noch keine Verletzung im Nachbarrecht auf Trockenheit der konsensmäßig bestehenden Bauwerke auf dem Nachbargrundstück dar (vgl. VwGH vom 28. Oktober 2008, 2007/05/0072). Durch die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ BO 2014 wird lediglich die Trockenheit der bewilligten oder angezeigten Bauwerke der Nachbarn geschützt, nicht jedoch die Trockenheit der Liegenschaft an sich. Ein Risiko für die Trockenheit bestehender Bauwerke haben die Beschwerdeführer nicht behauptet.
6. Ebenso kommt Nachbarn hinsichtlich der Bebauungsweise, Bebauungshöhe oder dem Bauwich für sich allein kein Mitspracherecht zu (vgl. VwGH vom 31. Juli 2007, 2005/05/0101), sondern lediglich bezüglich des im § 6 Abs. 2 Z 3 NÖ BO 2014 genannten Kriteriums einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster ihrer Gebäude. Diesbezüglich gaben die Beschwerdeführer an, dass durch die HÖhe sowie die außergewöhnliche Länge der Mauer die bestehenden Belichtungsverhältnisse empfindlich verändert würden.
Gemäß § 51 Abs. 5 NÖ BO 2014 sind bauliche Anlagen im seitlichen und hinteren Bauwich zulässig, wenn deren Höhe, gemessen vom Bezugsniveau, an keiner Stelle mehr als 3 m beträgt oder sie die ausreichende Belichtung der Hauptfenster zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigen. Somit dürfen im Bauwich alle Bauwerke mit einer Höhe von nicht mehr als 3 m, ausgehend vom Bezugsniveau, errichtet werden, ohne dass eine Belichtungsprüfung durchgeführt werden muss.
Wie sich aus den Feststellungen ergibt, liegt gegenständlich der Bewilligungsantrag für eine Einfriedungsmauer mit einer Höhe von 2 m und ein Carport mit einer Höhe von 3 m – jeweils gemessen vom Bezugsniveau – vor. Da die bauliche Anlage projektgemäß an keiner Stelle höher als 3 m projektiert ist, ist eine Belichtungsprüfung nicht durchzuführen. Allein dadurch erweist sich die gemäß § 6 Abs. 2 NÖ BO 2014 entscheidungsrelevante Einwendung bezüglich der Belichtung als unberechtigt.
Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass durch die außergewöhnliche Länge der Mauer die Belichtungsverhältnisse wesentlich verändert werden, so bietet die Länge eine Mauer keinen Raum für eine denkmögliche Beeinträchtigung der ausreichenden Belichtung der Hauptfenster.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
7. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, weil eine Verhandlung von keiner Partei begehrt wurde. Darüber hinaus ist der maßgebliche Sachverhalt nicht strittig und es hatten die Parteien ausreichend Gelegenheiten zur Darlegung ihrer Standpunkte. Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.
8. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Vielmehr stützt sich die Entscheidung auf die zitierte höchstgerichtliche Judikatur.
Schlagworte
Gewerberecht; Betriebsanlage; Antrag; Änderung; Auflage;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.414.001.2022Zuletzt aktualisiert am
22.11.2022