TE Vwgh Beschluss 2022/9/28 Ra 2022/01/0284

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.2022
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

AsylG 2005 §7
StbG 1985 §11a Abs7
VwGG §30 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs3
  1. AsylG 2005 § 7 heute
  2. AsylG 2005 § 7 gültig ab 01.09.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018
  3. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.06.2016 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  6. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2014 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  7. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 7 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. VwGG § 30c heute
  2. VwGG § 30c gültig ab 01.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Salzburger Landesregierung, der gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 30. Juni 2022, Zl. 405-11/299/1/6-2022, betreffend Staatsbürgerschaft (mitbeteiligte Partei: D, geboren 1962, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, LL.M, MAS, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung (Amtsrevisionswerberin) vom 2. Februar 2022 wurde der Antrag des Mitbeteiligten, eines Staatsangehörigen der Russischen Föderation, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 11a Abs. 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen, weil ein Aberkennungsverfahren nach § 7 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) anhängig war.

2        Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (Verwaltungsgericht) wurde der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde des Mitbeteiligten stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen (1.). Weiter wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig ist (2.).

3        Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.

4        Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

5        Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht über den Antrag des Revisionswerbers auf aufschiebende Wirkung nicht entschieden, sondern die Revision ohne Entscheidung über diesen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.

6        Vorliegend bringt die Amtsrevision zu ihrem Antrag auf aufschiebende Wirkung vor, sie sei gemäß § 28 Abs. 3 letzter Satz VwGVG an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes gebunden. Aufgrund der nach Auffassung der Amtsrevisionswerberin rechtswidrig unterlassenen Entscheidung in der Sache durch das Verwaltungsgericht und der unklaren Begründung des angefochtenen Beschlusses sei es der Amtsrevisionswerberin nicht möglich, „diese einfach nachzuholen“. Dies hätte nämlich zur Konsequenz, dass eine unzuständige Behörde anstelle des Verwaltungsgerichts entschieden hätte und die bescheidmäßige Entscheidung mit Rechtswidrigkeit belastet wäre. Nur durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung könne sichergestellt werden, dass die Pflicht zur Entscheidung in der Sache „ausgesetzt“ werde. Dabei verweist sich die Amtsrevisionswerberin auf die Effektivität ihrer Amtsrevision.

7        Auch wäre die Amtsrevisionswerberin „vorläufig nicht gezwungen“, die ihr vom Verwaltungsgericht „aufgetragenen (unklaren) Verfahrensschritte“ durchzuführen. Im Hinblick auf die von der Amtsrevisionswerberin zu vertretenden öffentlichen Interessen verweist die Amtsrevision auf die besondere Wichtigkeit und hohe Bedeutung, ein geordnetes Zuwanderungs- und Einbürgerungswesen sicherzustellen.

8        Auch Beschlüsse der Verwaltungsgerichte gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG sind einem Vollzug im Sinn einer Umsetzung in die Wirklichkeit zugänglich und daher ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. VwGH 24.4.2015, Ra 2015/04/0019, mwN).

9        Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßiger Nachteil“ für den Revisionswerber ist hier eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen. Insoweit treten diese öffentlichen Interessen im Falle einer Amtsrevision bei der vorzunehmenden Interessenabwägung an die Stelle jener Interessenlage, die sonst bei einem „privaten“ Revisionswerber als Interesse am Aufschub des sofortigen Vollzugs des angefochtenen Erkenntnisses in die Abwägung einfließt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof immer wieder auf die Effektivität einer Amtsrevision abgestellt (vgl. VwGH 21.2.2022, Ra 2022/01/0026, mwN).

10       Der Verwaltungsgerichtshof hat nach seiner ständigen Rechtsprechung im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses (bzw. wie hier: Beschlusses) nicht zu beurteilen. Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses (bzw. wie hier: Beschlusses) ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. nochmals VwGH 24.4.2015, Ra 2015/04/0019, mwN; vgl. auch etwa VwGH 25.10.2018, Ra 2018/10/0145, mwN).

11       Schon aus diesem Grund führt das auf die Auffassung der Amtsrevisionswerberin, der angefochtene Beschluss sei rechtswidrig erfolgt, gegründete Vorbringen im Provisorialverfahren nach § 30 Abs. 2 VwGG nicht zum Erfolg.

12       Soweit die Amtsrevisionswerberin unter Berufung auf die Effektivität ihrer Amtsrevision weiter vorbringt, die (sie treffende) Pflicht zur Entscheidung in der Sache müsse „ausgesetzt“ werden, damit die Amtsrevisionswerberin „vorläufig nicht gezwungen“ wäre, die ihr vom Verwaltungsgericht „aufgetragenen (unklaren) Verfahrensschritte“ durchzuführen, ist darauf hinzuweisen, dass schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände konkret dargelegt werden müssen, aus denen sich ein solcher „unverhältnismäßiger Nachteil“ ergibt, und die diesbezüglichen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht des Antragstellers streng sind (vgl. zum Ganzen auch zu einer Amtsrevision gegen eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG VwGH 20.9.2016, Ra 2016/11/0132, mwN).

13       Diesen Anforderungen wird das pauschale Vorbringen der Amtsrevision nicht gerecht, zumal auch keine mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zusicherung nach § 20 Abs. 1 StbG (vgl. VwGH 21.2.2022, Ra 2022/01/0026, und VwGH 12.9.2022, Ra 2022/01/0247) vergleichbare Konstellation vorliegt.

14       Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 28. September 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022010284.L00

Im RIS seit

17.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten