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L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
BAO §212a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde 1. der A-Versicherung in G, 2. der B-AG in G und 3. der C-Gesellschaft m. b.H. & Co KG in S, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. Jänner 1995, Zl. A 8-K 190/1990-10, betreffend Aussetzung der Einhebung einer Abgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 6. April 1994 wurde der Ablauf der mit Bescheid vom 12. Juli 1993 bewilligten Aussetzung der Einhebung des den Beschwerdeführern vorgeschriebenen Kanalisationsbeitrages von S 1,154.380,70 gemäß § 161a Abs. 5 lit. b der Steiermärkischen Landesabgabenordnung auf Grund der Erledigung der für die Aussetzung Anlaß gebenden Berufung mit Bescheid vom 24. März 1994 verfügt.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen die Berufungsentscheidung vom 24. März 1994 Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und stellten den Antrag auf Abtretung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde. Darüberhinaus stellten sie am 13. Mai 1994 bei der Abgabenbehörde erster Instanz (neuerlich) einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung des Kanalisationsbeitrages von S 1,154.380,70.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 17. Oktober 1994 zurückgewiesen. Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, daß gemäß § 161a Abs. 3 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 158/1963, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 29/1994 (LAO), Anträge auf Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über die Berufung gestellt werden könnten. Weiters sehe § 161a Abs. 5 LAO vor, daß die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub bestünde. Dieser ende mit Ablauf der Aussetzung, welcher anläßlich einer über die Berufung ergehenden Berufungsentscheidung zu verfügen sei. Die Erhebung einer Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bilde keine Grund für die Aussetzung nach § 164a LAO.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die unrichtige Anwendung des § 161a LAO geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer machen unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides insbesondere geltend, daß § 161a Abs. 3 LAO nicht wörtlich, sondern teleologisch auszulegen sei. Unter Zugrundelegung des geforderten Normzwecks hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, daß § 161a Abs. 3 LAO, wo es heiße, daß "Anträge auf Aussetzung der Einhebung nur bis zur Entscheidung über die Berufung" gestellt werden können, keinesfalls "eng", sondern zur Erreichung der angestrebten Normgerechtigkeit, "weit" auszulegen sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
§ 161a Abs. 1, 2, 3 und 5 LAO lauten:
" § 161a
(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabenpflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabenpflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
a)
insoweit die Berufung nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint oder
b)
insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einen Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c)
wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.
(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Berufung (Abs. 1) gestellt werden. Sie sind zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.
...
(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 217). Der Ablauf der Aussetzung ist anläßlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden
a)
Berufungsvorentscheidung oder
b)
Berufungsentscheidung oder
c)
anderen, das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anläßlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (§ 206) nicht aus. Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein."
Daraus ergibt sich, daß nach dem Wortlaut der Bestimmung (Abs. 5, dritter Satz) einerseits der Ablauf der Aussetzung in den genannten Fällen (im Beschwerdefall: anläßlich der Erlassung der Berufungsentscheidung) zu verfügen IST, andererseits aber eine neuerliche Antragstellung nur im Fall der Einbringung des Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz zulässig ist.
Wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen, entspricht § 161a LAO dem § 212a BAO. Es trifft daher zu, daß bei der Auslegung des § 161a LAO die zur BAO ergangene Judikatur und Lehre herangezogen werden könne.
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 212a BAO im Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 94/15/0056, ausgesprochen hat, ist der Ablauf der Aussetzung anläßlich (u.a.) einer Berufungsentscheidung, die über eine Berufung im Sinne des § 212a Abs. 1 BAO ergeht (im damaligen Beschwerdefall war dies eine in Abs. 5 lit. b vorgesehene Berufungsentscheidung) zu verfügen. Der Umstand, daß der damalige Beschwerdeführer gegen die Berufungsentscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben habe, ändere an der Zulässigkeit der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung nichts. Im Hinblick auf die Übereinstimmung im Wortlaut ist auch § 161a LAO in diesem Sinne zu verstehen. Auch eine teleologische Interpretation zwingt daher nicht zu einer wortlautwidrigen Auslegung, ein Aussetzungsantrag dürfe noch nach dem Zeitpunkt des Ergehens der Berufungsentscheidung gestellt werden.
Soweit die Beschwerdeführer auf die Effizienz des Rechtsschutzes und die diesbezüglich in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes herausgearbeiteten Anforderungen verweisen, ist auf die Möglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzes in Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof zu verweisen (§ 85 Abs. 2 VfGG und § 30 Abs. 2 VwGG). Es besteht somit auch aus dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzipes in der Ausformung, die dieses durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes erfahren hat (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 1. Dezember 1995, G 1306/95) keine Notwendigkeit einer ausdehnenden Interpretation des § 161a LAO.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995170057.X00Im RIS seit
20.11.2000