TE Vfgh Beschluss 1994/2/28 V87/93, V88/93

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Veröffentlicht am 28.02.1994
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Index

55 Wirtschaftslenkung
55/01 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
80. und 82, öffentliche Bekanntmachung der Agrarmarkt Austria vom 16.11.93 (Aufteilungsschlüssel Rinderexport)
ViehwirtschaftsG 1983 §6

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Verordnungen betreffend den Aufteilungsschlüssel für den Export weiblicher und männlicher Rinder mangels Legitimation; Zumutbarkeit der Einleitung eines Ausfuhrbewilligungsverfahrens

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft begehrt gemäß Art139 B-VG die Aufhebung der Verordnung (öffentliche Bekanntmachung) der Agrarmarkt Austria, Fachausschuß Vieh und Fleisch, Nr. 80, Abschnitt A, betreffend ein allgemeines Aufteilungsverfahren zum Export von Rindfleisch männlicher Rinder in Länder der EG und EFTA, Punkt 4.5.3., vom 16. November 1993, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Agrarmarkt Austria beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, sowie der Verordnung (öffentliche Bekanntmachung) der Agrarmarkt Austria, Fachausschuß Vieh und Fleisch, Nr. 82, Abschnitt A, betreffend ein allgemeines Aufteilungsverfahren zum Export von Rindfleisch weiblicher Rinder in Länder der EG und EFTA, Punkt 5.5.3., vom 16. November 1993, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Agrarmarkt Austria beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft.

2. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt die beschwerdeführende Gesellschaft aus, daß "die genannten Bestimmungen ... ohne Erlassung eines Bescheides" für sie wirksam geworden seien. Auf Grund der angefochtenen Verordnungen seien Anträge auf die Zuteilung der Exportkontingente zu stellen. Diese Anträge hätten sich nach den in diesen Verordnungen festgelegten Gewichtungsfaktoren zu richten. Da ein "Antrag auf Zuteilung von Exportkontingenten, der einer gesetzmäßigen Verordnung entsprochen hätte, ... aber nicht der gegenständlichen gesetzwidrigen Verordnung" entspreche, beschränkten die angefochtenen Verordnungen "schon an sich und auch ohne Bescheiderlassung die Möglichkeit der Antragstellerin, zu einem gesetzmäßigen Exportkontingent zu kommen".

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Verordnung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art139 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985). Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist hier ein solcher Weg gegeben.

2. Wie sich auch aus den Ausführungen der antragstellenden Gesellschaft selbst ergibt, steht dieser Gesellschaft die Möglichkeit offen, ein Ausfuhrbewilligungsverfahren durch einen Antrag einzuleiten. Gemäß §6 Abs1 Viehwirtschaftsgesetz bedürfen die Einfuhren bestimmter Waren einer Bewilligung der Kommission. Normiert ein Gesetz ein Bewilligungsverfahren, demzufolge unter bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen eine Bewilligung bescheidmäßig zu erteilen ist, so greift erst der die Bewilligung versagende Bescheid unmittelbar in die Rechtssphäre des Normadressaten ein (so schon VfSlg. 8009/1977, S. 161). Der antragstellenden Gesellschaft steht es frei, gegen einen solchen Bescheid nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die gegebenenfalls von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung der Verordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit angeregt werden. Daß eine negative Administrativentscheidung zu erwarten ist, ändert dabei an der Zumutbarkeit dieses Weges nichts, weil es nur darauf ankommt, daß die im Administrativverfahren angewendeten Verordnungsbestimmungen angegriffen werden können (VfSlg. 11348/1987; VfGH 12.10.1992, G101/92).

Daraus ergibt sich, daß der antragstellenden Gesellschaft durchaus ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen die auf der Grundlage der angefochtenen Verordnungen erlassenen Bescheide die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der von ihr bekämpften Normen zu erreichen (VfSlg. 8118/1977, 9132/1981, 9773/1983).

3. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Viehwirtschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:V87.1993

Dokumentnummer

JFT_10059772_93V00087_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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