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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AAV §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des F in O, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 5. Dezember 1994, Zl. Senat MD-94-578, betreffend Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 5. Dezember 1994 wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Beauftragter eines näher bezeichneten Unternehmens mit dem Sitz in Niederösterreich verschiedener Verwaltungsübertretungen nach § 31 Abs. 2 lit. p Arbeitnehmerschutzgesetz schuldig erkannt; über ihn wurden neun Geldstrafen von je S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde hätte in ihrem Bescheid die örtliche Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde feststellen müssen.
Dem ist zu entgegnen, daß gemäß § 27 Abs. 1 VStG die Behörde örtlich zuständig ist, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde, auch wenn der zum Tatort gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Als der Ort, an dem die im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes gebotenen Vorsorgehandlungen unterlassen wurden, ist jener anzusehen, wo der Täter gehandelt hat oder bei Unterlassungsdelikten handeln hätte sollen. Eine Verwaltungsübertretung ist daher regelmäßig an jenem Ort als begangen anzusehen, von dem aus der Beschwerdeführer die ihm obliegenden Aufgaben tatsächlich ausgeübt hat bzw. ausüben hätte sollen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0107). Es ist daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin zu sehen, daß die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer als Filialinspektor am Sitz der Firmenleitung zu handeln gehabt hätte.
Der Beschwerdeführer sieht die Bestimmung des § 22 VStG dadurch verletzt, daß die zu den Punkten 1 bis 7 des angefochtenen Bescheides behaupteten Verwaltungsübertretungen Einengungen und Verstellungen von Verkehrswegen zum Inhalt hätten. Damit werde ein und dasselbe Verhalten, nämlich die angeblich unzulässige Einengung unter insgesamt
7 Gesichtspunkten als gesonderte Verwaltungsübertretung behandelt. Die mehrfache Bestrafung wegen ein und desselben Verhaltens widerspreche jedoch dem im Verwaltungsstrafrecht geltenden Grundsatz, daß ein und dasselbe Verhalten nicht mehrfach bestraft werden dürfe. Da die Beschwerde Ausführungen dazu vermissen läßt, warum die von der belangten Behörde festgestellten Verstöße gegen Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes rechtlich miteinander verbundene Sachverhalte betreffen sollen, die vorgeworfenen Einengungen sowohl Notausgänge als auch Verkehrswege betroffen haben und sich sowohl hinsichtlich der örtlichen Lage im Geschäftslokal als auch hinsichtlich des Ausmaßes der Einengungen unterscheiden, kann kein Zweifel daran bestehen, daß mehrere selbständige verwaltungsstrafrechtlich verfolgbare Tatbestände vorliegen.
Der Beschwerdeführer meint ferner, daß ein tatbildmäßiges Verhalten hinsichtlich Punkt 8 des angefochtenen Bescheides nicht vorliege, und übersieht dabei, daß ein Feuerlöscher, dessen Griff sich in einer Höhe von 1,80 m befindet, bei einer Lagerung von zwei Reihen Getränkekisten, die bis an die Unterkante des Handfeuerlöschers reichen, dem Regelungszweck einer "leichten Erreichbarkeit" (vgl. auch § 76 Abs. 1 AAV) nicht gerecht werden kann.
Schließlich bringt der Beschwerdeführer vor, die verhängte Geldstrafe erweise sich als nicht dem Gesetz entsprechend und sei deshalb zu hoch, weil die mit der Tat verbundene Schädigung oder Gefährdung anderer Schutzinteressen sowie das Auftreten sonstiger nachteiliger Folgen nicht entstehen hätten können, weil es sich bei den angelasteten Verwaltungsübertretungen lediglich um solche gehandelt habe, die im Zuge unvermeidbarer Einräumvorgänge nur für kurze Zeit in der Filiale entstanden seien. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, bei der Strafbemessung die in der Person des Beschwerdeführers liegenden Milderungsgründe, wie ordentlicher Lebenswandel und Widerspruch der Tat mit dem sonstigen Verhalten, die Mitwirkung bei der vollständigen Aufklärung des Sachverhaltes, das Begehen der Tat vor längerer Zeit und das Wohlverhalten seither zu berücksichtigen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde diesen Grundsätzen für die Strafbemessung entsprochen. Für eine Berücksichtigung der erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Strafmilderungsgründe bietet der Akteninhalt keinen Anhaltspunkt. Im angefochtenen Bescheid wird zur Strafbemessung ausgeführt, daß der Beschwerdeführer, der zum Zeitpunkt der Begehung dieser Verwaltungsübertretungen noch als Filialinspektor beschäftigt gewesen sei, seit kurzem zum Filialleiter zurückgestuft worden sei und der primäre spezialpräventive Zweck an Bedeutung verloren habe, dies im Hinblick auf die nunmehr doch untergeordnete Stellung und den mangelnden Einflußbereich des Bestraften. Angesichts dessen, daß die belangte Behörde die geänderte arbeitsrechtliche Position des Beschwerdeführers bereits berücksichtigt und die Verwaltungsübertretungen, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurden, mit Strafe bis zu S 50.000,-- bedroht sind, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde bei der Strafzumessung ihren Ermessensspielraum überschritten hätte.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im Hinblick auf diese Entscheidung erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Ermessen Geldstrafe und Arreststrafe Rücksichten der GeneralpräventionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995020060.X00Im RIS seit
01.06.2001