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10/04 WahlenNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Zurückweisung einer Anfechtung der Wahl des Bundespräsidenten wegen Verspätung mangels Einbringung der Anfechtung innerhalb einer Woche vom Tag der VerlautbarungSpruch
Die Anfechtung wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Der Einschreiter hatte sich bereits mit am 21. September 2022 eingelangter Eingabe an den Verfassungsgerichtshof gewandt und den "sofortigen Stop" des Wahlverfahrens verlangt. Da sich eine Wahlanfechtung gemäß Art141 Abs1 lita B-VG nur gegen ein bereits abgeschlossenes Wahlverfahren richten kann (vgl VfSlg 6306/1970, 8953/1980, 9963/1984), wurde die vor dem Wahltag und der Verlautbarung des Ergebnisses eingebrachte Eingabe (schon aus diesem Grund) mit hg. Beschluss vom 29. September 2022, WI4/2022, zurückgewiesen.
2. In einem als "Anzeige / Klage / Wahlanfechtung der Bundespräsidentenwahl 2022" bezeichneten Anbringen, das laut Poststempel am 24. Oktober 2022 aufgegeben wurde und am 28. Oktober 2022 am Verfassungsgerichtshof einlangte, moniert der Einschreiter neuerlich die rechtswidrige Durchführung der Wahl des Bundespräsidenten und verlangt Folgendes:
"Um dies alles in Zukunft zu verhindern und eine rechtsgültige Wahl zu gewährleisten sind für die Bundespräsidentenwahl 2022 entweder alle Kandidaten welche zum Stichtag 2.September mehr als 6 Unterstützungserklärungen eingereicht haben und die Gebühren von 3.600 Euro fristgerecht eingezahlt haben zur Wahl am 9. Oktober zuzulassen oder mit sofortiger Wirkung alle Kandidaten einschließlich des Amtsinhabers zu informieren, dass das bisherige Vorgehen und somit die Abläufe ungültig sind und die Bundeswahlbehörde binnen 10 Tagen neue Termine festlegt wie —
- Starttag zum Sammeln der Unterstützungserklärungen
- den ORF zu instruieren, was seine Pflicht ist als mit Zwangsgebühren der Bevölkerung finanzierter Sender, nämlich objektive Berichterstattung über alle Kandidaten einer Wahl
- genaue Aussage wie viele Unterstützungserklärungen jeder Kandidat bis zu welchem Stichtag abzuliefern hat, 6 (sechs) oder 6.000 (sechstausend) einen neuen Termin für die Bundespräsidentenwahl festzulegen.
Allein der Kosten wegen hätte bereits nach Einreichung der Wahlvorschläge und gleichzeitigem Bekanntwerden der Unzulänglichkeiten und Behinderungen beim Sammeln der Unterstützungserklärungen, der laufende Wahlprozess gestoppt werden müssen — hier wurden Gelder verbrannt, die nicht hätten sein müssen."
3. Das Ergebnis der Wahl wurde von der Bundeswahlbehörde gemäß §21 Abs1 iVm §17 BPräsWG am 17. Oktober 2022 verlautbart. Eine Anfechtung ist vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlages nach §21 Abs2 BPräsWG innerhalb einer Woche vom Tag der Verlautbarung beim Verfassungsgerichtshof einzubringen.
4. Die Berechnung dieser Frist wird nicht im BPräsWG geregelt; das BPräsWG verweist in §24 Abs1 auf §123 NRWO. Nach dieser Bestimmung haben Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage und der Karfreitag keinen Einfluss auf den Lauf sowie den Ablauf von Fristen (Abs1), zudem sind die Tage des Postlaufes gemäß §123 Abs2 NRWO in die Frist einzurechnen (vgl auch Frank, Art60 B-VG, §§24a Abs9–15, 26b Abs2 und 3 BPräsWG, in: Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 28. Lfg 2022, Rz 24).
5. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die mit einer Woche kurz bemessene Frist bestehen – auch unter Berücksichtigung der Einrechnung des Postlaufes – vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles nicht. Im Übrigen behauptet der Einschreiter lediglich Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Sammeln von Unterstützungserklärungen, die sich bereits vor der Mitteilung vom 8. September 2022, dass sein Wahlvorschlag nach §8 Abs3 BPräsWG als nicht eingebracht gilt, ereignet haben sollen. Dem Einschreiter stand damit ausreichend Zeit zur Verfügung, um die erforderlichen Informationen einzuholen und nachvollziehbar darzulegen (vgl VfSlg 15.033/1997, 20.067/2016, 20.071/2016 hinsichtlich der Überlegungen zur Zugänglichkeit von Informationen für die wahlwerbenden Parteien im Wege der von ihnen in die Wahlbehörden zu entsendenden Beisitzer oder Vertrauenspersonen).
6. Im vorliegenden Fall ist die einwöchige Anfechtungsfrist am Montag, 24. Oktober 2022, abgelaufen. Obwohl das als Wahlanfechtung bezeichnete Anbringen bereits an diesem Tag zur Post gegeben wurde, ist die Frist damit nicht gewahrt, weil das Anbringen erst am Freitag, 28. Oktober 2022, und damit verspätet beim Verfassungsgerichtshof einlangte.
7. Auf Grund der Verspätung kann dahinstehen, ob das Anbringen des Einschreiters den Anforderungen an eine Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG iVm §21 Abs2 BPräsWG entspricht, wonach die Anfechtung den begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten hat (vgl VfSlg 17.305/2004, 17.589/2005, 19.245/2010). Ungeachtet dessen wird hinsichtlich der vorgebrachten Unklarheit betreffend die erforderliche Zahl an Unterstützungserklärungen und hinsichtlich der behaupteten Beeinträchtigung des Sammelns von Unterstützungserklärungen auf den hg. Beschluss vom heutigen Tag, WI9/2022, verwiesen.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Wahlen, Bundespräsident, VfGH / Wahlanfechtung, VfGH / FristenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:WI11.2022Zuletzt aktualisiert am
18.11.2022