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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Bürgermeister der Marktgemeinde Seeboden am Millstätter See, vertreten durch die Piaty Müller-Mezin Schoeller Partner GmbH & Co KG in 8010 Graz, Glacisstraße 27/2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 27. Juni 2022, KLVwG-1704/18/2021, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens (mitbeteiligte Partei: A E in S, vertreten durch die Todor-Kostic Rechtsanwälte GesbR in 9220 Velden am Wörthersee, Karawankenplatz 1; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 26. November 2021, mit welchem Mag. E. (im Folgenden: Bauwerber) die Baubewilligung für die Sanierung und den Umbau des bestehenden Gebäudes, für den Abbruch eines Nebengebäudes, für die Errichtung einer Carportanlage sowie für den Abbruch und die Neuerrichtung einer Mauer auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG S. erteilt worden war, stattgegeben und das Bezug habende Bauansuchen des Bauwerbers zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
5 Begründend stellte das Verwaltungsgericht - soweit im Revisionsfall relevant - fest, dass das Bestandsgebäude mit untrennbaren Teilen auf dem Grundstück der Mitbeteiligten zu liegen komme. Die Gebäudeteile würden sowohl im Untergeschoss als auch im Erdgeschoss die ostseitige Grundstücksgrenze überragen. Die Mitbeteiligte spreche sich gegen das Bauvorhaben aus und erteile zu diesem auch ausdrücklich nicht ihre Zustimmung. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, dem Vorbringen, dass die Zustimmung der Mitbeteiligten deshalb nicht erforderlich sei, weil sich die baulichen Maßnahmen nicht auf den auf ihr Grundstück ragenden Gebäudeteil bezögen, könne nicht gefolgt werden, zumal sich das Bauvorhaben auf ein einheitliches Bauwerk beziehe, welches Umbaumaßnahmen und einer Verwendungsänderung unterzogen werden solle. Der auf das Grundstück der Mitbeteiligten ragende Gebäudeteil sei untrennbar mit dem vom Vorhaben umfassten Bestandsgebäude verbunden und stelle mit diesem eine bauliche Einheit dar, weshalb der Umbau des Bestandsgebäudes der Zustimmung der Mitbeteiligten bedürfe.
6 Die revisionswerbende Partei bringt in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision vor, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob in einem Bauverfahren nach der Kärntner Bauordnung 1996 - K-BO 1996 auch die Zustimmung jener Grundeigentümer, auf deren Grundstücken sich nicht zu verändernde Bestandsgebäude befänden, aber keine bewilligungspflichtigen baulichen Maßnahmen stattfinden sollen, gemäß § 10 Abs. 1 lit. b K-BO 1996 beizubringen sei. Die Regelung des § 10 Abs. 1 lit. b K-BO 1996 sei auch nicht eindeutig, weil sich daraus nicht zweifelsfrei ergebe, welcher Grundeigentümer damit gemeint sei, also entweder ein solcher, auf dessen Grundstück Baumaßnahmen stattfinden sollen oder ein solcher, auf dessen Grundstück sich nur Bestandsgebäude befänden, aber keine Baumaßnahmen stattfinden sollen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 7.9.2017, Ra 2017/06/0146, mwN).
8 Dies ist hier der Fall: Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis bildet der auf das Grundstück der Mitbeteiligten ragende Gebäudeteil eine bauliche Einheit mit dem Bestandsgebäude. Dass der Grenzüberbau zu einem Eigentumserwerb am Nachbargrund geführt habe (vgl. etwa VwGH 25.10.1994, 95/05/0122), wurde nicht festgestellt. Somit bildet das Grundstück der Mitbeteiligten selbst einen Teil des Baugrundstückes (vgl. dazu etwa VwGH 10.4.2019, Ra 2018/06/0330). Gemäß § 23 Abs. 1 lit. b und c K-BO 1996 sind der Grundeigentümer und die Miteigentümer des Baugrundstückes, deren Zustimmung nach § 10 Abs. 1 lit. b leg. cit. erforderlich ist, Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Nach § 10 Abs. 1 lit. b erster Halbsatz K-BO 1996 ist ein Beleg über die Zustimmung des Grundeigentümers oder der Miteigentümer, wenn der Antragsteller nicht Eigentümer oder Alleineigentümer ist, beizubringen. Wie sich aus einer Zusammenschau dieser Bestimmungen klar ergibt, ist - abgesehen von hier nicht relevanten Vorhaben innerhalb eines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjektes - für den Fall, dass der Bauwerber nicht (Allein)Eigentümer des Baugrundstückes ist, ein Beleg über die Zustimmung aller (Mit)Eigentümer beizubringen. Eine Einschränkung dahingehend, dass im Fall von baulichen Maßnahmen an einem sich auf Grundstücken mehrerer Eigentümer befindlichen, bautechnisch nicht trennbaren Bestandsgebäude nur die Zustimmung jener Eigentümer beizubringen sei, auf deren Grundstück sich ein von den baulichen Maßnahmen betroffener Gebäudeteil befindet, lässt sich hingegen weder dem Gesetzeswortlaut noch der hg. Judikatur entnehmen (vgl. VwGH 2.10.2020, Ra 2020/06/0148).
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060228.L00Im RIS seit
19.11.2022Zuletzt aktualisiert am
19.11.2022