TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 95/08/0259

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/08/0031

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerden des J in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Juli 1995, Zl. MA 15-II-Sch 17/95, und vom 15. Dezember 1995, Zl. MA 15-II-Sch 48/95, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (mitbeteiligte Partei: WGKK), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. November 1993, Zl. BE 9603999, verpflichtete die Wiener Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer zur Zahlung auf dem Beitragskonto der E.-GmbH rückständiger Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren im Betrag von S 298.666,25 zuzüglich Verzugszinsen. Der Bescheid wurde nach der im Akt erliegenden Kopie des Rückscheins am 24. November 1993 hinterlegt (Beginn der Abholfrist: 25. November 1993) und der beglaubigten Kopie der Empfangsbestätigung zufolge noch am 24. November 1993 vom Beschwerdeführer persönlich behoben. Nach den Beschwerdebehauptungen wurde der Bescheid dem Beschwerdeführer "am 29. November 1993 zugestellt". Der erstangefochtene Bescheid stellt mit der Erwähnung einer Zustellung durch Hinterlegung am 25. November 1993 auf den Beginn der Abholfrist ab.

Mit einem zweiten Bescheid vom 19. November 1993, Zl. BE 9481494, verpflichtete die Wiener Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer zur Zahlung auf dem Beitragskonto der I-GmbH rückständiger Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren im Betrag von S 1,254.720,11 zuzüglich Verzugszinsen. Diesen Bescheid behob der Beschwerdeführer - nach der unwidersprochenen, hinsichtlich der Tatsache der persönlichen Behebung in der Beschwerde bekräftigten Darstellung im zweitangefochtenen Bescheid - persönlich am 24. November 1993.

Mit Schreiben vom 27. März 1995 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Einspruch gegen den zur Zl. BE 9481494 erlassenen Bescheid. Mit Bescheid vom 15. September 1995 wies die Wiener Gebietskrankenkasse diesen Wiedereinsetzungsantrag ab, wogegen der Beschwerdeführer am 20. Oktober 1995 Einspruch erhob. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 1995 wies die belangte Behörde den Einspruch ab. 1) Sie stellte die erstinstanzliche Entscheidung und das Vorbringen des Einspruchswerbers dar und führte im wesentlichen aus, der Einspruchswerber habe den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse selbst behoben und daher wissen müssen, daß ein für ihn wichtiges Schriftstück an ihn gesandt worden sei. Die belangte Behörde sei daher der Auffassung, daß "der Einspruchswerber - auch wenn es zutreffen sollte, daß die Gattin des Einspruchswerbers das Poststück schließlich eingeordnet hat - das ihn zumutbare Maß an Sorgfalt nicht aufgewendet" habe.

Mit Schreiben vom 10. April 1995 beantragte der Beschwerdeführer auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Einspruch gegen den zur Zl. BE 9603999 erlassenen Bescheid. Mit Bescheid vom 19. April 1994 wies die Wiener Gebietskrankenkasse diesen Wiedereinsetzungsantrag ab, wogegen der Beschwerdeführer am 5. Mai 1995 Einspruch erhob. Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 14. Juli 1995 wies die belangte Behörde diesen Einspruch ab. 2) Sie setzte sich mit dem Vorbringen des Einspruchswerbers auseinander, das unvorhergesehene und unabwendbare Ereignis habe darin bestanden, daß seine Ehefrau "die Post einfach eingeordnet habe, wodurch dem Einspruchswerber trotz möglicher persönlicher Postübernahme der Bescheid verborgen geblieben sei". Hiezu sei "festzuhalten, daß der Einspruchswerber bei Anwendung des zumutbaren Maßes an Aufmerksamkeit und Sorgfalt das vorübergehende Abhandenkommen des Bescheides vom 19. November 1993 hätte verhindern können, weshalb weder eine Schuldlosigkeit des Einspruchswerbers noch ein minderer Grad des Versehens im vorliegenden Fall angenommen werden konnte".

Gegen die Bescheide vom 14. Juli 1995 und vom 15. Dezember 1995 richten sich die vorliegenden, in weiten Teilen gleichlautenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Im Vorverfahren über den erstangefochtenen Bescheid hat sowohl die belangte Behörde die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet als auch die Mitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges verbunden und darüber erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Beide angefochtenen Bescheide gehen von den Behauptungen des Beschwerdeführers aus und leiten daraus ab, daß er weder Schuldlosigkeit noch einen minderen Grad des Versehens für sich in Anspruch nehmen könne. Im ersten Bescheid kommt dies darin zum Ausdruck, daß das "Vorbringen des Einspruchswerbers" einer rechtlichen Würdigung unterzogen wird. Im zweiten Bescheid werden Rechtsaussagen auch für den Fall getroffen, daß es "zutreffen sollte, daß die Gattin des Einspruchswerbers das Poststück schließlich eingeordnet hat". Auch darin liegt eine Bezugnahme auf die Darstellung des Beschwerdeführers, der die Behörde - abgesehen von der persönlichen Behebung des Bescheides durch den Beschwerdeführer - keine Ergebnisse eigener Ermittlungen gegenüberstellt.

1. Die Beschwerden kritisieren die Kürze der angefochtenen Bescheide unter dem Gesichtspunkt, daß nicht erkennbar sei, welchen Sachverhalt die Behörde der Entscheidung jeweils zugrunde gelegt habe. Aus dem Verweis auf das Vorbringen des Beschwerdeführers gehe jeweils nicht hervor, ob die Behörde diesem Vorbringen gefolgt sei.

Mit dieser Kritik verkennt der Beschwerdeführer den wesentlichen Inhalt der angefochtenen Bescheide. Diese gehen davon aus, daß ein Wiedereinsetzungsgrund auch nicht vorliege, wenn man den Angaben des Beschwerdeführers folge. Trifft diese Beurteilung zu, so konnte ein Ermittlungsverfahren darüber, inwieweit diesen Angaben zu folgen ist, unterbleiben. Denn die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers stecken den Rahmen für die Untersuchung der Frage, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist, ab (vgl. das Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 94/05/0212, und den Beschluß vom 7. August 1992, Zlen. 92/14/0033, 0084 mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

In bezug auf den erstangefochtenen Bescheid kritisiert der Beschwerdeführer auch die rechtliche Wertung als "Scheinbegründung". Wenn die belangte Behörde hier ausführte, der Beschwerdeführer hätte das "vorübergehende Abhandenkommen" des Bescheides bei Anwendung des zumutbaren Maßes an Aufmerksamkeit und Sorgfalt verhindern können, so kommt darin - mangels einer Bezugnahme auf eigene Ermittlungsergebnisse - aber nur zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das ihn an der Evidenthaltung gehindert hätte, in seinem Vorbringen nicht beschrieben habe. Ob dies zutrifft, ist anhand dieses Vorbringens überprüfbar, sodaß der Beschwerdeführer hier keinen wesentlichen Begründungsmangel aufzeigt.

2. DER WIEDEREINSETZUNGSANTRAG VOM 27. MÄRZ 1995 gründete sich - nach der Darstellung in der Beschwerde gegen den ZWEITANGEFOCHTENEN BESCHEID - auf die Behauptung, die Gattin des Beschwerdeführers habe "nach der Hochzeit im Oktober 1993 das Ordnen seiner Post und der übrigen Unterlagen übernommen", und es sei "auf ein bei der Einordnung unterlaufenes Versehen" zurückzuführen, daß der Bescheid dem Beschwerdeführer erst verspätet zur Kenntnis gelangt sei. Der Antrag sei mit der Begründung abgewiesen worden, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, den Bescheid zwar erhalten, es aber unterlassen zu haben, die Post durchzusehen. Es könne von jedermann erwartet werden, daß er die einlangende Post innerhalb angemessener Frist durchsehe. Dagegen habe der Beschwerdeführer im Einspruch (vom 20. Oktober 1995) eingewandt, ein Versehen sei nicht ihm, sondern seiner Gattin unterlaufen, die ihm damals bei der Bewältigung der geschäftlichen Angelegenheiten beigestanden sei und es insbesondere übernommen gehabt habe, "die eingehende Post sowie sonstige Unterlagen zu ordnen". Sowohl der Beschwerde als auch dem zweitangefochtenen Bescheid ist als weiteres Einspruchsvorbringen auch entnehmbar, der Gattin des Beschwerdeführers sei beim Ordnen insoweit ein Fehler unterlaufen, als sie den Bescheid irrtümlich nicht dem Beschwerdeführer vorgelegt, sondern sofort abgelegt habe. Die Beschwerde führt dazu - nicht erkennbar in Darstellung des Einspruchsvorbringens - noch aus, die Gattin des Beschwerdeführers habe die Unterscheidung von "wichtigen", daher dem Beschwerdeführer vorzulegenden, "anderen" Schriftstücken, die "in einem besonderen Ordner" abzulegen waren, und Poststücken wie etwa Werbesendungen vorzunehmen gehabt, welche "überhaupt aussortiert" wurden. Die Gattin des Beschwerdeführers habe "den normativen Charakter des Schreibens der Wiener Gebietskrankenkasse vom 19. November 1993 nicht erkannt" und dieses daher ohne Vorlage in einem Ordner abgelegt.

Sowohl dem zweitangefochtenen Bescheid als auch der Beschwerde ist schließlich noch entnehmbar, daß der Beschwerdeführer sich gegenüber der belangten Behörde zur persönlichen Behebung des Bescheides äußerte. Er führte danach aus, sich vormittags nur sehr selten an der Abgabestelle aufzuhalten und die hinterlegten RSa- und RSb-Sendungen einmal wöchentlich persönlich zu beheben. Vom Beschwerdeführer könne nicht verlangt werden, daß es ihm hätte auffallen müssen, daß ihm gerade dieser Bescheid nach dem Sichten und Sortieren der Post durch die Gattin des Beschwerdeführers nicht mehr vorgelegt worden sei. Dieser Umstand und die Tatsache, daß der Beschwerdeführer sich einer Hilfsperson bedient habe, begründe kein Verschulden des Beschwerdeführers. Die Beschwerde führt dazu noch aus, dem Beschwerdeführer würden "regelmäßig zahlreiche solche RSa- und RSb-Sendungen ausgefolgt", wobei diese Anzahl aufgrund der Insolvenz der I-GmbH damals noch höher gewesen sei. Die Sendungen seien "schon aufgrund ihrer äußeren Erscheinungsform nicht voneinander zu unterscheiden" gewesen. Dem Beschwerdeführer könne es nicht als Verschulden vorgeworfen werden, daß er nicht trotz des Einsatzes einer Hilfsperson "jedes einzelne Poststück noch einmal durchgesehen hat", denn (es) "wäre dann ja die Hilfestellung für ihn ohne jeden Nutzen gewesen".

Der Beschwerdeführer übergab also von ihm selbst behobene Rückscheinbriefe seiner Gattin, damit diese die Entscheidung darüber treffe, welche Rückscheinbriefe der Beschwerdeführer auch lesen solle. Eine Weisung des Beschwerdeführers, (zumindest) keine Rückscheinbriefe ohne Rücksprache mit ihm abzulegen, wird nicht behauptet. Auch ein Vorbringen darüber, nach welchen Kriterien die Gattin des Beschwerdeführers zwischen "wichtigen" und "anderen" Rückscheinbriefen zu unterscheiden gehabt habe, wird nicht beschrieben. Die Gattin des Beschwerdeführers wird als "in kaufmännischen Belangen geschult" bezeichnet, verkannte aber den "normativen Charakter" eines "Schreibens", mit dem der Beschwerdeführer wegen seines Verschuldens als Geschäftsführer der I-GmbH zur Zahlung von S 1,254.720,11 verpflichtet wurde. Mit Behauptungen darüber, daß das "Schreiben" nicht als "Bescheid" überschrieben war und nicht mit einer deutlich hervorgehobenen "Rechtsmittelbelehrung" endete, ist dies nicht verbunden.

Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft. Das erfordert ein substantiiertes Vorbringen darüber, daß und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber (oder sein bevollmächtigter Vertreter) die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. dazu aus jüngerer Zeit das Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 95/05/0212, den Beschluß vom 26. Mai 1995, Zl. 95/17/0147, das Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zlen. 93/16/0075, 0076, den Beschluß vom 24. März 1994, Zl. 93/18/0599, die Beschlüsse vom 21. Oktober 1992, Zlen. 92/02/0122, 0222 und 92/02/0247 bis 0249, das Erkenntnis vom 8. Juli 1992, Zl. 92/03/0093, den Beschluß vom 8. Juli 1991, Zlen. 91/19/0172, 0173, den Beschluß vom 28. Mai 1991, Zlen. 91/07/0045, 0046, den Beschluß vom 23. Mai 1990, Zl. 90/17/0113 und den Beschluß vom 21. Februar 1990, Zlen. 90/03/0021, 0022, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Wie intensiv eine Hilfskraft überwacht werden muß, bestimmt sich nach ihrer Ausbildung, Einschulung und Verläßlichkeit (vgl. Frauenberger, ÖJZ 1992, 113 (117)). Was Ausbildung anlangt, so kann die Kenntnis "kaufmännischer Belange" nicht ausreichen, um unter Rückscheinbriefen, die meist "wichtig" sind, ohne Gefahr einer Fehleinschätzung solche herauszufinden, deren Vorlage sich erübrigt. Daß und inwieweit die Gattin des Beschwerdeführers in diese Aufgabe noch zusätzlich eingeschult wurde, ist dem dargestellten Vorbringen nicht entnehmbar. Von Verläßlichkeit kann bei einer Hilfskraft erst ausgegangen werden, wenn sie sich längere Zeit hindurch bewährt hat. Im vorliegenden Fall soll die Gattin des Beschwerdeführers die beschriebene Tätigkeit erst "nach der Hochzeit im Oktober 1993" übernommen haben, wobei ein Vorbringen über den anfänglichen Erfolg der demnach bis zur Fristversäumung nur kurzen Verwendung fehlt. Sollte dem Beschwerdeführer nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zur Last liegen, so hätte er also darzulegen gehabt, daß er die Tätigkeit seiner Gattin intensiv kontrolliert habe. Ohne konkrete Behauptungen in dieser Hinsicht - über die der Beschwerde und dem zweitangefochtenen Bescheid, der insoweit in der Beschwerde nicht kritisiert wird, nichts entnehmbar ist - war der Einspruch des Beschwerdeführers daher abzuweisen (vgl. das Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/04/0194). Da die belangte Behörde dies richtig erkannt hat, war gemäß § 35 Abs. 1 VwGG auch die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid schon aufgrund ihres Inhaltes als unbegründet abzuweisen.

3. Der WIEDEREINSETZUNGSANTRAG VOM 10. APRIL 1995, auf den sich der ERSTANGEFOCHTENE BESCHEID bezieht, enthielt zur Fristversäumung nur die Vermutung, der zur Zl. BE 9603999 erlassene Bescheid

"dürfte in der Masse der Post, von meiner Frau eingeordnet, aus meinen Augen, wenn überhaupt gesehen, sich entzogen haben. Meine Frau hat damals nach unserer Hochzeit am 22. 10. 1993 das Ordnen meiner gesamten Unterlagen und Post "meiner Unordnung wie sie glaubte" übernommen und durchgeführt. Nur so ist es möglich, daß auch dieser Bescheid trotz möglicher persönlicher Postübernahme mir verborgen blieb."

Im Einspruch gegen die Abweisung dieses Wiedereinsetzungsantrages betonte der Beschwerdeführer, er habe "nirgends geschrieben", daß er das Schriftstück persönlich übernommen habe. Wäre ihm der Bescheid damals "zu Gesicht gekommen", so würde er dagegen berufen haben. Für den Beschwerdeführer sei

"der Eingriff meiner kaufmännisch geschulten Frau in meine Post und der Entzug dieser Unterlagen aus meinen Augen ein unvorhersehbares und für mich unabwendbares Ereignis" gewesen.

In einer Stellungnahme gegenüber der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer noch aus:

"Das für mich Unvorhersehbare, Unabwendbare und auch Unfaßbare besteht für mich darin, daß meine Frau damals die Post einfach eingeordnet hat. Wie einer kaufmännisch geschulten Kraft so etwas passieren kann (,) verstehe ich heute noch nicht."

Diese Ausführungen würden es - im Gegensatz zu den zuvor behandelten Behauptungen über den Gebrauch einer "Hilfsperson" - als möglich erscheinen lassen, daß der "Eingriff" in die Post des Beschwerdeführers eigenmächtig geschah. Die Beschwerde macht geltend, das Antragsvorbringen sei in bezug auf die Frage, wie die Gattin des Beschwerdeführers mit der Post verfahren sei, unklar gewesen, sodaß die Behörde "von Amts wegen entsprechende Ermittlungen dahingehend zu tätigen" gehabt hätte, "wie die Gattin des Einschreiters beim Einordnen der Post vorgegangen ist". Hätte die belangte Behörde dies getan, so hätte sie

"feststellen können, daß die Gattin des Beschwerdeführers hinsichtlich der einlangenden Post eine Unterscheidung zwischen "wichtigen", daher dem Beschwerdeführer vorzulegenden Schriftstücken, welche dieser dann auch tatsächlich durchgesehen hat, und anderen Schriftstücken, welche in einem gesonderten Ordner abgelegt wurden, vorgenommen hat".

Diese Ausführungen dienen der Abgrenzung gegenüber der unterstellten Alternative, die Gattin des Beschwerdeführers hätte nur die gesamte Post zur späteren Durchsicht vorbereitet, aber nichts davon weggeräumt. Sie lassen noch offen, ob die Gattin des Beschwerdeführers aus eigenem Antrieb und heimlich, oder ob sie zumindest mit dem Wissen des Beschwerdeführers tätig gewesen sein soll. Klarheit darüber vermittelt der nächste Satz der Beschwerde, wonach es kein relevantes Verschulden des Beschwerdeführers begründe, daß er "nicht jedes der von seiner Gattin abgelegten Poststücke noch einmal überprüft hat". Daß der Beschwerdeführer von der Ablage eines Teils der Post durch seine Gattin nichts wußte, wird damit nicht als mögliches Ergebnis der unterbliebenen Ermittlungen hingestellt.

Geht man im Sinne des Beschwerdeführers davon aus, daß die Gattin des Beschwerdeführers - mit seinem Wissen - einen Teil der Post ablegte, so gelten auch hier die im Zusammenhang mit dem zweitangefochtenen Bescheid dargestellten Grundsätze. Der Beschwerdeführer führt dazu aus, das Versehen seiner Gattin könne für ihn nur dann ein Verschulden begründen, "wenn er es an der ihm zumutbaren Überwachung, Belehrung und Kontrolle hätte fehlen lassen". Er macht geltend, daß "diesbezüglich ... dem angefochtenen Bescheid jedoch keinerlei Feststellungen zu entnehmen" seien, "geschweige denn" habe "die belangte Behörde diesbezügliche Ermittlungen getätigt". Das Verfahren sei auch aus diesem Grund mangelhaft geblieben.

Diese Ausführungen entfernen sich von der schon erwähnten ständigen Rechtsprechung, wonach es die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers sind, die den Rahmen des Verfahrens über seinen Antrag vorgeben. Enthält der Antrag nicht die erforderlichen Behauptungen über die Kontrolle der Hilfsperson und kann das völlige Unterbleiben einer Kontrolle nicht aus im Antrag dargelegten Gründen als ein Versehen minderen Grades eingestuft werden, so ist der Antrag ohne weiteres Verfahren abzuweisen. Im einzelnen kann dazu auf die schon zum zweitangefochtenen Bescheid dargestellte Rechtsprechung verwiesen werden.

Die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz, der die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid betrifft, gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995080259.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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