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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des HD in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. September 1995, Zl. BauR-011545/1-1995 Gr/Lan, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Hörsching, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 11. April 1995 richtete der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde an den Beschwerdeführer folgendes Schreiben:
"Betreff: Betrieb eines Gebrauchtwagenhandels auf dem Grundstück Nr. n/4, KG N;
Sehr geehrter Herr D
Im Februar dieses Jahres ist bei der Marktgemeinde Hörsching ein Schreiben eingelangt, in dem auf Ihrem Grundstück der Betrieb eines Abstell- bzw. Lagerplatzes sowie einer Autoreparaturwerkstätte behauptet wird. Nach einer Überprüfung Ihrer Liegenschaft muß seitens des Amtes dieser Behauptung bezüglich eines Abstell- bzw. Lagerplatzes für Gebrauchtwagen zugestimmt werden.
Gemäß § 9 Abs. 2 O.ö. Bautechnikgesetz, LGBl. 67/1994, dürfen die unbebaut bleibenden Flächen des Bauplatzes oder des bebauten Grundstückes im Bauland nur einer der Art und der zulässigen Verwendung der baulichen Anlage entsprechenden Benützung zugeführt werden.
Nachdem Ihr Grundstück n/4 im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan als Wohngebiet ausgewiesen ist, kann die Verwendung Ihres Grundstückes als Abstell- bzw. Lagerplatz für Gebrauchtwagen sicherlich keiner der Art und der zulässigen Verwendung der baulichen Anlage entsprechenden Benützung zugeordnet werden.
Seitens der Marktgemeinde Hörsching ist daher beabsichtigt, gemäß § 9 Abs. 3 O.ö. Bautechnikgesetz Ihnen mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes, d.h. die Räumung der Gebrauchtwagen vom Grundstück Nr. n/4, bis spätestens 31.05.1995 aufzutragen.
Gemäß § 37 AVG 1991 wird Ihnen vor der Erlassung des Bescheides Gelegenheit gegeben, sich binnen 10 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens hieramts zum Ergebnis des gegenständlichen Ermittlungsverfahrens zu äußern.
Der Bürgermeister:"
Es folgt die Unterschrift
Dieses Schreiben wurde vom Beschwerdeführer als Bescheid qualifiziert; er brachte dagegen, vertreten durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter, mit Schriftsatz vom 20. April 1995 die Berufung ein, in der er den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde ersuchte, den Bescheid des Bürgermeisters vom 11. April 1995 zu beheben und dahingehend abzuändern, daß von einer Räumung der Liegenschaft Abstand genommen werde. Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 19. Juni 1995 mit, daß dem mit Berufung bekämpften Schreiben vom 11. April 1995 keinerlei normativer Charakter zukomme. Es sei nunmehr beabsichtigt, die vom Beschwerdeführer gegen das Schreiben vom 11. April 1995 eingebrachte Berufung als unzulässig zurückzuweisen. Des weiteren enthielt dieses Schreiben die Mitteilung, daß dem Einschreiter die Räumung seiner Liegenschaft von Gebrauchtwagen mittels Bescheides aufgetragen werden solle.
Auch dieses Schreiben vom 19. Juni 1995 wurde vom Beschwerdeführer als Bescheid (Berufungsvorentscheidung) eingestuft, er beantragte mit seinem dagegen gerichteten Schriftsatz vom 26. Juni 1995 im Sinne des § 64a Abs. 2 AVG, die Berufung vom 20. April 1995 dem Gemeinderat vorzulegen. Für den Fall, daß in der Entscheidung des Bürgermeisters vom 19. Juni 1995 eine Berufungsentscheidung zu erblicken sei, wurde vorsorglich auch dagegen das Rechtsmittel der Berufung erhoben.
Mit Bescheid vom 25. Juli 1995 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Schreiben vom 11. April 1995 und vom 19. Juni 1995 zurückgewiesen. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, bei beiden Schreiben handle es sich nicht um Bescheide.
Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. September 1995 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer durch den genannten Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit der Frage, ob eine behördliche Erledigung als Bescheid zu qualifizieren ist oder nicht, hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt auseinandergesetzt. In seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9.458/A, hat er zum Ausdruck gebracht, daß die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden können. Das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung einer behördlichen Erledigung als Bescheid allein schließt noch nicht das Vorliegen eines rechtsverbindlichen Abspruches mit Bescheidcharakter aus, dennoch erfordert die Annahme eines Bescheidcharakters einer solchen Erledigung, daß nach ihrem Inhalt der normative Charakter und die Absicht der Behörde, in der Sache verbindlich abzusprechen, eindeutig und für jedermann erkennbar sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1986, Zl. 85/09/0166). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß an eine nicht als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung hinsichtlich ihrer Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden muß (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., S. 393, zitierte
hg. Judikatur).
Im Beschwerdefall tragen weder die Erledigung des Bürgermeisters vom 11. April 1995 noch jene vom 19. Juni 1995 die Bezeichnung "Bescheid"; an ihre Wertung als Bescheid ist daher ein strenger Maßstab zu legen. Der ersten Erledigung ist eindeutig zu entnehmen, daß die Erlassung eines Bescheides erst beabsichtigt ist, dieser Erledigung ebenso wie jener vom 19. Juni 1995 mangelt es an der rechtsverbindlichen (normativen) Willensäußerung der Behörde (vgl. dazu auch Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 66, betreffend schlichte behördliche Mitteilungen, denen der Bescheidcharakter fehlt).
Mit Recht hat daher der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die Erledigungen vom 11. April 1995 und vom 19. Juni 1995 als unzulässig zurückgewiesen, da beide Erledigungen keine Bescheide darstellten.
Mit der Abweisung der gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurden somit dessen Rechte nicht verletzt.
Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Einhaltung der FormvorschriftenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050299.X00Im RIS seit
04.04.2001