Norm
BDG 1979 §§43 Abs1 und 2, 44 Abs1, 45 Abs1, 91 Abs1, 118 Abs1 Z1 und 2, 126 Abs2, 134 Z1 sowie §9 BHVSchlagworte
Leiter einer Versuchsanstalt, Nebentätigkeit, Arbeitsplatzbeschreibung, Weisung, Anordnungsbefugnis (BHG), Befangenheit (BHV)Text
Die Bundesdisziplinarbehörde, Senat 11, hat durch MR Mag. Franz Higatsberger-Urbanek, MA als Vorsitzenden sowie HR Mag. Markus Loibl und MMag. Daniel Piller als nebenberufliche Mitglieder in der Disziplinarsache gegen den Beamten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20. September 2022 beschlossen:
A) Der Beamte ist schuldig, er hat in N.N. als Direktor der N.N., N.N., N.N. (N.N.)
1. die sachliche und rechnerische Richtigkeit von Taxenzahlungen ohne rechtliche Grundlage bzw ohne schriftliche Vereinbarung an insgesamt 27 Mitarbeiter*innen in den Jahren 2016 und 2017 für Tätigkeiten bestätigt, die Teil der Arbeitsplatzbeschreibung waren bzw die Arbeitsplatzbeschreibungen so formuliert/ interpretiert, dass Tätigkeiten, die eigentlich dem Arbeitsplatz inhärent sind, als nicht dem Arbeitsplatz zugehörig erscheinen, um Taxenzahlungen zu rechtfertigen und
2. entgegen § 9 BHV die sachliche und rechnerische Richtigkeit von Taxenzahlungen im Zeitraum Februar 2016 bis Dezember 2017 an sich selbst bestätigt.
Der Beamte hat hiedurch seine Dienstpflichten
? nach § 43 Abs 1 BDG 1979, wonach er seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu und gewissenhaft zu besorgen hat,
? nach § 43 Abs 2 BDG 1979, wonach er in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen hat, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt,
? nach § 44 Abs 1 BDG 1979, wonach er seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen hat sowie
? nach § 45 Abs 1 BDG 1979, wonach der Vorgesetzte darauf zu achten hat, dass seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen und er seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen hat
schuldhaft verletzt und damit Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 Abs 1 BDG 1979 begangen.
Über den Beamten wird deswegen gemäß § 126 Abs 2 iVm § 134 Z 1 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt.
B) Demgegenüber wird der Beamte von den Vorwürfen, er habe
1. die sachliche und rechnerische Richtigkeit von „Sonderprämien" iHv € 76,00 anlässlich einer Kostenaufstellung am 27.09.2017 ohne nachvollziehbare qualitative und/oder quantitative Begründung und ohne entsprechende Dokumentation als Teil der Taxenzahlungen an die Mitarbeiter*innen bestätigt;
2. den Erlass „Aufgabenprofil und Verrechnung der Gebarung der Versuchsanstalten" vom 13.01.2014 (N.N.) nicht eingehalten, indem er
a. die Vorgaben zur Auftragskalkulation nicht eingehalten habe;
b. die Taxenabrechnung ohne Zugrundelegung quantitativer Parameter geduldet habe
3. spätestens ab 2011 von einer falschen Arbeitsplatzbeschreibung den A.A. betreffend, gewusst und hinsichtlich dieses Arbeitsplatzes – trotz wiederholter Aufforderung an die Personalabteilung der Versuchsanstalt und nicht mehr vorliegender Identität des Arbeitsplatzes – keine Neubewertung beim Bundesminister beantragt;
gemäß § 126 Abs 2 iVm § 118 Abs 1 Z 1 und 2 BDG 1979 freigesprochen.
C) Kosten des Disziplinarverfahrens iSd § 117 Abs 2 BDG 1979 sind nicht angefallen.
Begründung:
Feststellungen und Beweiswürdigung
Der Beamte stand bis zur seiner Ruhestandsversetzung mit Ende Oktober 2020 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde ab dem Jahr 2002 bis zu seiner Ruhestandversetzung als Direktor der N.N., N.N., N.N. (N.N.) und Leiter der angeschlossenen Versuchsanstalt verwendet. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Sorge- oder Unterhaltspflichten bestehen nicht. Sein Einkommen beläuft sich auf rund EUR 3.970,- netto pro Monat.
Zu A.) 1.:
Der Disziplinarbeschuldigte (DB) hat in den Jahren 2016 und 2017 die sachliche und rechnerische Richtigkeit von Taxenzahlungen ohne rechtliche Grundlage bzw ohne schriftliche Vereinbarung an insgesamt 27 Mitarbeiter*innen für Tätigkeiten bestätigt, die Teil der Arbeitsplatzbeschreibung waren und daher als Mehrdienstleistungen abzugelten gewesen wären bzw die in qualitativer Hinsicht über die Aufgaben des Arbeitsplatze zwar hinausgingen, aber durch eine Adaptierung der Arbeitsplatzbeschreibung oder zumindest durch eine schriftliche Vereinbarung über die Ausübung einer Nebentätigkeit zu erledigen gewesen wäre.
Diese Feststellungen gründen sich auf die Disziplinaranzeige (Anlage 1 zum RevB) und die ergänzend dazu vorgelegten Unterlagen (Arbeitsplatzbeschreibungen) sowie auf die geständige Verantwortung des DB und die in der mündlichen Verhandlung dazu vorgelegten Unterlagen. Danach wurden Aufzeichnungen darüber geführt, welche Bedienstete in qualitativer und quantitativer Hinsicht über ihre jeweilige Arbeitsplatzbeschreibung hinaus Nebentätigkeiten verrichten und dabei darauf geachtet, dass nur diese Mehrleistungen abgegolten werden.
Nicht festgestellt werden kann jedoch, dass durch diese Vorgehensweise ein konkreter Schaden entstanden ist, zumal sowohl qualitative als auch quantitative Mehrleistungen in rechtlicher Hinsicht abzugelten gewesen wären.
Dadurch, dass Arbeitsplatzbeschreibungen nicht adaptiert bzw zumindest schriftliche Verträge über Nebentätigkeiten außerhalb der Dienstzeit abgeschlossen sowie quantitative Mehrleistungen als Nebentätigkeiten und nicht als Überstunden abgegolten worden sind, wurden die dienstrechtlichen Vorgaben missachtet.
Zu A.) 2.:
Der DB hat im Zeitraum zwischen Februar 2016 und Dezember 2017 entgegen § 9 BHV die sachliche und rechnerische Richtigkeit von Taxenzahlungen an sich selbst bestätigt.
Diese Feststellungen gründen sich auf den Ermittlungsbericht der Dienstbehörde (ON 25) sowie die geständige Verantwortung des DB.
Zu B.) 1.:
Bei „Sonderprämien“ handelt es sich ebenso wie bei „Taxenzahlungen“ in rechtlicher Hinsicht um Nebentätigkeitsvergütungen, weshalb dieser Vorwurf bereits in Punkt A.) 1. enthalten ist.
Zu B.) 2.:
Nicht festgestellt werden konnte, dass der DB den Erlass „Aufgabenprofil und Verrechnung der Gebarung der Versuchsanstalten" vom 13.01.2014 (N.N.) in Bezug auf die Vorgaben zur Auftragskalkulation nicht eingehalten und Taxenabrechnung ohne Zugrundelegung quantitativer Parameter geduldet habe.
Der DB konnte dazu in der mündlichen Verhandlung Auftragskalkulationen vorlegen, die dem zitierten Erlass entsprechen. Zudem ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass bei der Taxenberechnung quantitative Parameter berücksichtigt wurden.
Zu B.) 3.:
Dazu hat der DB in der mündlichen Verhandlung einen Erlass des N.N. vom 16. Juli 2013, GZ: N.N., vorgelegt, wonach A.A. erst mit dieser Erledigung mit diesem Arbeitsplatz betraut wurde.
Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass der DB spätestens ab 2011 von einer falschen Arbeitsplatzbeschreibung den A.A. betreffend gewusst und hinsichtlich dieses Arbeitsplatzes – trotz wiederholter Aufforderung an die Personalabteilung der Versuchsanstalt und nicht mehr vorliegender Identität des Arbeitsplatzes – keine Neubewertung beim Bundesminister beantragt habe.
Es ist vielmehr davon auszugehen, dass das N.N. A.A. erst im Juli 2013 mit diesem Arbeitsplatz betraute und dabei in Kenntnis dieser Arbeitsplatzbeschreibung war und keine Adaptierung bzw Neubewertung als erforderlich ansah.
Rechtliche Beurteilung
§ 43 Abs 1 und 2 BDG 1979 lauten:
Allgemeine Dienstpflichten
§ 43.
(1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
§ 44 Abs 1 BDG 1979 lautet:
Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44.
(1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
§ 45 Abs 1 BDG 1979 lautet:
Dienstpflichten des Vorgesetzten und des Dienststellenleiters
§ 45.
(1) Der Vorgesetzte hat darauf zu achten, daß seine Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er hat seine Mitarbeiter dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Mißstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen. Er hat das dienstliche Fortkommen seiner Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, daß sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspricht.
Der Beamte hat in den im Spruch angeführten Fällen aufgrund der obigen Feststellungen gegen diese gesetzlichen Bestimmungen schuldhaft verstoßen und damit Dienstpflichtverletzungen begangen.
Gemäß § 93 Abs 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflicht-verletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind (§ 93 Abs 2 BDG 1979).
Nach den Ergebnissen des Disziplinarverfahrens ist bei den Beamten zur Last liegenden Disziplinarvergehen von geringer Schuld und unbedeutenden Folgen der Tat auszugehen.
Bei der Strafbemessung waren das Zusammentreffen mehrerer Dienstpflichtverletzungen als erschwerend sowie die disziplinäre Unbescholtenheit und das reumütige Geständnis als mildernd zu werten.
In spezialpräventiver Hinsicht kann aufgrund der Verantwortungsübernahme und der Ruhestandsversetzung mit der Disziplinarstrafe des Verweises das Auslangen gefunden werden.
Aber auch in generalpräventiver Hinsicht kann mit dieser Disziplinarstrafe das Auslangen gefunden werden, zumal die Dienstpflichtverletzungen durch eine unklare Erlasslage sowie fehlende Anleitung mitbegünstigt wurden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 117 BDG 1979.
Demgegenüber war der Beamte von den übrigen Vorwürfen gemäß § 126 Abs 2 iVm § 118 Abs 1 Z 1 und 2 BDG 1979 freizusprechen, weil der Vorwurf hinsichtlich der „Sonderprämien“ bereits in Punkt A.) 1. enthalten ist, die Vorgaben des Erlasses 2014 hinsichtlich der Auftragskalkulation und der Taxenberechnung eingehalten wurden sowie A.A. erst im Juli 2013 durch das N.N. mit diesem Arbeitsplatz betraut wurde und daher davon auszugehen war, dass die Arbeitsplatzbeschreibung dabei bekannt war und kein Änderungsbedarf gesehen wurde.
Zuletzt aktualisiert am
17.11.2022