TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 93/05/0231

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L83003 Wohnbauförderung Niederösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WohnbeihilfenV NÖ 1990 §2 Abs4;
WohnungsförderungsG NÖ 1989 §45;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. HM und der BM in K, beide vertreten durch den Erstbeschwerdeführer, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung (nunmehr vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W) vom 6. September 1993, Zl. I/6a-WB-22/311.471/13-93, betreffend Wohnbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In ihrem Antrag auf Gewährung von Wohnbeihilfe vom 21. Jänner 1993 schlüsselten die Beschwerdeführer die Finanzierung und den Aufwand zum Wohnen (Darlehensrückzahlungen) wie folgt auf:

1. Förderungsdarlehen           Darlehens-     monatl. Rück-

                                höhe           zahlung

a) Darlehen gemäß WFG 1968    S 1,012.900,--     S    844,08

b) Landeswohnbauförderungs-

   darlehen                   S   126.560,--     S    198,31

2. Hypothekardarlehen

   EÖSpC, 20 J, Verz. 9 %     S   205.190,--      S 1.242,02

   EÖSpC, 20 J, Verz. 9 %     S   238.990,--      S 2.224,48

                                                  S 4.508,89.

Diese Aufschlüsselung wurde von der Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft "Schönere Zukunft" als Bauträger bzw. Hausverwalter am 19. Jänner 1993 bestätigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde den Beschwerdeführern Wohnbeihilfe für die Zeit vom 1. Mai 1993 bis 30. Jänner 1994 in der Höhe von S 2.262,-- monatlich zu; weiters wurde ausgesprochen, daß für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 1993 kein Anspruch bestehe. In der Begründung wurde dargelegt, daß als monatlicher Aufwand zum Wohnen für die tatsächliche Nutzfläche von 126,60 m2 ein Betrag von S 4.092,--, somit für die angemessene Nutzfläche von 70 m2 ein Betrag von S 2.262,-- herangezogen worden sei. Unter Bedachtnahme auf das Haushaltseinkommen ergebe sich daraus die monatliche Wohnbeihilfe von S 2.262,--.

Die dagegen erhobene Beschwerde enthält zwar keinen ausdrücklichen Beschwerdepunkt; aus den Gründen ist allerdings zu entnehmen, daß sich die Beschwerdeführer nur insoferne beschwert erachten, als die Wohnbeihilfe hinsichtlich der Zeit vom 1. Mai 1993 bis 31. Jänner 1994 zu niedrig bemessen wurde. Es wird Aufhebung wegen Aktenwidrigkeit bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 NÖ Wohnungsförderungsgesetz in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. 8304-2 (im folgenden: WFG) wird zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung durch den Aufwand für das Wohnen auf Antrag mit Bescheid eine Wohnbeihilfe bewilligt. Nach § 49 Abs. 1 leg. cit. ist die Höhe der Wohnbeihilfe die Differenz zwischen dem auf eine angemessene Nutzfläche umgelegten anrechenbaren Aufwand und dem zumutbaren Aufwand zum Wohnen; nach Abs. 2 dieser Bestimmung beträgt im vorliegenden Fall die angemessene Nutzfläche 70 m2, sodaß der anrechenbare Aufwand auf dieses Flächenmaß umgelegt wird. Der anrechenbare Aufwand wird im § 45 WFG geregelt, welche Bestimmung wie folgt lautet:

"§ 45

Anrechenbarer Aufwand zum Wohnen

(1) Als Aufwand für das Wohnen werden für die Wohnbeihilfe aufgrund der anerkannten Gesamtbaukosten folgende Kosten angerechnet

1. bei Förderungsobjekten nach Abschnitt II und VI

a)

die Rückzahlung (Tilgung, Verzinsung) der Förderungs- und Hypothekardarlehen sowie der hypothekarisch sichergestellten und nur einmal ausnützbaren Abstattungskredite abzüglich der Zuschüsse;

b)

die Rückzahlung (Tilgung, Verzinsung) der Eigenmittel des Förderungswerbers gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b, c und d und Z. 3 bis 6 im Sinne des § 31 Abs. 1 Z. 2 lit. b und c;

c)

die Tilgung und Verzinsung eines Konversionsdarlehens gemäß RBG, BGBl. Nr. 340/1987 in der Fassung BGBl. Nr. 374/1988;

              2.              bei Förderungsobjekten nach Abschnitt III und VI

a)

die Rückzahlung (Tilgung, Verzinsung) der Förderungs- und Hypothekardarlehen abzüglich der Zuschüsse;

b)

die Rückzahlung der Darlehen gemäß § 34 abzüglich der Zuschüsse sowie der Eigenmittel des Förderungswerbers gemäß § 13 Abs. 1 Z. 7 im Sinne des § 31 Abs. 1 Z. 2 lit. b und c.

(2) Nach Ermittlung der Kosten gemäß Abs. 1 sind auch sonstige Beihilfen zum Wohnen abzuziehen, insbesondere eine Mietzinsbeihilfe gemäß § 107 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988.

(3) Die Landesregierung darf durch Verordnung für den anrechenbaren Wohnungsaufwand (Abs. 1) eine Obergrenze festsetzen; dies kann auch durch die Bestimmung von Obergrenzen beim Hypothekardarlehen oder beim hypothekarisch gesicherten Abstattungskredit geschehen."

§ 2 Abs. 4 der NÖ Wohnbeihilfenverordnung 1990, LGBl. 8304/2-0 (im folgenden: VO), lautet:

"Bei der Berechnung der monatlichen Rückzahlung (Tilgung und Verzinsung) des Hypothekardarlehens und des hypothekarisch sichergestellten Abstattungskredites gemäß Abs. 3 ist die tatsächliche Laufzeit, mindestens jedoch 20 Jahre, und eine Höchstverzinsung gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 NÖ WFG anzuwenden."

Dieser § 11 Abs. 2 Z. 4 WFG sieht vor, daß die Zinsen jährlich höchstens 1 % über der im Inland zur öffentlichen Zeichnung aufgelegten Bundesanleihetranche mit einer Laufzeit von mindestens 8 Jahren liegen dürfen; die letzte Bundesanleihetranche mit einer Laufzeit von mindestens 8 Jahren des Kalenderjahres ist jeweils maßgeblich für das gesamte Folgejahr; bei mehreren Bundesanleihetranchen ist diejenige mit der niedrigsten Nominalverzinsung maßgebend.

Die Beschwerdeführer bekämpfen den von der belangten Behörde herangezogenen anrechenbaren Aufwand zum Wohnen in Höhe von S 4.092,-- (= S 32,32 pro m2), weil der monatliche Aufwand laut Bestätigung des Hausverwalters bzw. des Bauträgers S 4.508,89 betrage (S 35,62 pro m2), sodaß für die angemessene Nutzfläche von 70 m2 die Beihilfe S 2.493,--, also um S 231,-- monatlich mehr, hätte betragen müssen.

Aus dem Akteninhalt läßt sich nicht entnehmen, warum die belangte Behörde den gemäß § 47 Abs. 2 Z. 3 WFG im Antrag angegebenen Aufwand trotz Bestätigung durch den Bauträger bzw. Hausverwalter nicht ihrer Bemessung zugrundegelegt hat. Erstmals in der Gegenschrift wird die Sachbehauptung aufgestellt, daß die Bundesanleihetranche für das der Antragstellung zugrundeliegende Jahr 1993 7,625 %, die gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 WFG höchstzulässige Förderungsverzinsung daher 8,625 % p.a. betragen habe. Unter Bedachtnahme auf diesen Zinssatz sei die belangte Behörde zu einem Aufwand von S 32,32 pro m2, somit S 4.092,-- gelangt. Die im Antrag ausgewiesene Verzinsung von 9 % p.a. für die Hypothekardarlehen der Ersten österreichischen Spar-Casse bedeuteten eine Überfinanzierung, sodaß derjenige Betrag, der über dem geförderten Quadratmeterpreis für dieses Objekt liege, nicht als Wohnungsaufwand anzusetzen sei.

Damit erweist sich aber die Verfahrensrüge der Beschwerdeführer als berechtigt: Gemäß § 45 Abs. 3 AVG hätte die Behörde den Beschwerdeführern vor Bescheiderlassung vorhalten müssen, daß sie nicht von dem im Antrag behaupteten Aufwand von S 4.508,89, der auf einem Zinssatz von 9 % beruhe, sondern wegen der Höchstgrenze in § 11 WFG nur von einem Zinssatz von 8,625 % ausgehen würde, und daher der Aufwand bloß S 4.092,-- betrage. Dieser Verfahrensmangel ist wesentlich: Es ist nicht ausgeschlossen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid gelangt wäre. Der Bescheid war daher aus dem Grunde des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren wird es zunächst erforderlich sein, den Beschwerdeführern die umfassenden Darlegungen in der Gegenschrift gemäß § 45 Abs. 3 AVG vorzuhalten und sodann unter Bedachtnahme auf eine allfällige Stellungnahme und eventuelle Beweisanträge neuerlich mit Bescheiderlassung vorzugehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2; ausdrücklich wurde nur ein Ersatz für den Schriftsatzaufwand begehrt.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993050231.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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