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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §38;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 6. Juli 1995, Zl. 11-39 Ba 4-1995, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B für die Dauer von zwölf Monaten von der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 4. Februar 1995 an vorübergehend entzogen; gemäß § 73 Abs. 2a KFG 1967 wurde er verpflichtet, sich vor Ablauf der Entziehungszeit einer Nachschulung zu unterziehen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der bekämpften Entziehungsmaßnahme lag zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 4. Februar 1995 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kfz gelenkt und dabei - beim Versuch, sich einer Anhaltung zu entziehen - eine Reihe von Übertretungen der StVO 1960 und eine Übertretung des KFG 1967 begangen habe. Darin erblickte die Erstbehörde (die Begründung des angefochtenen Berufungsbescheides läßt solches nicht erkennen) das Vorliegen von zwei die Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers nach sich ziehenden bestimmten Tatsachen im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e und lit. f KFG 1967.
Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967. Von besonders gefährlichen Verhältnissen könne keine Rede gewesen sein. Es bleibe damit nur eine bestimmte Tatsache im Zusammenhang mit seiner Alkoholisierung übrig, weswegen die Entziehungszeit zu lange bemessen worden sei.
Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß er mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 19. April 1995 nicht nur einer Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960, sondern u.a. auch einer Übertretung nach § 52a Z. 10 (Überschreitung einer durch Verkehrszeichen kundgemachten Geschwindigkeitsbeschränkung) in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. c StVO 1960 für schuldig erkannt worden ist. Damit stand für die Behörden des Entziehungsverfahrens bindend fest, daß zumindest eine der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen worden sei und auch eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 darstelle.
Der Verwaltungsgerichtshof hat überhaupt keine Bedenken, daß die Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 zu Lasten des Beschwerdeführers gesetzwidrig bemessen worden wäre, auch wenn es sich bei den beiden bestimmten Tatsachen und den übrigen im Straferkenntnis vom 19. April 1995 genannten Übertretungen um kurz hintereinander bei einem einzigen Fahrvorgang gesetzte Verhaltensweisen handelt. Der Grad der beim Beschwerdeführer festgestellten Alkoholisierung ist hoch (1,04 mg/l). Bei den übrigen Übertretungen der StVO 1960 handelt es sich um fünf Geschwindigkeitsüberschreitungen, fünf Verstöße gegen das vorgeschriebene Verhalten bei Fahrtrichtungsänderungen (§ 11 Abs. 2) und um eine Nichtbeachtung eines Haltzeichens (§ 97 Abs. 5); dazu kommt das Fahren in Dunkelheit ohne eingeschaltete Scheinwerfer und Leuchten (§ 99 Abs. 1 KFG 1967).
Es handelt sich dabei um eine Vielzahl von völlig verschiedenartigen, aber jeweils die Verkehrssicherheit in hohem Maße gefährdenden Delikten.
Dazu kommt weiters, daß der Beschwerdeführer - entgegen seiner Behauptung - nicht völlig unbescholten war. Die Behörde durfte nämlich die Übertretung des § 4 StVO 1960 aus dem Jahre 1991 bei der Beurteilung der relevanten Persönlichkeitsmerkmale des Beschwerdeführers berücksichtigen, auch wenn die deswegen erfolgte Bestrafung bereits getilgt gewesen sein sollte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1986, Zl. 86/11/0083, in Verbindung mit der ständigen Rechtsprechung, wonach die Kriterien für eine Wertung bestimmter Tatsachen nach § 66 Abs. 3 KFG 1967 auch bei der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 zum Tragen kommen).
Das Ergebnis einer amtsärztlichen Untersuchung der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen hat bei einer Entziehung der Lenkererechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit begrifflich außer Betracht zu bleiben.
Wenn auch dem Beschwerdeführer darin beizupflichten ist, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides zum Teil aus "inhaltsleeren Floskeln" besteht, und wenn die Begründung auch sonst unvollständig und mangelhaft ist, ist nach dem Gesagten darin kein wesentlicher Verfahrensmangel zu erblicken, weil die belangte Behörde bei vollständiger Begründung zu keinem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid hätte kommen können.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995110276.X00Im RIS seit
11.07.2001