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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Oktober 1995, Zl. 110.250/3-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer wegen Begehung folgender strafrechtlicher Delikte von inländischen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden sei:
"1.
LG für Strafsachen Wien 1 C E VR 497/76 HV 152/76 vom 18.5.1976 RK 21.05.1976 PAR 107/1 15 105/1 STGB 100 TAGS zu je öS 200,-- (öS 20.000,--) im NEF 50 T Freistr. Vollzugsdatum 16.9.1977.
2.
Strafbezirksgericht Wien 15 U 730/77 vom 25.5.1977 RK 17.11.1977 PAR 127/1 STGB 50 TAGS zu je öS 80,-- (öS 4.000,--) im NEF 25 T Freistr. Vollzugsdatum 28.12.1978.
3.
Strafbezirksgericht Wien 15 U 2978/79 vom 12.5.1980 RK 16.5.1980 PAR 83/1 STGB 50 TAGS zu je öS 90,--
(öS 4.500,--) im NEF 25 T Freistr. Vollzugsdatum 5.10.1981.
4.
Strafbezirksgericht Wien 15 U 1459/83 vom 19.10.1983 RK 17.2.1984 PAR 125 STGB 60 TAGS zu je öS 100,--
(öS 6.000,--) im NEF 30 T Freistr. Vollzugsdatum 7.5.1985.
5.
Strafbezirksgericht Wien 15 U 1954/84 vom 5.7.1984 RK 10.7.1984 PAR 83/1 STGB 2 M Freistr. bedingt, Probezeit 3 J. Vollzugsdatum 10.7.1984.
6.
Jugendgerichtshof Wien 3 B VR 1285/84 HV 156/84 vom 13.11.1984 RK 13.11.1984 PAR 2/1 B Pornographieg. 60 TAGS zu je öS 200,-- (öS 12.000,--) im NEF 30 T Freistr. Vollzugsdatum 20.3.1986.
7.
Strafbezirksgericht Wien 7 U 436/87 vom 29.7.1988 RK 4.11.1988 PAR 88/1 STGB 40 TAGS zu je öS 80,--
(öS 3.200,--) im NEF 20 T Freistr. bedingt, Probezeit 3 J. Vollzugsdatum 4.11.1988.
8.
LG für Strafsachen Wien 1 C E VR 11491/91 HV 6882/91 vom 2.12.1991 RK 2.12.1991 PAR 15 105/1 106 Abs. 1/1 STGB 6 M Freistr. bedingt. Probezeit 3 J. Vollzugsdatum 2.12.1991.
9.
Jugendgerichtshof Wien 17 A U 414/93 vom 11.5.1994 RK 17.5.1994 PAR 198/1 STGB 2 W Freistr. bedingt, Probezeit 3 J."
Der Beschwerdeführer sei offensichtlich nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Zu seinen persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, daß durch den Aufenthalt seiner Ehegattin im Bundesgebiet nicht absprechbare Bindungen zu Österreich bestünden. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen des Beschwerdeführers sei im Rahmen des Art. 8 MRK aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen absolute Priorität einzuräumen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die Frage, ob dem Beschwerdeführer laut § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz eine Bewilligung zu erteilen war, war allein danach zu beurteilen, ob dem ein Ausschließungsgrund im Sinne dieser Gesetzesstelle entgegenstand oder nicht (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1994, Zl. 94/18/0104, und vom 31. August 1995, Zl. 95/19/0326).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf die den rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrundeliegenden strafbaren Handlungen - fast alle sind Straftaten, die durch die Schuldform des Vorsatzes gekennzeichnet sind - zugrundeliegenden Verstöße zum Ergebnis gelangt ist, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde (§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG).
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kommt es nicht darauf an, daß die rechtskräftigen Bestrafungen teilweise bereits 19, jedoch mehr als 10 Jahre zurückliegen und bereits der Verjährung unterlägen. Es kommt vielmehr auf das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers während seines Aufenthaltes in Österreich an, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob sein Aufenthalt eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bildet. Die vielfachen strafgerichtlichen Verurteilungen zeigen im konkreten Fall in überdeutlicher Weise auf, daß der Beschwerdeführer offensichtlich nicht gewillt ist, sich den in Österreich geltenden Rechtsvorschriften gemäß zu verhalten, zumal die Verurteilungen nicht in der Lage waren, den Beschwerdeführer von weiteren (zum Teil sogar gleichartigen) gerichtlich strafbaren Handlungen abzuhalten.
Auch der Ausspruch des Gerichtes betreffend die bedingte Strafnachsicht (Verurteilungen 5, 7, 8, 9) steht dem nicht entgegen, weil die belangte Behörde die aus dem Aufenthalt des Fremden resultierende Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit selbständig zu beurteilen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 93/18/0443).
Der Beschwerdeführer ist insoweit im Recht, als die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen hat, und zwar derart, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. aus der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1993, B 302/93, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0317).
Der Beschwerdeführer führt hiezu an, daß er sich seit 25 Jahren ständig in Österreich aufhalte und familiär, gesellschaftlich und sozial hier vollkommen integriert sei. Es lägen die Voraussetzungen zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Sinne des § 10 Abs. 1 StGB vor. Diesen starken Bindungen an Österreich steht aber das im gegenständlichen Fall besonders stark ausgeprägte wiederholte Fehlverhalten des Beschwerdeführers entgegen.
Die belangte Behörde ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß die sich in den den rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers zugrundeliegenden strafbaren Handlungen manifestierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen in ihrer Gesamtheit von solchem Gewicht ist, daß zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) die durch die Abweisung des Antrages auf Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz tangierten privaten Interessen des Beschwerdeführers zurückzustehen haben.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die §§ 18 ff Fremdengesetz geht ins Leere, da die Bestimmungen der §§ 19 bis 21 Fremdengesetz (Schutz des Privat- und Familienlebens, Unzulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes, Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes) sich nicht auf aufenthaltsbegründende Akte (wie sie die Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung darstellen) beziehen, sondern auf aufenthaltsbeendende (Ausweisung) bzw. unmittelbar vorangehende fremdenpolizeiliche Maßnahmen (Verhängung eines Aufenthaltsverbotes), wie dies aus dem unmißverständlichen Wortlaut der zitierten Bestimmungen ersichtlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1298). Im übrigen wären auch die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 FrG gegeben.
Der Beschwerdeführer rügt weiters mangelndes Parteiengehör, weil ihm die Möglichkeit genommen worden sei, "zu den Feststellungen sowohl vor der ersten Instanz als auch vor der belangten Behörde eine Äußerung zu erstatten". Der Beschwerdeführer läßt damit erkennen, daß die Entscheidung sowohl der ersten Instanz als auch der belangten Behörde sich auf den gleichen Abweisungstatbestand stützten. Damit wäre ihm aber möglich gewesen, in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zu den vorgehaltenen Tatsachen und Rechtsausführungen Stellung zu nehmen und insoweit sein Recht auf Gehör wahrzunehmen. Daß die belangte Behörde in ihrer Entscheidung vom erstinstanzlichen Bescheid abweichende Entscheidungsgründe in den angefochtenen Bescheid aufgenommen hätte, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Daher liegt der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. Letztlich geht aber auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG fehl. Denn der Beschwerdeführer übersieht, daß die Begünstigungen des § 3 AufG (Familienzusammenführung) nur dann zustehen, wenn kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1 AufG) vorliegt, und der gegenständliche Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz einen solchen Ausschließungsgrund darstellt.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995191833.X00Im RIS seit
02.05.2001