TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 95/05/0195

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
BauO OÖ 1976 §23 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs2;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauO OÖ 1976 §49 Abs1;
BauO OÖ 1976 §49 Abs2;
BauO OÖ 1976 §49 Abs4;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §16 Abs8;
ROG OÖ 1994 §22 Abs6;
VVG §1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der E in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. Februar 1995, Zl. BauR - 011398/1 - 1995 St/Lan, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. FH, 2. MH, beide in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, 3. Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der erst- und zweitmitbeteiligten Partei insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- und der drittmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 4. Mai 1994 beantragten die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Autohauses mit Verkauf und Kundendienst sowie die Errichtung von 99 überirdischen Stellplätzen auf den Grundstücken Nr. 898/1, 898/2, 898/5, 895/2, 895/3 und 895/4, je KG X. Im Keller des projektierten Gebäudes soll Lagergut (Unfall- und Gebrauchtfahrzeuge, Winterreifen sowie sperrige, selten verwendete Ersatzteile) aufbewahrt werden und ist das Öllager für je 4000 l Alt- und Neuöl vorgesehen. Im Erdgeschoß des projektierten Gebäudes sollen Neu- und Gebrauchtwagen verkauft und Büros untergebracht werden. Weiters ist eine Waschbox mit einer Bürstenwaschanlage, ein Direktannahmeteilelager, eine Werkstatt (für Service- und Reparaturarbeiten), eine Spenglerei, eine Lackiererei, eine Pflegebox und eine Entsorgungsstelle vorgesehen. Im Obergeschoß sollen das Archiv, ein Teilelager und Sozialräume untergebracht werden.

Das Grundstück der Beschwerdeführerin Nr. 900, KG X, grenzt an seiner nördlichsten Stelle (Koordinatenpunkt 5.066) an das Grundstück Nr. 898/5 über eine Länge von ca. 3 m Richtung Südosten bis zum Koordinatenpunkt 38.642 und verläuft in der Folge weiter Richtung Südosten über eine Länge von ca. 30 m in einer Gerade zum Koordinatenpunkt 21.283 als Nachbargrundstück des Grundstückes Nr. 895/3. Vom nördlichen Koordinatenpunkt 5.066 verläuft in südwestlicher Richtung die Grenze des Grundstückes Nr. 900 zum Grundstück Nr. 898/2 über rund 28 m bis zum Koordinatenpunkt 38.640, an welches in der Folge das Grundstück Nr. 898/1 bis zum Koordinatenpunkt 33.609 über rund 20 m als Nachbargrundstück anschließt.

Sämtliche Grundstücke liegen laut Flächenwidmungsplan Linz - Teil Urfahr Nr. 2 im "Bauland-Betriebsbaugebiet". Für den hier maßgeblichen Teil des Linzer Stadtgebietes sieht der rechtswirksame Bebauungsplan Nr. NO 118/2 unter Anordnung von Baufluchtlinien die offene Bauweise sowie eine Hauptgesimshöhe von maximal 13,50 m vor. Gegen die seitlichen Grenzen der Bauplätze und gegen die innere Bauplatzgrenze sind die gemäß § 32 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 festgelegten Abstände einzuhalten.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 21. Juli 1994 wurden die erwähnten Grundstücke, auf welchen das gegenständliche Bauvorhaben errichtet werden soll, zum Bauplatz erklärt.

Auf dem Grundstück Nr. 895/3 und 898/5 ist in einer Entfernung von 3 m zur Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 900 der Beschwerdeführerin der Keller und das Teilelager projektiert. Auf dem Grundstück Nr. 898/2 soll im Abstand von 3 m zur Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 900 der Beschwerdeführerin u.a. die Spenglerei, die Lackierkabine und der Lackmischraum errichtet werden.

In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 1994 erhob die Beschwerdeführerin wegen befürchteter Immissionsbelastungen Einwendungen gegen das Projekt. Ihre schriftlichen Einwendungen vom 20. Juli 1994 bezüglich der strittigen Grundgrenzen wurden zum Gegenstand der Verhandlung gemacht.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz als Baubehörde erster Instanz vom 18. November 1994 wurde den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien die Baubewilligung antragsgemäß unter Auflagen erteilt und die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden teilweise zurück-, teilweise abgewiesen, teilweise wurde die Beschwerdeführerin mit ihren Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sie fühle sich in ihrem Eigentumsrecht verletzt, da die natürliche Grenze ihres Grundstückes im Norden um mehrere Meter nach Süden verschoben worden sei. Das zu beurteilende Projekt sei als "Industrieanlage" zu werten.

Mit Bescheid vom 16. Jänner 1995 gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz der Berufung keine Folge. Aus dem Gutachten des Geometers vom 21. Juni 1993 ergebe sich schlüssig, daß die im Grenzkataster durch die Vermessungspunkte gebildete Grundgrenze den Grenzverlauf des Bauplatzes richtig wiedergebe. Die Beschwerdeführerin habe keine substantiellen Argumente vorgebracht, die die Richtigkeit dieses Gutachtens in Frage stellen könnten. Das beanstandete Bauvorhaben unterschreite an keiner Stelle den vorgeschriebenen Abstand von 3 m zu den sich aus der Katastralmappe ergebenden Grundstücksgrenzen. Sowohl aus dem immissionstechnischen als auch aus dem medizinischen Gutachten der Amtssachverständigen ergebe sich in einer mit den Denkgesetzen in Einklang stehenden Weise, daß durch den geplanten Bau weder Gesundheitsgefährdungen noch Belästigungen für die Beschwerdeführerin in dem vom Gesetz geforderten erheblichen Ausmaß entstünden, wobei auch darauf hinzuweisen sei, daß sämtliche vom immissionstechnischen Sachverständigen geforderten Auflagen in den Baubewilligungsbescheid aufgenommen worden seien (Punkte 57-64 des Baubewilligungsbescheides). Die Beschwerdeführerin habe weder eine Unschlüssigkeit noch eine Unrichtigkeit der eingeholten Gutachten aufzeigen können.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung verweist die Beschwerdeführerin auf ihre im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwendungen und die Ausführungen in ihrer Berufung. Die Grundstücksgrenzen seien nicht ordnungsgemäß festgestellt worden.

Mit Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 24. Februar 1995 wurde der Vorstellung keine Folge gegeben und festgestellt, daß die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt wird. Das zu bebauende Gebiet sei nach dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Bauland-Betriebsbaugebiet" im Sinne des § 22 Abs. 6 Oö Raumordnungsgesetz 1994 ausgewiesen. Aus § 4 der oberösterreichischen Betriebstypenverordnung 1994 folge, daß in Betriebsbaugebieten die in Anlage 1 mit dem Buchstaben "B" gekennzeichneten Betriebe sowie auch alle nach ihrer Betriebstype in der Kategorie gemischtes Baugebiet "M" zulässigen Betriebe errichtet werden dürften. Bei Ermittlung der Zulässigkeit eines Betriebes sei daher von der Betriebstype auszugehen. Die Errichtung eines PKW-Service- und Wartungsbetriebes, einer KFZ-Reparaturwerkstätte, einer Karosserie-Werkstätte, einer Spritzlackiererei sowie der Abstellplätze seien mit der Flächenwidmung "Bauland-Betriebsbaugebiet" vereinbar. Den Nachbarn komme aber nicht nur der Immissionsschutz des § 22 Abs. 6 Oö ROG 1994 zugute, sie könnten vielmehr auch aus § 23 Abs. 2 Oö Bauordnung ein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne des § 46 Abs. 3 Oö Bauordnung ableiten. Immissionen, die sich im Rahmen des in der betreffenden Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, müßten von den Nachbarn auch nach § 23 Abs. 2 Oö Bauordnung angenommen werden. Durch die Baubehörde erster Instanz seien Gutachten eines immissionstechnischen sowie eines medizinischen Amtssachverständigen eingeholt worden. Der immissionstechnische Sachverständige habe ausgeführt, daß für das unmittelbar angrenzende Grundstück der Beschwerdeführerin die Lärmabstrahlung durch die Zu- und Abluftanlage der Spritzlackieranlage maßgeblich sei. Dabei sei ein A-bewerteter Schalldruckpegel von 53 dB errechnet worden. Die Grundbelastung liege - bedingt durch den Verkehrslärm von der Mühlkreisautobahn A7 - als Basisschallpegel L 95 bei 53 dB, sodaß das Geräusch der Spritzlackieranlage in den ruhigen Phasen an der Grenze des Grundstückes Nr. 900 hörbar sei. Es sei daher vereinbart, in die Zu- und Abluftanlage der Spritzlackieranlage Schalldämpfer einzubauen, welche die Immissionen um mindestens 10 dB senkten, sodaß die Lärmauswirkungen der Spritzlackieranlage unter der "vorhandenen Situation" lägen. Für den zweiten Immissionspunkt an der nördlichen Grundstücksgrenze der Parzelle Nr. 901/1, KG X, sei eine Gesamtimmission sämtlicher Anlageteile des Betriebes und des KFZ-Verkehrs auf dem Betriebsareal von 42 dB errechnet worden. Dieser Wert liege deutlich unter dem Basisschallpegel von 53 dB, der durch den Verkehrslärm von der Mühlkreisautobahn verursacht werde. Bei der Metallbearbeitung in der Betriebsanlage ergäben sich bei offenem Fenster Schallimmissionen von mehr als 70 dB an der Grundstücksgrenze der Parzelle Nr. 900. Daher seien die Fenster geschlossen zu halten, sodaß sichergestellt werde, daß die vorhandene Lärmsituation nicht angehoben werde. Der Abfall-Lagerbereich an der Westseite des Betriebes sollte ursprünglich unter einem Flugdach ohne seitliche Lärmabschirmung zum Nachbargrundstück erfolgen. Durch das Einwerfen von metallischen Abfällen und beim Manipulieren des Behälters beim Abtransport bzw. bei der Abholung würden sich beim nächsten Nachbargrundstück Nr. 900, KG X, auf jeden Fall Lärmspitzen ergeben, die die vorhandene Lärmsituation überschritten. Es sei daher aus fachlicher Sicht vorgeschlagen worden, die Süd- und Westseite des Abfall-Lagerbereiches bis zum Flugdach geschlossen auszuführen. Hinsichtlich der Lösungsmittelimmissionen sei festgestellt worden, daß aufgrund der Schornsteinhöhe von 10 m auf Grundstück Nr. 900, KG X, keine Lösungsmittelimmission zu erwarten sei. Unter Zugrundelegung dieses immissionstechnischen Gutachtens sei der medizinische Amtssachverständige zusammenfassend zum Ergebnis gekommen, daß Gesundheitsgefährdungen wie auch Belästigungen nach den bisherigen Erfahrungen der Wissenschaft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnten. Sämtliche im immissionstechnischen Gutachten gemachten Änderungsvorschläge seien als Auflagen in die Baubewilligung aufgenommen worden. Diese Gutachten habe die Beschwerdeführerin nicht mit gleichartigen Gutachten bekämpft. Eine Befangenheit der Gutachter liege nicht vor. Gemäß § 52 Abs. 1 AVG habe die Behörde ihre Sachverständigen heranzuziehen. Auch der Amtssachverständige unterliege der Wahrheitspflicht. Allein aus dem Umstand, daß die beiden Sachverständigen als Beamte bei der bescheiderlassenden Behörde tätig seien, könne eine Befangenheit nicht abgeleitet werden. Sonstige Befangenheitsgründe seien von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt worden. Auch gegen die Ermittlung des Grenzverlaufes bestünden keine Bedenken. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin bezüglich des behaupteten falschen Grenzverlaufes erschöpfe sich in der Behauptung, die Grundstücksgrenze im Norden sei um mehrere Meter nach Süden verschoben, ohne aber substantielle Argumente vorzubringen, die die Richtigkeit des zur Grundlage des zweitinstanzlichen Bescheides gemachten Gutachtens in Zweifel ziehen könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt, "daß ihren Einwendungen, insbesondere hinsichtlich der Lärmemissionen und der Unrichtigkeit der Grundgrenzen, keine Rechnung getragen wurde und diese als sachlich nicht gerechtfertigt abgewiesen wurden".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit führt die Beschwerdeführerin aus, daß die von der Betriebsanlage infolge der Metallbearbeitung ausgehenden Schallemissionen an der Grundstücksgrenze zu ihrem Grundstück Nr. 900 mehr als 70 dB betrügen; dieser Wert liege bei weitem über dem Basisschallpegel von 53 dB. Die von den Behörden vorgeschriebene Auflage, bei Durchführung der Arbeiten die Fenster geschlossen zu halten, reiche nicht aus, die behauptete Lärmbelästigung zu verhindern. Sachgerechter wäre es gewesen, den Bauwerbern die Auflage zu erteilen, daß die Verglasung derart vorgenommen werde, daß ein Öffnen von vornherein überhaupt nicht möglich sei. Aufgrund der Größe des gesamten Betriebes seien die Bauwerber nicht in der Lage, entsprechende Kontrollen zur Einhaltung der Auflage mit zumutbarem Aufwand durchzuführen.

Gemäß § 60 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66 (Oö BauO 1994), tritt dieses Landesgesetz mit 1. Jänner 1995 in Kraft.

Gemäß § 58 Abs. 1 leg. cit. sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen.

Da der hier zu beurteilende Antrag auf Erteilung der Baubewilligung der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien vor dem 1. Jänner 1995 anhängig gemacht wurde, ist in der gegenständlichen Beschwerdesache die Oberösterreichische Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 59/1993 anzuwenden.

Gemäß § 46 Abs. 2 der Oö Bauordnung 1976 (BO) können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind öffentlich-rechtliche Einwendungen im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

Gemäß § 23 Abs. 2 leg. cit. müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen so geplant und errichtet werden, daß schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind solche, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der Bauten und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung (Änderung der natürlichen Zusammensetzung der freien Luft, z.B. durch Rauch, Ruß, Staub und andere Schwebstoffe, Dämpfe, Gase und Geruchstoffe), Lärm oder Erschütterungen.

Die Nachbarn haben somit ein Recht darauf, daß schädliche Umwelteinwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen, möglichst vermieden werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. März 1995, Zl. 95/05/0016). Insoweit aber eine Widmungskategorie des Flächenwidmungsplanes einen Immissionsschutz gewährleistet - dies ist auch in bezug auf die Einhaltung der Bestimmung des § 16 Abs. 8 Oö ROG 1972 (nunmehr § 22 Abs. 6 Oö ROG 1994) der Fall (vgl. hiezu das

hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1988, Zl. 87/05/0165, BauSlg. Nr. 1047) - kommt der Beschwerdeführerin als Nachbarin des gegenständlichen Objektes auch ein subjektiv-öffentliches Recht darauf zu, daß kein unter diesem Gesichtspunkt unzulässiger Betrieb im Betriebsbaugebiet gemäß § 16 Abs. 8 ROG 1972 errichtet wird.

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht gegen die Zulässigkeit des hier zu beurteilenden Projektes aufgrund des bestehenden Flächenwidmungsplanes, vielmehr erscheint ihr die von den Baubehörden den Bewilligungswerbern erteilte Auflage, die Fenster geschlossen zu halten, um die vorhandene Lärmsituation nicht zu verschlechtern, nicht geeignet, "den gerechtfertigten Interessen der Beschwerdeführerin hinreichend Rechnung zu tragen", da die Fenster trotz der Auflage "von den Arbeitern geöffnet" würden.

Eine gemäß § 49 Abs. 4 BO einem Baubewilligungsbescheid beigesetzte Auflage stellt eine pflichtenbegründende Nebenbestimmung eines begünstigenden Verwaltungsaktes dar, mit der der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme zu einem bestimmten, im Wege der Vollstreckung erzwingbaren Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1064, Slg. Nr. 6.400/A). Das bewilligte Projekt darf nur in Übereinstimmung mit den Auflagen des Baubewilligungsbescheides errichtet und betrieben werden; dies gilt nicht nur für die Aufnahme des Betriebes, sondern für die gesamte Verwendungsdauer (konsensgemäßer Zustand). Das Wesen der Auflage als bedingter Polizeibefehl besteht darin, daß der Inhaber des Rechtes für den Fall der Gebrauchnahme vom Baubewilligungsbescheid durch die Nebenbestimmung im Wege der Vollstreckung zu einem erzwingbaren Tun oder Unterlassen verpflichtet wird. Dem Nachbarn selbst kommt ein Recht auf Vorschreibung BESTIMMTER Auflagen nicht zu, vielmehr besteht sein Anspruch im gegebenen Sachzusammenhang nur darin, daß aufgrund rechtzeitig erhobener Einwendungen die im § 23 Abs. 2 BO genannten schädlichen Umwelteinwirkungen vermieden werden.

Daß durch die hier zu prüfende Auflage solche Umwelteinwirkungen verhindert werden, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht angezweifelt und es vermag der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die von den Behörden eingeholten, schlüssig begründeten und mit den Denkgesetzen vereinbaren Gutachten Gegenteiliges nicht zu erkennen. Ob diese bestimmte und als geeignet anzusehende Auflage von den Konsenswerbern eingehalten wird, ist nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens und tauglicher Einwendungen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin die Feststellung der Grundgrenzen durch die Baubehörden. Die Vorstellungsbehörde habe übersehen, daß sie in der Vorstellung darauf hingewiesen habe, daß im Frühjahr 1994 - also nach Gutachtenserstattung durch den Geometer - eine neuerliche Begehung der Nordgrenze durchgeführt worden sei und dabei Veränderungen der Markierungen vorgenommen worden seien. Im angefochtenen Bescheid fehle die Begründung, warum diesem Vorbringen kein Glauben geschenkt worden sei. Aus der Begehung durch den Sachverständigen ergebe sich, daß dieser selbst Zweifel an der Richtigkeit seiner ursprünglichen Annahmen im Gutachten aus dem Jahre 1993 gehabt habe. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, selbst diesbezüglich Erhebungen durchzuführen.

Der Nachbar kann die Frage des strittigen Grenzverlaufes geltend machen. Dieses Vorbringen ist nicht auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, vielmehr hat die Baubehörde die Frage des Grenzverlaufes gemäß § 38 AVG als Vorfrage zu beurteilen und diese Beurteilung ihrer Entscheidung zugrundezulegen. Die Frage des strittigen Grenzverlaufes ist dann im Baubewilligungsverfahren als Vorfrage zu entscheiden, wenn dies zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens (etwa wegen Einhaltung eines Abstandes) notwendig ist (vgl. hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 2. Auflage, auf Seite 597 zu § 134 der Bauordnung für Wien dargestellte hg. Rechtsprechung sowie das hg. Erkenntnis vom 25. April 1995, Zl. 94/05/0241).

Die Baubehörden haben die Feststellungen der strittigen Grundstücksgrenze auf das Gutachten des Geometers Dipl.Ing. F vom 21. Juni 1993 gestützt. Dessen Ausführungen ist die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat im Verwaltungsverfahren auch nicht dargelegt, warum dieses Gutachten nicht richtig sein soll. In der Berufung wird hiezu ohne nähere Angabe nur ausgeführt, "die natürliche Grenze" sei "von Norden um mehrere Meter nach Süden verschoben" worden. Die nicht näher begründete Behauptung der Beschwerdeführerin in der Vorstellung, der Sachverständige habe noch im Frühling 1994 an der Nordgrenze Markierungen entfernt und andere Markierungen angebracht, waren nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit des von den Baubehörden ermittelten Beweisergebnisses entstehen zu lassen.

Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG sind für den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Überprüfungsbefugnis jene Verfahrensmängel relevant, bei deren Vermeidung nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. In der Beschwerde wird nicht konkret ausgeführt, zu welchem Beweisergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Verfahrensvorschriften gekommen wäre. Sie ist nämlich selbst nicht in der Lage anzugeben, wo tatsächlich ihrer Ansicht nach die Grundgrenze verlaufen soll. Zu welchem Beweisergebnis die belangte Behörde hätte kommen sollen, wenn sie den Gerichtsakt beigeschafft oder den Sachverständigen einvernommen hätte, vermag die Beschwerdeführerin nicht darzulegen. Zu welchem Vorbringen die belangte Behörde die Beschwerdeführerin i.S. des § 13a AVG hätte anleiten sollen, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050195.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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