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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AWG 2002 §2 Abs5 Z6Rechtssatz
Die österreichische Umsetzung von Art. 6 Abfallrahmenrichtlinie sieht in § 5 Abs. 2 AWG 2002 vor, dass die zuständige Bundesministerin mit Verordnung festlegen kann, unter welchen Voraussetzungen, zu welchem Zeitpunkt und für welchen Verwendungszweck bei bestimmten Abfällen die Abfalleigenschaft endet. Eine solche Verordnung darf nur erlassen werden, wenn näher genannte Bedingungen (welche jenen des Art. 6 Abs. 1 Abfallrahmenrichtlinie entsprechen) vorliegen, und hat nach § 5 Abs. 3 AWG 2002 entsprechend den Erfordernissen des Umweltschutzes unter anderem die Festlegung von Qualitätskriterien und die Begrenzung abfallspezifischer Schadstoffe vorzusehen (vgl. dazu Art. 6 Abs. 2 lit. c Abfallrahmenrichtlinie). Das Ende der Abfalleigenschaft tritt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 AWG 2002 entweder bei Erfüllung der Voraussetzung einer (unionsweiten) Verordnung nach Art. 6 Abs. 2 Abfallrahmenrichtlinie, einer (nationalen) Verordnung nach § 5 Abs. 2 AWG 2002 oder sonst erst mit der Verwendung unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten, allenfalls auch mit dem Abschluss einer Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 6 AWG 2002 ein. Eine Möglichkeit, unabhängig von der Erfüllung der in diesen generellen Regelungen aufgestellten Voraussetzungen die Abfalleigenschaft (vorzeitig) zu beenden oder das Abfallende implizit vorzeitig anzunehmen - etwa durch eine behördliche Entscheidung in einem Einzelfall - sieht das österreichische Recht damit nicht vor. Dementsprechend hat der VwGH bei Fehlen einer Abfallendeverordnung Einzelfallbeurteilungen, die von der Grundregel des § 5 Abs. 1 AWG 2002 abweichen, stets ausgeschlossen: So wurde bereits zur Stammfassung des AWG 2002 unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien ausgesprochen, dass die Möglichkeit, mit Verordnung den Zeitpunkt des Endes der Abfalleigenschaft unter Berücksichtigung bestimmter Qualitätskriterien, abfallspezifischer Schadstoffgehalte, der Verwendungszwecke und der Absatzmöglichkeiten für bestimmte Abfallarten zu konkretisieren, noch nicht die Beurteilung ändert, ob bestimmte Sachen als Abfälle anzusehen sind, und (im dortigen Fall) schon mangels einer anwendbaren Abfallendeverordnung für nicht verunreinigten Boden (Bodenaushubmaterial) die bloße Übernahme zum Transport für den Eintritt des Abfallendes nicht ausreichend ist (VwGH 28.4.2005, 2003/07/0017). Nach der Judikatur des EuGH zur Abfallrahmenrichtlinie 75/442/EWG idF. der Richtlinie 91/156/EWG bleibt es dem nationalen Gesetzgeber überlassen, unter Berücksichtigung der Effektivität des Unionsrechtes Bestimmungen über das Ende der Abfalleigenschaft zu erlassen (VwGH 26.5.2011, 2009/07/0208). In Fortführung dieser Rechtsprechung wurde auch nach der AWGNov 2010 (und damit der Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG) etwa das Abfallende für einen (u.a. aus Klärschlamm bestehenden) "Pflanzengrund" allein nach § 5 Abs. 1 AWG 2002 (unmittelbare Verwendung) beurteilt, weil er die Voraussetzungen der nach § 5 Abs. 2 AWG 2002 erlassenen Kompostverordnung, BGBl. II Nr. 292/2001, nicht erfüllte (VwGH 20.3.2013, 2010/07/0175). Schließlich hat der VwGH auch bereits ausdrücklich und unter Bezugnahme auf EuGH 7.3.2013, C-358/11, Lapin iuonnonsuojelupiiri, ausgeführt, dass sich anhand der Bedingungen des Art. 6 Abs. 1 Abfallrahmenrichtlinie nicht unmittelbar ermitteln lasse, ob bestimmte Abfälle nicht mehr als solche anzusehen sind - also eine unmittelbare Anwendung dieser Kriterien abgelehnt. Weil bezüglich der dort strittigen Baurestmassen weder auf Gemeinschaftsebene Kriterien festgelegt, noch in Österreich gemäß § 5 Abs. 2 AWG 2002 eine einschlägige Abfallendeverordnung erlassen worden ist, kann das Abfallende nur nach § 5 Abs. 1 AWG 2002 (mit dem unmittelbaren Verwenden) eintreten (VwGH 24.9.2015, 2013/07/0098).
Gerichtsentscheidung
EuGH 62011CJ0358 Lapin luonnonsuojelupiiri VORABSchlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021070068.L02Im RIS seit
21.11.2022Zuletzt aktualisiert am
21.11.2022