TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 95/04/0160

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L94404 Krankenanstalt Spital Oberösterreich;
L94454 Patientenanwalt Patientenentschädigung Pflegeanwaltschaft
Oberösterreich;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

HKG 1946 §1 Abs1;
HKG 1946 §3 Abs2;
KAG OÖ 1976 §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wirtschaftskammer Österreich (Präsident) - diese Behörde vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, - vom 14. Juni 1995, Zl. 242-113/94, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Wirtschaftskammer Österreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wirtschaftskammer Österreich (Präsident) vom 14. Juni 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich vom 30. November 1994, betreffend Art und Ausmaß der Grundumlagenpflicht abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin verfüge über eine Betriebsbewilligung gemäß § 4 des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes für ein näher bezeichnetes Ambulatorium für Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates, das in der Betriebsart einer nichtöffentlichen gemeinnützigen Krankenanstalt betrieben werde. Der Hinweis der Beschwerdeführerin, daß die gegenständliche Bewilligung keine Berechtigung nach der Gewerbeordnung darstelle, sei zwar zutreffend; dies sei jedoch nicht rechtserheblich, da für die Begründung der Kammermitgliedschaft eine Berechtigung nach der Gewerbeordnung nicht erforderlich sei. Vielmehr könne auch die Betriebsbewilligung für ein Ambulatorium nach dem Krankenanstaltengesetz die Kammermitgliedschaft begründen. Auch die offenkundig fehlende Gewinnabsicht der Beschwerdeführerin vermöge zu keinem anderen Ergebnis zu führen, weil § 3 Abs. 4 Handelskammergesetz ausdrücklich klarstelle, daß eine Unternehmung im Sinne des Gesetzes nicht in Ertragsabsicht betrieben werden müsse. Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 des Anhangs zur Fachgruppenordnung, BGBl. Nr. 223/1947 in der Fassung BGBl. Nr. 918/1994, sei der Fachverband der Heilbade-, Kur- und Krankenanstalten und der Mineralquellenbetriebe ua auch für "Kuranstalten und in der Rechtsform von Krankenanstalten betriebene Ambulatorien zum Zweck der Untersuchung und Behandlung" errichtet. Aus dem Wortlaut dieser Regelung ergebe sich kein Anhaltspunkt für eine Einschränkung des Anwendungsbereiches auf nur private Unternehmer als Betreiber eines Ambulatoriums. Auch Körperschaften öffentlichen Rechts kämen daher als Mitglieder des Fachverbandes in Frage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht verletzt, "die ihr als Sozialversicherungsträger obliegenden Aufgaben zu erfüllen, ohne daß sie dabei durch die Vorschreibung von Gebühren seitens der Wirtschaftskammer beeinträchtigt würde. Überdies ist die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, zwangsweise einer Körperschaft angehören zu müssen, deren Wesen dem von der Beschwerdeführerin zu erfüllenden gesetzlichen Auftrag widerspricht."

Im Gegensatz zur - in der Gegenschrift geäußerten - Auffassung der belangten Behörde ist dieser Formulierung mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Nichtvorschreibung der Grundumlage verletzt erachtet. Sie bringt in Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, sie habe als Sozialversicherungsanstalt im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG) gemäß § 1 dieses Gesetzes "die Kranken- und die Pensionsversicherung sowie die Unfallversicherung der im Inland in der Land- und Forstwirtschaft selbständig Erwerbstätigen und ihrer mittätigen Angehörigen, sowie die Krankenversicherung der Bezieher einer Pension aus der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz" zu erfüllen. Gemäß den §§ 74, 75 BSVG habe die Beschwerdeführerin im Bereich der Krankenversicherung zur Aufgabe erhalten,

"für die Früherkennung von Krankheiten und die Erhaltung der Volksgesundheit,

für die Versicherungsfälle der Krankheit und der Mutterschaft,

... für die Gesundheitsförderung"

Leistungen zu erbringen, die insbesondere die Krankenbehandlung, erforderlichenfalls medizinische Hauskrankenpflege oder Anstaltspflege vorsehen. Das von der belangten Behörde für die Vorschreibung der Grundumlage herangezogene Institut der Beschwerdeführerin sei das "Ambulatorium für Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates". Dieses Ambulatorium erbringe für die Versicherten der Beschwerdeführerin (Erwerbstätige in der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 1 BSVG) ua gemäß § 80 BSVG Leistungen auch als "Sachleistungen". Zur zweckmäßigen Erbringung dieser Sachleistungen habe die Beschwerdeführerin nicht nur das verfahrensgegenständliche Ambulatorium eingerichtet, sondern auch an anderen Standorten und in anderen Bundesländern entsprechende Einrichtungen geschaffen. Sämtliche in diesen Instituten zu erbringenden Leistungen erfolgten in Erfüllung des durch das BSVG erteilten gesetzlichen Auftrages an die Beschwerdeführerin, die selbst eine Körperschaft öffentlichen Rechtes sei. In keinem dieser Ambulatorien werde die dem Gesetzesauftrag entsprechende Leistung gegen direktes Entgelt erbracht, sondern es werde eine Leistungsverpflichtung des Sozialversicherungsträgers im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages erfüllt. Die Leistungsbereitschaft des verfahrensgegenständlichen Ambulatoriums richte sich ausschließlich an Versicherte und nach den hiefür gesetzlich normierten Voraussetzungen berechtigte Mitglieder der Sozialversicherungsanstalt der Bauern. Der Anspruch auf diese Leistungen entstehe für die im Rahmen des BSVG Versicherten ausschließlich aufgrund der damit verbundenen Pflichtversicherung. Die Beschwerdeführerin stehe mit dem verfahrensgegenständlichen Betrieb in keinerlei Wettbewerb mit irgendeinem anderen Betrieb, der zur Fachgruppe der Heilbade-, Kur- und Krankenanstalten im Sinne des Handelskammergesetzes gehöre. Sie sei auch weder in der Lage, noch berechtigt, ihre Leistungen an andere als Mitglieder des bei ihr versicherten Personenkreises zu erbringen. Überdies treffe die in § 1 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994 normierte Voraussetzung des Betreibens einer Tätigkeit in der Absicht, einen Ertrag zu erzielen, nicht zu. Unzutreffend sei, daß für die Beschwerdeführerin eine Gewerbeberechtigung für das verfahrensgegenständliche Ambulatorium bestehe. Vielmehr liege eine "Errichtungs- und Betriebsbewilligung" im Sinne der §§ 3 und 4 des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes vor. Eine derartige Bewilligung entspreche einer Bau- und Betriebsbewilligung im Sinne der einschlägigen Bestimmungen für die Errichtung von Betriebsanlagen. Die Begründung, es sei bereits mit der "technischen" Genehmigung des Betriebsobjektes eine Voraussetzung für eine gewerbliche Ausübung im Sinne des Handelskammergesetzes geschaffen worden, sei nicht haltbar. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes hätte der angefochtene Bescheid daher zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Aktivitäten der Beschwerdeführerin im Bereich des streitgegenständlichen Ambulatoriums ungeachtet der Tatsache, daß selbstverständlich eine technisch-organisatorische Prüfung des Vorhabens (im Sinne des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes) notwendig gewesen sei, keinerlei gewerbliche Tätigkeit im Sinne der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft zur Handelskammer vorliege und somit keinerlei Zahlungsverpflichtung aus diesem Grunde erwachsen könne.

Nach § 1 Abs. 1 Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946, in der Fassung BGBl. Nr. 21/1995, sind die Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Landeskammern, Bundeskammer) berufen, die gemeinsamen Interessen aller physischen und juristischen Personen sowie Offener Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften) und eingetragener Erwerbsgesellschaften zu vertreten, die sich aus dem selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie einschließlich insbesondere des Bergbaues, des Handels einschließlich insbesondere der Tabakverschleißer, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens einschließlich insbesondere der Geschäftsstellen der Klassenlotterie und der Lottokollekturen, des Verkehrs einschließlich insbesondere der Unternehmungen des drahtlosen Nachrichtenverkehrs und der Kraftfahrschulen, sowie des Fremdenverkehrs einschließlich insbesondere der Sanatorien, Kuranstalten, Heilbäder, Unterhaltungsstätten mit Musik und anderen Darbietungen, in denen Speisen und Getränke verabreicht werden, Privattheater, Lichtspieltheater, Konzertlokalunternehmungen, Konzert- und Künstleragenturen, Spielbanken und Casinos sowie Schausteller, innerhalb ihres räumlichen Wirkungsbereiches ergeben.

Mitglieder jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft sind gemäß § 3 Abs. 2 Handelskammergesetz alle physischen und juristischen Personen sowie Offenen Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften) und eingetragenen Erwerbsgesellschaften, die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs und des Fremdenverkehrs berechtigt sind.

Zu Recht vertritt die belangte Behörde zunächst die Auffassung, der Kreis der nach § 3 Abs. 2 Handelskammergesetz in Betracht kommenden Berechtigungen sei nicht auf Berechtigungen nach der Gewerbeordnung beschränkt. Weiters kann der belangten Behörde auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aus dem Umstand, daß durch die Betriebsbewilligung nach § 4 des Oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes das subjektiv-öffentliche Recht zum Betrieb einer Krankenanstalt vermittelt wird, ableitet, daß der Beschwerdeführerin aufgrund dieser Bewilligung die Berechtigung zum Betrieb des in Rede stehenden Ambulatoriums zukommt.

Zu Unrecht hat die belangte Behörde allerdings das Argument der Beschwerdeführerin, sie betreue in dem in Rede stehenden Ambulatorium ausschließlich den im BSVG genannten Personenkreis entsprechend den in diesem Gesetz enthaltenen Auftrag, als unerheblich abgetan. Denn ausgehend davon, daß es sich bei den von den Kammern der gewerblichen Wirtschaft nach § 1 Abs. 1 HKG wahrzunehmenden Aufgaben um die Vertretung von Wirtschaftsinteressen handelt, setzt auch die Kammermitgliedschaft einen entsprechenden Wirtschaftsbezug, d. h. die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr voraus. Daraus folgt, daß als "Unternehmung des Fremdenverkehrs" iSd § 3 Abs. 2 HKG nur eine solche Unternehmung gelten kann, die diesen Wirtschaftsbezug aufweist. Inwieweit das jedoch bei einem Ambulatorium der von der Beschwerdeführerin geschilderten Art der Fall sein sollte, vermag der Verwaltungsgerichtshof aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen.

Die belangte Behörde hat insoweit in Verkennung der Rechtslage den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995040160.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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