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L0350 GemeindewahlNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Zurückweisung einer Anfechtung der Wahl zum Gemeinderat einer Tiroler Gemeinde; Ausschluss von der Wahl aus in der Person des Wahlwerbers liegenden Gründen; keine Legitimation zur Geltendmachung von Mängeln betreffend die Ermittlung der Wahlzahl und die Gültigkeit von Vorzugsstimmen des nicht als Zustellbevollmächtigten, sondern als Wahlwerber auftretenden Anfechtungswerbers; Wahlanfechtung überdies mangels Stellung eines Antrags auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens unzulässig sowie auch verspätetRechtssatz
Unzulässigkeit der Anfechtung der Wahl zum Gemeinderat der Gemeinde Kappl vom 27.02.2022.
Der VfGH hat in VfSlg 6739/1972 ausgesprochen, dass unter Aberkennung der Wählbarkeit nur solche Maßnahmen zu verstehen sind, durch die der Wahlwerber davon ausgeschlossen wird, gewählt zu werden; andere Maßnahmen im Verlaufe des Wahlverfahrens, mögen sie auch auf die Wahl und die durch diese bedingte Position des Wahlwerbers von Einfluss sein, haben keinen Einfluss auf die Wählbarkeit. Unter Aberkennung der Wählbarkeit ist demgemäß insbesondere auch die Nichtzulassung zur Wahl aus in der Person des Wahlwerbers gelegenen Gründen zu verstehen, nicht hingegen die Zurückweisung eines Wahlvorschlages aus anderen Gründen.
Aus den Wahlakten geht eindeutig hervor, dass der unter anderem auf den Anfechtungswerber (der ausdrücklich nicht als Zustellungsbevollmächtigter einer Wählergruppe, sondern als Wahlwerber einschreitet) lautende Wahlvorschlag als gültig eingebracht angesehen und der Wahl zugrunde gelegt wurde. Insofern kann nicht erkannt werden, dass der Anfechtungswerber davon ausgeschlossen gewesen wäre, gewählt zu werden. Die Ermittlung der Wahlzahl und die Beurteilung der Gültigkeit von Vorzugsstimmen, gegen die sich der Anfechtungswerber wendet, betreffen vor dem Hintergrund, dass der Anfechtungswerber in keiner Weise dargelegt hat, inwiefern sich die behaupteten Rechtswidrigkeiten ausschließlich auf die Person des Anfechtungswerbers beziehen würden, einen Teil des Wahlverfahrens, der auf die Wählbarkeit keinen Einfluss hat. Der Anfechtungswerber ist daher zur Anfechtung der Wahl nicht legitimiert.
Aus dem vorgelegten Wahlakt ergibt sich, dass die Gemeindewahlbehörde das Ergebnis der Wahl der Mitglieder des Gemeinderates am 27.02.2022 (Beendigung des Wahlverfahrens und damit maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Anfechtungsfrist) kundgemacht hat. Die am 04.04.2022 eingebrachte Anfechtung erweist sich daher - unabhängig davon, dass der Anfechtungswerber auch einen Überprüfungsantrag gestellt hat, den die Gemeindewahlbehörde zurückgewiesen hat - als verspätet.
In der vorliegenden Wahlanfechtung wird lediglich "ersuch[t, ...] eine Überprüfung vorzunehmen[,] um Klarheit in dieser Angelegenheit zu bekommen". Entgegen der zwingenden Bestimmung des §67 Abs1 VfGG lässt die Wahlanfechtung somit einen (begründeten) Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens (oder eines Teiles desselben) vermissen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Wahlanfechtung, Gemeinderat, VfGH / Legitimation, Wählergruppe, VfGH / Fristen, Wahlen, Zustellungsbevollmächtigter, VfGH / AntragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:WI3.2022Zuletzt aktualisiert am
18.11.2022