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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der M Z in H, vertreten durch die Schärmer + Partner Rechtsanwälte GmbH in 1230 Wien, Dr. Neumann-Gasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 31. Mai 2022, Zl. LVwG-S-2452/001-2021, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1.1. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. Jänner 2019 wurden der Revisionswerberin als verantwortlicher Beauftragter eines näher genannten Kraftfahrunternehmens mehrere, näher bezeichnete Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) iVm. VO (EG) Nr. 561/2006 zur Last gelegt.
2 Mit Bescheid vom 7. Mai 2019 setzte die belangte Behörde gemäß § 38 AVG iVm. § 24 VStG das Verfahren „bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage [aus], ob die zur Erlassung des § 5a Güterbeförderungsgesetz ... Anlass gebende Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 [...] § 9 VStG verdrängt hat“.
3 Begründend verwies die belangte Behörde darauf, dass „mit Erkenntnis des LVwG NÖ vom 20.03.2019, LVwG-S-52/0001-2019“ in einem ähnlich gelagerten Fall der Beschwerde gegen ein Straferkenntnis gegen die dortige Beschwerdeführerin als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortliche Beauftragte betreffend die Einhaltung der Bestimmungen des AZG Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden sei. Das Verwaltungsgericht sei in jenem Verfahren davon ausgegangen, dass die in der VO (EG) Nr. 1071/2009 begründete strafrechtliche Verantwortlichkeit des Verkehrsleiters eines Kraftfahrunternehmens die subsidiäre Bestimmung des § 9 VStG und damit die Bestellung einer verantwortlichen Beauftragten verdränge. Die belangte Behörde habe gegen dieses Erkenntnis mit Schriftsatz vom 2. Mai 2019 außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Die Vorfrage sei somit Gegenstand eines anhängigen Verfahrens.
4 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29. September 2021 wurde die Revisionswerberin schuldig erkannt, sie habe es als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortliche Beauftragte eines näher genannten Kraftfahrunternehmens zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin die Arbeit eines bestimmten Fahrers nicht so eingeplant habe, dass dieser die Bestimmungen der VO (EG) Nr. 561/2006 einhalten habe können, da er zu jeweils näher bestimmten Zeitpunkten bzw. in näher bestimmten Zeiträumen im August und September 2018 (1.) die tägliche Lenkzeit überschritten, (2.) die tägliche Ruhezeit nicht eingehalten, (3.) keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung eingelegt und (4.) die wöchentliche Lenkzeit überschritten habe.
5 Die Revisionswerberin habe dadurch (1.) „Art. 6 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs. 5 Z 1 iVm § 28 Abs. 6 Arbeitszeitgesetz (AZG) BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“, (2.) „Art. 8 Abs. 1 und 2 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs. 5 Z 3 iVm § 28 Abs. 6 AZG BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“, (3.) „Art.7 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs. 5 Z 2 iVm § 28 Abs. 6 AZG BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“ und (4.) „Art. 6 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm § 28 Abs. 5 Z 1 iVm § 28 Abs. 6 AZG BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“ übertreten, weswegen über sie gemäß (1.) „§ 28 Abs. 5 Z 1 iVm § 28 Abs. 6 Z 3 AZG BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“ eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden), (2.) „§ 28 Abs. 5 Z 3 iVm § 28 Abs. 6 Z 1 lit. a AZG BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“ eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.815,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden), (3.) „§ 28 Abs. 5 Z 2 AZG iVm § 28 Abs. 6 Z 1 lit. a AZG BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“ eine Geldstrafe in der Höhe von €1.815,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) und (4.) „§ 28 Abs. 5 Z 1 iVm § 28 Abs. 6 Z 2 AZG BGBl. Nr. 461/1969 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2018“ eine Geldstrafe in der Höhe von € 3.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) verhängt wurde. Unter einem wurde der Revisionswerberin ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vorgeschrieben.
6 Begründend führte die belangte Behörde aus, der Verwaltungsgerichtshof habe die für die Aussetzung des Strafverfahrens mit Bescheid vom 7. Mai 2019 Anlass gebende Vorfrage mit Erkenntnis vom 21. April 2020, Ra 2019/11/0073, 0074, dahingehend entschieden, dass hinsichtlich der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften u.a. der VO (EG) 561/2006 gemäß § 28 AZG die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitsgebers (und nicht des Verkehrsleiters) vorgesehen sei. Mit Erkenntnis vom 28. Juni 2021, Ro 2020/11/0016, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass auf Grund des Unionsrechts auch keine strafrechtliche Verantwortlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers bestehe. Hinsichtlich der gegenständlichen arbeitszeitrechtlichen Übertretungen sei daher gemäß § 28 AZG von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der gemäß § 9 Abs. 2 VStG als verantwortliche Beauftragte bestellten Revisionswerberin auszugehen.
7 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich von Spruchpunkt 4. des Bescheides vom 29. September 2021 Folge, hob diesen Spruchpunkt auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren insoweit ein (Spruchpunkt I.). Der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 3. dieses Bescheides gab das Verwaltungsgericht (in seinem Spruchpunkt II.) dahingehend Folge, dass die verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen neu festgesetzt wurden und die „Übertretungs- und Strafnormen“ zu diesen Spruchpunkten wie folgt zu lauten hätten:
„zu Spruchpunkt 1.
Übertretungsnorm: Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 [...] iVm
Strafnormen: § 28 Abs. 5 Z 1 iVm § 28 Abs. 6 Z 1 lit. a) Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl. Nr. 461/1969, in der Quellfassung BGBl. I Nr. 114/2016, zu Unterpunkte 1. und 3., und § 28 Abs. 6 Z 3 leg. cit. zu Unterpunkte 2.,
zu Spruchpunkt 2.
Übertretungsnorm: Artikel 8 Abs. 1 und Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 [...] iVm
Strafnormen: § 28 Abs. 5 Z 3 iVm § 28 Abs. 6 Z 1 lit. a) Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl. Nr. 461/1969, in der Quellfassung BGBl. I Nr. 114/2016, zu Unterpunkte 1. und 2. und
zu Spruchpunkt 3.
Übertretungsnorm: Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 [...] iVm
Strafnormen: § 28 Abs. 5 Z 2 iVm § 28 Abs. 6 Z 1 lit. a) Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl. Nr. 461/1969, in der Quellfassung BGBl. I Nr. 114/2016.“
8 Unter einem setzte das Verwaltungsgericht den Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens zu den Spruchpunkten 1. bis 3. neu fest und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
9 Das Verwaltungsgericht stellte die angelasteten Taten und die Aussetzung des Strafverfahrens durch Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 2019 fest. Eine Beschwerde gegen den Aussetzungsbescheid sei nicht erhoben worden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, bis zu deren Erlassung das gegenständliche Verfahren ausgesetzt gewesen sei, sei am 21. April 2020 zur hg. Zl. Ra 2019/11/0073, 0074, ergangen.
10 Der Sachverhalt sei nicht bestritten worden. Ein wirksames Kontrollsystem habe nicht bestanden, was sich schon aus den mehr als 40 einschlägigen Vormerkungen ergebe. Ein „Toleranzspielraum“ bestehe nicht. Die dreijährige Frist der Strafbarkeitsverjährung hätte gerechnet vom „Kontroll- und Tatzeitpunkt“ (19. November 2018) grundsätzlich mit Ablauf des 19. November 2021 geendet. Das Strafverfahren sei jedoch ab Zustellung des Aussetzungsbescheides an die Revisionswerberin am 9. Mai 2019 bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes am 21. April 2020 (somit für elf Monate und elf Tage) ausgesetzt gewesen. Die dreijährige Frist habe daher erst unter Hinzurechnung dieses Zeitraumes und der nach dem 2. COVID-19-Gesetz verfügten, als Hemmung zu wertenden Unterbrechung aller verfahrensrechtlicher Fristen (vom 22. März bis 30. April 2020), geendet, weswegen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses (vom 31. Mai 2022) die dreijährige Strafbarkeitsverjährungsfrist noch nicht abgelaufen sei.
11 Die Spruchkorrektur sei zur „noch genaueren Konkretisierung“ der im Spruch des Straferkenntnisses ohnedies zitierten gesetzlichen Quellen erfolgt.
12 Zur Strafhöhe führte das Verwaltungsgericht aus, eine der mehr als 40 einschlägigen, rechtskräftigen und nicht getilgten Vormerkungen je Spruchpunkt begründe jeweils die Anwendung des Wiederholungsstrafsatzes. Als Strafbemessungsnorm sei daher jeweils „§ 28 Abs. 6 Z 1 lit. a, zweiter Fall, AZG in der vorzitierten Fassung (im Wiederholungsfall von 145,-- bis 1.815,-- Euro)“, in Spruchpunkt 1. Unterpunkt 2. „§ 28 Abs. 6 Z 3, zweiter Fall, AZG in der vorzitierten Fassung (im Wiederholungsfall von 350,-- bis 3.600,-- Euro)“, zu Grunde zu legen. Die übrigen Vormerkungen seien jeweils als erschwerend zu werten. Aus näher genannten Gründen seien die Geldstrafen neu festzusetzen gewesen.
13 1.3. Gegen dieses Erkenntnis (mit Ausnahme von dessen Spruchpunkt I.) richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
14 Die belangte Behörde erstattete nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung.
15 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 3.1.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das Verwaltungsgericht habe in Abweichung von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Neubemessung der Geldstrafen die Sanktionsnormen abgeändert und die Fundstellen durch die Angabe der „Quellfassung BGBl. I Nr. 114/2016“ ergänzt, dabei aber nicht jene Fundstellen angeführt, durch welche die als verletzt herangezogenen Strafsanktionsnormen ihre zum Tatzeitpunkt geltende Fassung erhalten hätten. Im Tat- bzw. Kontrollzeitpunkt seien die §§ 28 Abs. 5 Z 1 und 3 sowie Abs. 6 Z 1 lit. a und Z 3 AZG „in der Quellfassung BGBl. I Nr. 114/2016“ bereits außer Kraft getreten und der § 28 AZG in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2017 (bis 31. August 2018) bzw. in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2018 (ab 1. September 2018) in Kraft gestanden. Damit habe das Verwaltungsgericht gegen § 44a Z 3 VStG verstoßen.
19 3.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof ist mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. Juni 2022, Ra 2021/03/0328, von seiner bisherigen Rechtsprechung abgegangen, wonach im Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls die Fundstelle jener Novelle anzugeben ist, durch welche die als verletzt betrachtete Norm sowie die Strafsanktionsnorm (jeweils auf ihrer untersten Gliederungsebene) ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat.
20 Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, dass es bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Sanktionsnorm gemäß § 44a Z 2 und 3 VStG darauf ankommt, dass die Norm (lediglich) unverwechselbar konkretisiert wird, damit die beschuldigte Person in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren. Maßgeblich ist daher, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 3 VStG) in einer Weise erfolgt, die den Beschuldigten in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG) bzw. nachvollziehen zu können, welche konkrete Sanktionsnorm herangezogen wurde, um die Zulässigkeit und die Höhe der über ihn verhängten Strafe überprüfen zu können (im Hinblick auf § 44a Z 3 VStG).
21 Neben der jedenfalls anzugebenden Bezeichnung der Rechtsvorschrift (gegebenenfalls mit dem Kurztitel oder auch einer Abkürzung, deren Kenntnis beim Beschuldigten erwartet werden kann) wird daher im Regelfall die Angabe einer „Fundstelle“, insbesondere der Gesetz- oder Amtsblattnummer, mit der die Norm kundgemacht (und gegebenenfalls zuletzt geändert) wurde, im Sinne der Zielsetzung des § 44a VStG zweckmäßig sein, um dem Beschuldigten zu erleichtern, die Norm in den entsprechenden Kundmachungsorganen auffinden und den zeitlichen Anwendungsbereich prüfen zu können.
22 Werden die angewendeten Normen einer Rechtsvorschrift pauschal mit dem Gesetz- oder Amtsblatt der Stammfassung sowie der zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgten Änderung der Rechtsvorschrift (nicht notwendigerweise auch der konkret angewendeten Bestimmungen) zitiert, so ist dies ohne Weiteres dahin zu verstehen, dass die Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (die es durch die zuletzt genannte Novelle erhalten hat) zur Anwendung gelangte.
23 Sofern nicht aus besonderen Gründen - etwa aufgrund gestaffeltem, verzögertem oder später geändertem Inkrafttreten - für den Rechtsanwender Unsicherheit über die angewendete Fassung bestehen kann, liegt eine Verletzung der Anforderungen des § 44a Z 2 und 3 VStG daher jedenfalls nicht vor, wenn die angewendete Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit mit der zuletzt (vor dem Tatzeitpunkt) erfolgten Novellierung zitiert wird, oder wenn die zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgte Novellierung bezogen auf einzelne Paragraphen oder Artikel der Rechtsvorschrift zitiert wird, ohne dass mit den zitierten Änderungen zwingend auch die jeweils konkret anzuwendende Untergliederung der Rechtsvorschrift geändert wurde. Selbst ein Unterbleiben der Angabe der Fundstelle kann aber dann keine Verletzung in einem subjektiven Recht der beschuldigten Person bewirken, wenn die herangezogene Rechtsvorschrift für diese aus dem Zusammenhang nicht zweifelhaft sein konnte.
24 3.1.3. Im Revisionsfall bezeichnete die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis die angewendeten Strafnormen des § 28 Abs. 5 und 6 AZG mit der Fundstelle der Stammfassung und der Novelle BGBl. I Nr. 53/2018. Diese enthielt (in Art. 1 Z 19 und 20) Novellierungen des § 28 Abs. 1 Z 3 und des § 28 Abs. 2 Z 1 AZG - also von im Revisionsfall nicht anwendbaren Bestimmungen -, die gemäß § 34 Abs. 37 AZG mit 1. September 2018 in Kraft traten. Das Verwaltungsgericht bezeichnete die genannten Strafnormen mit der Fundstelle der Stammfassung und der Novelle BGBl. I Nr. 114/2016, welche (in Art. 1 Z 7 bis 11) Änderungen des § 28 Abs. 1 Z 3, Abs. 2 Z 1, 3 und 7, Abs. 6 Z 4 und Abs. 8 AZG - also ebenfalls von im Revisionsfall nicht anwendbaren Bestimmungen - enthielt, die gemäß § 34 Abs. 32 AZG mit 1. Jänner 2017 in Kraft traten. Die von der Revision ebenfalls zitierte Novelle BGBl. I Nr. 126/2017 enthielt (in ihrem Art. 3 Z 3) eine Änderung des § 28 Abs. 2 Z 6 AZG - auch dies eine im Revisionsfall nicht anwendbare Bestimmung -, die mit 1. August 2017 in Kraft trat.
25 Die Revisionswerberin hat weder in der Rechtfertigung im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren noch in ihrer Beschwerde vorgebracht, dass ihr die angewendeten Strafnormen, insbesondere im Hinblick auf ihren zeitlichen Anwendungsbereich, unklar gewesen wären. Auch die Revision enthält ein solches Vorbringen nicht. Sie behauptete auch nicht konkret auf die im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren angewendeten Bestimmungen bezogen, dass von der belangten Behörde oder vom Verwaltungsgericht eine Strafnorm herangezogen worden wäre, die zum Tat- und Entscheidungszeitpunkt nicht mehr oder noch nicht in Geltung gestanden wäre. Die von ihr genannten Novellierungen des § 28 AZG betreffen, wie ausgeführt, Gliederungsebenen dieses Paragraphen, welche im Revisionsfall nicht zur Anwendung gelangten.
26 Die Revision zeigt daher nicht auf, dass das Verwaltungsgericht von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 3 VStG abgewichen wäre.
27 3.2. Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit weiters geltend, das Verwaltungsgericht habe den Eintritt der Strafbarkeitsverjährung missachtet.
28 Insoweit gleicht die Revision in sachlicher und rechtlicher Hinsicht sowie hinsichtlich der zu ihrer Zulässigkeit geltend gemachten Rechtsfragen jener, welche mit hg. Erkenntnis vom 27. September 2022, Ra 2022/11/0069, abgewiesen wurde. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen.
29 4. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
30 5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022110121.L00Im RIS seit
16.11.2022Zuletzt aktualisiert am
16.11.2022