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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Zurückweisung von Anträgen irakischer Staatsangehöriger betreffend die Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigter wegen entschiedener Sache; keine Auseinandersetzung mit den Länderinformationen betreffend die Lage von sunnitischen Arabern aus einem ehemals vom IS besetzten Gebiet sowie mit der Erreichbarkeit der Herkunftsprovinz (Mossul)Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebungen in den Irak und gegen die Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwilligen Ausreisen abgewiesen werden, sowie die Erstbeschwerdeführerin zusätzlich dadurch, dass ihre Beschwerde gegen die Erlassung eines auf zwei Jahre befristeten Einreiseverbotes abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.
Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.877,60 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Die im Jahr 1987 geborene Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers. Beide sind Staatsangehörige des Irak, stammen aus der Stadt Mossul, gehören der Volksgruppe der Araber an und bekennen sich zum sunnitischen Islam.
2. Die Beschwerdeführer stellten in Österreich am 14. November 2015 (erste) Anträge auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden vom 1. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diese Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 und hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 leg cit ab; ferner erteilte es den Beschwerdeführern keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005, erließ gegen sie gemäß §10 Abs1 Z3 leg cit iVm §9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß §52 Abs2 Z2 FPG, stellte fest, dass ihre Abschiebungen in den Irak gemäß §46 leg cit zulässig seien, und setzte eine 14-tägige Frist für die freiwilligen Ausreisen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen.
Mit (mündlich am 21. Februar 2020 verkündetem) Erkenntnis vom 17. März 2020 (Datum der schriftlichen Ausfertigung) wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.
Der Verfassungsgerichtshof wies die Verfahrenshilfeanträge der Beschwerdeführer zur Beschwerdeführung gegen diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes mit Beschluss vom 4. August 2020 ab.
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erhobene (außerordentliche) Revision der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 6. August 2020 als unzulässig zurück.
3. Die Beschwerdeführer verließen in der Folge Österreich und stellten am 30. September 2020 in Deutschland Anträge auf internationalen Schutz.
4. Am 17. Mai 2021 stellten die Beschwerdeführer – nach Rücküberstellung durch die deutschen Behörden – ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
Mit Bescheiden vom 19. Juni 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diese zweiten Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten und von subsidiär Schutzberechtigten gemäß §68 Abs1 AVG wegen entschiedener Sache zurück; ferner erteilte es den Beschwerdeführern keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005, erließ gegen sie gemäß §10 Abs1 Z3 leg cit iVm §9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß §52 Abs2 Z2 FPG, stellte fest, dass ihre Abschiebungen in den Irak gemäß §46 leg cit zulässig seien, gewährte ihnen keine Frist für die freiwilligen Ausreisen und erließ gegen sie gemäß §53 Abs1 iVm Abs2 Z6 FPG auf die Dauer von zwei Jahren befristete Einreiseverbote.
Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis weitestgehend als unbegründet ab; es gab lediglich der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers hinsichtlich des gegen ihn erlassenen Einreiseverbotes statt und behob den diesbezüglichen Spruchpunkt ersatzlos. Zur Begründung der Abweisung der Beschwerden gegen die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache führt das Bundesverwaltungsgericht aus, Maßstab der Rechtskraftwirkung bilde im vorliegenden Fall sein mündlich verkündetes Erkenntnis vom 21. Februar 2020. Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer in den vorliegenden Folgeverfahren stütze sich auf den bereits in den Erstverfahren geltend gemachten und schon seinerzeit in seiner Gesamtheit als unglaubhaft erachteten Sachverhalt, nämlich die angebliche Bedrohung durch den Ex-Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführer behaupteten damit keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände, sondern stützten sich neuerlich auf jenes Vorbringen, über das bereits mit dem erwähnten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig abgesprochen worden sei. Es liege insoweit kein geänderter Sachverhalt vor. Dem in den vorliegenden Folgeverfahren erstatteten Vorbringen, der Erstbeschwerdeführerin sei nunmehr bekannt geworden, dass im Irak ein Haftbefehl gegen ihre Person vorliege, komme aus den dargelegten Gründen kein glaubhafter Kern zu (widersprüchliches, unplausibles und nicht nachvollziehbares neues Vorbringen); dabei würde es sich überdies um – allenfalls einen Wiederaufnahmegrund bildende – "nova reperta", aber keinen geänderten Sachverhalt handeln. Den Beschwerdeführern sei es damit nicht gelungen, hinreichend substantiiert darzustellen, dass es seit dem rechtskräftigen Abschluss der Erstverfahren zu einer relevanten Änderung der maßgeblichen Umstände gekommen wäre. Dass sich die Lage in ihrem Herkunftsstaat seitdem zu ihrem Nachteil verschlechtert hätte, sei zur Begründung der Folgeanträge nicht vorgebracht worden; es habe auch keine amtswegig wahrzunehmende entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage im Irak im Sinne einer Verschlechterung der Lage seit der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Februar 2020 festgestellt werden können, wobei hinsichtlich der Situation im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie im Irak darauf hinzuweisen sei, dass die Beschwerdeführer keiner Risikogruppe angehörten. Gleichfalls habe eine maßgebliche Änderung der individuellen Situation der Beschwerdeführer nicht festgestellt werden können. Dass es im Falle ihrer Rückverbringung in den Irak zu einer maßgeblichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes kommen würde, sei weder behauptet worden, noch hätten sich im Verfahren konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben. Mit den vorliegenden Folgeanträgen sollte daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bezweckt werden, was durch §68 Abs1 AVG verhindert werden solle (vgl VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0029). Das Bundesverwaltungsgericht schließe sich somit im Ergebnis der Auffassung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht geeignet sei, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken, sondern Identität der Sache vorliege, weshalb die neuerlichen Anträge auf internationalen Schutz zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden seien.
5. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.
6. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen und auf die Begründung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
7. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat keine Äußerung erstattet.
II. Erwägungen
Die Beschwerde ist zulässig.
A. Soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebungen in den Irak und gegen die Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwilligen Ausreisen sowie – in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin – gegen die Erlassung eines auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbotes richtet, ist sie auch begründet.
1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
2. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung betreffend die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:
2.1. Auch wenn die Behörde einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gemäß §68 Abs1 AVG wegen entschiedener Sache zurückweist, hat das über die dagegen erhobene Beschwerde entscheidende Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen des Asylwerbers dahingehend zu prüfen, ob ein erstmals vorgebrachter Fluchtgrund, soweit er sachverhaltsändernde Elemente enthält, einen glaubhaften Kern aufweist und ob er im Lichte der Art2 und 3 EMRK einer Rückführung aktuell entgegensteht (vgl VfGH 14.6.2022, E447/2022 ua mwN).
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung ua davon aus, dass "keine amtswegig wahrzunehmende entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage im Irak im Sinne einer Verschlechterung der Lage" seit der Erlassung seines Erkenntnisses vom 21. Februar 2020 festgestellt habe werden können.
Dabei lässt das Bundesverwaltungsgericht allerdings die sunnitisch-arabische Identität der Beschwerdeführer und den Umstand, dass diese aus einem Gebiet stammen, das zuvor vom IS besetzt war, unberücksichtigt. Nach UNHCR werden "Personen mit überwiegend sunnitisch-arabischer Identität und zwar vornehmlich […] Männer und Jungen im kampffähigen Alter aus Gebieten, die zuvor von ISIS besetzt waren, […] Berichten zufolge kollektiv verdächtigt, mit ISIS verbunden zu sein oder ISIS zu unterstützen" (UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen, vom Mai 2019, 69) und weisen daher ein besonderes Risikoprofil auf (vgl VfGH 13.3.2022, E1628/2022 mwN).
2.3. Diesem Umstand kommt auch für die Beurteilung der sicheren Erreichbarkeit der Region, in die die Beschwerdeführer zurückkehren sollen, maßgebliche Bedeutung zu (vgl VfGH 29.11.2021, E2517-2521/2021 mwN).
Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Fassung vom 14. Mai 2020 führt im Kapitel "Bewegungsfreiheit" aus:
"Angesichts der massiven Vertreibung von Menschen aufgrund der IS-Expansion und der anschließenden Militäroperationen gegen den IS, zwischen 2014 und 2017, führten viele lokale Behörden strenge Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen ein, darunter unter anderem Bürgschafts[a]nforderungen und in einigen Gebieten nahezu vollständige Einreiseverbote für Personen, die aus ehemals vom IS kontrollierten oder konfliktbehafteten Gebieten geflohen sind, insbesondere sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren. […]"
Indem es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen hat, sich unter Berücksichtigung der Länderinformationen und des besonderen Risikoprofils der Beschwerdeführer mit der sicheren Erreichbarkeit der Herkunftsstadt auseinanderzusetzen, hat es sein Erkenntnis – soweit es sich auf die Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten und daran anknüpfend auf die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, auf die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidungen und der Abschiebungen in den Herkunftsstaat Irak ohne Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise sowie (hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin) auf die Erlassung eines auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbotes bezieht – mit Willkür belastet und ist insoweit aufzuheben.
B. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte Zurückweisung der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten richtet – wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
Die vorliegende Beschwerde behauptet die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.
Dem Bundesverwaltungsgericht ist bei Erlassung der angefochtenen Entscheidung keine Verletzung des Art3 EMRK unterlaufen, hat es sich doch in aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandender Weise mit allen aus Art3 EMRK erfließenden Aspekten auseinandergesetzt (vgl zB VfSlg 18.610/2008; zu den krankheitsbedingten Gründen vgl auch VfSlg 18.407/2008 und 19.086/2010).
Die im Übrigen gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, insbesondere der Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das neue Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin keinen glaubhaften Kern aufweist, dem Relevanz zukommt, nicht anzustellen.
III. Ergebnis
1. Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit ihre Beschwerden gegen die Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, gegen den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebungen in den Irak und gegen die Nicht-Gewährung einer Frist für die freiwilligen Ausreisen abgewiesen werden, sowie die Erstbeschwerdeführerin zusätzlich dadurch, dass ihre Beschwerde gegen die Erlassung eines auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbotes abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.
2. Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
3. Im Übrigen – soweit sich die Beschwerde gegen die durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigte Zurückweisung der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten richtet – wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen und diese gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten (zum System der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof durch den Verfassungsgerichtshof nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vgl VfSlg 19.867/2014).
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 479,60 enthalten.
Schlagworte
Asylrecht, res iudicata, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E3609.2021Zuletzt aktualisiert am
22.11.2022