TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 95/08/0093

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §26a Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/08/0068 E 19. März 1996

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 16. März 1994, Zl. IVb/7022/7100 B, 920/4110 14 12 59, betreffend Nichtgewährung von Notstandshilfe mangels Erschöpfung des Anspruchs auf Karenzurlaubsgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin wurde im Dezember 1992 restliches Arbeitslosengeld bis 10. Jänner 1993 und Notstandshilfe ab 11. Jänner 1993 zuerkannt. Vom 7. Jänner 1993 bis zum 8. Mai 1993 bezog sie Wochengeld aus der Krankenversicherung der Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz. Für die Zeit vom 9. Mai 1993 bis zum 13. März 1995 (dem zweiten Geburtstag ihres Kindes) wurde der Beschwerdeführerin das Karenzurlaubsgeld zuerkannt, das sie zunächst auch bezog. Mit Wirksamkeit ab 1. Oktober 1993 verzichtete sie darauf zugunsten des Kindesvaters und beantragte für sich selbst Notstandshilfe. Diesen Antrag wies das Arbeitsamt Versicherungsdienste mit Bescheid vom 22. November 1993 ab, weil der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Karenzurlaubsgeld durch ihren Verzicht zugunsten des Kindesvaters nicht im Sinne des § 33 Abs. 1 AlVG erschöpft sei.

Der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab das Landesarbeitsamt Wien mit dem angefochtenen Bescheid nicht Folge.

Dagegen richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Abweisung an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Verletzung des Rechtes auf Gewährung der Notstandshilfe ab 1. Oktober 1993. Geltend gemacht wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Den Anspruch auf Notstandshilfe haben Arbeitslose, "die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld erschöpft haben" (§ 33 Abs. 1 AlVG). Diese Regelung gilt - soweit es das Karenzurlaubsgeld betrifft - seit der Einführung dieser Leistung für Mütter durch das Bundesgesetz vom 28. November 1960, BGBl. Nr. 242. Sie ist seither unverändert geblieben. Durch das Elternkarenzurlaubsgesetz vom 12. Dezember 1989, BGBl. Nr. 651, wurde auch für Väter ein Anspruch auf Karenzurlaubsgeld geschaffen. Hat die Mutter einen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld, so setzt der Anspruch des Vaters voraus, daß die Mutter "auf die Inanspruchnahme zur Gänze oder für einen bestimmten Zeitraum unwiderruflich verzichtet hat" (§ 26a Abs. 1 letzter Satz AlVG). Ein "Wechsel in der Anspruchsberechtigung kann nur einmal erfolgen, nachdem ein Elternteil mindestens drei Monate lang Karenzurlaubsgeld bezogen hat". Eine Ausnahme davon gilt, wenn der im Bezug stehende Elternteil auf im Gesetz umschriebene Weise verhindert ist, das Kind zu betreuen. In diesem Fall tritt bei Verhinderung des Vaters der Verzicht der Mutter außer Kraft. Der Verzicht tritt auch dann außer Kraft, wenn die Mutter meldet, daß bestimmte (andere) Anspruchsvoraussetzungen beim Vater nicht mehr bestehen (§ 26a Abs. 2 AlVG). Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß die Beschwerdeführerin nach dem zum 1. Oktober 1993 erfolgten "Wechsel in der Anspruchsberechtigung" nur bei Außerkrafttreten des "unwiderruflichen" Verzichtes wieder in den Genuß des Karenzurlaubsgeldes kommen konnte.

Ob der Anspruch der Beschwerdeführerin dadurch im Sinne des § 33 Abs. 1 AlVG "erschöpft" war, ist dem Gesetz nicht unmittelbar zu entnehmen. Die belangte Behörde verneint dies in der Gegenschrift mit dem Argument, ein Anspruch sei erst "erschöpft", wenn es "ex lege" nicht mehr zum Genuß der Leistung kommen könne. Darunter sei (gemeint: beim Arbeitslosengeld) auch der Fall zu verstehen, daß der Leistungswerber den Bezug unterbrochen habe und die Frist für die Geltendmachung des Fortbezuges (§ 19 Abs. 1 AlVG) verstrichen sei. Im Fall der Beschwerdeführerin sei es aber noch möglich gewesen, daß der Verzicht durch einen der Ausnahmstatbestände des § 26a Abs. 2 AlVG außer Kraft treten würde. Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf das Karenzurlaubsgeld sei daher nicht erschöpft gewesen.

Der angefochtene Bescheid setzt sich in seiner Begründung auch mit § 39 Abs. 1 AlVG auseinander. Nach dem letzten, durch das Karenzurlaubserweiterungsgesetz (BGBl. Nr. 408/1990) angefügten Satz dieser Bestimmung ist der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft, "wenn das Höchstausmaß erreicht ist oder infolge Verzichtes (§ 26a Abs. 1) kein Karenzurlaubsgeld mehr bezogen werden kann und der Vater des Kindes nicht im Bezug des vollen Karenzurlaubsgeldes gemäß § 27 steht". Im angefochtenen Bescheid mißt die belangte Behörde dem keine Bedeutung bei, weil einerseits der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin das volle Karenzurlaubsgeld beziehe und andererseits zwar die Bestimmungen der Notstandshilfe (gemeint: nach § 39 Abs. 3 AlVG) auf die Sondernotstandshilfe anzuwenden seien, aber nicht umgekehrt.

Der Verfassungsgerichtshof prüfte, ob der angefochtene Bescheid sich auf ein gleichheitswidriges Gesetz gestützt oder dem Gesetz zu Unrecht einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt habe. Er verneinte beides mit dem Hinweis auf - noch darzustellende - Gesetzeszwecke, unter deren Annahme das von der Beschwerdeführerin bekämpfte Ergebnis keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung bedeuten würde.

Die Beschwerde ist gegenüber den Argumenten der belangten Behörde und auch insoweit berechtigt, als sich auch aus den Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes nicht ergibt, daß die belangte Behörde das Gesetz richtig ausgelegt hat:

1. Das Erfordernis einer Anspruchserschöpfung als Voraussetzung für den Bezug von Notstandshilfe bezog sich zunächst nur auf das Arbeitslosengeld. Bei der Einführung des Karenzurlaubsgeldes wurde dieses - mit dem Unterschied, daß es nicht Arbeitslosigkeit voraussetzt - bewußt dem Arbeitslosengeld nachgebildet. Dementsprechend wurde zur Einbeziehung des Karenzurlaubsgeldes in die Voraussetzungen der Notstandshilfe auch ausgeführt, daß der Anspruch auf Notstandshilfe "so wie nach Erschöpfung des Arbeitslosengeldes" bestehe, wenn der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft sei (298 BlgNR 9. GP, S. 1 f). Die "Erschöpfung" des Karenzurlaubsgeldes muß also der des Arbeitslosengeldes entsprechen. Der Vergleich führt aber nicht zu dem von der belangten Behörde erzielten Ergebnis. Wird der Anspruch auf Arbeitslosengeld im Sinne des § 33 Abs. 1 AlVG auch als "erschöpft" angesehen, wenn nach teilweiser Inanspruchnahme die Fortbezugsfrist verstrichen ist, so kommt es nicht auf die Ausschöpfung des Höchstausmaßes, sondern nur darauf an, daß kein Leistungsbezug mehr möglich ist (vgl. Dirschmied, AlVG,

2. Auflage, 203 f; Ullrich/Ehrenreich, AlVG, Erläuterungen zu § 33 Abs. 1). Das hat auch die belangte Behörde richtig erkannt. Davon ausgehend ist aber zu prüfen, ob die Situation einer Mutter nach ihrem "unwiderruflichen" Verzicht (§ 26a Abs. 1 AlVG) im Vergleich zum Fall eines unterbrochenen Bezuges von Arbeitslosengeld der Situation vor oder der nach dem Ablauf der Fortbezugsfrist näher kommt. Der Situation vor dem Ablauf der Fortbezugsfrist entspricht es, daß die Frist des § 31 AlVG läuft, nach deren Ablauf es auch durch den Eintritt der Voraussetzungen, unter denen der Verzicht außer Kraft tritt, zu keinem Leistungsbezug mehr kommen kann. Dem steht gegenüber, daß der durch den Verzicht bewirkte Anspruchsverlust für die Zeit bis zu einem allfälligen Außerkrafttreten des Verzichtes endgültig ist. Beim Arbeitslosengeld bleibt der volle Restanspruch gewahrt, solange die Fortbezugsfrist nicht verstrichen ist. Hingegen kann beim Karenzurlaubsgeld, wenn der Verzicht außer Kraft tritt, das inzwischen Entgangene nicht nachkonsumiert werden. Zumindest zeitgleich mit dem Bezug von Notstandshilfe entfiele der Anspruch auf das Karenzurlaubsgeld daher auch insoweit, als ein Außerkrafttreten des Verzichtes daran nichts mehr ändern könnte. Auch davon abgesehen ist der Möglichkeit, daß der "unwiderrufliche Verzicht" unter den in § 26a Abs. 2 AlVG genannten Voraussetzungen außer Kraft tritt, im Hinblick auf diese Voraussetzungen ein geringeres Gewicht beizumessen als der Möglichkeit eines Fortbezuges nach § 19 AlVG. Es wäre daher nicht inkonsequent, im Verzicht auf das Karenzurlaubsgeld - anders als in der Bezugsunterbrechung beim Arbeitslosengeld - eine Erschöpfung des Anspruchs zu sehen, die Notstandshilfe nicht zu verweigern und sie nur einzustellen, wenn der Verzicht tatsächlich außer Kraft tritt.

2. Das Karenzurlaubserweiterungsgesetz legte für die Sondernotstandshilfe fest, wann "der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft" ist. In den Materialien fand diese Regelung nicht Erwähnung (1410 BlgNR 17. GP, S. 1 bis 4). Nach Auffassung des Bundesministers für Arbeit und Soziales wurde "klargestellt, daß eine Mutter Anspruch auf Sondernotstandshilfe hat, wenn sie auf einen bisherigen KUG-Bezug zugunsten des Vaters verzichtet hat, dieser aber nur das Teil-KUG bezieht" (Durchführungsweisung, ASoz 1990, 841 (843)). Als "Klarstellung" kann die Regelung mit ihrem den Verzichtsfall betreffenden Inhalt aber nur zum Teil verstanden werden. Sie verknüpft die Deutung des Verzichts als Fall der "Erschöpfung" mit einer Anspruchsvoraussetzung, der jede inhaltliche Beziehung zum Tatbestandsmerkmal "erschöpft" (§ 39 Abs. 1 Z. 1 AlVG) fehlt. Auf den Anspruch der Mutter wirkt ihr Verzicht, wenn der Vater "nicht im Bezug des vollen Karenzurlaubsgeldes gemäß § 27 steht", nicht stärker als im gegenteiligen Fall. Wenn überhaupt ein Zusammenhang konstruierbar wäre, müßte er eher im umgekehrten Sinn wirken. Das Erfordernis, der Vater dürfe nicht das volle Karenzurlaubsgeld beziehen, geht über die "Klarstellung", daß mit dem Verzicht der Anspruch auf das Karenzurlaubsgeld "erschöpft" sei, daher hinaus und bindet den Anspruch auf Sondernotstandshilfe für diesen Fall an eine weitere Voraussetzung (vgl. in diesem Sinne auch Ullrich/Ehrenreich, AlVG, Erläuterungen zu § 39 Abs. 1, erster und dritter Absatz unter der Überschrift "Sondernotstandshilfe nach Karenzurlaubsgeldbezug"). Das liegt in der Sache - nicht in bezug auf die angewandte Gesetzestechnik - auch nahe, weil die Sondernotstandshilfe an die Kindesbetreuung anknüpft und dafür keine Arbeitswilligkeit voraussetzt (§ 39 Abs. 1 Z. 2 und 3 AlVG). Wird hier eine die Einzelfallprüfung erübrigende Grenze gezogen, wo der Vater das volle Karenzurlaubsgeld bezieht, so ist das auf die Notstandshilfe aber nicht übertragbar. Der Anspruch auf Notstandshilfe setzt voraus, daß die Mutter arbeitswillig ist, sich also (gegebenenfalls unter den verschärften Bedingungen des § 9 Abs. 2 Satz 2 AlVG) jederzeit vermitteln läßt. Der Bezug des vollen Karenzurlaubsgeldes durch den Vater steht zum Zweck der Leistung hier nicht im Widerspruch. Übertragbar ist auf das wörtlich gleiche Erfordernis bei der Notstandshilfe - auch ohne ausdrückliche Verweisung - daher der "klarstellende" Teil der auf den Verzicht bezogenen Regelung in § 39 Abs. 1 AlVG, aber nicht die dort eingeführte zusätzliche Voraussetzung für den Bezug der Sondernotstandshilfe. Auf jeden Fall kann der Regelung aber entnommen werden, daß die Möglichkeit eines Außerkrafttretens des Verzichts nicht schadet. Ergänzt man die zu 1. angestellten Überlegungen in diesem Sinn, so führt das allein schon zum Verständnis des Verzichts als "Erschöpfung".

3. Nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes würde es die von der Beschwerdeführerin gewünschte Auslegung einer Mutter "ermöglichen, weiterhin Notstandshilfe zu beziehen und dem bisher berufstätigen Vater zu einem Karenzurlaub und zum Bezug von Karenzurlaubsgeld zu verhelfen". Der Gesetzgeber dürfe die Mutter aber vor die Wahl stellen, "entweder selbst Karenzurlaubsgeld zu beziehen oder ohne Ersatz (durch Wiederaufleben des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe) zugunsten des Vaters darauf zu verzichten". Er müsse "nicht auch einer beschäftigungslosen Mutter ermöglichen, die Pflege und Erziehung des Kindes zu Lasten der Arbeitslosenversicherung dem Vater zu überlassen". Wenn dem arbeitslosen Vater die Notstandshilfe nicht deswegen versagt werde, weil die Mutter Karenzurlaubsgeld beziehe, so könne dafür "die unter Verzicht auf das Karenzurlaubsgeld berufstätig gebliebene Mutter, die später arbeitslos wird und sogleich auf Notstandshilfe angewiesen ist, ... durch einen (dann erstmaligen) Wechsel der Anspruchsberechtigung die Wiederaufnahme der Beschäftigung durch den Vater (oder ein Wiederaufleben des Bezuges von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe durch diesen) herbeiführen und damit die ursprüngliche Rechtslage wieder herstellen". Die für die Beschwerdeführerin eintretende Härte sei "demgemäß die Folge des Umstandes, daß sie schon vor Abschluß eines neuen Dienstverhältnisses auf das Karenzurlaubsgeld verzichtet und so das Risiko der Fortdauer der Arbeitslosigkeit auf sich genommen hat". Die Folgen einer solchen "Fehleinschätzung" müsse der Gesetzgeber "nicht durch Maßnahmen mildern, die wiederum eine unnötige Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ermöglichen".

Die Tragweite dieser Argumentation zeigt sich daran, daß auch ein Verzicht NACH Abschluß eines neuen Dienstverhältnisses für die Beschwerdeführerin zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn das Beschäftigungsverhältnis nur von kurzer Dauer gewesen wäre. Auch an "Fehleinschätzungen" der Mutter in bezug auf die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes hätte der Gesetzgeber daher die Verweigerung der Notstandshilfe geknüpft, um einer unnötigen Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung vorzubeugen. Als unnötig würde dabei die Notstandshilfe für eine Mutter verstanden, die schon länger arbeitslos war und nach teilweiser Inanspruchnahme des Karenzurlaubsgeldes wieder Arbeit suchen will.

In bezug auf einfachgesetzliche Voraussetzungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz und im Elternkarenzurlaubsgesetz beruhen diese (zum Teil auch auf andere Fallkonstellationen bezogenen) Überlegungen auf Annahmen, die einer eingehenden Erörterung bedürften. Die in Betracht gezogenen Gesetzeszwecke könnten durch die erwogene Auslegung des Merkmals "erschöpft" auch nur in Teilbereichen und daher unter Inkaufnahme ihnen nicht entsprechender Differenzierungen verwirklicht werden. Im Detail braucht darauf nicht eingegangen zu werden. Die stark auf sozialpolitische Zwecke bezogenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes enthalten nämlich keinen Hinweis auf Rechtsquellen, denen die zugrundeliegenden Zielsetzungen entnehmbar wären: Damit scheint es sich - was zum Teil auch in den Formulierungen zum Ausdruck kommt - um bloß hypothetische Erwägungen für den Fall zu handeln, daß der Gesetzgeber von Absichten der beschriebenen Art ausgegangen wäre. Daß dies zutrifft, ist dem Gesetzestext und den Materialien zum Elternkarenzurlaubsgesetz (1166 BlgNR 17. GP, S. 1 bis 4) zumindest nicht zweifelsfrei entnehmbar. In arbeitsrechtlicher Hinsicht fällt wohl auf, daß ein Vater gegenüber seinem Arbeitgeber nur den Rechtsanspruch auf Karenzurlaub hat, wenn die Mutter erwerbstätig ist (§ 2 Abs. 1 EKUG; im Detail Harrer, DRdA 1992, 104 (105 f)). Bei Arbeitslosigkeit der Mutter entsteht dieser Urlaubsanspruch nicht. Für das Sozialrecht folgt daraus aber nicht, daß ein Verzicht der Mutter auf das Karenzurlaubsgeld nach dem Willen des Gesetzgebers auch einen Verlust der Existenzsicherung bei Arbeitslosigkeit bedeuten sollte.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995080093.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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