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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AWG 2002 §5Rechtssatz
Der EuGH zitiert in der Rs C-629/19, Sappi, Urteil vom 14. Oktober 2020, zwar sein - ebenfalls Klärschlamm betreffendes - Urteil vom 28. März 2019 zur Rs C-60/18, Tallinna Vesi AS gegen Keskkonnaamet. Er befasst sich aber nicht mit den dortigen ausdrücklichen Ausführungen, wonach den Mitgliedstaaten ein Ermessen jedenfalls insofern zusteht, für Klärschlamm gar kein Abfallende vorzusehen, und sich nicht bereits anhand der in Art. 6 Abs. 1 Abfallrahmenrichtlinie vorgesehenen Bedingungen unmittelbar feststellen lässt, dass bestimmte Abfälle oder Kategorien von Abfällen nicht mehr als solche anzusehen sind (vgl. EuGH Rs Tallinna Vesi). Das Urteil des EuGH in der Rs Sappi kann daher - um einen Widerspruch zum Urteil in der Rs Tallinna Vesi zu vermeiden - nur so verstanden werden, dass dem vorlegenden Gericht die Prüfung der allgemeinen Bedingungen nach Art. 6 Abs. 1 Abfallrahmenrichtlinie im Rahmen der konkreten innerstaatlichen Umsetzung dieser Bestimmung aufgetragen wurde, und nicht, dass die Prüfung - in nicht weiter begründeter Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung - unmittelbar anhand des Art. 6 Abs. 1 Abfallrahmenrichtlinie ohne weitere Beachtung allfälliger unionsweiter Kriterien nach Abs. 2 oder der tatsächlichen Umsetzung im nationalen Recht (nach Abs. 3 und 4) erfolgen soll. Aus dem genannten Urteil lässt sich somit nicht ableiten, dass die Feststellung des Endes der Abfalleigenschaft bei Fehlen einer Abfallendeverordnung unmittelbar anhand der allgemeinen Bedingungen nach Art. 6 Abs. 1 Abfallrahmenrichtlinie (bzw. § 5 Abs. 2 AWG 2002) zu erfolgen hätte, wenn das nationale Recht eine Einzelfallentscheidung iSd. Art. 6 Abs. 4 Abfallrahmenrichtlinie gerade nicht vorsieht. Angesichts der österreichischen Regelung in § 5 AWG 2002, unter welchen Voraussetzungen das Ende der Abfalleigenschaft eintritt, ist nicht anzunehmen, dass der EuGH die Nutzung der Option des Art. 6 Abs. 4 Abfallrahmenrichtlinie durch den österreichischen Gesetzgeber "so selbstverständlich bejaht" hätte, dass er deshalb dazu (so wie überhaupt zur innerstaatlichen österreichischen Rechtslage) keine Ausführungen getätigt habe.
Gerichtsentscheidung
EuGH 62018CJ0060 Tallinna VORABSchlagworte
Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021070068.L09Im RIS seit
21.11.2022Zuletzt aktualisiert am
21.11.2022