TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 94/04/0214

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z3;
GewO 1973 §367 Z26;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §39 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §6;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. G in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 29. Dezember 1993, Zl. VwSen 220307/16/Kon/Fb, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. September 1992 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

"Der Beschuldigte, Herr Dipl.Ing. G, wohnhaft L, F-Weg 24, hat es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der VOEST Alpine Stahl Linz Ges.m.b.H. und somit als gemäß § 370 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) 1973 i.d.g.F. gewerberechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß von der VOEST Alpine Stahl Ges.m.b.H. in der Zeit vom 1.1.1992 bis 7.4.1992 die mit gewerbebehördlichem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17.8.1989, GZ. 501/SO-353/89, unter Vorbehalt einer Betriebsbewilligung genehmigte Betriebsanlage, nämliche eine Bandbeschichtungsanlage in der östlichen Hallenerweiterung beim Kaltwalzwerk II, Werksgelände, Grdst.Nr. 636/18, St. Peter, nach Ablauf des mit oben angeführten Bescheid genehmigten Probebetriebes für die Dauer eines Jahres, welcher mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.7.1991, GZ. 501/SO-353/89, bis zum 31.12.1991 verlängert wurde, betrieben wurde, ohne daß eine Betriebsbewilligung vorgelegen wäre, obwohl im Spruch des Bescheides vom 17.8.1991, GZ. 501/SO-353/89, unter II angeordnet wurde, daß diese Betriebsanlage erst aufgrund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf.

Der Beschuldigte hat hiedurch den Tatbestand des § 367 Ziff. 26 GewO verwirklicht, wonach eine Verwaltungsübertretung begeht, wer die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 - 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Der Beschuldigte hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß:

§ 367 Ziff. 26 Gewerbeordnung (GewO) 1973, BGBl. Nr. 50/1974 i. d.g.F. in Verbindung mit dem Bescheid vom 17.8.1989, GZ. 501/SO-353/89, begangen und wird über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in der Höhe von S 25.000,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Tagen.

Der Beschuldigte hat gem. § 64 Abs. 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10.v.H. der verhängten Strafe, das sind S 2.500,-- zu leisten, sowie gemäß § 54 d VStG die allfälligen Kosten des Strafvollzuges (1 Tag Arrest = S 81,--) zu ersetzen."

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. Dezember 1993 insofern Folge, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von S 12.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 3 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf den Betrag von S 1.200,-- herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch "1) beim Firmenwortlaut "VOEST-Alpine Stahl GmbH" hinter dem Wort "Stahl" das Wort: "Linz" und vor den Worten "St. Peter" die Buchstaben: "KG" einzufügen sind; 2) die dem Beschuldigten angelastete Tat eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 idF Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, bildet".

Gegen diesen Beschluß erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 27. September 1994, B 573/94-3, deren Behandlung ablehnte und die Beschwerde (im Sinn des gestellten Eventualantrages) gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in den "gesetzlich gewährleisteten Rechten, entgegen den Bestimmungen der §§ 366 Abs. 1 Z. 3, 370 Abs. 2 und 399 GewO nicht bestraft zu werden", verletzt.

In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer mangelndes Verschulden (im Sinne von § 5 Abs. 1 VStG) geltend. Er bringt dazu vor, daß die gegenständliche Bandbeschichtungsanlage nur bis 30. Juni 1991 in seinen Verantwortungsbereich gefallen sei. Ab 1. Juli 1991 sei er stellvertretendes Vorstandsmitglied geworden, wobei eine Umorganisation in der Geschäftsführung erfolgt sei. Für die Bandbeschichtungsanlage sei Dipl.-Ing. F als Leiter bestellt worden, der den Vorstandsmitgliedern Dipl.-Ing. H und Kom.Rat. P unterstellt gewesen sei. Dipl.-Ing. F habe Berichte stets an seinen Vorstandskollegen Dipl.-Ing. H gerichtet. Er habe darauf vertrauen können, daß außergewöhnliche Vorkommnisse, wie etwa das Nichtvorliegen einer Betriebsbewilligung nach Ablauf der Frist für den Probebetrieb, dem Vorstand bekanntgegeben worden seien. Er habe aber davon keine Kenntnis erhalten. Während seiner Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer habe er auch seine Mitarbeiter laufend und systematisch kontrolliert. Der für die Bandbeschichtung zuständige Dipl.-Ing. F habe sich stets als sachkundiger und außerordentlich verläßlicher Mitarbeiter erwiesen. Wie im Wirtschaftsleben aufgrund der Arbeitsteilung üblich, obliege die Abwicklung gewerberechtlicher Verfahren der Rechtsabteilung (der Voest-Alpine Stahl Linz GmbH), von deren juristische Sachkunde und Zuverlässigkeit er ausgehen habe können. Die Rechtsabteilung habe bisher ihre Aufgaben ohne Probleme erledigt, sodaß er auch im gegenständlichen Fall davon ausgehen habe können, daß eine sachlich und terminlich richtige Vorgangsweise eingehalten werde. Im übrigen sei es zu Beginn des Ansuchens um die Betriebsanlagenbewilligung, am 19. Juli 1990, nicht vorhersehbar gewesen, daß das gewerbliche Verfahren eine so lange Zeit in Anspruch nehmen werde. Daß die vorliegende Bandbeschichtungsanlage kurze Zeit ohne erforderliche Betriebsbewilligung betrieben worden sei, habe er nicht verhindern können.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Dabei hat der Beschuldigte initiativ und in konkreter Form, d.h. durch geeignetes Tatsachenvorbringen (vgl. etwa die hg. Entscheidung vom 17. September 1985, Zl. 84/04/0237) alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Es ist somit von der Vollständigkeit des Tatsachenvorbringens zum errichteten Kontrollsystem auszugehen.

Es reicht aber nicht aus, bloß auf ein Kontroll- und Informationssystem zu verweisen, sondern der Beschwerdeführer war in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer gehalten, unabhängig von den ihm zukommenden Informationen die ihm unterstellten Mitarbeiter auf die Einhaltung ihrer Informationspflicht zu kontrollieren. Darüber hinaus hätte der Beschwerdeführer die aus Sicht des gewerberechtlichen Betriebsanlagenrechtes relevanten Geschehnisse von sich aus zu verfolgen gehabt und sich NICHT nur mit ihm zukommenden Informationen begnügen dürfen. Denn die Effizienz eines Kontrollsystems wird nicht an der subjektiven Meinung des Berufungswerbers oder der im Kontrollsystem eingebundenen Personen gemessen, sondern nach einem objektiven Maßstab.

Die Errichtung und der Betrieb einer Bandbeschichtungsanlage stellen betriebsanlagenrechtlich bedeutende Maßnahmen dar, welche der Beschwerdeführer, ungeachtet der bestehenden Delegation von Aufgaben, persönlich hätte verfolgen müssen. Aufgaben und Tätigkeiten, die ihm (zusätzlich zu seiner unverändert aufrecht gebliebenen Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer) auf Grund seiner späteren Bestellung als Vorstandsmitglied oblegen sind, können nicht dazu herangezogen werden, die Zumutbarkeitsschwelle der ihn als gewerberechtlichen Geschäftsführer (unverändert) treffenden Aufgaben herabzusetzen. Insoweit der Beschwerdeführer sich darauf beruft, er hätte den (auch aus seinem Blickwinkel erkennbar) rechtswidrigen Zustand nur aufgrund eines mit Stimmenmehrheit gefaßten Vorstandsbeschlusses abstellen können, vermag allein dieser Umstand den Beschwerdeführer nicht zu entlasten. Abgesehen davon, daß damit ein hypothetisch gebliebenes Hindernis dargestellt wird, behauptet der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht einmal, daß er die ins Treffen geführte Beschlußfassung überhaupt jemals begehrt habe oder der genannte Vorstand eine von ihm geforderte Einstellung des Betriebes der Bandbeschichtungsanlage jemals abgelehnt hätte. Der Vollständigkeit halber sei aber auch klargestellt, daß selbst ein den in Rede stehenden rechtswidrigen Zustand genehmigender bzw. anordnender Vorstandsbeschluß oder eine dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang (vom Vorstand bzw. Dienstgeber) erteilte Weisung alleine - zumal die in diesem Fall damit verbundene strafbare Handlung für den Beschwerdeführer erkennbar gewesen wäre bzw. hätte erkennbar sein müssen - weder die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften beseitigt noch einen den Beschwerdeführer entlastenden Schuldausschließungsgrund im Sinne des § 6 VStG dargestellt hätte (vgl. hiezu sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/04/0241).

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, daß zur Konkretisierung des Tatvorwurfes eines Unterlassungsdeliktes die individualisierte Beschreibung jener Handlungen im Spruch des Bescheides erforderlich sei, die der Täter hätte setzen müssen. Das angefochtene Straferkenntnis werfe ihm vor, er hätte eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne erforderliche Genehmigung betrieben. Da er bereits im Jahr 1990 um eine Betriebsanlagenbewilligung angesucht habe, liege die Unterlassung darin begründet, daß er nicht dafür gesorgt habe, daß die Bandbeschichtungsanlage nach Ablauf der Probezeit eingestellt werde. Das angefochtene Erkenntnis führe aber weder im Spruch noch in der Begründung an, welches Verhalten der Beschwerdeführer hätte setzen sollen, um den rechtlichen Mißstand abzustellen.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Die Handlungen, die der Beschwerdeführer nach Ansicht der belangten Behörde hätte setzen müssen, sind im Spruch (des Straferkenntnisses) nicht unbedingt wörtlich anzuführen, sondern können sich auch in anderer Weise mit hinreichender Deutlichkeit ergeben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1992, Zl. 92/10/0189).

Danach läßt auch der vorliegende Tatvorwurf mit hinreichender Bestimmtheit jene Handlung erkennen, die der Beschwerdeführer hätte setzen müssen, nämlich den Betrieb der gegenständlichen Bandbeschichtungsanlage nach Ablauf der bewilligten Probezeit bis zum Erhalt der Betriebsbewilligung einzustellen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994040214.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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