TE Vwgh Erkenntnis 2022/9/27 Ra 2020/11/0008

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Veröffentlicht am 27.09.2022
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Norm

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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz-Sator und MMag. Ginthör und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Mag. M R in L, vertreten durch Mag. Martin Rützler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 2. Oktober 2019, Zl. LVwG-301-6/2019-R14, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrs-Landeskommission Vorarlberg), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 29. April 2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages vom 22. Jänner 2019 betreffend zwei Viertelanteile der Liegenschaft GST-NR 2371, KG L, mit einer Fläche von insgesamt 1.790 m2 und einem Kaufpreis von € 13.425, abgeschlossen zwischen HS und WS als Verkäufer sowie dem Revisionswerber als Käufer, gemäß § 6 Abs. 1 lit. a iVm. § 6 Abs. 2 lit. a und d des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (VGVG) - ohne Durchführung eines Bekanntmachungsverfahrens nach § 5 Abs. 1 bis 4 VGVG - ab, weil der Revisionswerber kein Landwirt sei und eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung durch diesen nicht geplant sei.

2        Der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers gab das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss insoweit statt, als es den Bescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 3 iVm. § 31 VwGVG aufhob und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwies. Gleichzeitig sprach es gemäß § 25a VwGG aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

3        Begründend stellte das Verwaltungsgericht nach Einholung landwirtschaftlicher Sachverständigengutachten zur gegenständlichen Liegenschaftsfläche von 1.790 m2 Folgendes fest: Der nördliche, eine Fläche von 700 m2 umfassende Teil sei bis 2013 im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes genutzt worden. Der Großteil des Grundstücks von 1.290 m2 sei ohne spezielle Rekultivierungsmaßnahmen landwirtschaftlich nutzbar; die ca. 500 m2 umfassende Fläche der Bestockung sei mit Rekultivierungsmaßnahmen im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes rentabel zu bewirtschaften. Rechtlich folge daraus, dass es sich bei der gegenständlichen Liegenschaft zur Gänze um ein landwirtschaftliches Grundstück iSd. § 2 Abs. 1 VGVG handle. Der Revisionswerber sei kein Landwirt. Er beabsichtige, seinen Hälfte-Anteil in erster Linie kleingärtnerisch zum Obst- und Gemüseanbau für den Eigenverbrauch zu nutzen und - das Einvernehmen der anderen Hälfte-Eigentümerin vorausgesetzt - die bis 2013 landwirtschaftlich genutzten Flächen an einen Landwirt zu verpachten. Rechtlich bedeute dies, dass weder der Versagungsgrund des § 6 Abs. 2 lit. a VGVG noch jener des § 6 Abs. 2 lit. d VGVG vorliege. Da das verfahrensgegenständliche Grundstück nicht unter die Ausnahmeregelungen des § 5 Abs. 5 VGVG falle, sei von der belangten Behörde ein Bekanntmachungsverfahren gemäß § 5 Abs. 1 bis 4 VGVG durchzuführen. Dass der Revisionswerber nur die Hälfte dieser Liegenschaft erwerben wolle, führe nämlich nicht dazu, dass ein Rechtserwerb an einem landwirtschaftlichen Grundstück von weniger als 0,1 ha vorliege.

4        Dagegen richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, die das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Verfahrensakten vorlegte. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

5        Zur Zulässigkeit macht die Revision fehlende Rechtsprechung zu der Frage geltend, ob der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 5 lit. a VGVG auch dann greife, wenn nur ein 0,1 ha unterschreitender Teil des Grundstücks landwirtschaftlich genutzt werde oder nicht das ganze (landwirtschaftliche) Grundstück veräußert werde, sondern nur ideelle, 0,1 ha unterschreitende Anteile davon. Auch fehle Rechtsprechung zur Frage, ob der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 5 „lit. d“ (gemeint: lit. f) VGVG anwendbar sei, wenn dessen Vorgaben nicht das gesamte Grundstück beträfen.

6        Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

7        Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

8        Das Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken (VGVG), LGBl. Nr. 42/2004 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 5/2019, lautet auszugsweise:

„§ 1 Anwendungsbereich, Ziel

(1) Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt der Verkehr mit

a)   land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken;

b)   Baugrundstücken, die als Bauflächen gewidmet sind;

c)   Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben.

(2) Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen nicht Grundstücke, die in das Eisenbahnbuch eingetragen sind.

(3) Ziel des Gesetzes ist es,

a)   land- und forstwirtschaftliche Grundstücke bäuerlichen Familienbetrieben im Interesse einer Verbesserung ihrer strukturellen Verhältnisse entsprechend den natürlichen Gegebenheiten des Landes zu erhalten;

b)   eine möglichst breite, sozial erträgliche und der Größe des Landes entsprechende Streuung des Grundeigentums zu erhalten;

c)   der Baulandhortung entgegenzuwirken;

d)   ...

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Ob ein Grundstück ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist, ist nicht nach der aus dem Grundsteuer- oder Grenzkataster ersichtlichen Benützungsart, sondern nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung zu beurteilen. Als landwirtschaftliche Grundstücke gelten jedenfalls Grundstücke, die als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind. Keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Baugrundstücke.

(2) Baugrundstücke sind Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Bauflächen, Verkehrsflächen, Vorbehaltsflächen oder Sondergebiete, die für eine Bebauung mit Wohn- oder Betriebsgebäuden bestimmt sind, gewidmet sind.

...

(5) Als Landwirt gilt,

a)   wer einen landwirtschaftlichen Betrieb allein oder zusammen mit Familienangehörigen oder mit den darüber hinaus allenfalls erforderlichen landwirtschaftlichen Dienstnehmern bewirtschaftet oder

b)   wer nach Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebes oder von landwirtschaftlichen Grundstücken im Sinne der lit. a tätig sein will und die dazu erforderlichen Fähigkeiten besitzt.

(6) Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist jede selbständige wirtschaftliche Einheit, mit der landwirtschaftliche Grundstücke bodenabhängig bewirtschaftet werden und die geeignet ist, zum Lebensunterhalt des Bewirtschafters bzw. seiner Familie beizutragen (Voll-, Zu- oder Nebenerwerbsbetrieb).

...

§ 4 Genehmigungspflicht

(1) Der Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken bedarf der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn er eines der nachstehenden Rechte zum Gegenstand hat:

a)   das Eigentum;

...

§ 5 Erwerb durch Nicht-Landwirte, Bekanntmachung

(1) Ein Rechtserwerb an einem landwirtschaftlichen Grundstück ist, sofern der Erwerber nicht Landwirt ist, nach den Abs. 2 und 3 bekannt zu machen. Davor darf er nicht genehmigt werden.

(2) Der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission hat unverzüglich

a)   die Bekanntmachung durch die Gemeinde (Abs. 3) zu veranlassen;

b)   den Landwirt, der das Grundstück zuletzt bewirtschaftet hat, schriftlich vom Rechtserwerb zu verständigen.

(3) Der Bürgermeister der Gemeinde, in der das betroffene Grundstück liegt, hat den Rechtserwerb durch Anschlag an der Amtstafel ohne unnötigen Aufschub bekannt zu machen. Die Bekanntmachungsfrist beträgt einen Monat. Auf die Möglichkeit einer Mitteilung nach Abs. 4 ist hinzuweisen.

(4) Ist ein Landwirt bereit, das Recht zum ortsüblichen Preis zu erwerben, kann er dies während der Bekanntmachungsfrist dem Vorsitzenden der Grundverkehrs-Landeskommission schriftlich oder mit E-Mail mitteilen. Mit der Mitteilung hat er nachzuweisen, dass er zum Rechtserwerb in der Lage ist und sein Betrieb einer Aufstockung bedarf. Der Landwirt ist an seine Mitteilung bis zum Ablauf von acht Wochen nach dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die die Genehmigung des der Mitteilung zugrundeliegenden Rechtserwerbes versagt, gebunden.

(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Rechtserwerb

a)   an einem landwirtschaftlichen Grundstück mit einem Flächenausmaß von weniger als 0,1 ha erfolgt; bei einem Rechtserwerb durch das Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband oder eine durch diese beherrschte oder eine durch deren Organe oder von Personen, die hiezu von diesen bestellt sind, verwaltete Unternehmung, die zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben aktive Bodenpolitik betreibt, liegt die Grenze bei 0,2 ha;

...

d)   an einem Grundstück mit einer Widmung als Bauerwartungsfläche erfolgt;

e)   ...

f)   an einem Grundstück mit einem Flächenausmaß von weniger als 0,25 ha erfolgt, das in den letzten 15 Jahren nicht im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, sondern ohne Erwerbsabsicht, insbesondere kleingärtnerisch, genutzt wurde und eine Bewirtschaftung im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes ohne Rekultivierungsmaßnahmen nicht zweckmäßig wäre;

...

(6) Bei der Beurteilung des Flächenausmaßes nach Abs. 5 lit. a und f sind frühere, nach diesem Gesetz genehmigungspflichtige Rechtserwerbe angrenzender Grundstücke desselben Erwerbers mit zu berücksichtigen.

...

§ 6 Voraussetzungen für die Genehmigung

(1) Der Rechtserwerb darf nur genehmigt werden,

a)   - im Falle landwirtschaftlicher Grundstücke - wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder, soweit ein solches nicht in Frage kommt, er der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht;

...

(2) Die Voraussetzungen des Abs. 1 sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn

a)   das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde;

...

d)   anzunehmen ist, dass die Bewirtschaftung durch einen Landwirt nicht gesichert ist bzw. - falls kein Landwirt zur Bewirtschaftung zu ortsüblichen Bedingungen bereit ist - auch die ortsübliche landwirtschaftliche Bewirtschaftung durch einen Nichtlandwirt nicht gesichert ist;

...“

9        § 5 Abs. 1 VGVG regelt den Rechtserwerb „an einem landwirtschaftlichen Grundstück“ durch Nicht-Landwirte. Ausnahmen von der Bekanntmachungspflicht in einem solchen Fall sind in § 5 Abs. 5 VGVG geregelt, in dem von „einem landwirtschaftlichen Grundstück mit einem Flächenausmaß von weniger als 0,1 ha “ (lit. a) bzw. „einem Grundstück mit einem Flächenausmaß von weniger als 0,25 ha“ (lit. f) die Rede ist.

10       Das Verwaltungsgericht legte seiner Annahme, es handle sich bei der gesamten Liegenschaft im Ausmaß von 1.790 m² um ein landwirtschaftliches Grundstück, wie oben dargestellt eine Beurteilung iSd. § 2 Abs. 1 VGVG (Beschaffenheit und Art der tatsächlichen Verwendung) zugrunde. Das die lediglich teilweise landwirtschaftliche Verwendung des Grundstücks betreffende Revisionsvorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit dieser Beurteilung auf, weil die im angefochtenen Erkenntnis dargelegte Beschaffenheit des Grundstücks nicht substantiiert bestritten wird und auch eine Unschlüssigkeit des vom Verwaltungsgericht verwerteten Gutachtens nicht dargetan wird.

11       Soweit der Revisionswerber weiters vorbringt, er habe „ideelle, 0,1 ha unterschreitende Anteile“ an diesem Grundstück erworben, sodass dieser Erwerb unter § 5 Abs. 5 lit. a VGVG falle, verkennt er das Wesen des Miteigentums (vgl. §§ 825 ff. ABGB), bei dem lediglich das Eigentumsrecht an der Sache, nicht aber die Sache selbst (hier: das Grundstück) zwischen den Miteigentümern aufgeteilt ist. Ein realer „Hälfteanteil von 895 m2“ war daher entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht vorliegend nicht zu beurteilen.

12       Das Verwaltungsgericht ging somit zu Recht davon aus, dass die Ausnahmeregel des § 5 Abs. 5 lit. a VGVG vorliegend nicht zur Anwendung gelangt.

13       Weiters wirft der Revisionswerber die Rechtsfrage auf, ob der Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 5 lit. f VGVG anwendbar sei, wenn die Vorgaben dieser Regelung nur auf Grundstücksteilen erfüllt seien, nicht jedoch auf dem gesamten Grundstück. Es seien nur Teile des verfahrensgegenständlichen Grundstücks in den letzten Jahren im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes genutzt worden; überdies sei eine Bewirtschaftung ohne Rekultivierungsmaßnahmen nur auf einer Teilfläche möglich.

14       Mit diesem Vorbringen wird insbesondere nicht dargetan, dass die Bewirtschaftung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes ohne Rekultivierungsmaßnahmen nicht zweckmäßig wäre. Selbst wenn das Grundstück in den letzten 15 Jahren nicht einmal teilweise im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes genutzt worden wäre, träfe die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 5 lit. f VGVG nämlich nur zu, wenn die Bewirtschaftung ohne Rekultivierungsmaßnahmen nicht zweckmäßig wäre. Dass dies der Fall wäre, wurde weder vorgebracht noch ergibt es sich aus dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt.

15       Insgesamt ist somit nicht zu erkennen, dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, es sei ein Bekanntmachungsverfahren iSd. § 5 Abs. 1 bis 4 VGVG durchzuführen und danach ein neuer Bescheid zu erlassen, rechtswidrig wäre.

16       Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. September 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020110008.L00

Im RIS seit

17.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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