TE Vfgh Beschluss 1994/2/28 B865/93

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Veröffentlicht am 28.02.1994
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde gegen ein Schreiben des Magistrats der Stadt Salzburg betreffend die mangelnde Wahlberechtigung eines Auslandsösterreichers bei einer Volksabstimmung im Bundesland Salzburg. Eine den Charakter einer schlichten Mitteilung tragende Rechtsbelehrung entbehrt des individuell-normativen Inhalts, wie ihn Art144 Abs1 erster Satz B-VG zwingend verlangt.

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben österreichischer Staatsbürger mit dem ordentlichen Wohnsitz im Ausland (Bundesrepublik Deutschland).

1.2. Ein "Für den Bürgermeister" gefertigtes, an den Beschwerdeführer gerichtetes Schreiben des Magistrats der Landeshauptstadt Salzburg vom 27. April 1993, Z ZV/01//93, hat ua. folgenden Wortlaut:

"Zu Ihrem oben angeführten Schreiben darf ich Ihnen mitteilen, daß auf Grund der derzeit geltenden Gesetzeslage Auslandsösterreicher bei Nationalratswahlen, bei Bundespräsidentenwahlen und bei Volksabstimmungen im Bund wahlberechtigt sind.

Bei Volksabstimmungen, die wie die gegenständliche Volksabstimmung am 16. Mai 1993 nur im Bundesland Salzburg stattfinden, ist auf Grund der derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen keine Stimmberechtigung für Auslandsösterreicher gegeben.

In der Hoffnung, Ihnen mit diesen Informationen behilflich gewesen zu sein, verbleibe ich ..."

1.3. Gegen dieses Schreiben richtet sich die nicht von einem Rechtsanwalt eingebrachte "Verfassungsbeschwerde" des Beschwerdeführers, in welcher der Sache nach die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet wird, nämlich jener Regelungen, die - nach Ansicht des Beschwerdeführers - Auslandsösterreicher von der Teilnahme an der Volksabstimmung ausschließen, welche die Salzburger Landesregierung mit Verordnung vom 29. März 1993, LGBl. 46, für den 16. Mai 1993 ausgeschrieben hatte.

2.1. Das angefochtene Schreiben erging nicht in der äußeren Form eines Bescheides; es ist nämlich weder mit "Bescheid" überschrieben noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung gegliedert. Nun ist zwar auch eine formlose Erledigung als Bescheid anzusehen, wenn sie nach ihrem deutlich erkennbaren objektiven Inhalt eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, also für den Einzelfall Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt (VfSlg. 11415/1987 und die dort zitierte Vorjudikatur, 12321/1990).

Doch kann nach dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des bekämpften Schreibens kein Zweifel bestehen, daß der Bürgermeister den Beschwerdeführer - auf dessen Frage - nur über die aus seiner Sicht gegebene Rechtslage - informativ - in Kenntnis setzte (vgl. die Wendung: "... darf ich Ihnen mitteilen, ..." (erster Absatz), ferner die Worte "mit diesen Informationen" (letzter Absatz)). Eine solche, den Charakter einer schlichten Mitteilung tragende Rechtsbelehrung entbehrt aber des individuell-normativen Inhalts, wie ihn Art144 Abs1 Satz 1 B-VG zwingend verlangt (vgl. VfSlg. 11415/1987 und die dort zitierte Vorjudikatur, 11698/1988, 12321/1990; VfGH 15.3.1993 B604/93).

2.2. Die Beschwerde ist daher, da es an einem tauglichen Beschwerdegegenstand mangelt, unzulässig. Sie war somit wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

2.3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Wahlen, Wahlrecht aktives, Wohnsitz, Volksabstimmung, Auslandsösterreicher

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B865.1993

Dokumentnummer

JFT_10059772_93B00865_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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