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10/04 WahlenNorm
B-VG Art26, Art60, Art141 Abs1 litaLeitsatz
Zurückweisung einer Anfechtung der Wahl des Bundespräsidenten mangels Zahlung des vorgeschriebenen Kostenbeitrags des WahlverfahrensSpruch
Die Anfechtung wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Sachverhalt, Anfechtung, Vorverfahren
1. Mit Verordnung der Bundesregierung über die Ausschreibung der Wahl des Bundespräsidenten, die Festsetzung des Wahltages und des Stichtages, BGBl II 273/2022, wurde die Wahl des Bundespräsidenten ausgeschrieben. Diese fand am 9. Oktober 2022 als dem in der Verordnung festgelegten Wahltag statt.
2. Der Anfechtungswerber legte der Bundeswahlbehörde am 2. September 2022 einen Wahlvorschlag (mit drei Unterstützungserklärungen) vor, in dem er als Wahlwerber und auch als zustellungsbevollmächtigter Vertreter angeführt ist. Den gemäß §7 Abs9 BPräsWG vorgeschriebenen Kostenbeitrag erlegte er weder in bar, noch wies er dessen Einzahlung durch Vorlage eines Zahlungsbeleges nach.
3. Die Bundeswahlbehörde informierte den Anfechtungswerber mit Schreiben vom 3. September 2022 darüber, dass der Wahlvorschlag iSd §7 Abs9 BPräsWG als nicht eingebracht zu gelten habe. In der Folge wurde der Wahlvorschlag des Anfechtungswerbers nicht in die Veröffentlichung der dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschläge gemäß §9 BPräsWG aufgenommen und schien der Name des Anfechtungswerbers am amtlichen Stimmzettel für die Wahl am 9. Oktober 2022 nicht auf (§11 BPräsWG).
4. Mit der vorliegenden Eingabe begehrt der Anfechtungswerber "die Wahl aufzuheben", den "Wahlvorschlag lautend auf '************, ***' als eingebracht zu werten" und §7 Abs9 BPräsWG als verfassungswidrig aufzuheben. Begründend führt er auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass das in §7 Abs9 BPräsWG statuierte Erfordernis eines Kostenbeitrages verfassungswidrig sei, weil es sich um eine mit dem Grundsatz der freien Wahl unvereinbare Beschränkung des passiven Wahlrechts handle.
5. Von der Bundeswahlbehörde wurden die erforderlichen Wahlakten vorgelegt und eine Stellungnahme erstattet. In dieser wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Anfechtungswerber im Zuge der Amtshandlung am 2. September 2022 ausdrücklich auf die Folgen der fehlenden Entrichtung des – in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bereits als verfassungskonform qualifizierten – Kostenbeitrages hingewiesen worden sei. In einem solchen Fall habe der Wahlvorschlag als nicht eingebracht zu gelten, die Erteilung eines Verbesserungsauftrages sei gesetzlich nicht vorgesehen. Ungeachtet des weiteren, ohnehin nicht hinreichend substantiierten Vorbringens sei die Wahlanfechtung schon aus diesem Grund zurückzuweisen.
II. Rechtslage
§7 Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 – BPräsWG, BGBl 57/1971, idF BGBl I 101/2022 lautet auszugsweise:
"§7. (1) Wahlvorschläge für die Wahl des Bundespräsidenten müssen der Bundeswahlbehörde spätestens am siebenunddreißigsten Tag vor dem Wahltag bis 17 Uhr vorgelegt werden; §42 Abs1 NRWO ist sinngemäß anzuwenden. Den Wahlvorschlägen sind insgesamt 6 000 Unterstützungserklärungen nach Muster der Anlage 1 und Auslands-Unterstützungserklärungen nach Muster der Anlage 7 anzuschließen.
(2) - (6) […]
(7) Der Wahlvorschlag hat zu enthalten:
1. Vornamen, Familiennamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Beruf und Wohnort des Wahlwerbers;
2. die Erklärung des Wahlwerbers, daß er der Aufnahme in den Wahlvorschlag zustimmt;
3. die Bezeichnung eines zustellungsbevollmächtigten Vertreters, der die Voraussetzungen des §41 NRWO erfüllt und ermächtigt ist, die Unterzeichner des Wahlvorschlages zu vertreten, sowie zumindest zweier Stellvertreter, die ebenfalls die Voraussetzungen des §41 NRWO erfüllen.
(8) Dem Wahlvorschlag müssen ferner Bestätigungen der Gemeinde beiliegen, dass der zustellungsbevollmächtigte Vertreter und seine Stellvertreter am Stichtag in der Wählerevidenz eingetragen und wahlberechtigt (§21 Abs1 NRWO) waren. Sind sie Unterstützer des Wahlvorschlages, so entfallen diese Bestätigungen. Abs2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.
(9) Gleichzeitig mit der Überreichung des Wahlvorschlages (Abs1) hat der zustellungsbevollmächtigte Vertreter des Wahlvorschlages bei der Bundeswahlbehörde einen Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahren in der Höhe von 3 600 Euro bar zu erlegen. Anstelle des Barerlags kann auch die Vorlage eines Zahlungsbelegs treten, aus dem die Einzahlung des Kostenbeitrags auf ein Konto des Bundesministeriums für Inneres hervorgeht. Wird der Kostenbeitrag nicht erlegt, so gilt der Wahlvorschlag als nicht eingebracht."
III. Erwägungen
1. Die Wahlanfechtung ist unzulässig:
2. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Anfechtung der Wahl des Bundespräsidenten (vgl VfSlg 10.951/1986, 13.068/1992, 13.071/1992, 15.168/1998, 15.169/1998, 17.191/2004, 17.192/2004, 20.071/2016).
2.1. Nach §21 Abs2 BPräsWG ist die Anfechtung der Wahlentscheidung der Bundeswahlbehörde (§21 Abs1) wegen jeder behaupteten Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens innerhalb einer Woche vom Tag der Verlautbarung beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Anfechtung hat den begründeten Antrag auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben zu enthalten. Auf das Verfahren über solche Anfechtungen sind die Bestimmungen der §§68 Abs2, 69, 70 Abs1 und 4 VfGG sinngemäß anzuwenden.
2.1.1. Gemäß §21 Abs2 BPräsWG kann die Wahlentscheidung der Bundeswahlbehörde beim Verfassungsgerichtshof nur "vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter eines dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlages (§9) angefochten werden". Die Legitimation zur Anfechtung der Wahl des Bundespräsidenten ist allein auf Grund dieser – gegenüber §67 Abs2 VfGG speziellen – Regelung des §21 Abs2 BPräsWG zu beurteilen (zB VfGH 18.6.2016, WI7/2016 mwN).
2.1.2. §21 Abs2 BPräsWG ist dahin zu verstehen, dass den dem Gesetz entsprechenden Wahlvorschlägen jene gleichzuhalten sind, die bei rechtskonformer Durchführung des Wahlverfahrens dem Gesetz entsprochen hätten; dies ergibt sich nicht nur aus dem Sinn des Gesetzes, sondern ist auch aus dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung abzuleiten; nur diese (extensive) Interpretation gewährleistet nämlich die von Art141 Abs1 B-VG auch für die Wahl des Bundespräsidenten vorgesehene umfassende Kontrolle des Wahlverfahrens (vgl VfSlg 10.951/1986, VfGH 28.6.2016, WI5/2016). Die Anfechtungslegitimation des zustellungsbevollmächtigten Vertreters eines nicht veröffentlichten Wahlvorschlages betrifft lediglich die Überprüfung der Entscheidung, den Wahlvorschlag nicht zuzulassen und zu veröffentlichen (vgl VfGH 28.6.2016, WI10/2016).
3. Der Anfechtungswerber hat bei der Bundeswahlbehörde einen Wahlvorschlag für die Wahl des Bundespräsidenten vorgelegt, jedoch den gemäß §7 Abs9 BPräsWG erforderlichen Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahrens in der Höhe von € 3.600,– nicht erlegt. §7 Abs9 letzter Satz BPräsWG bestimmt aber für diesen Fall, dass der Wahlvorschlag als nicht eingebracht gilt. Ein derartiger Mangel ist nicht verbesserungsfähig. Es hatte daher auch kein entsprechender (Verbesserungs-)Auftrag (etwa iSd §8 Abs3 letzter Satz BPräsWG) zu ergehen (vgl VfGH 28.6.2016, WI5/2016 mwN).
4. Im Hinblick auf die in der Anfechtungsschrift behaupteten Verletzungen von Wahlgrundsätzen insbesondere durch §7 Abs9 BPräsWG ist zunächst auf Art60 Abs1 B-VG zu verweisen, der die sinngemäße Anwendbarkeit von Art26 Abs5 bis 7 B-VG vorsieht. Gemäß Art26 Abs7 B-VG werden die näheren Bestimmungen über das Wahlverfahren durch Bundesgesetz getroffen. Aus diesem Grund hegt der Verfassungsgerichtshof – wie bereits in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen (vgl zur Bundespräsidentenwahl bereits VfSlg 13.068/1992, 15.169/1998, 17.192/2004; VfGH 28.6.2016, WI5/2016 und unter Berücksichtigung der bereits in VfSlg 15.169/1998 ausgesprochenen Übertragbarkeit der Überlegungen auf die Bundespräsidentenwahl darüber hinaus auch VfSlg 2758/1954, 3969/1961, 6087/1969, 6201/1970, 6207/1970, 7387/1974, 7821/1976, 8694/1979, 10.217/1984, 11.256/1987) – keine Bedenken gegen das (in den einfachgesetzlichen Wahlordnungen vorgesehene) System der Unterstützungserklärungen. In gleicher Weise ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Wahlverfahrens, wie ihn unter anderem §7 Abs9 BPräsWG vorsieht, sowie die Behandlung eines Wahlvorschlages, für den der Kostenbeitrag nicht erlegt wurde, als nicht eingebracht verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl VfSlg 15.168/1998, 17.191/2004; VfGH 28.6.2016, WI5/2016; sowie VfSlg 12.721/1991 zu Wahlvorschlägen nach der Nationalratswahlordnung mwN). Die Bundeswahlbehörde handelte sohin rechtmäßig, wenn sie den auf den Anfechtungswerber lautenden Wahlvorschlag, für den der Kostenbeitrag nicht entrichtet wurde, nicht veröffentlichte (§9 BPräsWG).
5. Die Wahlanfechtung ist daher schon aus dem genannten Grund mangels Legitimation des Anfechtungswerbers zurückzuweisen, ohne dass auf das weitere Vorbringen in der Wahlanfechtungsschrift eingegangen werden muss (vgl VfSlg 15.168/1998, 17.191/2004; 28.6.2016, WI5/2016 sowie VfSlg 12.721/1991, 14.678/1996 – zum Kostenbeitrag nach der Europawahlordnung).
IV. Ergebnis
1. Die Wahlanfechtung ist mangels Legitimation des Anfechtungswerbers zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Wahlen, Bundespräsident, VfGH / Wahlanfechtung, VfGH / Legitimation, Kosten, VerfahrenskostenbeitragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:WI10.2022Zuletzt aktualisiert am
18.11.2022