TE Vwgh Beschluss 2022/9/14 Ra 2021/09/0263

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Veröffentlicht am 14.09.2022
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Index

L00159 LVerwaltungsgericht Wien
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VGW-DRG 2013 §10 Abs2 Z5
VGW-DRG 2013 §10 Abs5
VGW-DRG 2013 §15 Abs4 Z1
VwGG §30 Abs3
  1. VwGG § 30c heute
  2. VwGG § 30c gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Mag. R, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 42/6, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 11. Oktober 2021, VGW-PA-157/2021-22, betreffend Dienstbeurteilung nach dem Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG wird in Abänderung des Beschlusses des Personalausschusses des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. Dezember 2021, VGW-PA-157/2021, der Revision gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 11. Oktober 2021, VGW-PA-157/2021-22, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist Richter des Verwaltungsgerichts Wien.

2        Die Dienstbeurteilung des Revisionswerbers wurde für den Beurteilungszeitraum 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2019 gemäß § 10 Abs. 2 Z 5 Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz (VGW-DRG) mit „nicht entsprechend“ festgesetzt. Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Dezember 2021, Ra 2020/09/0049, zurückgewiesen.

3        Mit Erkenntnis des Personalausschusses des Verwaltungsgerichts Wien (Personalausschuss) vom 11. Oktober 2021, VGW-PA-157/2021-22, wurde die Dienstbeschreibung für das Kalenderjahr 2020 ebenfalls mit „nicht entsprechend“ festgesetzt. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden war.

4        Mit Beschluss des Personalausschusses vom 13. Dezember 2021 wurde der Revision keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. In der Begründung führt der Personalausschuss zusammengefasst aus, dass nicht verkannt werde, dass mit der zweimaligen negativen Leistungsbeurteilung für den betroffenen Richter ein massiver Eingriff einhergehe, aber zwingende öffentliche Interessen den sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses gebieten würden, weil der Revisionswerber nicht in der Lage sei, das Richteramt ordnungsgemäß auszuüben. Er verweist dazu auf mehrwöchige Verzögerungen bei der Übermittlung von Verhandlungsprotokollen in (angeblich) bereits verkündeten Rechtssachen und die mangelnde Beurkundung von Verkündungen sowie auf überwiegende öffentliche Interessen an der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes. Die massive Verzögerung bei der Übermittlung von Verhandlungsprotokollen würde nicht nur tragende Verfahrensgrundsätze verletzen und sei als Willkür zu bewerten, sondern würden die Rechtsschutzsuchenden auch in erheblichem Ausmaß bei deren Rechtsverfolgung behindern, wodurch die Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen zum Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit in das Funktionieren der Rechtspflege sowie des Rechtsstaates objektiviert sei. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der Dienstbehörde die Möglichkeit nehmen, einen allfälligen Dienstleistungsverzicht als Sicherungsmaßnahme auszusprechen.

5        In dem nunmehrigen Abänderungsantrag nach § 30 Abs. 3 VwGG weist der Revisionswerber auf den Antritt seiner Väterkarenz mit 4. August 2022 hin. womit eine Änderung der Sachlage eingetreten sei. Dem Revisionswerber seien infolge des Karenzantritts darüber hinaus sämtliche offenen Akten abgenommen worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass die offenen Akten unter der Zahl eines Jahreseinlaufes gelegen seien und bei Ruhestandsversetzungen weitaus höhere Aktenzahlen vorgelegen seien. Der Revisionswerber habe auch seine Rückstände an „Altakten“ kontinuierlich abgebaut. Nach seiner Rückkehr aus der Karenz würden die vom Personalausschuss ins Treffen geführten Nachteile nicht drohen, weil der Revisionswerber hinsichtlich der jüngeren Akten keiner Kritik ausgesetzt gewesen sei. Dem Revisionsweber würde ein unverhältnismäßiger Nachteil durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses im Hinblick auf eine Amtsenthebung drohen. Ein amtsenthobener Richter habe keine reellen Chancen auf eine adäquate Beschäftigung juristischer Natur zu erwarten. Mit einer Amtsenthebung sei - im Gegensatz zur Konsequenz einer Ruhestandsversetzung bei Richtern der ordentlichen Gerichte, des Bundesfinanzgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts - eine Entlassung verbunden. Zu berücksichtigen sei insbesondere auch die damit verbundene Rufschädigung. Im Hinblick auf die Ausgaben des Revisionswerbers (darunter für mittlerweile vier Kinder) und den offenen Krediten würde der Revisionswerber zum Sozialfall werden.

6        Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

7        Nach § 30 Abs. 3 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

8        Voraussetzung für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist die Vollzugstauglichkeit des bekämpften Erkenntnisses. Unter „Vollzug“ eines Erkenntnisses ist seine Umsetzung in die Wirklichkeit zu verstehen und zwar sowohl im Sinn der Herstellung der dem Entscheidungsinhalt entsprechenden materiellen Rechtslage als auch des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustands (VwGH 15.7.2021, Ro 2021/09/0014, mwN).

9        Das Mitglied des Verwaltungsgerichts Wien ist seines Amtes zu entheben, wenn seine Dienstleistung für zwei aufeinanderfolgende Beurteilungszeiträume mit „nicht entsprechend“ (§ 10 Abs. 2 Z 5 und Abs. 5 zweiter und dritter Satz) beurteilt wird (vgl. § 15 Abs. 4 Z 1 VGW-DRG). Die Beendigungsgründe des § 15 Abs. 4 Z 1 VGW-DRG gelten gemäß § 15 Abs. 5 leg. cit. als Entlassung im Sinn des § 74 DO 1994.

10       Die vom Revisionswerber geltend gemachten unverhältnismäßigen Nachteile eines sofortigen Vollzuges der angefochtenen negativen Dienstbeurteilung liegen in Anbetracht der drohenden Entlassung auf der Hand, während im Hinblick auf die aktuelle Karenz des Revisionswerbers zwingende öffentliche Interessen, die den sofortigen Vollzug der angefochtenen Dienstbeurteilung gebieten würden, hingegen nach der Aktenlage nicht erkennbar sind. Insofern liegt auch im Vergleich zum Entscheidungszeitpunkt des abweisenden Beschlusses des Personalausschusses eine geänderte Sachlage vor.

11       Somit war der Beschluss des Personalausschusses vom 13. Dezember 2021, VGW-PA-157/2021, antragsgemäß nach § 30 Abs. 3 VwGG - wie im Spruch ersichtlich - abzuändern.

Wien, am 14. September 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021090263.L00

Im RIS seit

17.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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